Das Zeitalter der großen Entdeckungen

Die Zeit der Renaissance, das 15. und 16. Jh., wird auch als Zeitalter der Entdeckungen bezeichnet:
CHRISTOPH KOLUMBUS entdeckte Amerika. VASCO DA GAMA fand den Seeweg nach Indien.
Der Portugiese CABRAL landete mehr irrtümlich an der südamerikanischen Küste des heutigen Brasilien. FERNANDO MAGELLAN und nach ihm der Engländer FRANCIS DRAKE umsegelten die Erde.
Das bedeutet nicht, dass es in anderen Zeitaltern keine bemerkenswerten Entdeckungen gegeben hat. So erreichten die norwegischen Wikinger bereits im Jahre 1000 die amerikanische Küste, und MARCO POLO reiste schon im 13. Jh. nach China und Indien. Alle diese bedeutenden Entdeckungsreisenden des Mittelalters haben dazu beigetragen, das geografische Weltbild vor allem der Europäer zu erweitern und von Fehlern und Irrtümern zu befreien.

Das Zeitalter der Entdeckungen

Die Entdeckungen führten nicht nur zu einem neuen Bild von der Erde und ihren Kulturen, sondern auch zur Einbeziehung bisher unbekannter Regionen und Länder in eine von Europa aus entstehende frühkapitalistische Weltwirtschaft. Die europäischen Herrscher und Kaufleute versprachen sich von den Entdeckungsreisen einen gewinnbringenden direkten Handel mit den reichen Länder Mittel- und Ostasiens. Andererseits erhofften sie sich, vor allem Spanien und Portugal, durch Ausdehnung ihrer Machtbereiche auf die außereuropäische Welt politische und militärische Vorteile. Neben diesen Motiven waren es auch zunächst der Kreuzzugsgedanke und später der christliche Missionierungseifer, die zur Erschließung neuer Teile der Erde anspornten.
Untrennbar verbunden ist die Geschichte der Entdeckungen auch mit der Unterwerfung, Unterdrückung und brutalen Ausplünderung der entdeckten Länder und Völker beispielsweise Afrikas und Amerikas. Sklavenhandel und die Ausrottung ganzer Völker durch die Europäer sind Erscheinungen eines der blutigsten Kapitel der Menschheitsgeschichte, des Kolonialzeitalters. Die Kolonialzeit begann für viele Völker Asiens, Afrikas und Amerikas unmittelbar mit den großen Entdeckungen und war erst um 1960 vollständig beendet.

MARCO POLO (1253–1324)

Das uralte Kulturland China wurde im christlichen Europa erstmals durch den Reisebericht von MARCO POLO bekannt. Dieser Reisebericht lag 1477 auch gedruckt vor. Bis ins 16. Jh. hinein war der für die Erweiterung des Erdbildes der Europäer bedeutendste Bericht des Mittelalters die Grundlage für das Wissen über China.
Die Kenntnisse aus der Antike über die Erde waren häufig mit dem Römischen Reich untergegangen. Deshalb mussten im Mittelalter viele bereits schon einmal vorhandenen Kenntnisse über die Erde mühsam neu zusammengetragen werden. Dafür war MARCO POLOS Reise, die in der Zeit vor den eigentlichen großen geografischen Entdeckungen stattfand, ein wichtiger Baustein.

Europäische Kaufleute erweitern das Bild des Ostens
Wie MARCO POLO, so reisten auch vor und nach ihm Kaufleute und Entdeckungsreisende von Europa in den unbekannten, geheimnisumwitterten Osten.
Zwischen dem Westen, dem europäischen „Abendland“, und dem Osten der bekannten Welt, der im 13. und 14. Jh. einfach als „Indien“ bezeichnet wurde, gab es auf Landwegen und entlang der Küste ständige Handelsbeziehungen. Aus „Indien“ gelangten vor allem Gewürze nach Europa, die die verbreitete Eintönigkeit des Geschmacks der aus Mehlbrei und Fleisch bestehenden Speisen zu durchbrechen halfen. Daher waren Nelken, Muskat, Zimt, Ingwer und besonders Pfeffer sehr begehrt. Hinzu kamen Atlas-, Damast-, Brokat- und Musselinstoffe aus Arabien, Teppiche, Edelsteine und Seide aus China. Da Europa keine Waren als Gegenleistung anbieten konnte, wurde mit Silber und Gold bezahlt.
Der Fernhandel zwischen Europa und Asien fand meist nicht direkt, sondern über Zwischenhändler statt. Hauptumschlagplätze im Zwischenhandel waren Konstantinopel, die Hauptstadt des Oströmischen Reiches, und das ägyptische Alexandria am Delta des Nil. Bis auf wenige Ausnahmen waren deshalb den Europäern sowohl die Reisewege dahin als auch der Osten selbst unbekannt.
Die direkte Durchreise wurde den europäischen Kaufleuten außerdem von muslimischen Arabern verwehrt, die ihre Vorherrschaft im Handel mit den Reichtümern des Ostens unbedingt erhalten wollten. Nur wenigen Europäern gelang es, diese „arabische Sperre“ zu durchdringen. Völlig unmöglich wurde der Weg nach Indien, als das Mongolenreich zerfiel und die osmanischen Türken weite Regionen Vorderasiens besetzten und 1453 sogar den Hauptumschlagplatz Konstantinopel eroberten, der fortan als Istanbul bezeichnet wurde.

