Comic, Geschichte

Die ersten Comics

Die Geschichte des Comics, wie wir ihn heute kennen, beginnt im Amerika des späten 19. Jahrhunderts mit den Comic Strips. Das waren Comic-Streifen, die zur Unterhaltung der Leser den Sonntagsausgaben großer Zeitungen beigelegt wurden. Der Erste, der den Comicstrip zur Aufwertung seiner Sonntagszeitung einsetzte, war 1889 der New Yorker Verleger JOSEPH PULITZER (1847-1911).
Der erste namhafte Comic-Strip-Zeichner war RICHARD FELTON OUTCAULT mit seinen Hogan's Alley-Bildern. Die vor Details strotzenden Illustrationen zeigten Szenen aus New Yorks Armenvierteln, vornehmlich arme Jungen und Mädchen in Aktion. Eine der immer wieder dargestellten Figuren war ein segelohriges Kind in schmutzigem gelbem Nachthemd. 1896 begann OUTCAULT, sich auf diese Figur zu konzentrieren. Mit The Yellow Kid, so der Name der Figur, die schnell zum Publikumsliebling wurde, war die erste Comic-Persönlichkeit geboren.

Bald folgten weitere frühe Helden. RUDOLPH DIRKs The Katzenjammer Kids (ab 1897) eroberten mit ihren Lausbubenstreichen und ihrem deutsch-englischen Kauderwelsch die Publikumsherzen im Sturm. DIRK, der aus Deutschland nach Amerika ausgewandert war, prägte den Comic auch, indem er als Erster mit Strichen und Linien Bewegung und Gefühle sichtbar machte, z. B. blitzende Strahlen um das Hinterteil, wenn eines der Katzenjammer Kids mal wieder übers Knie gelegt worden war.
Dies in Kombination mit der ab 1900 erstmals durchgängig eingesetzten Spechblase (in FREDERIC OPPERs Happy Hooligan, ab 1900) legte den Grundstein für den Comic, wie er bis heute als Form verstanden wird.

Neue Genres und Charaktere

Die Comic-Strip-Kultur entwickelte sich in den folgenden Jahrzehnten stetig weiter. Zeichnung und Inhalte verfeinerten und veränderten sich. Genres, also Comic-Gattungen, bildeten sich heraus. Wurden zunächst mit Vorliebe Kinder und gesellschaftliche Randfiguren, etwa Landstreicher, dargestellt, so eroberten bald auch Tiere wie in GEORGE HERRIMANs Krazy Kat, Familien wie in GEORGE HERRIMANs The Family Usptairs aus der Krazy Kat hervorging und Figuren aus anderen Medien in Comic Strips aufgegriffen.

1915 wurde der aus Hollywood berühmte CHARLIE CHAPLIN eine Comic-Strip-Figur, 1927 die beliebte Trickfilmfigur Felix (später Mickey Mouse und andere Disney-Helden). Auch die Erzählstile entwickelten sich. Anfangs war das vorrangige Ziel, die Leser mit lustigen Szenen zum Lachen zu bringen, ab 1905 entwickelten sich die Comicstrips mehr zu erzählten Geschichten hin. Little Nemo von WINSOR McCAY war die erste Comic-Strip-Figur, die fantastische Abenteuer erlebte.
Später reichte das Spektrum von Soap-Operas wie in ROBERT SIDNEY SMITHs The Gumps über Abenteuer-Geschichten wie in PHILIP FRANCIS NOWLANs Buck Rogers, HAL FOSTERs Tarzan bis hin zu Krimi-Strips wie in CHESTER GOULDs Dick Tracy. Zu beobachten war dabei eine künstlerische Weiterentwicklung der Zeichnungen von stark vereinfachten und stilisierten Darstellungen zu dramatischem bis übertriebenem Fotorealismus. Zu den Knollen kamen Stupsnasen, zu den Bierwänsten Waschbrettbäuche.

Peanuts, Garfield & Co.

Bereits in den 1950er-Jahren zeichnete sich eine neue Strömung ab: Die Peanuts von CHARLES M. SCHULZ mit Charlie Brown und Snoopy verlegten die Handlung in eine realistische und doch eigenartige Kinderwelt. Peanuts wurde der beliebteste Comicstrip aller Zeiten.
Obwohl sich zeichnerisch nun nichts mehr änderte und die Palette an Ausdrucksformen erschlossen schien, florierte die Comic-Strip-Landschaft weiter, wobei der Anteil sonderbarer Blüten zunahm. Beliebt wurden etwa Steinzeitcomics (B.C. von JOHNNY HART, Hagar The Horrible von DIK BROWNE).

