Von der Marneschlacht bis Verdun

Der Schlieffenplan

Der Schlieffenplan war ein Plan für die deutsche Militärstrategie im Falle eines Zweifrontenkrieges im Osten gegen Russland und im Westen gegen Frankreich. Dieser Plan war 1905 von dem Chef des Generalstabs der deutschen Armee Generaloberst ALFRED GRAF VON SCHLIEFFEN erdacht worden. Er sah vor, dass im Kriegsfall 35 Armeekorps durch Luxemburg, Holland und Belgien nach Frankreich vorstoßen sollten, um die französische Armee in Richtung Schweiz und Vogesen abzudrängen, zu umzingeln und zu vernichten.
Der Generalstab war sich dabei bewusst, dass die Verletzung der belgischen Neutralität einen Kriegseintritt Großbritanniens nach sich ziehen musste.
Dennoch sah der Plan keine Maßnahmen für diesen Fall vor und war auch nicht mit der deutschen Marine abgesprochen. An der deutschen Grenze südlich von Metz sollten lediglich 5 Armeekorps stationiert bleiben, um einen direkten französischen Angriff auf das Deutsche Reich abzuwehren. Im Osten sollten lediglich schwache Verteidigungskräfte stehen, da man nicht mit einem schnellen Angriff Russlands rechnete. Russland sollte erst nach dem Sieg über Frankreich angegriffen werden.
Der Plan wurde von SCHLIEFFENs Nachfolger, dem Generaloberst HELMUTH VON MOLTKE abgeändert. Er veränderte das Verhältnis der Armeekorps im Westen auf 26 zu acht, was eine beträchtliche Schwächung des rechten Angriffflügels bedeutete.

Die Schlacht an der Marne

Im August 1914 versuchten die französische Armee und ein britisches Expeditionskorps erst bei Mühlhausen und dann in Lothringen die deutsche Front zu durchbrechen. Beide Angriffe scheiterten. Der deutsche Aufmarsch erfolgte exakt nach dem abgeänderten Schlieffenplan. Die 26 Armeekorps, die in fünf Armeen organisiert waren, stießen am 18. August unter Verletzung der belgischen Neutralität nach Westen vor, schwenkten dann nach Süden ein und erreichten Nordfrankreich Anfang September 1914.

Am 5./6. September trafen die deutschen Truppen im Gebiet des Flusses Marne auf die vereinten englischen und französischen Streitkräfte, die den Deutschen zahlenmäßig überlegen waren. Zwischen dem 6. und 9. September tobten entlang der Front heftige Gefechte, in deren Verlauf die Alliierten die deutschen Truppen mit einem Gegenangriff zum Stillstand brachten und teilweise zum Rückzug zwangen. Zwischen der 1. und 2. deutschen Armee entstand eine Lücke von rund 40 Kilometern, so dass der deutsche Generalstab am 10. September den Rückzug der beiden Armeen um 80 km auf die Linie des Flusses Aisne anordnen musste, damit die alliierten Truppen nicht in die Lücke vorstoßen konnten.
Die französischen Truppen rückten zögernd nach und in Frankreich wurde das als „Wunder von der Marne“ gefeiert.
Die Schwächung des rechten deutschen Angriffflügels durch den abgeänderten Schlieffenplan hatte sich gerächt, zudem waren Teile der Armee schon an die Ostfront verlegt worden, da dort bereits der russische Angriff begonnen hatte. Der Chef des Generalstabs MOLTKE (Text 1) trat am 14. September 1914 auf Grund der Niederlage zurück, sein Nachfolger wurde General ERICH VON FALKENHAYN.

Stellungskrieg

Im Oktober und November 1914 versuchten sowohl die Alliierten als auch die deutschen Streitkräfte jeweils als Erster die nordfranzösische Küste zu erreichen, um die für den britischen Nachschub wichtigen Kanalhäfen zu besetzen. In diesem „Wettlauf zum Meer“, scheiterten mehrere Versuche der Gegner, sich jeweils zu umzingeln. Bei Ypern blieben die deutschen Angriffe stecken und der bisherige Bewegungskrieg erstarrte zum Stellungskrieg.

An der Front, die sich nun über 700 Kilometer von der Nordsee bis an die schweizerischen Alpen erstreckte, entstand ein System von Schützengräben, das über Lauf- und Verbindungsgräben

  • mit den rückwärtigen Stäben,
  • den Feldlazaretten sowie den
  • Nachschub- und Versorgungseinheiten

vernetzt war. Auf beiden Seiten der Front lebten die Soldaten in einfachen Unterständen, meist Erdlöchern, die mit Brettern und anderen Materialien nur notdürftig gesichert waren. Niemand ahnte, dass dies das Zuhause für die nächsten Jahre werden würde, die meisten Soldaten hatten ursprünglich geglaubt, sie wären zu Weihnachten wieder bei ihren Familien.