Suche des Seeweges nach „Indien“

Da weder die europäischen Empfänger auf die Waren noch die Händler auf ihren Gewinn verzichten wollten, suchte man nach Auswegen aus der verfahrenen Situation.
Um die Wende vom 14. zum 15. Jh. hatte man auch von den bis dahin bekannten Teilen der Erde noch sehr ungenaue Vorstellungen. Selbst das nördliche Asien war kaum bekannt. Von Afrika kannte man höchstens den an das Mittelmeer grenzenden Norden. Den Indischen Ozean stellte man sich wie das Mittelmeer als ein Binnenmeer vor.
Mittelalterliche Geografen wie MARTIN WALDSEEMÜLLER besannen sich aber auf die Werke des antiken Gelehrten PTOLEMÄUS (100 bis 170 n. Chr.), der die geografischen Kenntnisse seiner Zeit zusammengefasst hatte und bereits eine Kugelgestalt der Erde annahm, mit einer allerdings in der Realität viel zu geringen Entfernungsangabe nach Indien.
Noch manches andere begünstigte die Suche nach dem Seeweg nach Indien:

  • Anfang des 15. Jh. hatte JOHANNES GUTENBERG aus Mainz den Buchdruck mit beweglichen Lettern erfunden, der es ermöglichte Bücher in großer Stückzahl herzustellen. Die Schriften der Geografen der Antike und andere Dokumente über Reisen in den Osten, beispielsweise der Reisebericht von MARCO POLO, konnten nun unter Entdeckungsreisenden zunehmend größere Verbreitung finden.
  • Die Einführung der Magnetnadel in die Seefahrt eröffnete völlig neue Navigationsmöglichkeiten für die Kapitäne. Sie konnten sich nun auf das Meer hinauswagen, ohne Kontakt zur Küste behalten zu müssen, da man immer die Nordrichtung bestimmen konnte.
  • Im 15. Jh. war vom Nürnberger Kaufmann MARTIN BEHAIM (1459–1507) der Jakobsstab erfunden worden, mit dessen Hilfe man die Höhe der Sonne und anderer Himmelskörper berechnen konnte. Damit wurde es möglich, die geografische Position eines Schiffes auf dem Meer zu bestimmen. BEHAIM schuf außerdem den ersten noch erhaltenen Globus. Dieser Globus ist eine den damaligen geografischen Kenntnissen entsprechende, einigermaßen wirklichkeitsnahe Darstellung der Erde in Kugelgestalt.
  • In der Bretagne hatten französische Schiffbauer die hanseatische Kogge zur Karavelle weiterentwickelt, einem neuen Schiffstyp, der zugleich wendig und den Anforderungen einer weiten Reise angepasst war. Die Karavellen waren leicht und hochbordig gebaut, besaßen zumeist drei Masten, segelten schnell vor dem Wind und kreuzten gut, sogar gegen den Wind.
  • Schließlich konnten Seefahrer nach der Erfindung des Schießpulvers mit Kanonen und Handfeuerwaffen ausgerüstet werden, wodurch sie sich in der unbekannten Fremde sicherer fühlen konnten.

Die großen „Sucher“

Zu den mutigen Entdeckern, die keinerlei Gefahren fürchteten und die ganz entscheidend zur Erweiterung des Bildes von der Erde beigetragen haben, gehören CHRISTOPH KOLUMBUS (1451–1506) und VASCO DA GAMA (1469–1524).

