- Lexikon
- Geschichte
- 4 Antike
- 4.1 Griechenland
- 4.1.2 Das klassische Griechenland
- Verlauf der Peloponnesischen Kriege
Der Peloponnesische Krieg 431–404 v. Chr. ist nur der Höhepunkt einer Auseinandersetzung zwischen Athen und Sparta um die Vorherrschaft in Griechenland, die schon lange vorher begonnen hatte. Sparta hatte sich mit seinen Bündnispartnern im Verlauf des 5. Jahrhunderts zur mächtigsten und fortschrittlichsten Landmacht Griechenlands entwickelt (Peloponnesischer Bund), Athen mit dem Attischen Seebund zur stärksten Seemacht. Schon ein früherer Krieg und der daraus resultierende Frieden von 446/45 konnte die Rivalität nicht beseitigen, denn Athens Macht wuchs zusehends. Die anderen griechischen Stadtstaaten beobachteten Athens Aufstieg und seine stärker werdende Flotte mit Besorgnis: Sparta und seine Verbündeten fürchteten die eigene Vormachtstellung zu verlieren, und selbst die Bündnispartner Athens waren um ihre Freiheit besorgt.
Es gab drei Vertragsbrüche Athens, die unmittelbar zum Krieg führten:
Der Peloponnesische Bund forderte von Athen die Aufgabe der Belagerung Potideias und die Rücknahme der Handelssperre gegen Megara. Als die spartanischen Forderungen abgelehnt wurden, begann der Krieg.
Der Peloponnesische Krieg lässt sich in drei Phasen gliedern, von denen die erste der Archidamische Krieg war, benannt nach dem spartanischen König ARCHIDAMOS II.
Sparta verwüstete 431 mit seinem Landheer das attische Land. Ein Kriegsplan des athenischen Staatsmannes PERIKLES sah vor, den Peloponnesiern das Umland preiszugeben und die athenische Bevölkerung hinter die unüberwindbaren „Langen Mauern“ zwischen Athen und Piräus in Sicherheit zu bringen. Schlachten zu Land gegenüber der überlegenen Streitkraft Spartas sollten vermieden werden; stattdessen sollte Athen mit seiner mächtigen Flotte die Küsten des Peloponnes isolieren und dadurch allmählich schwächen.
Der Plan schien erfolgreich zu sein, doch 430 v. Chr. brach unter den Athenern, die hinter den „Langen Mauern“ zusammengedrängt waren, die Pest aus. Ihr fielen ein Drittel der Bevölkerung zum Opfer, darunter auch PERIKLES im Jahr 429 v. Chr. Nach seinem Tod wurde seine Strategie zunächst weitergeführt und brachte erste Erfolge: Potideia kapitulierte nach zweijähriger Belagerung.
Bald aber gewannen Persönlichkeiten die Oberhand in der athenischen Volksversammlung, denen es nicht in erster Linie um den Ausgang des Krieges ging, sondern um die eigene Macht. Eher durch ihre Redekunst als durch vernünftige Gründe trieben sie die Athener immer wieder in gefährliche Kriegsunternehmen. Besonders KLEON, der ein vulgärer Mann und zu allen Opfern bereit gewesen sein soll, verfolgte eine maßlose Offensiv- und Machtpolitik, die wohlüberlegte Seekriegsstrategie des PERIKLES wurde aufgegeben. Es folgten mehrere erbitterte Kämpfe mit wechselnden Erfolgen.
Durch eine geschickte Kriegführung des athenischen Feldherrn DEMOSTHENES 425 v. Chr. wurden weit über hundert Spartiaten gefangen genommen. Sie waren zwar verhältnismäßig gering an der Zahl, machten aber zehn Prozent aller Spartiaten aus. Nun boten sich Friedensaussichten, die KLEON aber durch seine maßlosen Forderungen zunichtemachte.
Athen erlitt empfindliche Niederlagen 424–422 bei Delion und auf der Chalkidike durch die Taktik des spartanischen Feldherrn BRASIDAS. Er war ein charismatischer und beeindruckender Mann, dem es gelang, etliche athenische Bundesstädte zum Abfall zu bewegen.
Bei der Schlacht vor Amphipolis 422 v. Chr. kamen beide Kriegsstrategen, BRASIDAS und KLEON, ums Leben. Nach ihrem Tod kam es 421 zum sogenannten „Nikiasfrieden“ zwischen den Bündnisparteien, benannt nach dem gebildeten und zurückhaltenden Athener NIKIAS. Doch dieser Frieden schrieb den Zustand vor dem Krieg fest und beseitigte die Probleme nicht.
Tatsächlich führten die bestehenden Spannungen bald wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Athen und Sparta. Erneut waren Verluste und Erfolge auf beiden Seiten zu verzeichnen: Sparta besiegte 418 v. Chr. Argos, das in den Peloponnesischen Bund eintreten musste. Athen überfiel 416 v. Chr. die Insel Melos, die bisher nicht zum Attischen Seebund gehörte, und zwang Melos zum Anschluss an den Bund.
