Max Ernst

Kindheit und Jugend

MAX ERNST wurde am 2. April 1891 in Brühl bei Köln als Sohn von PHILIPP ERNST und seiner Frau LUISE, geborene KNOPP, geboren. Sein Vater war Zeichenlehrer an einer Taubstummenschule in Köln. ERNST wuchs mit noch acht Geschwistern in kleinbürgerlichen Verhältnissen auf. Sein Vater war es, der ihn bereits früh zum Malen anleitete.

ERNST besuchte das städtische Gymnasium in Brühl. Nach dem Abitur begann er 1909 zunächst an der Universität Bonn ein Studium in Kunstgeschichte. Später weitete er sein Studium auf die Fächer Philosophie und Psychologie aus. Während seiner psychiatrischen Studien faszinierte ihn die Kunst der Geisteskranken, so dass er wieder mit dem Malen anfing.

Besonders interessierten ihn in jener Zeit die Maler GOYA (1746–1828), ÉDOUARD MANET (1832–1883), WASSILY KANDINSKY (1866–1944). In Bonn lernte er 1910 den Maler und Expressionisten AUGUST MACKE (1887–1914) kennen.

Zwei Jahre später trat ERNST der Künstlergruppe „Das junge Rheinland“ bei und beteiligte sich erstmals mit seinen Bildern an der Bonner Ausstellung „Rheinische Expressionisten“. Hier begegnete er den Malern HANS ARP (1887–1966) und ROBERT DELAUNAY (1885–1941). Ein Jahr darauf präsentierte er seine Bilder in der Galerie „Sturm“ in Berlin. Nebenbei schrieb er Kunst- und Theaterkritiken.

Erster Weltkrieg

Im August 1914 meldete sich ERNST als Freiwilliger zum Militär. Er wurde im Ersten Weltkrieg in Frankreich und Polen eingesetzt. Dort erlitt er schwere Verwundungen (1917). Während seines Fronturlaubs machte er die Bekanntschaft der Maler GEORGE GROSZ (1893–1959) und WIELAND HERZFELDE (1896–1988). 1917 beteiligte er sich an der zweiten „Sturm-Ausstellung“ in der Züricher Galerie „Dada“.

Nach dem Kriegsdienst kehrte ERNST nach Köln zurück und heiratete 1918 LUISE STRAUS. Aus dieser Ehe stammt sein Sohn HANS-ULRICH (1920), der später unter dem Namen JIMMY ERNST in den USA als surrealistischer Maler bekannt wurde. Die Ehe wurde 1926 geschieden.

Köln

Nach dem Krieg vertrat ERNST die Meinung, dass der traditionelle Kunststil nicht mehr zeitgemäß wäre. Deshalb gründete er zusammen mit HANS ARP 1919 die deutsche dadaistische Gruppe „Zentrale W/3“ in Köln, der auch seine Ehefrau angehörte. Vom neuen Kunststil des „Dadaismus und Surrealismus“ war er sehr beeindruckt. Jener „zweiten bewussten Kindlichkeit“, die ihm auch als Grundlage für seine künstlerischen Arbeiten diente.

ERNST entdeckte 1920 die Collagetechnik für sich, als er zufällig den Katalog einer Kölner Lehrmittelanstalt betrachtete. Durch das Experimentieren mit verschiedenen Materialien entstanden die ersten Dada-Collagen. Als die besten dieser Werken gelten

  • die surrealistischen Collageromane „La femme 100 tetes“ („Die 100 köpfige Frau“, 1929) und
  • „Une Semaine de bonté, ou les sept élements capitaux“ („Die weiße Woche“, 1934).

Einen großen Einfluss nahm der Maler GIORGIO DE CHIRICO (1888–1978) auf die während dieser Zeit von ihm gefertigten Gemälde, wie

  • „Fataga“,
  • „Der Elephant“,
  • „Celebes“ oder
  • „Zwei Kinder werden von einer Nachtigall bedroht“.