Als Ende der 1970er-Jahre JIM DAVIS' Garfield erschien, war der Höhepunkt künstlerischer Kreativität und Ausdruckskunst in den Comicstrips klar überschritten, ihre enorme Beliebtheit aber gesichert.
Intelligente Comicstrips lieferten ab den 1980er-Jahren BILL WATTERSON mit Calvin and Hobbes oder GARY LARSON mit The Far Side.
Wie wichtig die Comicstrips bis heute den Lesern sind, verdeutlicht auch ihre Publikationsgeschichte. Seit 1907 gibt es den Tages-Strip, später wurden die Sonntagsbeilagen um ganze Comichefte mit abgeschlossenen, mehrseitig erzählten Geschichten erweitert. Beliebt war zudem von Anfang an die Zusammenfassung bereits erschienener Comic-Strip-Geschichten in eigenen Büchern. Das erste dieser Art erschien 1897 und handelte vom Yellow Kid. Mittlerweile hat es auch erste Versuche gegeben, die Comicstrips den modernen Medien anzupassen: mit Dilbert von SCOTT ADAMS feierte 1993 der Comicstrip im Internet Premiere.

Die Comic-Hefte

Comic-Hefte sind Abkömmlinge und Weiterführungen der Comicstrips. Die massenhafte Verbreitung des Comic-Hefts begann 1938 mit Superman (DC-Comics). Der Superheld der ersten Stunde war ein bombastischer Erfolg und sollte in den kommenden Jahrzehnten mit flatterndem Umhang durch sämtliche Medien brausen - vom Comicstrip über den Cartoon, den Kurzfilm, die Fernsehserie bis zum eigenen Kinofilm.
Mit der Justice Society folgte Superman 1940 das erste Superhelden-Team in Comic-Heftform. 1941 erschienen Captain America (Marvel Comics) und mit Wonderwoman (DC-Comics) die erste Superheldin auf der Bildfläche.

Amerika war superheldensüchtig. So beliebt waren die Figuren, dass sie sogar Eingang ins alltägliche Leben ihrer Fans fanden. Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Vermischen der Realitäten besonders beliebt. Da wurde Adolf Hitler gleich mehrmals von Captain America und Co. besiegt, wurden die Superhelden gezielt zu Kriegspropaganda eingesetzt.

In den 1950er-Jahren erlebten die Superhelden ihre erste Flaute. Nach dem Krieg schienen die amerikanischen Leser der gottgleichen Wesen überdrüssig. Stattdessen eroberten Horror-, Grusel-, aber auch Detektiv - sowie Western- und Wissenschaftscomics (Mad Scientist) den Markt.
My Date Comic war 1947 der erste Romance Comic. Sehr beliebt waren auch Comics, die Verbrechen, möglichst wahre, zum Thema hatten. Der erste Horror-Comic kam im Herbst 1948 auf den Markt und trug den Titel Adventures Into The Unknown.
Zielgruppe der Comic-Hefte waren männliche Jugendliche im Teenager-Alter. Auch die Zeichner, die in eigens zu diesem Zweck eingerichteten Studios wie am Fließband arbeiteten, um dem wachsenden Bedarf standhalten zu können, waren in der Mehrheit sehr jung, meistens nicht älter als 20. Viele Forscher bezeichnen die Comics deshalb als eine erste Art eigener Jugendkultur.

Der Comic Code

Als die Comic-Hefte in bis dahin unbekannter Vielfalt den Markt zu überschwemmen begannen, wurde auch die erwachsene Öffentlichkeit auf das Medium aufmerksam. Die Zahl besorgter Eltern, die die Entwicklung ihrer Kinder durch die teils haarsträubenden Geschichten bedroht sahen, begannen, zu protestieren. Als ein gewisser DR. FREDERICK WERTHAM sein Buch Seduction Of The Innocent (1954, dt.Die Verführung der Unschuldigen) veröffentlichte, erreichte der organisierte Protest seinen Gipfel. Aufgeheizte Debatten wurden ausgetragen, Wert und Unwert von Comics diskutiert. 1954 einigten sich die führenden Comic-Verlage, die unter extremem Druck standen, auf den sogenannten Comic Code, ein selbst auferlegtes Regelwerk, das nicht nur die Geschichten, sondern auch den Verkauf der Hefte fortan erheblich beeinflusste. War ein Comic „sauber“, d. h. hielt er sich an den Comic Code, wurde er mit einem Gütesiegel versehen (Approved by the Comic's Code Authority) und durfte in Jugendlichen zugänglichen Zeitschriftenläden verkauft werden. Verstieß ein Comic aber gegen den Comic Code, war er nur Erwachsenen und unter erschwerten Bedingungen zugänglich.

