- Lexikon
- Mathematik Abitur
- 13 Wahrscheinlichkeitstheorie
- 13.4 Zufallsgrößen
- 13.4.3 Streuung
- Die tschebyschewsche Ungleichung
Der russische Mathematiker PAFNUTI LWOWITSCH TSCHEBYSCHEW (1821 bis 1894) war der Begründer der mathematischen Schule von St. Petersburg. Er beschäftigte sich nicht nur mit Problemen der Wahrscheinlichkeitstheorie, sondern arbeitete wissenschaftlich auch auf den Gebieten Zahlentheorie und Mechanik.
Angesichts eines sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ausbreitenden enthusiastischen Anwendungsuniversalismus der Wahrscheinlichkeitsrechnung, insbesondere der Normalverteilung, war seine Forderung nach strengen Beweisen und nach Einfachheit eine wichtige Orientierung auf grundlegende Werte mathematischen Forschens und Lehrens.
Die tschebyschewsche Ungleichung kann folgendermaßen formuliert werden:
Im Folgenden wird ein Beweis der tschebyschewschen Ungleichung angegeben.
Die endliche Zufallsgröße X mit den Werten besitze den Erwartungswert EX und die Streuung . Dann gilt für jede positive Zahl :
Dies ist die Summe der Wahrscheinlichkeiten aller Ereignisse , für die , d.h. gilt.
Mit einer anderen Darstellung für die Indexmenge der Summe ergibt sich:
Jeder nichtnegative Summand der Summe wird nun mit dem Faktor multipliziert, der größer oder gleich 1 ist. Damit gilt:
Wird die Summation auf alle i von 1 bis n ausgedehnt, so kann sich der Wert der Summe nicht verkleinern, da alle möglicherweise hinzukommenden Summanden nichtnegativ sind:
Wird der Faktor auf der rechten Seiten ausgeklammert, so ist die verbleibende Summe gleich der Streuung . Damit gilt:
Die tschebyschewsche Ungleichung ist unter nachstehenden Aspekten für theoretische Überlegungen von großer Bedeutung:
Bei der praktischen Anwendung der tschebyschewschen Ungleichung zeigen sich folgende Vor- und Nachteile:
Wir betrachten dazu ein Beispiel.
Lösung:
Wir gehen von der Modellannahme aus, dass Tessa eine „auf gut Glück“ ausgesuchte 18-Jährige ist:
Für gilt nach der tschebyschewschen Ungleichung (für und mit ):
Damit ist , d.h. mindestens mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,75 werden sich die Lebenserwartungen Tessas erfüllen. Dies ist eine relativ unbestimmte Aussage.
Nimmt man auch für andere Intervalle Abschätzungen vor, so kann man erkennen, dass die mit der tschebyschewschen Ungleichung gewonnenen Abschätzungen relativ grob sind:
Für kleine Werte von erhält man „leere“ Aussagen und für größere erreicht man zwar Wahrscheinlichkeitswerte von 0,95 und mehr, d.h., man kommt in den Bereich der sogenannten statistischen Sicherheit, aber der Informationswert der damit verbundenen Aussage nimmt deutlich ab.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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