Konfuzius

KONFUZIUS (Bild 1) gilt neben LAOZI (LAOTSE) als der bedeutendste Philosoph Chinas. Für KARL JASPERS war er neben SOKRATES, BUDDHA und JESUS einer der vier „maßgebenden Menschen“. Zuweilen wird er euphorisch sogar als „Der einflussreichste Denker aller Zeiten“ (weltchronik.de) gefeiert. Er war ein Zeitgenosse des PYTHAGORAS (etwa 580–etwa 500 v.Chr.) und des HERAKLIT (etwa 544–483 v.Chr.).

Kindheit und Jugend

Über sein Leben wird in den „Historischen Annalen“ („Shiji“) von SIMA QIAN (1) (ca. 145–86 v. Chr.) relativ gut informiert.

(1) SIMA QIAN wird auch als „Vater der chinesischen Geschichtsschreibungt“, als „Herodot des alten China“, bezeichnet.

China zu Lebzeiten des KONFUZIUS war zwar ein noch relativ einheitliches Staatsgebilde, dem der Kaiser („Tianzi“=„Sohn des Himmels“) vorstand, jedoch lag die eigentliche Macht in den Händen vieler Territorialfürsten. Diese Konstellation läutete das Ende der „Frühlings- und Herbstperiode“ ein (Chunqiu-Zeit von 722 bis 481 v. Chr.).

KONFUZIUS wurde nach chinesischem Kalender am 27. Tag des 8. Monats im Jahre 551 v. Chr. im Staate Lu (d. i. die heutige Stadt Qufu in der Provinz Shandong) im Nordosten von China geboren. Sein Geburtstag entspricht nicht ohne Weiteres dem 27.8. des in Europa gebräuchlichen julianischen Kalenders. Er wird aber üblicher Weise auf diesen Tag gelegt. KONFUZIUS war Mitglied eines alten Adelsgeschlechtes. Es wird berichtet, die Familie stamme vom Königshaus der Shang ab, einem Lehenstaat der Zhou-Zeit. Anderen Überlieferungen zufolge soll KONFUZIUS direkt aus dem Kaisergeschlecht der ZHOU abstammen.
Sein Familienname war KONG, sein Vorname QIU, ein mit 20 Jahren verliehener Name („Initiations-“ bzw. Großjährigkeitsname) lautet ZHONG-NI (Zhong bedeutet „Der Zweitgeborene“).

Im Jahre 549 v. Chr. starb sein Vater, der Befehlshaber eines Bezirks in Lu gewesen sein soll. Daraufhin verarmte die Familie rasch. 539–533 v. Chr. erhielt KONFUZIUS Privatunterricht bei seinem Großvater YAN XIAN. Mit 15 Jahren erlernte er die „Sechs Künste“

  • Tanz,
  • Musik,
  • Bogenschießen,
  • Wagenlenken,
  • Schreiben und
  • Rechnen.

Er heirate 532 v. Chr. mit 19 Jahren. Im Jahr darauf wurde sein Sohn geboren. Zwischen 532 und 502 v. Chr. hatte er verschiedene niedrige Anstellungen inne, arbeitete u. a. als Scheunenaufseher.

KONFUZIUS als Lehrer

530 v. Chr. begann KONFUZIUS Schüler zu unterrichten. Das Fürstentum Lu, in dem KONFUZIUS geboren wurde, war, gemessen an der Größe Chinas, eher winzig, etwa so groß wie ein heutiger Landkreis. Es darf daher angenommen werden, dass der Bekanntheitsgrad des Philosophen schon bald groß war, denn er soll insgesamt 3000 Schüler gehabt haben, darunter 72 für die Entstehung seiner Lehre, des Konfuzianismus, wichtige. In seinem Hauptwerk, den „Gesprächen“ („Lunyu“) sind jedoch nur 22 Schüler namentlich erwähnt.
KONFUZIUS orientierte seine Schüler darauf, die Traditionen zu bewahren. So lehrte er Dichtung und Musik sowie die überkommenen Bräuche (Riten). Diese Riten regeln die

Verhaltensregeln für

  • Heirat,
  • Symposien,
  • Wettbewerbe,
  • kaiserliche Audienz,
  • Begräbnis usw.

Sie wurden durch den Schüler DAI DE und seinen Neffen DAI SHENG später im „Li-Ji“ („Buch der Sitten bzw. der Riten“) festgehalten. 529 v. Chr. starb seine Mutter, die KONFUZIUS nach alten chinesischen Riten begrub.

