EMMY NOETHER wurde am 23. März 1882 in Erlangen als ältestes von vier Kindern der Eheleute MAX und IDA NOETHER geboren. Die Eltern entstammten wohlhabenden jüdischen Familien von Gelehrten bzw. Kaufleuten. Der Vater MAX NOETHER (1844 bis 1921) war seit 1875 Professor für Mathematik an der Erlanger Universität. Er arbeitete vor allem auf dem Gebiet der Invariantentheorie und trug zum Aufbau der algebraischen Geometrie als selbstständige Disziplin bei.
EMMY NOETHER absolvierte zunächst eine für Mädchen in jener Zeit typische Ausbildung. Von 1889 bis 1897 besuchte sie die Städtische Höhere Töchterschule mit sprachlicher und hauswirtschaftlicher Orientierung. 1900 schloss sie dann die Staatsprüfung als Lehrerin für französische und englische Sprache ab.
Da in ihr der Wunsch nach einem Universitätsstudium erwacht war, holte EMMY NOETHER 1903 in Nürnberg das Abitur nach. Für das Wintersemester 1903/04 ließ sie sich an der Universität Göttingen immatrikulieren, um ab Herbst 1904 das Studium in Erlangen fortzusetzen. Hier gab es zu dieser Zeit unter knapp 1000 Studierenden lediglich ein weiteres Mädchen, und im Bereich Naturwissenschaften war EMMY gar die einzige Frau.
Unter dem Einfluss von PAUL GORDAN (1837 bis 1912) beschäftigte sich EMMY NOETHER mit Problemen der Invariantentheorie, und sie promovierte 1907 auf diesem Gebiet (zum Dr. phil.). Das Thema ihrer Dissertation lautete „Über die Bildung des Formensystems der ternären biquadratischen Form“, die Arbeit wurde 1908 in den „Mathematischen Annalen“ gedruckt. Während hier noch der rechnerische Aspekt im Vordergrund stand, wandte sich EMMY NOETHER später dem strukturellen Denken in der Algebra zu, indem sie verstärkt solche algebraischen Strukturen wie Ring, Modul, Körper und Ideal nutzte. So gelangen ihr Beweise wichtiger Sätze zur Körpertheorie.
Im Jahre 1915 übersiedelte EMMY NOETHER nach Göttingen, wo u.a. FELIX KLEIN (1849 bis 1925), DAVID HILBERT (1862 bis 1943) und HERMANN WEYL (1885 bis 1955) wirkten. Sie unterstützte die Forschungen HILBERTS auf dem Gebiet der Differenzialinvarianten und führte ein entsprechendes Seminar durch.
Ein erster Versuch der Habilitation auf diesem Gebiet scheiterte, da die entsprechende Verordnung nur Männer zuließ. Erst nachdem diese (nach Zusammenbruch des Kaiserreichs) aufgehoben worden war, erfolgte im Frühjahr 1919 die Habilitation. Doch die Diskriminierung von Frauen in der Wissenschaft wirkte fort, und eine ihrer Qualifikation entsprechende berufliche Stellung blieb EMMY NOETHER versagt. Sie durfte ab 1922 lediglich die Bezeichnung „außerordentlicher Professor“ führen und bekam nur eine nicht verbeamtete Anstellung mit geringem Einkommen.
1923 erhielt sie den Lehrauftrag für Algebra in Göttingen. Typisch ist auch, dass EMMY NOETHER trotz hoher internationaler Wertschätzung zeit ihres Lebens keine Berufung an eine deutsche Universität erhielt und kein Mitglied einer wissenschaftlichen Akademie war.
Ab Anfang der 20er Jahre erschien ein Vielzahl von Publikationen zur Algebra. Besonders erwähnenswert ist das Manuskript „Abstrakter Aufbau der Idealtheorie in algebraischen Zahl- und Funktionskörpern“. Sie trug zu diesem Gegenstand 1928 auf dem Mathematikerkongress in Bologna vor und hielt auf dem Internationalen Mathematikerkongress 1932 in Zürich einen Vortrag zum Thema „Hyperkomplexe Systeme in ihren Beziehungen zur kommutativen Algebra und zur Zahlentheorie“.
Die Göttinger Zeit wurde nur kurz durch zwei Gastprofessuren 1928/29 in Moskau bzw. 1930 in Frankfurt am Main unterbrochen.
Zu EMMY NOETHERS Schülern gehörte eine Vielzahl hochbegabter Mathematiker aus dem In- und Ausland. Stellvertretend seien der sowjetische Mathematiker PAWEL SERGEJEWITSCH ALEXANDROW (1896 bis 1982) sowie der niederländische Mathematiker und Wissenschaftshistoriker BARTEL LEENDERT VAN DER WAERDEN (1903 bis 1996) genannt. Engen Kontakt pflegte EMMY NOETHER auch zu dem sowjetischen Mathematiker und Geophysiker OTTO JULJEWITSCH SCHMIDT (1891 bis 1956).
Wegen ihrer nichtarischen Abstammung wurde EMMY NOETHER (wie auch anderen bedeutenden Wissenschaftlern jener Zeit) im Jahre 1933 nach Machtantritt der Nationalsozialisten die Lehrbefugnis entzogen.
Dank der Fürsprache des Physikers und Mathematikers HERMANN WEYL (1885 bis 1955) wurde ihr eine Gastprofessur an einer Frauenhochschule in den USA, und zwar am Bryn Mawr College angeboten. Dieses befand sich in der Nähe von Princeton, wo u.a. ALBERT EINSTEIN (1879 bis 1955) und WEYL nach ihrer Emigration aufgenommen worden waren.
Nur noch einmal weilte EMMY NOETHER kurz in Deutschland, um Abschied von ihrem Bruder FRITZ NOETHER (ebenfalls einem bekannten Mathematiker) zu nehmen, der nach seinem Rauswurf als Professor für angewandte Mathematik eine Berufung an die Universtät Tomsk erhalten hatte.
Zurückgekehrt in die USA arbeitete EMMY NOETHER weiter intensiv auf dem Gebiet der Algebra, insbesondere zu Problemen der nichtkommutativen Algebra.
Ihr plötzlicher Tod am 14. April 1935 infolge eines chirurgischen Eingriffs riss sie mitten aus ihrem produktiven wissenschaftlichen Schaffen.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
Ein Angebot von