- Lexikon
- Geografie
- 4 Gesellschaftsgeografische Grundlagen
- 4.2 Siedlungen
- 4.2.3 Städtische Siedlungen
- Wilna (Vilnius) - Hauptstadt Litauens
Vilnius ist der litauische Name der Stadt und wird als „Wilnjus“ gesprochen. Der deutsche Name lautet Wilna, wird aber dort nicht mehr so oft benutzt. Der Name leitet sich wahrscheinlich vom kleinen Flüsschen Vilnia ab, der in Vilnius in den Neris mündet. Als einzige der drei baltischen Hauptstädte liegt Wilna nicht an der Ostseeküste. Litauens Hauptstadt liegt im äußersten Osten des Landes. Bis zur Grenze Weißrusslands sind es kaum 40 km. Die Gegend in und um Vilnius ist verhältnismäßig hügelig und zudem meist bewaldet. Durch die Stadt fließt der Fluss Neris, welcher schließlich in Kaunas den Nemunas (Memel) speist.
Der Anteil der Litauer an der Bevölkerung der Stadt ist geringer als im Rest des Landes und beträgt nur 58 %. Danach kommen Polen mit knapp 19 % und Russen mit etwa 14 %. Sehenswürdig ist die Altstadt. Sie beginnt etwa 500 m nördlich des Bahnhofs und erstreckt sich bis zum Fluss Neris. Von Nord nach Süd ist die Altstadt rund 1,5 km lang, von West nach Ost rund 1,2 km breit. Da die Stadtmauer größtenteils verschwunden ist, kann man die Grenze nicht sofort erkennen. Nördlich des Neris befindet sich das moderne Vilnius.
Wilna (Vilnius) ist seit 1322 Hauptstadt des Großfürstentums Litauen. Auf die Altstadt mit ihrer Universität, den barocken Bauten, den Museen und dem Theater hat man vom Gedeminasturm auf dem Schloßberg, dem Rest der Burg aus dem 13. Jh. und heute Museum für Stadtgeschichte, einen schönen Blick. Um diese alte Burg entstand im 13. Jh. die Stadt, die vom Großfürsten Gediminas (1322/23) zur Hauptstadt Litauens gemacht wurde, was sie bis 1795 war. Etwa 1503 wurde die Stadtmauer errichtet.
Wohl in keinem anderen Ort Litauens prägen die verschiedenen Kunstrichtungen der Geschichte so nachhaltig die Silhouette der Stadt. Aus der Zeit der Renaissance sind z. B. erhalten das Aurostor, die Kirche St. Anna – ein Juwel der späten Backsteingotik, die als eine der schönsten Kirchenbauten Nordosteuropas gilt – oder das Barockkleinod Peter-und-Paul-Kirche. Weiter sehenswert sind St. Nikolai (15. Jh.), die Bernhardinerkirche (Anfang 16. Jh.) und weitere barocke Kirchen und Adelspaläste, die klassizistische Kathedrale mit der Kasimirkapelle von 1636, das Rathaus (Ende 18. Jh.) sowie die Universität, die sich aus Gebäuden zusammensetzt, die stilgeschichtlich von der Gotik bis zum Klassizismus reichen.
Eingebettet in eine liebliche Hügellandschaft liegt diese Stadt, die durch das Bemühen um die fachgerechte Restaurierung der Altstadt, deren Gassen und Höfe, Befestigungen, Türme und Kirchen, in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen wurde. Die Altstadt von Vilnius hebt sich völlig von Riga und Tallin und deren hanseatischen Einflüssen ab.
Wer vom Bahnhof kommt, betritt die Altstadt durch das Aurostor (Tor der Morgenröte) und erkennt eine sehr barocke Welt voller Kirchen und Prachtbauten mit sehr engen Gassen. Einst hatte die Stadt neun Tore und eine große Stadtmauer, jetzt nur noch das eine Tor und Reste der Mauer. Hinter dem Tor befinden sich rechts die im neoklassizistischen Stil erbaute Kirche der hl. Theresia, schräg gegenüber die Kirche der hl. Dreifaltigkeit. Dieser barocke Komplex wird als Kirche und Kloster genutzt. Dann folgen noch eine Reihe weiterer Kirchen.
