Aus der Entwicklung der Elektrotechnik

Die ersten Generatoren

Bald nach MICHAEL FARADAYs Entdeckung der elektromagnetischen Induktion und des Induktionsgesetzes im Jahre 1831 wurden erste Geräte gebaut, die diese Entdeckung ausnutzten. Dabei wurden z. B. Spulen vor fest stehenden Dauermagneten oder Dauermagnete vor fest stehenden Spulen gedreht. Einen ersten handbetriebenen Generator baute 1832 HIPPOLYTE PIXII, der Mechaniker von AMPÈRE.
Bei diesem Generator wurde ein Hufeisenmagnet vor zwei Spulen mit einer Handkurbel gedreht. Die ersten Generatoren hatten kaum praktische Bedeutung. Vor allem war ihre Leistung für praktische Anwendungen zu gering. Die Magnetfelder für die Induktion wurden zumeist durch Dauermagnete erzeugt, die relativ schwach waren und deren Stärke durch die ständigen Erschütterungen der Generatoren noch abnahm.

Ein neues technisches Prinzip

Um stärkere Magnetfelder und größere Leistungen der Generatoren zu erhalten, brauchte man Elektromagnete. Diese mussten aber durch Batterien oder durch einen zweiten Generator erzeugt werden. Man sprach auch von Fremderregung der Elektromagnete. Das war insgesamt sehr aufwändig, und so wurden solche Anordnungen vor allem in Forschungslabors verwendet.

Für eine breite Anwendung der elektromagnetischen Induktion war vor allem eine Erfindung des Technikers und Unternehmers WERNER VON SIEMENS (1816-1892) von ausschlaggebender Bedeutung. SIEMENS entdeckte 1866 das dynamo-elektrische Prinzip und trug dieses am 17. Januar 1867 der Berliner Akademie der Wissenschaften vor. Er erkannte, dass der Eisenkern eines Elektromagneten nach Abschalten des Stromes ein Restmagnetfeld behält. Dieses Magnetfeld reicht aus, um in einem Generator eine kleine Spannung zu induzieren. Diese Spannung kann man nutzen, um den Elektromagneten zu betreiben und das Magnetfeld zu verstärken. Dadurch wird eine größere Spannung induziert. So schaukeln sich das Magnetfeld des Elektromagneten und die induzierte Spannung wechselseitig bis zur vollen Leistung des Generators hoch.

SIEMENS nannte diese Generatoren, die ihr Magnetfeld selbst erregen, Dynamomaschinen. Mit dieser Erfindung von Siemens konnten leistungsfähige Generatoren gebaut werden. Ein neuer Zeig der Technik, die Elektrotechnik, entstand. 1878 produzierte die Firma Siemens & Halske bereits 25 Dynamomaschinen pro Woche.

Breite Nutzung elektrischer Energie

Die weitere Entwicklung der Elektrotechnik vollzog sich sehr schnell und ist durch eine breite Nutzung elektrischer Energie in allen Lebensbereichen charakterisiert.
So begannen sich allmählich Elektromotoren für Antriebe durchzusetzen. 1879 wurde auf der Gewerbeausstellung in Lichterfelde die erste elektrische Eisenbahn vorgestellt. Sie war der Vorläufer der elektrischen Straßenbahn. 1881 war in Mannheim der erste elektrische Aufzug zu sehen. 1882 lief in einem Bergwerk in Zeukerode bei Dresden die erste elektrische Grubenbahn und der Urahn aller Elektroautos rollte über den Berliner Kurfürstendamm.

Fortschritte wurden auch in der Beleuchtungstechnik erzielt. 1881 stellte der amerikanische Erfinder THOMAS ALVA EDISON
(1847-1931) auf einer Ausstellung in Paris eine brauchbare elektrische Glühlampe und das Modell eines Beleuchtungssystems für Wohngebiete vor. 1882 erichtete EDISON in New York das erste Elektrizitätswerk der Welt und ein Gleichstromenergienetz für Glühlampen. 1884 wurden auch die ersten Elektromotoren an das Netz angeschlossen.

Ebenfalls 1884 wurde in der Berliner Friedrichstraße 55 durch die Deutsche Edison-Gesellschaft, die spätere Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG), und durch die Firma Siemens & Halske das erste Elektrizitätswerk Europas gebaut. Mit vier Dampfmaschinen, sieben Dynamomaschinen und 100 kW Leistung wurden zwei Gaststätten und einige Geschäfte beleuchtet.
Die erste Anlage zur Fernübertragung elektrischer Energie in Deutschland wurde im Jahre 1891 von Lauffen nach Frankfurt/Main über 175 km in Betrieb genommen.