Außer auf dem Gebiet der Malerei probierte sich ERNST 1920 auch als Schauspieler in dem surrealen Film „Làge dòr“ in der Rolle des Räuberhauptmannes aus.

Paris (1922–1940)

Im Jahr 1922 verließ MAX ERNST Köln und siedelte nach Paris über. Hier wandte er sich wieder der Collagetechnik zu, mit der er Ausschnitte aus Kupferstichillustrationen des 19. Jahrhunderts zu neuen Kontexten kombinierte und verfremdete. Bereits 1921 wurden erste Werke in Paris ausgestellt.

Mit den Malern HANS ARP und ANDRÉ BRETON (1896–1966) wurde er 1924 Mitbegründer für die Surrealistengruppe „Metaphysische Malerei“. Seine anfängliche Begeisterung für Hohl- und Röhrenformen stammte aus dem Interesse am Spannungsverhältnis von innerer und äußerer Wirklichkeit, von Bewusstem und Unbewusstem. Naturformen und alltägliche Dinge wurden in irrealer Weise miteinander verbunden.

Das Motiv des Waldes spielte bei ihm eine wichtige Rolle; einerseits ist der Wald geheimnisvoll, wo Gefahren lauern könnten, andererseits ist der Wald auch ein Ort für Poesie und des Traums. Infolge schuf er viele fantastisch, mythische Bilder mit visionären Landschaften und Fabelwesen. 1923 wurde sein Werk „Das Rendez-vous der Freunde“ im „Salon des Indépendants“ präsentiert.

In den letzten Jahren knüpfte er enge Kontakte zu der Künstlergruppe der Surrealisten. So beteiligte er sich erstmals 1925 an einer Ausstellung der Surrealisten in Paris und später auch an deren weiteren Ausstellungen. MAX ERNST galt ab 1924 als einer der wichtigsten Maler des Surrealismus. Nach dem Ausschluss des Schriftstellers PAUL ÉLUARD (1895–1952), den er seit 1920 kannte, ging er selbst aber auf Distanz.

Ende der zwanziger Jahre wandte sich ERNST auch der Bildhauerei zu. Zahlreiche Plastiken entstanden, die stark von der afrikanischen Kunst beeinflusst sind („Capricorne“).

1924 reiste er zusammen mit seiner Frau nach Indochina.

Ab 1925 entwickelte MAX ERNST neue künstlerische Techniken, die die Grafik und die Malerei bereicherten. Er entdeckte 1925 die „Frottage“ in der Grafik (s.u.), bei der es sich um eine Abreibetechnik handelt. Er übernahm diese Technik als Mittel der Bildfindung und der Intensivierung seiner „visuellen Fähigkeiten“ und wandte es bei den 34 Blättern der „Naturgeschichte“ erstmalig an. Auch in dem Bild „Der große Wald“ (1927) nutzte er die Frottagetechnik zur künstlerischen Gestaltung.

Für die Malerei entwickelte er seine Erfindung weiter und nannte sie „Grattage“ (s.u.). In den späten zwanziger Jahren zeichneten seine Bildzyklen, Motive, wie Vögel, Wald und Muschelblumen. In seinen Arbeiten bezog er den die Fantasie anregenden Zufall in den Schaffensprozess mit ein. Diese künstlerischen Techniken wurden bestimmend für seinen Stilausdruck.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 in Deutschland wurde der Künstler MAX ERNST als „entartet“ eingestuft und diffamiert. Auf der Ausstellung „Entartete Kunst“ 1937 in München zeigten die Nationalsozialisten nur zwei Bilder von ihm. Seit 1934 beschäftigte er sich wieder mit der Skulpturenkunst. Es entstanden Dschungelbilder und einige Werke, die versteinerte Städte darstellen.

