Brüder Grimm

Es war einmal ... – so beginnen die von Kindern heiß geliebten Märchen.
Schon seit vielen Generationen ist es Gewohnheit, kleinen Kindern abends vor dem Einschlafen Märchen vorzulesen. Nicht nur, weil Märchen leicht verständlich und einprägsam sind. Sie regen zum Träumen an, enthalten oft kleine Weisheiten und gehen fast immer gut aus. Ganz nebenbei haben auch die Eltern Freude daran, Märchen vorzulesen. Zu den bekanntesten deutschen Märchen gehören die, die die Brüder GRIMM gesammelt und aufgeschrieben haben. Dieses Werk ist der Grund, dass die Brüder GRIMM auch heute noch weltbekannt sind.

Lebensgeschichte

Natürlich ahnte davon niemand etwas, als am 04.01.1785 JACOB LUDWIG CARL GRIMM und ein Jahr später am 24.02.1786 sein Bruder WILHELM KARL geboren wurden. Vielmehr verlebten sie nach der Übersiedlung von Hanau nach Steinau eine unbeschwerte Kindheit. Diese endete jäh, als der Vater – ein Amtmann – im Jahre 1796 starb. Es folgten mehrere Umzüge. Eine Schwester der Mutter – HENRIETTE ZIMMER – nahm die Brüder bei sich auf und kümmerte sich um ihre Ausbildung.

Nach einem Eignungstest, den sie nicht besonders gut bestanden, konnten sie in Kassel das Lyzeum besuchen. Durch viel Fleiß und Nachhilfestunden gehörten sie bald zu den Klassenbesten. Schon frühzeitig entdeckten sie ihre Leidenschaft für das Bücherlesen. Naturstudien und das Sammeln von Pflanzen, Schmetterlingen usw. ließen in JACOB den Wunsch reifen, Botaniker zu werden. Aber auch das literarische Interesse beider erwachte frühzeitig.
Trotz ihrer geringen Freizeit sammelten und zeichneten sie, kauften Kupferstiche und die ersten Bücher für ihre noch heute berühmten Sammlungen. FRIEDRICH MATTHISSON (1761–1831), CHRISTOPH AUGUST TIEDGE (1752–1841), die Brüder CHRISTIAN und FRIEDRICH LEOPOLD STOLBERG (1748–1821; 1750–1819) – beide Mitglieder im „Göttinger Hain“, einem Kreis junger Dichter – und der französische Fabeldicher JEAN DE LA FONTAINE (1621–1695) zählten zu den Dichtern, die die Lebenssicht und den Weltblick der Brüder erweiterten.

Kindheit und Studienjahre

Während der Kindheit und Studienjahre vollzogen sich politische und gesellschaftliche Umwälzungen, von denen nicht nur Europa, sondern auch die „Neue Welt“ betroffen war. Die wachsende Macht des Bürgertums, verbunden mit der Industrialisierung der gewerblichen Produktion, die Fortschritte in den Naturwissenschaften, eine Vielzahl technischer Erfindungen und der Aufschwung in den Geisteswissenschaften prägten das Leben und Schaffen der Brüder.
JACOB beendete seine Schulbildung 1802 mit dem Abschluss der Unterprima, WILHELM verließ ein Jahr später die Untersekunda und folgte seinem Bruder nach Marburg, um dort ebenfalls Rechtswissenschaften zu studieren. Dort konnten sie die Bibliotheken nutzen und wurden durch Professor CARL VON SAVIGNY in den Kreis der Romantiker eingeführt. Besonders JACOB interessierte sich für das Mittelalter. WILHELM, von den Neigungen seines Bruders zur schöngeistigen Literatur der Vorväter begeistert, gründete im Jahre 1804 eine Lesegemeinschaft, an der sich 28 literarisch interessierte Kommilitonen beteiligten, um über die Werke von KLOPSTOCK, GOETHE und SCHILLER zu diskutieren.
1804 ging SAVIGNY nach Paris. JACOB folgte ihm, um ihm bei seinen Forschungen zu helfen. Von dort schrieb er an die in Kassel zurückgebliebene Familie: „... Von den ersten Tagen weiß ich nichts zu sagen, als daß ich sehr traurig war ...“

