Der deutsche U-Boot-Krieg im Ersten Weltkrieg

Die deutsche Kriegsflotte im Ersten Weltkrieg

Die deutsche Kriegsflotte war bis zum Ersten Weltkrieg in nur 15 Jahren im Eiltempo und mit ungeheurem Kostenaufwand zur nach der britischen Flotte zweitstärksten Flotte der Welt ausgebaut worden. Nach eigenem Bekunden des deutschen Kaisers war die Flotte sein „liebstes Kind“ und der Stolz vieler Deutschen.
Im Krieg mit Großbritannien zeigte sich dann aber bald, dass die gewaltigen finanziellen Aufwendungen für die Flottenrüstung eine riesige Fehlinvestition gewesen waren:
Die Schlachtschiffe und schweren Kreuzer lagen von Kriegsbeginn an nur untätig in den Häfen. Die deutsche Seekriegsleitung wagte es nicht, mit ihnen auszulaufen und die überlegene britische Schlachtflotte zur Entscheidungsschlacht herauszufordern.
Aber auch die Briten hielten ihre Schlachtschiffe in den Häfen zurück. Ihnen genügte es, fernab die Nordseeausgänge in den Atlantik zu blockieren. Mit dieser Fernblockade schnitten sie den Nachschub von Rohstoffen und Nahrungsmitteln, beispielsweise aus den neutralen skandinavischen Ländern, nach Deutschland ab. Einige britische Schiffe machten Jagd auf einige wenige deutsche Kriegsschiffe, die sich zu Beginn des Krieges in überseeischen Gewässern befunden hatten, und versenkten diese. Die strategische Bedeutung der Flotte für Deutschland war nach den ersten Kriegsjahren also gleich Null.

Die U-Boote sollen es richten – Der U-Boot-Krieg

Die deutsche Seekriegsleitung versuchte nun mit der Unterseeboot-Waffe, die sich 1914 noch in den Kinderschuhen befand, im Handelskrieg mit England zu bestehen und die Fernblockade zu brechen. Die englischen Küstengewässer wurden zum Kriegsgebiet erklärt, in dem die noch wenigen einsatzfähigen deutschen U-Boote eine Gegenblockade errichten sollte.
Der U-Boot-Krieg begann auch recht erfolgreich. Bald gerieten die U-Boot-Kommandanten aber mit dem internationalen Recht in Konflikt. Spätestens seit dem Untergang der „Lusitania hagelte es Proteste.
Das Schiff war das Aushängeschild der britischen Handelsflotte und wurde auf der Fahrt von den USA nach Liverpool am 7. Mai 1915 vom deutschen U-Boot U20 versenkt (Bild 1). Es hatte Munition und Passagiere an Bord. Der Protest der internationalen Öffentlichkeit richtete sich vor allem gegen den Tod von 1200 Passagieren der „Lusitania“.
Nach geltendem Völkerrecht mussten U-Boote im Handelskrieg in der Nähe der Handelsschiffe auftauchen und sie vor der Versenkung durchsuchen. Außerdem durfte nach der Haager Seekriegsordnung die Versenkung erst erfolgen, wenn die Besatzung ihr Schiff in Rettungsbooten verlassen hatte.
Das Problem bestand aber gerade darin, dass die U-Boote ihre volle Kampfkraft erst dann entfalten konnten, wenn sie ihre Torpedos ohne Vorwarnung unsichtbar aus der Tiefe abfeuerten.
Zur vorherigen Durchsuchung der Schiffsladungen aufgetauchte U-Boote brachten sich wegen ihrer schwachen Panzerung ohnehin nur selbst in Gefahr. Das war besonders der Fall, als Großbritannien im Verlauf des Krieges seine Handelsschiffe zu bewaffnen begann und sie mit getarnten Schiffsgeschützen ausrüstete.
Auch Fälle von Flaggenmissbrauch kamen vor: So versenkte ein britisches Schiff unter der Flagge der zu dieser Zeit noch neutralen USA ein deutsches U-Boot und tötete die Besatzung.

Der unbeschränkte U-Boot-Krieg

Um die Wirkung der U-Boot-Waffe im Handelskrieg zu erhöhen, wurde von der Seekriegsleitung deshalb bald ein unbeschränkter U-Boot-Krieg angeordnet. Das bedeutete, dass jedes ausgemachte feindliche Schiff, unabhängig davon, ob es sich um ein Kriegsschiff oder um ein Handelsschiff handelte, ohne Warnung torpediert werden durfte.
Die vorwarnungslose Versenkung der „Lusitania“, bei der auch 120 Amerikaner umkamen, führte aber 1915 zu einer schweren Belastung der deutsch-amerikanischen Beziehungen. Aus Furcht vor dem Kriegseintritt der USA wurde der unbeschränkte U-Boot-Krieg deshalb vorübergehend eingestellt. Die U-Boote führten den Handelskrieg von da an kurzzeitig nach den Regeln des Völkerrechts.
Im Frühjahr 1917 wurde er jedoch auf Drängen der Obersten Heeresleitung wieder eröffnet. Man erwartete von den U-Booten eine Erhöhung der Versenkungsziffer englischer Schiffe, die England in 5 bis 6 Monaten in die Knie zwang. Das waren aber völlig überzogene Erwartungen bezüglich einer den Krieg entscheidenden Wirkung der „Wunderwaffe“ U-Boot.
Deutschland konnte gegen Großbritannien insgesamt nicht einmal 100 U-Boote einsetzen. Davon konnte jeweils nur etwa ein Drittel gleichzeitig in den feindlichen Küstengewässern operieren, und nur jedes fünfte Boot konnte die für den Handelskrieg entscheidende britische Westküste überhaupt erreichen. Dennoch waren die Erfolge zunächst überraschend. Allein in zwei Monaten des Jahres 1917 wurden mehr als eine Million Tonnen Schiffsraum versenkt. Im ganzen Jahr wurden sogar 6,1 Mio. Bruttoregistertonnen Schiffsraum der Alliierten und 1,1 Mio. BRT neutraler Staaten von deutschen U-Booten auf den Meeresgrund geschickt.

Das Ende des U-Boot-Krieges

Trotz aller sichtbaren Erfolge erreichten es die U-Boote nicht, Großbritannien Kriegs entscheidend zu schwächen. Nach dem Kriegseintritt der USA gelang es ihnen nicht einmal, den Transport amerikanischer Truppen nach Europa auch nur zu stören, geschweige denn zu verhindern. Die Amerikaner stellten zum Schutz vor U-Booten die Handelsschiffe zu großen Geleitzügen zusammen, die von Kriegsschiffen wirkungsvoll beschützt wurden.
Außerdem erlitten die deutschen U-Boote durch die Verbesserung der U-Boot-Abwehr immer größer werdende schmerzliche Verluste. Bis zum Kriegsende 1918 verlor die deutsche U-Boot-Flotte 178 ihrer Boote, und die Hälfte aller deutschen U-Boot-Fahrer starb den Seemannstod.
Auch das Ausspielen der U-Boot-Waffe als waffentechnische Trumpfkarte hatte folglich den Ausgang des Ersten Weltkrieges zugunsten von Deutschland nicht entscheidend beeinflussen können.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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