KONFUZIUS und LAOZI

518 v. Chr. begegnete KONFUZIUS anlässlich einer Bildungsreise mit zwei Prinzen-Schülern in der Zhou-Hauptstadt Luoyang dem Begründer des Taoismus, LAOZI, der als Archivar und Geschichtsschreiber am Hofe des Königs angestellt war. Hier soll der berühmte Philosophenstreit stattgefunden haben. SIMA QIAN berichtet, dass LAOZI bereits ein Greis gewesen sei, als KONFUZIUS jung war. Andere Quellen schätzen ihn um etwa 20 Jahre älter. Beide Philosophen kritisierten den sittlichen Verfall in China. Während KONFUZIUS als Ausweg aus dem beginnenden Chaos der „Streitenden Reiche“ auf Rückbesinnung auf die klassischen Tugenden setzte, orientierte LAOZI auf Ausbildung der vollkommenen Tugend, auf individuelle Selbstbesinnung und allgemeine Menschenliebe.

In verschiedenen chinesischen Schriften wird die Begegnung der beiden Philosophen beschrieben. Daoistische Interpreten des Zusammentreffens ließen KONFUZIUS so beeindruckt von der Gestalt und der Weisheit des „alten Meisters“ sein, dass er LAOZI mit einem auf Wind und Wolken zum Himmel auffahrenden Drachen verglich.

Exil, Rückkehr nach Lu, erneutes Exil

516 v. Chr. begab sich KONFUZIUS mit seinem Herzog auf der Flucht vor internen Machtkämpfen ins Exil in den Nachbarstaat Qi. Ein Jahr später, 515 v. Chr., kehrte er zurück nach Lu. Ab 501 v. Chr. begann sein Aufstieg in der Beamtenlaufbahn. Er wurde Stadtgouverneur von Dschung und 500 v. Chr. beim Herzog DING zunächst Bauminister (sikong), dann Justizminister (sikou) von Lu. 498 v. Chr. schließlich ernannte ihn der Herzog zum stellvertretenden Kanzler. In dieser Funktion habe KONFUZIUS den Unruhestifter SHAOZHENG MAO hinrichten lassen, wird berichtet. Unter der Ministerschaft des KONFUZIUS erlebte der Staat Lu eine nie da gewesene Blütezeit. Dies rief Neider hervor, und so trachteten Fürsten von Nachbarstaaten danach, den Philosophen aus dem Ministeramt zu treiben. Es geht die Legende, dass der Fürst von Qi, um den Staat „von innen“ zu zersetzen, dem Fürsten von Lu achtzig schöne Tänzerinnen zum Geschenk machte. Dieses Geschenk widersprach den sittlichen Vorstellungen KONFUZIUS'. Er warnte den Fürsten vor dem Verfall der Sitten, fand jedoch kein Gehör. So begab sich KONFUZIUS 497 v. Chr mit seinen Schülern auf Wanderschaft in ein freiwilliges Exil durch verschiedene Staaten. So hielt er sich 495 v. Chr. im Staat Wei bei Herzog LING auf, ging 494 v. Chr. in den Staat Chen, kehrte 492 v. Chr. wieder in den Staat Wie zurück, war dann u.a. in Jin, Cai (490 v. Chr.) und geriet 489 v. Chr. in kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den Staaten Chen und Cai.

Lebensende

KONFUZIUS' Lebensende ist mit persönlichen Tragödien verbunden: 484 v. Chr. kehrte er, inzwischen 68-jährig, nach Lu zurück. Kanzler JI KANGZI bat ihn gelegentlich um Rat.
482 v. Chr. starb sein Sohn BO YU, 481 v. Chr. starb sein Lieblingsschüler YAN HUI und 480 v. Chr. sein Schüler ZILU. Für 479 v. Chr. sagte Konfuzius seinen eigenen Tod voraus. Diese Prophezeiung erfüllte sich tatsächlich am elften Tage des vierten Monats.

