Der Assuan-Hochdamm Sadd El-Ali

Assuan-Hochdamm und Nasser-Stausee

Jahrtausendelang war für die in der Flussoase (Bild 1) lebenden ägyptischen Fellachen (Bauern) der Nil „Segen und Fluch“ zugleich. Alljährlich ergoss sich von Ende Juli bis November eine Flutwelle ins Niltal. Diese sogenannte „Nilschwelle“ überschwemmte die ufernahen Bereiche und überzog sie mit einer Schicht fruchtbaren Schlamms, die den Boden düngte. In der übrigen Zeit des Jahres herrschte Niedrigwasser. Der Wasserspiegel sank um bis zu acht Metern ab.

Die Fellachen verstanden es aber seit alters her, die wechselnden Wasserstände des Nils durch ausgeklügelte Bewässerungstechniken auszugleichen. Sie waren Meister im Bau von Schöpfwerken und Bewässerungskanälen.
Dadurch konnte das Wasser der Nilschwelle in die Niedrigwasserperiode hinübergerettet werden.

Dennoch kam es immer wieder zu in der Bibel als „magere Jahre“ bezeichneten Hungersnöten. Eine zu niedrige Nilschwelle reichte für die Bewässerung nicht aus, eine zu hohe zerstörte die Bewässerungsanlagen.

Die Flussoase des Nil in Ägypten

Die Flussoase des Nil in Ägypten

Zum Ausgleich der natürlichen Wasserspiegelschwankungen des Nil wurde mit finanzieller und technischer Hilfe der ehemaligen Sowjetunion der Assuan-Staudamm Sadd El-Ali gebaut, durch den der Nasser-Stausee entstand.

Daten zum Assuan-Staudamm

Bauzeit:11 Jahre, von 1960 bis 1971
Baukosten:etwa 2,2 Mrd. Euro
Länge des Staudamms:3 500 Meter
Höhe des Staudamms:110 Meter
Länge des Stausees:550 Kilometer
Breite des Stausees:bis zu 10 Kilometer
Fläche des Stausees:ca. 5 000 km² (Bodensee 520 km²)
Fassungsvermögen:ca. 160 Mrd. m³, davon 90 Mrd. m³ für die Aufnahme des Nilhochwassers

Staudamm und Stausee brachten Ägypten zunächst die erhofften Wirkungen:

Der Damm ermöglicht die Regulierung der Wasserführung und garantiert die Dauerbewässerung, durch die wiederum mehrere Ernten im Jahr erzielt werden können (Bild 3). Hochwasserkatastrophen und extreme Niedrigwasserperioden, wie beispielsweise die in den 80er Jahren, mit Hungersnöten konnten als biblische „ägyptische Plagen“ überwunden werden.

Die landwirtschaftlich nutzbaren Bewässerungsflächen im Niltal konnten etwa um ein Viertel (ca. 7 Mio. ha) ausgeweitet werden.

Die Turbinen des Kraftwerkes liefern dringend benötigte elektrische Energie für weite Teile Ägyptens. Außerdem versorgen sie eine neue Düngemittelfabrik sowie Eisen- und Aluminiumhütten bei Assuan.

Der Eingriff des Menschen in das Ökosystem des Niltals war allerdings auch mit Problemen und weitreichenden negativen Folgen für die Ökologie der Uferlandschaft verbunden, die bereits beim Bau offenbar wurden:

Der Stausee überflutete eine Vielzahl von Siedlungen und vernichtete wertvolle Kulturschätze. So mussten fast 100000 Menschen mit erheblichem Kostenaufwand umgesiedelt werden. Noch kostspieliger war der Erhalt einmaliger historischer Tempelanlagen, die das Wasser zu verschlingen drohte. Zwischen 1964 und 1968 wurden beispielsweise auf Initiative der UNESCO die zum Weltkulturerbe gehörenden Abu-Simbel-Felsentempel gerettet. Der große Tempel war 63 m tief in den Felsen gehauen. Vor ihm befanden sich die Kolossalstandbilder von Ramses II. und der Königin.

Wasser- und Schlammführung des Nil vor und nach dem Staudammbau

Wasser- und Schlammführung des Nil vor und nach dem Staudammbau

Die Tempel mussten zunächst in 1036 große Blöcke zersägt werden. Danach konnten sie auf eine Hochfläche transportiert werden, die 60 m über dem Stausee lag. Dort wurden sie dann unter zwei schützenden Betongewölben wieder neu aufgebaut.

Durch den Stausee entstehen des Weiteren erhebliche Wasserverluste. Über seiner riesigen Wasserfläche verdunstet im Wüstenklima wesentlich mehr kostbares Wasser als ursprünglich errechnet. Mehr Wasser als errechnet versickert auch im klüftigen Untergrund.

Eines der wesentlichsten Probleme entsteht dadurch, dass sich der fruchtbare Nilschlamm vorwiegend im Stausee absetzt. Er geht folglich als Dünger für die Felder verloren und muss durch Mineraldünger ersetzt werden. Wo die Fellachen dazu finanziell nicht in der Lage sind, lässt zwangsläufig die Bodenfruchtbarkeit erheblich nach.

Das Ausbleiben der Schlammablagerung veränderte auch die Situation im Nildelta. Früher wuchs das Delta ins Meer hinaus. Zusätzliches Kulturland konnte gewonnen werden. Heute nagen die Meeresströmungen an der Küste und entreißen ihr jährlich bis zu 30 m wertvolles Land.

Erhöhter Mineraldüngereinsatz auf ganzjährig bewässerten Flächen kann im Wüstenklima zur Versalzung der Böden führen. Das durch den Assuan-Staudamm ständig reichlich zur Verfügung stehende Wasser löst im Boden die Nährsalze. Durch die hohe Lufttemperatur steigt das salzhaltige Bodenwasser aber relativ rasch an die Oberfläche und verdunstet dort. Zurück bleiben die Salze, die Krusten bilden. Auf solchen Salzkrusten wachsen aber keine Pflanzen mehr. Früher wurden die Salzablagerungen durch die Nilschwellen ausgewaschen und ins Meer gespült. Der Bau von Entwässerungskanälen, die die gleiche Wirkung haben, ist teuer. Auch deshalb lässt die Bodenfruchtbarkeit in weiten Gebieten der Niloase gravierend nach.

Der Umfang und das Gewicht der durch den Assuan-Staudamm verursachten ökologischen Auswirkungen auf die Uferlandschaft des Nil verstärken die Stimmen, die bei diesem als Jahrhundertwerk gedachten Bau von einer Fehlinvestition sprechen.

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