Der Italiener CHRISTOPH KOLUMBUS kam 1479 nach Portugal und beschäftigte sich mit Geografie. Er kam zu dem Schluss, dass Indien, China und Japan angesichts der Kugelgestalt der Erde auch zu erreichen seien, wenn man von Europa aus Richtung Westen fährt.
Nach seinen (fehlerhaften) Berechnungen betrug die Entfernung dorthin etwa 3 000 Seemeilen (tatsächlich über 11 000 Seemeilen).
In Diensten Spaniens startete er im August 1492 mit drei Karavellen in den unbekannten Westen.
Am 12. Oktober 1492 sahen die Seeleute Land, dem sie den Namen „San Salvador“ („der Erlöser“) gaben. Sie glaubten fest daran, in Indien gelandet zu sein, doch es war nur eine Insel der Bahamas. Dieser Teil Amerikas trägt deshalb noch heute den Namen Westindien.
Dennoch waren die Küsten Amerikas entdeckt. Weiter entdeckten die Spanier das heutige Kuba und Haiti, wo allerdings KOLUMBUS' Flaggschiff, die „Santa Maria“, auf Grund lief. Er beschloss deshalb die Heimreise. Auch nach der Ankunft in Europa war er noch immer davon überzeugt, in Indien oder auf einer vorgelagerten Insel gewesen zu sein.
Noch drei weitere Reisen unternahm KOLUMBUS und entdeckte weitere Inseln in der Karibik, nicht aber das indische Festland und die ersehnten Gewürze. Weitere Reisen vertraute man ihm nicht mehr an. Wie die Spanier hatten auch die Portugiesen großes Interesse an neuen Ländereien und deren Schätzen. So kam es bereits 1494 durch den Vertrag von Tordesillas mit Billigung des Papstes zur ersten Aufteilung der „Neuen Welt“ zwischen beiden Ländern.
Im Unterschied zu den Spaniern suchten die Portugiesen allerdings den Seeweg nach Indien nicht in westlicher Richtung. Sie gingen vielmehr davon aus, dass das vom Ozean umgebene Afrika – obwohl im Süden noch weitestgehend unbekannt – umschifft werden kann.

Nach mehreren Versuchen gelang die Entdeckung des Seeweges nach Indien schließlich VASCO DA GAMA, der im Juli 1497 – also rund fünf Jahre nach der Entdeckung Amerikas durch KOLUMBUS – in seinem achtundzwanzigsten Lebensjahr in der Nähe von Lissabon in See stach und im Mai 1498 Indien erreichte.
Dieser Erfolg DA GAMAS war langfristig vorbereitet worden. Er konnte auf vielen Ergebnissen portugiesischer Seefahrtkunst aufbauen:

  • HEINRICH DER SEEFAHRER, portugiesischer Prinz, der selbst kaum zur See fuhr, gründete die erste Seefahrtschule der Welt und holte erfahrene Italiener als Lehrer dorthin. Ab 1416 schickte er mehrere Expeditionen zur Erkundung der afrikanischen Westküste aus. So konnten die Seefahrer Erfahrungen sammeln und sich nach und nach immer weiter nach Süden wagen. HEINRICH ließ erste Festungen in Afrika bauen und mit dem Sklavenhandel beginnen.
  • 1483 entdeckte DIEGO CÃO die Mündung des Kongo-Flusses und erreichte 2 Jahre später Kap Cross an der Küste des heutigen Namibia.
  • BARTOLOMEU DIAZ fuhr 1488 noch weiter nach Süden. Sein Schiff wurde während eines Orkans um das heutige Kap der Guten Hoffnung, das DIAZ „Kap der Stürme“ nannte, getragen. Obwohl er wieder umkehren musste, war er – auch aufgrund eines warmen Meeresstroms, der heute Agulhasstrom heißt – davon überzeugt, den Weg nach Indien gefunden zu haben.

VASCO DA GAMA wurde unter dem Eindruck der Erfolge von KOLUMBUS noch mehrmals mit gut gerüsteten Flotten Richtung Indien geschickt. Die Portugiesen waren sehr an der Sicherung ihrer Handelsinteressen in ihrer asiatischen Einfluss-Sphäre gegenüber ihren europäischen Konkurrenten, vor allem Spanien, interessiert.

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