Film, Großbritannien

Anfänge des britischen Films

Das Kino wurde von den Engländern lange Zeit eher misstrauisch beäugt. Kein Wunder, stand die englische Theaterkultur doch in voller Blüte, als die bewegten Bilder in Mode kamen. Das Theater, hochgehalten und hoch angesehen, übte denn auch in der Anfangszeit einen dominanten Einfluss auf das britische Kino aus. In der Heimat SHAKESPEAREs nimmt es nicht Wunder, dass es dessen Stücke waren, die als erste, ganz der Dramaturgie des Theaters angepasst, verfilmt wurden.

Beliebt waren auch Dokumentationen rund um die königliche Familie, etwa der zweieinhalbstündige Film With Our King and Queen Through India (1912) oder Expeditionsfilme wie South (1919) über die gescheiterte Südpolexpedition ERNEST HENRY SHACKELTONs.

Internationaler und amerikanischer Einfluss

Das britische Kino war in seinem Programm von Anfang an international geprägt. Im Stummfilm wurden Filme aus unterschiedlichen Nachbarländern gezeigt, als das Tonfilm-Zeitalter anbrach, verdichtete sich sprachbedingt die Verbindung mit Amerika.
Der Erste Weltkrieg war für Großbritannien cineastisch ein herber Schlag. Es verlor den größten Teil seiner Kino-Infrastruktur und wurde vom nun erstarkenden Hollywood an die Seite gedrängt. Während Hollywood begann, in großem Stil zu produzieren, versagte das britische Kino weitgehend. Das zuvor leicht gewonnene Publikum in den Commonwealth-Ländern bevorzugte amerikanische Filme, talentierte Schauspieler, Regisseure, Drehbuchautoren und Techniker zog es nach Amerika, wo die Voraussetzungen besser waren. Zudem drangen amerikanische Produzenten in den britischen Filmmarkt ein und drehten auch hier.

Immerhin, Großbritannien hatte ALFRED HITCHCOCK (The 39 Steps, 1935) und einige andere große Regisseure und Darsteller, die in der Heimat arbeiteten, wenn auch viele später wie HITCHCOCK nach Hollywood gingen.
Britische Beiträge zum Weltkino aus dieser Zeit sind Filme wie CAROL REEDs The Third Man (1939). Andere Klassiker sind DAVID LEANs DICKENS Adaptionen Great Expectations (1945) und Oliver Twist (1948) oder MICHAEL POWELLs The Red Shoes (1948).

In den 1960er-Jahren gelang es Großbritannien, wieder eine Marke auf die Kino-Landkarte zu setzen. Äußerst erfolgreich waren die Hammer-Horrorfilme mit CHRISTOPHER LEE und PETER CUSHING.
Das Duo feierte mit diversen Dracula- und Frankenstein-Verfilmungen große Erfolge. Zur Zeit ihres Erscheinens von der Kritik als viel zu gruselig und schockierend empfunden, erfreuen sich die Hammer-Horrorfilme heute bei Fans Kultstatus'.
Ein qualitativ fragwürdiger aber lang anhaltender Erfolg wurde auch die bis Ende der 1970er-Jahre fortgesetzten Carry On-Filme (Drehbücher: TALBOT ROTHWELL). Die Komödien mit derben Pointen, Wortspiel-Kalauern und eher dünnen Geschichten hatten immer denselben Schauspiel-Stab vorzuweisen und deshalb großen Wiedererkennungswert.
Die erfolgreichste britische Produktion, die in den 1960ern ihren Anfang hatte aber, war James Bond. SEAN CONNERY und seine Agententrickkiste ließen Männer- und Frauenherzen rund um den Globus höher schlagen.

Außerdem begann sich in den 1960er-Jahren ein neuer Stil abzuzeichnen. Die Öffnung gegenüber sozialkritischen Themen in Filmen, etwa bei KAREL REISZ oder JOHN SCHLESINGER, die Auseinandersetzung mit dem Milieu der Arbeiterklassen, verliehen dem britischen Film eine neue Qualität. Nicht umsonst zog der Kult-Regisseur STANLEY KUBRIK Anfang der 1960er von Hollywood nach England, wo er mehr künstlerische Freiheit zugestanden bekam und seine Hollywood zu wagemutigen Filme Lolita (1962), Dr. Strangelove or: How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb (1964, dt. Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben) und A Clockwork Orange (1971, dt. Uhrwerk Orange) drehte.

In den 1970er-Jahren wurde Großbritannien für seine Special-Effects bekannt und begehrt. Zum Einsatz kam britisches Erfindungsreichtum etwa bei der Superman-Verfilmung mit CHRISTOPHER REEVE (1978) oder bei GEORGE LUKAS' opulenter Star Wars-Reihe. Eine Stärke sind die Special Effects in Großbritannien bis heute, wie jeder James Bond-Film, aber auch andere große Produktionen, wie etwa die Harry-Potter-Reihe beweisen.

Wichtige Einflüsse kommen fürs britische Kino heute auch von den vielen asiatischen und indischen Künstlern, die hier leben und arbeiten. Überhaupt sind soziale Themen weiterhin ein bedeutender Aspekt des britischen Films. Typisch sind schonungslos ehrliche und doch humorvolle Millieustudien und Porträts wie KEN LOACH (Sweet Sixteen, 2002 und Looking for Eric, 2009) oder der Regisseur von Trainspotting (1996), The Beach (2000) und Slumdog Millionaire (2008) DANNY BOYLE, sie vollbringen.

Weltberühmt ist natürlich auch der englische Humor. Britische Komödien sind berüchtigt für ihre düster-komische Mischung aus Witz und Wahn. Die Skala reicht von den absurden Monty-Python-Filmen, über launige Komödien à la A Fish Called Wanda (1988, Regie: CHARLES CRICHTON), bis hin zu romantischen Liebeskomödien wie Four Weddings And A Funeral (1994, Regie: MIKE NEWELL), oder frechen, rasanten Filmen wie GUY RITCHIES Snatch (2000) und Sherlock Holmes (2009).

Es besteht kein Zweifel, dass Großbritannien weitaus mehr hochkarätige Filmgrößen hervorgebracht hat, als man gemeinhin vermutet. CHARLIE CHAPLIN, etwa, einer von Hollywoods ersten Stars, war Engländer und kehrte, als er in den 1950er-Jahren von dem McCARTHY-Regierung verfolgt wurde, in seine Heimat zurück. Klingende Namen die Kinogeschichte geschrieben haben, sind englische Schauspieler wie ALEC GUINNESS, PETER USTINOV, PETER O'TOOLE, OLIVER REED, MICHAEL CAINE, JULIE CHRISTIE, ANTHONY HOPKINS, JUDI DENCH, KENNETH BRANAGH, MARGARET RUTHERFORD, RICHARD BURTON, ROGER MOORE, VIVIAN LEIGH, JEREMY IRONS, JAMES MASON, BEN KINGSLEY, EWAN McGREGOR, JUDE LAW oder HUGH GRANT, und Regisseure wie NOEL COWARD, RICHARD ATTENBOROUGH und LAURENCE OLIVIER.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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