Der Begriff des Vektorraumes

  • Definition: Es sei V eine nichtleere Menge, so dass für je zwei Elemente a , b V die Summe a + b V und für jedes a V und jede Zahl r das r-fache r a V erklärt ist.
    V heißt genau dann Vektorraum und die Elemente von V Vektoren, wenn für alle a , b , c V und für alle r , s die folgenden acht Rechengesetze (Vektorraumaxiome) erfüllt sind:
    ( 1 ) a + b = b + a ( K o m m u t a t i v g e s e t z ) ( 2 ) ( a + b ) + c = a + ( b + c ) ( A s s o z i a t i v g e s e t z ) ( 3 ) Es gibt ein Element  o  in V , sodass für alle  a V  gilt:  a + o = a ( Existenz eines Nullelements)  ( 4 ) Zu jedem Element  a V  gibt es in V ein Element  a  mit  a + ( a ) = o . ( E x i s t e n z  eines entgegengesetzten Elements) ( 5 ) r ( s a ) = ( r s ) a ( 6 ) ( r + s ) a = r a + s a ( 7 ) r ( a + b ) = r a + r b ( 8 ) 1 a = a ( Re c h e n r e g e ln  für die Vielfachbildung)

Von den Vektorräumen V 2 u n d V 3 der Verschiebungen der Ebene bzw. des Raumes verbunden mit Addition und skalarer Vervielfachung hat man eine anschauliche Vorstellung.

Beschreibt man beispielsweise Vektoren a , b einer Ebene durch Spaltenvektoren
( a 1 a 2 ) b z w . ( b 1 b 2 )
und damit bezüglich eines Koordinatensystems, so gilt:
a + b = ( a 1 a 2 ) + ( b 1 b 2 ) = ( a 1 + b 1 a 2 + b 2 ) r a = r ( a 1 a 2 ) = ( r a 1 r a 2 )
Die Addition und skalare Vervielfachung der Spaltenvektoren erfolgt koordinatenweise.

Weitere Beispiele für Vektorräume sind:

  1. Die Menge n der n-Tupel reeller Zahlen – hier die Elemente als Zeilenvektoren geschrieben – mit der folgenden elementeweisen (koordinatenweisen) Addition und Multiplikation mit Skalaren, ist ein Vektorraum:
    ( a 1 ; a 2 ; ... ; a n ) + ( b 1 ; b 2 ; ... ; b n ) = ( a 1 + b 1 ; a 2 + b 2 ; ... ; a n + b n ) r ( a 1 ; a 2 ; ... ; a n ) = ( r a 1 ; r a 2 ; ... ; r a n )
  2. Es sei ε eine Ebene des Anschauungsraumes, die den Ursprung eines Koordinatensystems enthält. Die Ortsvektoren der Punkte aus ε mit den Verknüpfungen im Anschauungsraum bilden einen Vektorraum.
  3. Die Menge M ( m , n ) aller ( m × n ) -Matrizen , also Matrizen vom Typ ( a 11 ... a 1 n ... ... ... a m 1 ... a m n ) , mit der üblichen elementeweisen Addition und skalaren Vervielfachung ist ein Vektorraum, der Vektorraum der Matrizen gleichen Typs.
  4. Bei vorgegebener Menge D ( m i t D ) bildet die Menge aller Funktionen von D in einen Vektorraum, wenn die Addition und die skalare Multiplikation folgendermaßen punktweise erklärt ist:
    s = f + g m i t s ( x ) = f ( x ) + g ( x ) ; p = r g m i t p ( x ) = r g ( x ) f ü r a l l e x D
    Dieser Vektorraum kann als Funktionenraum F bezeichnet werden.
  5. P 3 sei die Menge aller Polynome mit reellen Koeffizienten, deren Grad höchstens 3 ist (Definitionsbereich stets ). Die Elemente von P 3 sind also auf definierte Funktionen von folgendem Typ:
    p ( x ) = a 3 x 3 + a 2 x 2 + a 1 x + a 0 m i t a 0 , a 1 , a 2 , a 3
    Die Menge P 3 mit der für Funktionen punktweisen Addition und skalaren Multiplikation (s.o.) ist ein Vektorraum.
    Anmerkung: Für eine feste natürliche Zahl n ist P n in dem eben beschriebenen Sinn der Vektorraum der Polynome höchstens n-ten Grades.

Beachtet man in diesen konkreten Fällen, also bei obigen Modellen von Vektorräumen, auf welche Art und Weise die Addition und die skalare Vervielfachung ausgeführt wird, so erfolgt der Gültigkeitsnachweis für die Vektorraumaxiome im Wesentlichen auf der Grundlage von Rechengesetzen in .

Erste Folgerungen zum Begriff des Vektorraumes ergeben sich als Ableitungen aus den Vektorraumaxiomen (1) bis (8).
So kann gezeigt werden, dass das Nullelement o , der Nullvektor o , eindeutig bestimmt ist (vgl. Axiom (3)).
Weiterhin ist zu jedem Vektor a auch a als entgegengesetzter Vektor eindeutig bestimmt (vgl. Axiom (4)).

Bezüglich der Umkehrbarkeit der Addition in einem Vektorraum gilt:

  • Satz: Zu zwei Vektoren a , b eines Vektorraumes V gibt es genau einen Vektor in V, der die Gleichung a + x = b löst.
    Die Lösung ist die Differenz b a , die für b + ( a ) mit a als zu a entgegengesetztem Vektor steht.

Beweis (der Existenz und Eindeutigkeit):
Für b a = b + ( a ) gilt nach den Axiomen (1), (2) und (3) der obigen Definition des Vektorraumes:
a + ( b a ) = a + ( ( a ) + b ) = ( a + ( a ) ) + b = o + b = b

Aus a + x 1 = b u n d a + x 2 = b folgt a + x 1 = a + x 2 und weiter nach Addition mit ( a ) von links ( a ) + ( a + x 1 ) = ( a ) + ( a + x 2 ) .

Die Anwendung des Assoziativgesetzes und der Gleichung ( a ) + a = o ergibt schließlich x 1 = x 2 , wobei die Eigenschaften (1) bis (4) der Vektorraumdefinition eingehen (w.z.b.w.).

Für den zu a entgegengesetzten Vektor a gilt:
a = ( 1 ) a

Für den Nachweis geht man von a + ( 1 ) a = 1 a + ( 1 ) a aus und nutzt schließlich die Eindeutigkeitsaussage des oben bewiesenen Satzes.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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