Als 1805 SAVIGNY seine Forschungen abgeschlossen hatte, waren die Voraussetzungen für einen längeren Aufenthalt JACOBS in Paris nicht mehr gegeben und so kehrte er, wohl auch aus Gründen seiner Heimatliebe, zu seiner Familie nach Kassel zurück.
Mittlerweile waren nicht nur JACOB und WILHELM nach Kassel übergesiedelt, auch ihre Brüder KARL, FERDINAND und LUDWIG, die Mutter und die 12-jährige LOTTE – ihre einzige Schwester – wohnten im sogenannten „Märchenhaus“.
Nach JACOBS Rückkehr war die Familie wieder vereint und dank der großzügigen Unterstützung der Tante lebten sie in guten Verhältnissen. Als im Jahre 1807 die Mutter starb, war das ein herber Schlag.
JACOB wurde Familienoberhaupt.
WILHELM legte 1806 sein juristisches Examen ab, seine Bemühungen um eine Anstellung scheiterten jedoch wegen des wenige Monate später erfolgenden Einmarsches der Franzosen in Kassel. JACOB dagegen fand für einige Monate eine Anstellung im Kriegskollegium des Kurfürstentums Hessen-Kassel. Als NAPOLEON das Land besetzte, gelang es JACOB im Juli 1808 wegen seiner guten Französischkenntnisse, eine Anstellung als Privatbibliothekar bei NAPOLEONS Bruder JÉRÔME, dem neuen KÖNIG VON WESTFALEN, zu finden.
Von 1806 bis 1829 arbeiteten beide Brüder am Kasseler Museum Fridericianum. Danach wurden sie zu Professoren in Göttingen berufen. Der Aufenthalt in Göttingen dauerte nur halb so lange wie der in Kassel. Der Grund dafür war folgender. Man feierte in Göttingen 100 Jahre Universität (1837), als KÖNIGIN VIKTORIA zur selben Zeit in England gekrönt wurde. Sie besiegelte die Trennung Hannovers von England. KÖNIG VON HANNOVER wurde ERNST AUGUST, der mit seiner Krönung die Verfassung aufhob.
Professoren, Militär und die Beamten wurden ihres Eides enthoben, was besonders an den Universitäten auf Proteste stieß. JACOB und WILHELM wollten ihren Eid nicht brechen und so schrieben sie zusammen mit ALBRECHT, DAHLMANN, EWALD, GERVINUS und WEBER einen Protestbrief an den König. Als Antwort folgte ihre Entlassung, die trotz großer Studentenproteste nicht zurückgenommen wurde. Der Brief ging in die Geschichte ein als Brief der „Göttinger Sieben“.
Jacob und Wilhelm Grimm gingen auf Einladung des KÖNIGS VON PREUSSEN nach Berlin, in der Hoffnung die Erarbeitung eines siebenbändigen deutschen Wörterbuches vorantreiben zu können. BETTINA VON ARNIM verschaffte ihnen eine Stellung. Ab April 1841 hielten sie Vorlesungen an der Universität zu Berlin.
Die ungewöhnliche Geschwisterbeziehung zwischen JACOB und WILHELM GRIMM war das eigentliche Fundament ihres Schaffens. Trotz unterschiedlicher Arbeitsweisen, abweichender politischer Überzeugungen und ungleicher Temperamente gestalteten sie ihr Leben in allen wichtigen Fragen gemeinsam. Bis zu WILHELMS Tod 1859 (JACOB starb 1863) lebten, wirtschafteten und arbeiteten sie in einem Haushalt. JACOB schrieb über ihre Beziehung am 12. Juni 1805:
„– denn, lieber Wilhelm, wir wollen uns einmal nie trennen, und gesetzt, man wollte einen anderswohin tun, so müßte der andere gleich aufsagen. Wir sind nun diese Gemeinschaft so gewohnt, daß mich schon das Vereinzeln zum Tode betrüben könnte.“

Literarisches Schaffen

Erste Schaffensjahre in Kassel 1805 bis 1829
Die ersten wissenschaftlichen Aufsätze erschienen im Jahre 1807 im „Neuen literarischen Anzeiger“ in München. Während JACOB mehr zur exakten Wissenschaft tendierte, folgte WILHELM eher poetisch-künstlerischen Neigungen. Ihre ersten Werke 1811 brachten sie noch getrennt heraus, JACOB sein Buch über den Meistergesang, WILHELM seine Übersetzung der altdänischen Gedichte aus dem achten Jahrhundert. Aber schon bald gelang es ihnen, das Markenzeichen der „Brüder“ in das öffentliche Bewusstsein einzuführen. Schon 1812 erschienen „Die beiden ältesten Gedichte aus dem achten Jahrhundert“ herausgegeben durch die BRÜDER GRIMM.