KONFUZIUS und Europa

1579 wurde der Name KONFUZIUS erstmals in Europa in MICHELE RUGGIERIs „Vera et brevis divinarum rerum expositio“ genannt. Später tauchte er u. a. im „Confucius Sinarum Philosophus- sive Scientia Sinensis“ (1687) als „CUM FU CU SIVE CONFUCIUS“ („Cum Fu Cu oder Confucius“)auf. Es ist die latinisierte Form von Kong fuzi (besser: Kong-zi=Meister Kong). Während der Aufklärung ist sein Werk begeistert gelesen worden, man sah in der konfuzianischen Idealfigur des chün-tzu (vollkommener Edelmann) ein Pendant zur europäischen Fürstenerziehung. Ebenso erschien den Aufklärern seine Lehre als eine von Religion befreite Ethik. Auch entsprach der unabhängig von seiner sozialen Stellung zu vollkommener Tugend gelangende „Edle“ dem Ideal des entstehenden (Bildungs)bürgertums. LEIBNIZ, der sich für die konfuzianische Philosophie interessierte, gab 1697 „Das Neueste von China“ heraus. VOLTAIRE ließ sich vom chinesischen Drama „Die Waise aus dem Haus Dschau“ zu seiner Tragödie „L'orphelin de la Chine“ anregen. Stark wahrgenommen wurden KONFUZIUS' Schriften im von Krisen geschüttelten 20. Jahrhundert. Vor allem HERMANN HESSE verwendete in späteren Werken altchinesische philosophische Lebensweisheiten:

„Die Weisheit dieser alten Chinesen ist, wie jede Weisheit, zum Teil Tugendlehre; dies ist der konfuzianische Teil der chinesischen Philosophie. Zum Teil ist sie aber auch Mystik, Ergebnis einsamer Meditation und Vorstoß in die glühendsten Regionen seelischen Lebens - dies ist der taoistische Teil. Gemeinsam ist beiden der Geist der Ehrfurcht und Lauterkeit, der Verzicht auf jedes Schönsein und jede Sophistik, und eine gewisse über allem schwebende Heiterkeit, eine gewisse Diesseitigkeit oder Weltfrömmigkeit“ (1930).

So verarbeitete er in seinem Roman „Das Glasperlenspiel“ taoistische und konfuzianistische Vorstellungen.

KARL JASPERS sah KONFUZIUS als

„in China das erste sichtbare großartige Aufleuchten der Vernunft in ihrer ganzen Weite und Möglichkeit und das Offenbarwerden von Vernunft und Persönlichkeit“.

In seinem Werk „Die maßgebenden Menschen.“ bezog er sich auf

  • „Sokrates,
  • Buddha,
  • Konfuzius,
  • Jesus“ (Untertitel seines Werkes).

KONFUZIUS und China

Einer seiner vielen Ehrennamen in China lautet:

„Der Große Vollendete Höchste Weise und Erste Lehrer“.

Schon in seinem Todesjahr ehrte Herzog AI von Lu KONFUZIUS aufgrund seines Großjährigkeitsnamens ZHONG-NI mit dem Titel

„Vater Ni“.

Han-König PING gab ihm den Titel

„Strahlender Herzog Ni von Baocheng“.

Später nannte man ihn auch

„Herzog des Landes Zou“,

„Strahlender Vater“,

„König der Verkündung der Literatur“,

„Höchster Heiliger und erster Lehrer Meister Kong“ und

„Großer Vollendeter, Höchster Heiliger, Verkünder der Literatur und erster Lehrer Meister Kong“.

Diese Namen widerspiegeln die hohe Verehrung, die KONFUZIUS bis ins 20. Jahrhundert hinein genoss.

GU XUEWU äußerte über seine Bedeutung:

„Jeder Chinese ist beispielsweise - ob er will oder nicht- Konfuzianer. In seinen Adern fließt konfuzianischer Geist“ („Konfuzius zur Einführung“, 1999).

Bereits der Kaiser XIAOZONG der südlichen Song-Dynastie (1163–1189) sagte einmal:

„Der Buddhismus ist für den Geist zuständig, der Taoismus für den Körper und der Konfuzianismus für die Gesellschaft“.

Konfuzianismus

Der Konfuzianismus („rujia“) ist neben dem Taoismus und dem Buddhismus eine der bedeutensten philosophischen Richtungen in China und Ostasien. Er regelt die Verhaltensnormen in den zwischenmenschlichen Beziehungen. Er ist also ganz auf das Diesseits ausgerichtet und eher eine Tugendlehre. Darin unterscheidet er sich von europäischen (abendländischen) Philosophien. Allerdings stellt der Konfuzianismus ebenso wenig die Macht des Staates in Frage.
Während der „Frühlings- und Herbstperiode“ entwickelten sich verschiedene philosophische Richtungen im alten China. Alle „hundert Schulen“ (770–-476 v.Chr.) strebten nach Harmonie zwischen Himmel und Erde, Mensch und Natur, Sonne und Universum. Weitere bedeutende Schulen sind

  • der Taoismus (daojia),
  • der Mohismus (mojia),
  • die Schulen der Strategen sowie
  • verschiedene Schulen des Legalismus (fajia).