Elektrotechnik und Energieversorgung in Berlin

Berlin war im 19. Jahrhundert ein Zentrum der Entwicklung der Elektrotechnik. Der Ingenieur EMIL RATHENAU erwarb 1880 die EDISON-Patente für Deutschland und gründete 1883 die „Deutsche Edison-Gesellschaft“, die heutige AEG. Diese entwickelte sich schnell zum größten Glühlampenproduzenten Europas. Bereits 1884 wurden 300 000 Lampen hergestellt, 1891 waren es mehr als eine Million.

Die erste „Blockstation“ mit einer Leistung von 100 kW entstand 1884. Mit der dort erzeugten Elektroenergie wurden das Café Bauer Unter den Linden und mehrere benachbarte Geschäfte elektrisch beleuchtet. In schneller Folge wurden weitere kleine Kraftwerke gebaut. Im Jahre 1896 wurden in Berlin bereits 166182 Glühlampen und 8216 Bogenlampen zentral mit Elektroenergie versorgt. Jede einzelne Lampe, jede Maschine wurde damals einzeln erfasst und registriert.

Aber auch der Bedarf an Elektroenergie für Motoren wuchs ständig. Betrug der Anteil an „Kraftstrom“ im Jahre 1898 in Berlin erst 50%, so war er 1900 bereits auf 75% gewachsen. Schließlich stieg der Bedarf an Antriebsenergie schneller als die Leistung der Kraftwerke. Im Jahre 1906 ließen die Berliner Elektrizitätswerke den Anschluss eines Elektromotors nur zu bei Einverständnis mit einer Stromsperre von 16 bis 22 Uhr im Winter.
An Grenzen stieß insbesondere die Erzeugung von Gleichstrom in Zentralstationen mit Spannungen von 110, 220 und 440 V. Die Versorgung der neu entstehenden Industriebetriebe am Rande der Stadt war immer schwieriger möglich. Die Wartung der Generatoren war aufwendig und gefährlich. Ein Arbeiter, der an einem solchen Generator die Bürsten des Kommutators entsprechend dem jeweiligen Stromverbrauch einzustellen hatte, entschied sich: „Ich bin Familienvater und kann es vor meinem Gewissen nicht verantworten, Dienst am Kommutator zu tun.“
Bereits in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts hatten sich G. FERRARIS in Turin und N. TESLA in New York mit der technischen Anwendung ein- und zweiphasiger Wechselströme befasst. Generatoren, Motoren und Transformatoren waren in der Praxis erprobt und eingeführt. Sie waren wesentlich leichter und sicherer zu handhaben als Gleichstrommaschinen. Trotzdem wurde dem Wechselstrom keine Chance eingeräumt, weil die Motoren unter Last nicht anliefen.
Abhilfe fanden die Ingenieure HASELWANDER von der Firma Siemens und der Russe V. DOLIVO-DOBROWOLSKY (AEG) durch Einführung des dreiphasigen Wechselstromes (Drehstrom). Der aus Petersburg stammende V. DOLIVO-DOBROWOLSKY war auch der Initiator der ersten Drehstrom-Fernübertragung über 175 km von Lauffen nach Frankfurt/Main, die 1891 auf der Elektrotechnischen Ausstellung in Frankfurt Aufsehen erregte. Damit wurde die Übertragung elektrischer Energie über große Entfernungen problemlos möglich, es gelang „tausend Pferdekräfte durch ein Schlüsselloch, den dünnen Draht, zu führen.“, wie ein französischer Schriftsteller begeistert schrieb.

In Berlin entstanden Drehstromzentralen in Oberschöneweide (1897) und Moabit (1900), bald darauf weitere, die es aber schwer hatten, den schnell steigenden Bedarf von Industrie und Haushalten zu decken. Das gelang erst durch den Bau von neuen Großkraftwerken wie dem Kraftwerk Klingenberg und dem Ausbau von Stromverbundnetze für die Fernleitung von elektrischer Energie.

Erstes deutsches Elektrizitätswerk in der Berliner Friedrichstraße 55

Erstes deutsches Elektrizitätswerk in der Berliner Friedrichstraße 55

Aus der Entwicklung der Elektrotechnik - Elektrizitätswerk

Die stürmische Entwicklung der Elektrotechnik in Berlin wurde wesentlich gefördert durch die enge Verbindung zwischen Technik und Wissenschaft. Diese wurde besonders durch den Techniker und Unternehmer WERNER VON SIEMENS sowie durch den Physiker HERMANN VON HELMHOLTZ gefördert, der 1871 an die Universität berufen wurde. Er machte sehr schnell die Elektrotechnik zu einem Schwerpunkt der Forschung in Berlin. 1888 wurde er Präsident der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt, die unter seiner Leitung zu einem Industrieforschungsinstitut wurde, ohne dabei die Grundlagenphysik zu vernachlässigen.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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