ERNST gehörte ab 1938 dem Vorstand des von deutschen Antifaschisten in Paris gegründeten Freien Künstlerbundes an, dessen Präsident OSKAR KOKOSCHKA (1886–1980) war.

Zweiter Weltkrieg/USA

Im Zweiten Weltkrieg nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Frankreich wurde er als „verdächtiger Ausländer“ 1940 in mehreren Lagern in Südfrankreich interniert, jedoch gelang ihm die Flucht. Von der Gestapo verfolgt, emigrierte er mithilfe von Freunden 1941 über Madrid und Lissabon in die Vereinigten Staaten von Amerika. Dort angekommen, wurde er als Deutscher sofort wieder für kurze Zeit interniert. Er lebte und wirkte in den Jahren 1941 bis 1945 in New York.

In den USA setzte ERNST sich nach anfänglichen Schwierigkeiten nicht nur mit der neu entwickelten Maltechnik des „Sand- und Farbdrapping“ durch. Mit seinem Kunststil übte er einen bedeutenden Einfluss auf die junge Malergeneration aus. Immer wieder beschäftigte er sich mit plastischen Arbeiten und es entstanden Werke wie „Mondsüchtig“ und „Ein ängstlicher Freund“, die wie bereits früher schon angewandt stark von afrikanischer Kunst beeinflusst waren. Später schuf er auch Bronzearbeiten wie „Tochter und Mutter“ und „Zigeuner Traumrose“.

Im Jahr 1942 wurde ERNST zusammen mit BRETON und DUCHAMP Mitherausgeber der Zeitschrift „VVV“, die zur Verbreitung des Surrealismus in den USA beitrug.

Inzwischen hatte ERNST die Kunstsammlerin und Mäzenatin PEGGY GUGGENHEIM (1898–1979) kennengelernt und geheiratet. Aber auch diese Ehe währte nicht lange.

Seine vierte Ehefrau war die Künstlerin DOROTHEA TANNING (* 1910) aus Beverly Hills, mit ihr lebte er ab 1946 in Sedona in Arizona. Hier schuf er seine Skulptur „Capricorn“ als Hauswächtergruppe für sein Gehöft. Zwei Jahre später erhielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft.

Paris (1953–1976)

Trotz der Anerkennung, die ihm in den USA zuteil wurde, kehrte ERNST 1953 nach Paris zurück. Er wählte 1955 Husmes bei Tours als neuen Wohnort. Schließlich zog er in die Provence nach Seillans. Im Jahr 1958 erhielt MAX ERNST die französische Staatsbürgerschaft. Zwei Jahre später erschien in Frankreich sein Buch „La nudité de la femme est plus sage que l'enseignement du philosophie“.

Auf der 27. Biennale in Venedig wurde ERNST mit dem Malerpreis geehrt. Wegen der Annahme des Preises schloss man ihn aus dem Kreis der Surrealisten aus. Trotzdem blieb er sein Leben lang dem surrealistischen Kunstideal treu. In der Zwischenzeit hatte man ihn in die Akademie der Künste in Berlin aufgenommen.

Seine Werke wurden nach dem Krieg nicht nur in Amerika, sondern überall in der Welt in großen repräsentativen Ausstellungen gezeigt. Zu Ehren des Künstlers fand 1975 eine letzte große Retrospektive mit rund 300 Exponaten in New York und im Grand Palais in Paris statt. Er selbst reiste zur Eröffnung der MAX-ERNST-Retrospektive im Solomon R. Guggenheim Museum nach New York.

MAX ERNST starb am 1. April 1976 in der Nacht zu seinem 85. Geburtstag in Paris. Sein Grab befindet sich im Columbarium des Friedhofes Père Lachaise zu Paris.