Es ging insbesondere um die Fragen:

  • Welchen Platz hat der Mensch im Universum? (Sinn des Lebens)
  • Wie finden die Menschen eine soziale Ordnung und Harmonie?

Der Konfuzianismus ist gekennzeichnet durch

  • sein Streben nach dem „Goldenen Mittelweg“ oder
  • nach „Maß und Mitte“.

Gelehrt werden die Tugenden:

  • „jen“ (Mitmenschlichkeit),
  • „yi“ (Gerechtigkeit),
  • „li“ (Sittlichkeit),
  • „zhi“ (Klugheit),
  • „xin“ (Verlässlichkeit),
  • „zhong“ (Loyalität) und
  • „xiao“ (Pietät).

Jen“ als zentraler Begriff des Konfuzianismus kann als

  • Liebe,
  • Güte,
  • Menschlichkeit
  • und Menschenliebe

aufgefasst werden. KONFUZIUS beantwortete die Frage, was Menschlichkeit sei, mit: „die Menschen lieben“.

KONFUZIUS und seine Schüler glaubten an die angeborene Güte des Menschen. Eine vollkommene Gesellschaft konnte nach ihrer Meinung nur bestehen, wenn der Herrscher gutmütig, moralisch vollkommen und seine Untertanen respektvoll und gehorsam sind. Ziel konfuzianischer Ethik ist daher der chün-tzu (vollkommener Edelmann).

Einige Lehren des Konfuzius

:
KONFUZIUS=ZHONG-NI (bzw. Meister ZENG) Die Lehren des Konfuzius wurden u.a. in den „Gesprächen“ (Lunyu)

  • Zi Gong fragte, was einen Edlen ausmache. Der Meister sprach: „Er predigt nur das, was er zuvor schon selbst in die Tat umgesetzt hat“ (Lunyu 2.13.).
  • Der Meister sprach: „Der Edle verlangt alles von sich selbst, der Primitive stellt nur Forderungen an andere“ (Lunyu 15.21).
  • Meister Zeng sprach: „Der Edle gewinnt Freunde durch seine kultivierte Gelehrsamkeit. Und mit Hilfe dieser Freunde fördert er seine Menschlichkeit“ (Lunyu 12.24).
  • Der Meister sagte: „Mach' Dir keine Sorgen um einen guten Posten, sondern sorge dafür, dass Du etwas hast, mit dem Du ihn verdienst. Mach' Dir keine Sorgen darüber, dass Dich niemand kennt, sondern trage Sorge, Dich so zu verhalten, dass man Dich kennen wird“ (Lunyu 4.14).

Konfuzianismus als Staatsreligion

Die Philosophie des KONFUZIUS verbreitete sich über Korea und Japan bis nach Vietnam. Als geschlossenes philosophisches System bauten die Schüler den Konfuzianismus aus. Während der Han-Dynastie (206 v.Chr.–220 n.Chr.) wurde er zur Staatsreligion erhoben und blieb es bis zum Sturz des letzten Kaisers der Quing-Dynastie, PU YI.

Das Grundgerüst des Konfuzianismus:

die fünf fundamentalen menschlichen Beziehungendie fünf Kardinaltugendendie drei sozialen Pflichten

Fürst-Untertan,
Vater-Sohn,
Mann-Frau,
älterer Bruder-jüngerer Bruder,
Freund-Freund

1. Menschlichkeit,
2. Rechtlichkeit und Wohlwollen,
3. Anstand und Sitte,
4. Klugheit,
5. Zuverlässigkeit.
Loyalität (Untertanentreue), - Pietät (kindliche Verehrung der Eltern und Ahnen) - Höflichkeit.

Werke des KONFUZIUS:

Das bekannteste seiner Werke ist das „Lunyu“ („Gespräche“).

Hierbei handelt es sich um Antworten, die KONFUZIUS seinen Schülern gegeben hat. Der Konfuzianismus ist von seinem Ursprung her also eine mündlich vorgetragene Lehre.

Weitere Werke des Konfuzianismus sind:

  • „Yi Jing“ (Buch der Wandlungen),
  • „Shu-Jing“ (Buch der Geschichten),
  • „Shi-Jing“ (Buch der Lieder),
  • „Li-Ji“ (Buch der Sitte bzw. der Riten) und
  • „Chun-qiu“ (Frühlings- und Herbstannalen).

Im „Chunqiu“ ist die Geschichte des Staates Lu von 722 bis 481 v. Chr. niedergeschrieben.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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