Verdun

Nach der Marneschlacht wogten die Kämpfe an der Westfront hin und her, ohne das eine der Kriegsparteien einen entscheidenden Vorteil erringen konnte. Für die Soldaten wurde der Stellungskrieg zur Hölle, denn die militärischen Führungen glaubten, sie könnten mit steigendem Materialeinsatz einen Vorteil erlangen.
Die Alliierten versuchten das Jahr 1915 über, die deutsche Front zu durchbrechen. Die Planung sah vor, die gegnerischen Schützengräben mit massivem Artilleriebeschuss quasi einzuebnen, bevor dann Infanterieeinheiten nachsetzten, um eine Bresche zu schlagen. Der Blutzoll war ungeheuerlich, alle Versuche scheiterten am undurchdringlichen Sperrfeuer der deutschen Truppen. Seit April/Mai 1915 wurde an der Westfront erstmals auch Giftgas eingesetzt, was hunderttausende Soldaten jämmerlich krepieren ließ oder zu Krüppeln machte.

Im Frühjahr 1916 versuchte die Oberste Heeresleitung mit einem Großangriff die strategisch wichtige Festung Verdun an der Maas einzunehmen. Am 21. Februar begann die Großoffensive auf das stark befestigte Festungssystem. Die Schlacht wütete mehrere Monate lang, bis zum 21. Juli 1916. Die deutsche Planung sah vor, den Gegner im Sinne einer Ermattungsstrategie mit unglaublichem Menschen- und Materialeinsatz „ausbluten“ zu lassen. Die Soldaten mussten um jeden Meter Boden und um jede Anhöhe kämpfen und obwohl die deutschen Truppen einige Teilerfolge errangen, gelang die Eroberung der Festung Verdun nicht.

I In der „Hölle von Verdun“ starben

  • 338.000 deutsche Soldaten und
  • 364.000 französische Soldaten.

Verdun-sur-Meuse
Schilderung der grauenvollen Bedingungen vor Verdun :

Tagsüber siehst du die feisten Verdunratten, groß wie Katzen... an die wassergefüllten Trichter schleichen... und kriechst selbst hin zum Wasserloch, um das Gesicht einzutauchen. Aber der Wasserspiegel sinkt innerhalb von drei, vier Tagen... und wenn du wieder hinkriechst, mit dicker Zunge, findest du einen Toten im Trichter. Der Mann muss schon lange drin gelegen haben; er ist bereits gedunsen. Du erbrichst dich vor Ekel, aber die Qual des Durstes ist größer... wenn du den Toten in der Dunkelheit nicht mehr siehst, kriechst du wieder hin und trinkst--

Da die britischen Truppen im Sommer 1916 eine Offensive an der Somme begannen, mussten Einheiten aus Verdun abgezogen werden, um die dortigen Verbände zu verstärken.
Sowohl in Frankreich als auch in Deutschland steht der Name „Verdun“ bis heute für die Sinnlosigkeit von Kriegen.

Der Krieg im Osten

Auch an der Ostfront richtete sich der deutsche Generalstab nach dem Schlieffenplan. Lediglich die 8. Armee stand zum Schutze Ostpreußens zur Verfügung, die Hauptstreitmacht sollte ja erst nach dem Sieg über Frankreich gegen Russland eingesetzt werden. Die russischen Truppen reagierten jedoch viel schneller, als es die deutsche Heeresleitung erwartet hatte. Schon nach kurzem Abwehrkampf mussten sich die deutschen Verbände im August 1914 in Ostpreußen zurückziehen, um nicht von der 1. und 2. russischen Armee eingeschlossen zu werden.
Am 23. August wurde der bisherige Oberbefehlshaber der 8. Armee durch General PAUL VON HINDENBURG ersetzt, der zusammen mit dem Chef des Generalstabs der 8. Armee Generalleutnant ERICH LUDENDORFF die Strategie an der Ostfront änderte. Mit zahlenmäßig unterlegenen Kräften griff HINDENBURG Ende August die 2. russische Armee an. In der Schlacht von Tannenberg gelang es seinen Soldaten, die Narew-Armee einzuschließen und vernichtend zu schlagen. Über 90.000 russische Soldaten gerieten in Gefangenschaft, 12.000 deutsche Soldaten starben während der Kämpfe.
Die andere russische Armee, die 1. oder Njemen-Armee, wurde in den Tagen vom 6. bis 15. September im Gebiet der Masurischen Seen entscheidend geschlagen. Russland räumte daraufhin Ostpreußen. Im Verbund mit österreichischen Truppen, die durch die harten Kämpfe mit russischen Truppen in Galizien bereits sehr geschwächt waren, gelang es den Verbänden von HINDENBURG und LUDENDORFF, weitere Vorstöße Russlands nach Westen zu verhindern und sogar Gebietsgewinne im Osten zu machen. Ab Dezember 1914 erstarrte auch die Ostfront zu einem Stellungskrieg.
Die Siege bei Tannenberg und den Masurischen Seen begründeten einen Heldenmythos um HINDENBURG, dem „Retter des Vaterlandes“, obwohl hauptsächlich LUDENDORFF und ein weiterer General die erfolgreiche Strategie ausgearbeitet hatten. HINDENBURG wurde nach der Doppelschlacht zum Generalfeldmarschall ernannt und im November 1914 zum Oberbefehlshaber Ost erhoben. Im August 1916 wurde er der Nachfolger des Chefs der Obersten Heeresleitung FALKENHAYN, was er zusammen mit LUDENDORFF bis Kriegsende auch blieb.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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