Der Comic Code schützte einerseits junge Leser, beschnitt aber auch die künstlerische Freiheit der Comic-Zeichner. Er verbot u. a. die glorifizierende Darstellung von Verbrechen oder Verbrechern, die Diskreditierung staatlicher Institutionen und Beamter, die Infragestellung gesellschaftlicher Werte (Familie, Ehe), die Darstellung von Monstern, Zombies, Vampiren oder lebenden Toten, Nacktheit oder anstößige Posen, die Darstellung von Drogen oder Drogenabhängigen, die Darstellung von körperlichem Leiden oder Gebrechen, den übermäßigen Gebrauch von Umgangssprache oder Slang, die Hervorhebung der Worte Horror oder Crime (auf dem Titelblatt) und vieles mehr.
Der Comic Code gebot zudem, dass das Gute immer über das Böse zu siegen habe, dass das Böse nicht in verstörender Weise dargestellt werden dürfe, dass Konflikte jeglicher Art nur im moralischen Zusammenhang und zur Unterstreichung des Guten angeführt werden dürften und dass immer der Respekt für Eltern und Autoritäten gefördert werden müsse.

Mainstream und Underground

Strenge Reglementierungen gab es auch für die Werbung in den Comic-Heften. Tabu waren Tabak-, Waffen-, Partnerschaftsvermittlungs-, Feuerwerksverkaufs- und Glückspielannoncen.
Wurde der Comic Code für die großen Mainstream-Comics zu einer Art gleichmachendem Filter, so erwies er sich für Underground-Comics als Geburtshelfer und Motor und verhalf dieser neuen Subkultur zu Form und Stimme.
Für die viele Fans schien der Mainstream-Comic durch den Comic Code zum zahnlosen Tiger gemacht worden zu sein. Die Ära der Abenteuer und Gefahren schien vorüber. Doch schon in den 1960ern geschah eine neuerliche Wende. Der Comic-Verlag Marvel führte eine neue Generation von Superhelden ein. The Amazing Spiderman, The Incredible Hulk und The Fantastic Four, The X-Men waren wie Superman mit abnormalen Kräften ausgestattet, wiesen jedoch deutlich menschlichere Züge auf: Sie hatten Probleme, Sorgen - und Schwächen.
Die Marvel-Helden wurden ein schnell nachgeahmter Erfolg. Auch sie traten bald eine Reise durch die Medien an und sind bis heute beliebte Filmvorlage für Kino-Produktionen.

In den 1970er-Jahren begann sich die Comic-Kultur zu verändern und zu erweitern. Aus den Underground-Comics entwickelten sich Independent-Comics. Zeichner, die nicht mehr unter den harten Bedingungen und inhaltlichen Schemata der Mainstream-Verlage arbeiten wollten, erforschten das Medium auf neuen Wegen und erhoben den Comic zu einer neuartigen Kunstform. Manche blieben dem Underground verhaftet, andere etablierten sich selbst zu Marken und Namen. Wieder andere begründeten einen alternativen Mainstream. Gleichzeitig etablierten sich die Mainstream-Superhelden als Verkaufserfolge. Auch neue Varianten von Superhelden, jetzt in Fantasy-Welten entstanden, etwa Conan The Barbarian (Marvel).

In den 1980ern hatte der Comic in seiner Vielfalt und Gestalt seinen Höhepunkt erreicht. Es gab Comics für alle Bevölkerungsgruppen und Vorlieben, die amerikanischen Zeichner holten Anregungen von den Comic-Kulturen anderer Länder, oft aus dem asiatischen Raum, wo die Mangas die absoluten Favoriten sind und es schien kein Thema zu geben, das nicht in irgend einem (Mainstream-, Underground- oder Independent-) Comic behandelt wurde.
Gerade diese Vielfalt aber machte besonders dem Mainstream-Comic zu schaffen. Ähnlich wie andere moderne Kulturformen, etwa die Popmusik, litt und leidet der Mainstream-Comic, obwohl wirtschaftlich gesichert, an einer Selbstlähmung, scheinen ihm die Ideen ausgegangen zu sein. Als Chance könnten sich möglicherweise die Neuen Medien erweisen. Waren sich Film und Comic schon länger nahe, so gesellen sich in jüngster Zeit Computer- und Videospiele als neue Austauschfelder dazu.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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