Ehrungen und Auszeichnungen

MAX ERNST erhielt viele bedeutende Ehrungen und Auszeichnungen, u.a.:

  • Zum 60. Geburtstag von MAX ERNST fand in seiner Heimatstadt Brühl eine große Retrospektive statt, die als Wanderausstellung auch an anderen Orten präsentiert wurde.
  • Im New Yorker Museum of Modern Art wurde 1960 eine MAX-ERNST-Retrospektive veranstaltet.
  • Der Regisseur PETER SCHAMONI drehte 1963 in Husmes einen Farbfilm über ihn mit dem Titel „MAX ERNST – Entdeckungsfahrten ins Unbewusste“.
  • Die nordrhein-westfälische Landesregierung ehrte den Künstler mit dem Titel des Ehrenprofessors. 1966 wurde er Offizier der Ehrenlegion. Im gleichen Jahr trug seine Geburtsstadt Brühl ihm die Ehrenbürgerschaft an, die der Künstler aber ablehnte. 1970 wurde er Ehrendoktor der Universität Bonn.

Künstlerischer Stil

Der Maler, Grafiker, Bildhauer, Dichter und Schriftsteller sowie bedeutende Vertreter des Surrealismus MAX ERNST gehört zu den innovativsten Künstlern des 20. Jahrhunderts. In seinen Werken dominieren die irrationalen Sphären, „die Welt des Traums“ (die mit der äußeren Wirklichkeit verknüpft wird) und die Welt des Mythischen.

MAX ERNST ließ sich vor allem vom Zufall inspirien, z.B. durch zufällig gefundene Materialstrukturen auf Hölzern, Stoffen oder Blättern, die er dann mit den sechs Zufallsprinzipien:

  • Frottage,
  • Grattage,
  • Decalcomanie,
  • Fumage,
  • Sand- und Farbdrapping

überarbeitete. Er entdeckte für sich die Klebetechnik und damit eine Reihe neuer Möglichkeiten, mit denen sich Bilder und Texte schaffen lassen. Die Collage-Technik war für ihn weit mehr als nur ein Stilmittel (wie sie z.B. bereits PABLO PICASSO, 1881–1973, in seinen kubistischen Bildern benutzte).

Der Wunsch, einen Kunststil zu kreieren, führte ERNST 1925 zur Entwicklung einer von ihm selbst als „Frottage“ benannten grafischen Technik, bei der er die Oberflächenstruktur von Gegenständen wie z.B. von Blättern, Holzstücken oder Metall mit einem weichen Bleistift auf den Zeichenträger (z.B. Papier) durchrieb. Die fast spielerisch entstandene Frottage regte somit die Phantasie an. Er übernahm diese Technik als Mittel zur kreativen Bildfindung und der Intensivierung seiner „visuellen Fähigkeiten“.

Darüber hinaus experimentierte ERNST viel und entwickelte die Technik „Grattage“, bei der ein dicker Farbauftrag auf eine Leinwand gemalt und diese anschließend auf einen grob strukturierten Gegenstand gelegt wird. Dort wo sich Strukturteile durchdrücken, wird die Farbe von der Leinwand herunter gekratzt, so dass ein Negativbild entsteht.

Auswahl einiger Werke

Zu den Werken von MAX ERNST gehören u.a.:

1920 „Übermalung einer Schautafel aus einem Kölner Lehrmittelkatalog“

1922 „Das Rendezvous der Freunde“, Museum Ludwig, Köln

1923 „Heilige Cäcilie“, Staatsgalerie, Stuttgart

1923 „Histoire Naturelle“, Teheran Museum of Contemporary Art, Teheran, Iran

1927 „Forêt et soleil“, Saarlandmuseum, Saarbrücken

1928 „Die Erwählte des Bösen“, Neue Nationalgalerie, Berlin

1929 „La Femme 100 tetes“, Collageroman

1940 „La Toilette de la mariée“, Guggenheim Museum, New York, USA

1946 „Die Versuchung des Heiligen Antonius“, Wilhelm-Lehmbruck-Museum, Duisburg

1950 „Götterbote“, Frottage, Neue Nationalgalerie, Berlin

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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