Die Straße führt weiter zum Rathausplatz mit dem klassizistischen Rathaus als dem Zentrum der Altstadt. Das Rathaus stammt aus dem 18. Jh., da die Vorgänger in Kriegen zerstört wurden. Dann gelangt man zum Kathedralenplatz, dem berühmtesten und größten Platz der Stadt, mit der Kathedrale und dem Reiterdenkmal, einem klassizistischen Bau aus dem 18. Jh. Die Kathedrale hat keinen „richtigen“ Turm, statt dessen einen separaten Glockenturm mit 53 m Höhe. Außerdem beinhaltet sie auch noch als Bau aus dem frühen Barock die St.-Kasimir-Kapelle. Die Kathedrale ist Hauptsitz des Erzbischofs. Das Gebäude wurde 1387–1388 anlässlich der Einführung des Christentums in Litauen errichtet. Infolge der häufigen Brände, Kriege und des unsicheren Baugrundes wurde sie mehrmals umgebaut. Das heutige Gebäude ist zwar im Stil des Klassizismus entstanden, doch kann man in seinen Mauern die Spuren der Gotik, Renaissance und des Barock entdecken. Markant ist die klassizistische Vorderseite mit den drei Heiligenfiguren auf dem Dach.
Zwischen Kathedrale und Rathaus steht die Universität, die schon im 16. Jh. vom polnischen König gegründet wurde. Den historischen Kern der Universität bildet die Jesuitenakademie (1579) mit dem arkadengeschmückten Innenhof im Stil der Renaissance. Insgesamt sind 12 Innenhöfe vorhanden. Polnische Universität wurden die Gebäude aber erst seit 1803. Von 1832–1919 – während der Zugehörigkeit Litauens zum zaristischen Russland – war sie geschlossen. Sie umfasst heute ein riesiges Gelände mit dominierendem barocken Stil. Hinzu kommen zahlreiche wertvolle Fresken in den alten Mauern.
Östlich des Kathedralenplatzes fällt ein Hügel mit einem Turm auf der Spitze auf. Es sind die Reste der Gedeminasburg, die die Ursprünge der Stadt darstellen. Hinter der Burg fließt der Fluss Neris und dahinter befindet sich das moderne Vilnius. Außerhalb der Altstadt sind die barocke Kirche des heiligen Peter-und-Paul mit ihren 2000 Plastiken und die Kirche St. Anna. sehenswert.
Vilnius wurde bereits 1316 mit der Absicht gegründet, den Ort als Hauptstadt des erstarkenden Litauens zu nutzen. Ein Grund für den Standort der Stadt war möglicherweise die versteckte und leicht verteidigungsfähige Lage. Großfürst Gedeminas veranlasste die Gründung im Jahre 1316 und schon sieben Jahre später wurde sie die Hauptstadt des Landes.
Die heutige Industrie-, Verwaltungs- und Kulturstadt wurde in ihrer Geschichte mehrfach vom Deutschen Orden, von Schweden und Russland erobert. Auch in der Zeit der Polnisch-Litauischen Union entwickelte sich die Stadt prächtig und wurde vor allem zu einem wichtigen Zentrum der katholischen Kirche und des Judentums. 1579 wurde bereits die erste Universität gegründet. Im Nordischen Krieg ab 1702 zerstörten die Schweden weite Teile der Stadt. Nach Kriegsende kam Vilnius an das russische Zarenreich und 1795 bis 1915 endgültig an Russland. 1812 leitete Napoleon von Vilnius aus seinen Russlandfeldzug.
Dann kam im Ersten Weltkrieg die kaiserliche deutsche Armee, die Truppen rückten aber 1918 wieder ab. Litauen erklärte die Unabhängigkeit und Vilnius wurde zur Hauptstadt. Aber schon 1920 rückte wieder die polnische Armee ein, und von 1920–1939 gehörte die Stadt zu Polen. 1939 wurde Vilnius wieder litauisch, aber dann kam die deutsche Eroberung. Während der Besatzung (bis 1944) kamen ca. ein Drittel der Bevölkerung ums Leben, ca. 40 % aller Bauten, darunter viele alte Baudenkmäler, wurden zerstört. Inzwischen ist der Wiederaufbau abgeschlossen. 1944 rückte die Sowjetarmee ein, Vilnius wurde bis 1990 die Hauptstadt der Sowjetrepublik Litauen. Seit der Unabhängigkeitserklärung Litauens im Jahre 1991 ist Vilnius (Wilna) die Hauptstadt der selbständigen Republik Litauen.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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