Der Soweto-Aufstand (1976)

Vorgeschichte des Aufstands

Anfang der 1970er-Jahre konnte sich die südafrikanische Apartheidpolitik der ungeteilten Zustimmung der weißen, burischen Bevölkerung nicht mehr gewiss sein. Viele Afrikaans sprechende Weiße hatten den gesellschaftlichen Aufstieg geschafft und vertraten ein liberales, zunehmend von der Hautfarbe unabhängiges Leistungsprinzip. Damit brachte sich diese neue afrikaanse Bourgeoisie in einen Interessengegensatz zu denjenigen, die ihre Stellung der staatlichen Protektion durch die job reservation verdankten, also den Weißen in den Minen, der staatlichen Bürokratie und der subventionierten Landwirtschaft.

Diesen Widersprüchen begegnete die regierende National Party (NP) unter Premierminister JOHANNES VORSTER (Amtszeit 1966–1978), indem sie die burische Identität beschwor und den Ausbau des Sicherheits- und Polizeistaats vorantrieb. Umso stärker sich der Widerstand gegen die Apartheidgesetze regte, desto drakonischer wurden die polizeistaatlichen Maßnahmen, um ihn zu brechen. Die Doktrin dieser Politik war der Antikommunismus, der – im Gesetz zur Unterdrückung des Kommunismus von 1950 fest verankert – die Bekämpfung der schwarzen Befreiungsbewegungen rechtfertigen sollte. Schon in seiner Zeit als Justizminister (1961–1966) hatte sich VORSTER der Zerschlagung der Untergrundstrukturen des African National Congress (ANC) und anderer oppositioneller Organisationen gewidmet. Die antikommunistische Ausrichtung diente zudem als Verbindungsglied der auseinander strebenden Interessengruppen in der National Party.

Die repressiven Polizeimaßnahmen steigerten die Konfliktbereitschaft innerhalb der schwarzen Bevölkerung. In den townships, den städtischen Schwarzengettos Südafrikas, war eine neue Generation herangewachsen, die sich im Rahmen der Ideologie der black consciousness in kleinen Gruppen zusammenfand. Ihr führender Kopf STEVE BIKO wollte die schwarzen Afrikaner von Minderwertigkeitskomplexen und verinnerlichten Abhängigkeiten befreien und propagierte den Stolz auf ihre Kultur, ihre Hautfarbe, ihr Afrikanersein. Unterstützung fand BIKO vor allem unter Schülern und Studenten.

Die 'Soweto Riots'

Mitte der 70er-Jahre war die Lage in den townships explosiv. Die Einflüsse der black-consciousness-Bewegung machten sich bemerkbar. Ein Übriges taten die wirtschaftliche Not und die miserablen Lebensperspektiven der jungen Schwarzen. Am 16. Juni 1976 blieben Tausende von Schülern in Soweto, dem größten township Johannesburgs, dem Unterricht fern und gingen auf die Straße, um gegen die Einführung von Afrikaans als Unterrichtssprache zu demonstrieren. Da nur wenige Schwarze diese, von Buren gepflegte Sprache beherrschten, sahen sie ihre Chancen auf einen erfolgreichen Schulabschluss erheblich verringert, wenn an den Schulen in Afrikaans unterrichtet würde. Die Polizei reagierte mit großer Brutalität, schoss auf die wehrlose Menge und tötete innerhalb weniger Tage viele der halbwüchsigen Demonstranten. Die Zahlen schwanken zwischen 160 und etwa 1.000 Toten.

Soweto und die Folgen

Nach der Niederschlagung des Aufstands flüchteten hunderte von Schülern ins Ausland, wo sie sich dem ANC anschlossen. Dadurch konnte diese Organisation erstmals wieder Einfluss auf die Geschehnisse in Südafrika nehmen. Der ANC fand nun willige Rekruten für einen bewaffneten Kampf, der zu Beginn der Achtzigerjahre tatsächlich einsetzte, auch wenn er sich im Wesentlichen auf symbolische Aktionen beschränkte, die den Staat nie ernsthaft gefährdeten. Als neue Kraft im Kampf um die Freiheit etablierte sich die erstarkende schwarze Gewerkschaftsbewegung. Ihr Aufstieg war geradezu atemberaubend: Waren 1972 lediglich 14.000 Betriebszugehörige gewerkschaftlich organisiert, so 1979 schon 85.000 und 1986 über eine Million.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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