Dramenanalyse

Da viele Dramenformen sich nicht in ein Muster pressen lassen, hat sich für die Dramenanalyse die Unterscheidung in geschlossene und offene Form im Drama bewährt.

Der Prototyp des geschlossenen Dramas findet sich im fünfaktigen Drama, wie es seit HORAZ über die Renaissance-Poetik bis in die heutigen Tage die Dramenentwicklung mitbestimmt hat. Nach VOLKER KLOTZ lässt sich der Aufbau eines geschlossenen Dramas wie folgt erläutern:

Einleitung (Exposition)

Der Zuschauer erhält Informationen über Hintergründe und Voraussetzungen der Handlung, soweit er sie benötigt.

erregendes Moment

Ein wichtiges Ereignis oder eine bedeutsame Entscheidung des Helden bringt die Verwicklung in Gang.

Umkehr (Peripetie)

Die Situation verkehrt sich in ihr Gegenteil.

tragisches Moment

In der Tragödie: ein Ereignis oder Entschluss, der keine Auflösung des Konflikts mehr zulässt, was zu einem versöhnlichen Ende führen würde.

Moment der letzten Spannung

In der Komödie: Verzögerung des glücklichen Ausgangs der Handlung.

Katastrophe

Tragödie: Lösung des Konflikts durch Untergang des Helden;
Komödie: glückliches Ende durch Auflösung des Missverständnisses

Derartig gebaute Dramen zeichnen sich durch einheitliche, konsequente Handlungsführung, hohes Handlungstempo und klare Figurenstrukturierung aus.

Alle Stücke, die sich deutlich davon unterscheiden, werden unter dem Begriff offenes Drama (offene Form) zusammengefasst. Diese Dramenform ist somit viel weniger streng definiert. Sie beschreibt lediglich die Negation der Merkmale der geschlossenen Form und kann somit auf ganz unterschiedliche Werke angewandt werden.
GOETHEs „Götz von Berlichingen“ (PDF 1) fällt genauso unter diese Kategorie wie „Die Soldaten“ von LENZ (PDF 2), BÜCHNERs „Woyzeck“ (PDF 3) und WEDEKINDs „Frühlingserwachen“ (PDF 4)

 

Charakteristische Merkmale lassen sich nach KLOTZ hinsichtlich der Handlung, der Zeit, des Ortes, der Personen, der Komposition und der Sprache gegenüberstellen.

Handlung

geschlossene Form

einheitliche, in sich abgeschlossene Haupthandlung; kausale Verknüpfung der Szenen (Nichtaustauschbarkeit); einzelne Handlungen als Schritte einer logisch und psychologisch zwingenden Abfolge

offene Form

mehrere Handlungen gleichzeitig ( Polymethie ); Zerissenheit der Handlungsabfolge; relative Autonomie einzelner Episoden

Zeit

geschlossene Form

Einheit der Zeit; Zeit ist nur Rahmen des Geschehens; keine Zeitsprünge

offene Form

ausgedehnter Zeitraum; Zeit als in die Ereignisse eingreifende Wirkungsmacht; Zeitsprünge zwischen Szenen

Ort

geschlossene Form

Einheit des Ortes; Ort ist nur Rahmen des Geschehens

offene Form

Vielheit der Orte; Räume charakterisieren und bestimmen das Verhalten

Personen

geschlossene Form

geringe Anzahl; Ständeklausel; hoher Bewusstseinsgrad

offene Form

große Anzahl; keine ständischen und sozialen Beschränkungen; Zusammenspiel von Innenwelt und Außenwelt

Komposition

geschlossene Form

Handlungszusammenhang als Ganzes; Gliederung von Ganzen zu den Teilen; funktionale Zuordnung der Szene zum Akt und des Aktes zum Drama; lineare Abfolge des Geschehens

offene Form

Dominanz des Ausschnitts; Gliederung von den Teilen zum Ganzen; Szenen haben ihren Schwerpunkt in sich selbst; Variation und Kontrastierung von Szenen

Sprache

geschlossene Form

einheitlicher an der Rhetorik ausgerichteter Sprachstil (Versform); Dialog als Rededuell ( Stichomythie ); vom Bewusstsein dominierte Sprache

offene Form

Pluralismus des Sprechens; Mischung der Stilebenen und der Ausdruckshaltung; Orientierung an der Alltagssprache; Dominanz der Sprache über das Bewusstsein

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