Sämtliche bis 1826 erschienenen Werke erhielten dieses Markenzeichen. In dieser Zeit produzierten die Brüder Werke wie die „Kinder- und Hausmärchen“ (PDF 1), die dreibändige Zeitschrift „Altdeutsche Wälder“, die „Lieder der alten Edda“, den mittelhochdeutschen „Armen Heinrich“ des Hartmann von Aue, die „Deutschen Sagen“ und die „Irischen Elfenmärchen“. Damit endet das gemeinsame Schaffen, denn nur noch die Neuauflagen der Märchen werden mit den Namen beider Brüder verlegt.
Dieser gemeinsame Ausgangspunkt blieb aber Grundlage für alle späteren Arbeiten. JACOB legte mit einem gewaltigen Kraftaufwand Fundamente für die historische deutsche Grammatikforschung („Deutsche Grammatik“, 1819–37, vier Bände), die Rechtsgeschichte („Deutsche Rechtsaltertümer“, 1828), das europäische Tierepos („Reinhart Fuchs“, 1834), die germanische Götterlehre („Deutsche Mythologie“, 1835), die deutschen Dorfrechte („Weisthümer“, 1840–63, vier Bände) und die Geschichte der deutschen Sprache (1848).

WILHELM hatte sich der Runenforschung gewidmet („Über deutsche Runen“, 1821), zahlreiche mittelhochdeutsche Texte editiert, Werke seines Freundes ACHIM VON ARNIM und als Hauptwerk die „Deutsche Heldensage“ (1829) herausgebracht. Erst in späteren Jahren haben die Brüder noch einmal gemeinsam gearbeitet und ihr „Deutsches Wörterbuch“ in Angriff genommen.

1852 bis 1854 veröffentlichte JACOB zehn Lieferungen mit zusammen 2 300 Wörterbuchspalten im Lexikonformat, eine in über hundert Jahren von keinem Nachfolger erreichte Leistung, WILHELM trat ihm erst 1855 helfend zur Seite und schaffte, durch den Verleger und das Vorbild des Bruders unter Dauerdruck stehend, eine Lieferung jährlich. Es ist allerdings zu erwähnen, dass WILHELM seine Texte genauer ausformte und sorgfältiger stilisierte. Die Differenzen im Arbeitserfolg beruhten vor allem in den abweichenden Lebenszielen, der unterschiedlichen Zeiteinteilung, Konzentrationsfähigkeit und Arbeitslust. JACOB pausierte, um andere Arbeiten voranzutreiben, und setzte die Arbeit am Wörterbuch erst nach WILHELMS Tod 1859 fort. JACOB überlebte seinen Bruder WILHELM um 4 Jahre und starb am 20.09.1863. Fast einhundert Jahre nach seinem Tod wurde das „Deutsche Wörterbuch“ mit einem Umfang von 33 Bänden vorläufig fertiggestellt.

Werke

Gemeinsame Werke 1812–1826

  • Kinder- und Hausmärchen
  • dreibändige Zeitschrift „Altdeutsche Wälder“
  • Lieder der alten Edda
  • Armer Heinrich
  • Deutsche Sagen
  • Irische Elfenmärchen
  • Deutsches Wörterbuch (1852–1859 bzw. 1863)

Werke von JACOB GRIMM

  • Deutsche Grammatik, 4 Bände (1819–37)
  • Deutsche Rechtsaltertümer (1828)
  • Reinhart Fuchs (1834)
  • Deutsche Mythologie (1835)
  • Weisthümer, 4 Bände (1840–63)
  • Geschichte der deutschen Sprache (1848)

Werke von WILHELM GRIMM

  • Über deutsche Runen (1821)
  • Deutsche Heldensage (1829)
  • Zu der Schrift deutscher Runen (1830)
  • Freidank (1834)

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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