Den Höhepunkt der zweiten Kriegsphase stellte die „Sizilische Expedition“ dar. ALKIBIADES, ein Neffe des PERIKLES, war zwar ein begabter Mann und glänzender Redner, aber zugleich ein selbstsüchtiger und machtbesessener Politiker mit ehrgeizigen Plänen. Als die westsizilianische Stadt Segesta wegen der syrakusischen Bedrohung ein Hilfegesuch an Athen richtete, sah ALKIBIADES darin die Chance, auch Sizilien in den athenischen Machtbereich einzugliedern. Auf sein Betreiben hin schickte Athen eine Flotte von 134 Kriegsschiffen nach Sizilien, um die Stadt Syrakus, einen wichtigen Verbündeten Spartas, zu belagern.
Durch Intrigen athenischer Demagogen wurde ALKIBIADES 415 v. Chr. des Religionsfrevels angeklagt und von der Expedition zurückbeordert. Stattdessen flüchtete er zur gegnerischen Seite nach Sparta und verriet die athenische Strategie gegen Syrakus.
Obwohl mit ALKIBIADES der tatkräftigste Befehlshaber in Syrakus fehlte, verzeichneten die Athener schon einige Erfolge. Schließlich schickte Syrakus einen Hilferuf an Sparta und Korinth. ALKIBIADES riet nun den Spartanern, GYLIPPOS nach Sizilien zu entsenden. Mithilfe seiner Taktik kam es trotz der Verstärkung durch athenische Kriegsschiffe 413 v. Chr. zu einer letzten Seeschlacht, die Athen verlor. Die athenischen Streitkräfte wurden völlig vernichtet, und Athen musste auch den Verlust von 7 000 Kriegern hinnehmen, die getötet oder zur Zwangsarbeit in die Steinbrüche verbracht wurden. Die beiden athenischen Befehlshaber NIKIAS und DEMOSTHENES wurden hingerichtet.
Die „Sizilische Expedition“ war gescheitert. Von dieser Niederlage erholte sich Athen nicht mehr; viele athenische Bündnisstädte fielen ab. Daher markierte das Scheitern des Unternehmens einen Wendepunkt der Peloponnesischen Kriege zugunsten Spartas.
Nun brach der Krieg aufgrund folgender Faktoren von Neuem aus:
Durch ALKIBIADES' Vermittlung fielen 412 v. Chr. die ionischen Verbündeten vom Attischen Seebund ab.
In Athen fand 411 v. Chr. ein Staatsstreich der Oligarchen statt, und die neuen adligen Herrscher Athens riefen ALKIBIADES nach Athen zurück. ALKIBIADES hatte ohnehin mit dem Perserkönig auch für das gegnerische Athen verhandelt, und nun beeinflusste er das Kriegsgeschehen auf Seiten Athens. Zunächst stellte er Athens frühere Herrschaft über die abgefallenen Inseln wieder her. Dann gelang es ihm, in einer militärischen Offensive 410 v. Chr. die spartanische Flotte bei Kyzikos vernichtend zu schlagen. Athen herrschte nun wieder über die Meerenge, außerdem wurde in Athen die Demokratie erneut errichtet.
Im Jahr 408 v. Chr. wechselten in Sparta und Persien die Machthaber: Der Spartaner LYSANDER war neuer Befehlshaber über eine neu gebaute Flotte; in Persien löste der 17-jährige Prinz Kyros d. J. den König ab. Beide Männer waren sich persönlich zugeneigt und verbündeten sich. Das Perserreich unterstützte nun ausschließlich Sparta, und damit wurde schließlich das Ende Athens heraufbeschworen. Ein schwer erkämpfter Sieg Athens 406 v. Chr. bei den Arginusen konnte Athen nicht mehr retten. Die entmutigte athenische Flotte wurde schließlich von LYSANDER in der Schlacht von Aigospotamoi völlig vernichtet. Durch eine Seeblockade und die Sperre der Getreidezufuhr wurde Athen ausgehungert und damit zur bedingungslosen Kapitulation im Jahr 404 v. Chr. gezwungen.
Sparta hatte mit dem Sieg des Dekeleischen Krieges die Vorherrschaft in Griechenland errungen. Entgegen den Forderungen Korinths und Thebens ließ Sparta Athen nicht zerstören, dennoch waren die Friedensbedingungen hart: Athen musste
Diese Oligarchie der Dreißig Tyrannen regierten mit einer außergewöhnlichen Brutalität in Athen. Nach Theben geflüchtete Athener initiierten den Sturz der Dreißig und stellten 403 v. Chr. die Demokratie wieder her.
Sparta konnte die hegemoniale Stellung nicht lange halten, bald traten neue Machtansprüche auf (vor allem von Argos, Theben usw.). Persien nutzte die Machtkämpfe der griechischen Stadtstaaten und gewann die griechischen Siedlungen in Kleinasien zurück. So war das Perserreich eigentlicher Sieger der Peloponnesischen Kriege. Die weiteren zermürbenden Kriege führten unaufhaltsam zum Verfall der griechischen Stadtstaaten und bereiteten einer neuen Macht den Weg: Ab 338 v. Chr. vertrat Makedonien neue Herrschaftsansprüche in Griechenland.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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