Piezoelektrischer Effekt

Der piezoelektrische Effekt

Quarzkristalle bestehen aus sechseckigen Waben, deren Eckpunkt abwechselnd positive und negative Ladungen tragen. Bild 1 zeigt einen Ausschnitt aus dem Aufbau eines solches Quarzkristalls mit wenigen Elementarzellen. Wird ein solcher Kristall mechanisch belastet (zusammengedrückt), so kommt es zu einer Verschiebung der äußeren Ladungen. Damit dominieren oben die negativen Ladungen, unten die positiven Ladungen. Es kann eine unterschiedliche Aufladung der beiden äußeren Flächen konstatiert werden. Dieser Effekt wurde 1880 von den Gebrüdern PIERRE CURIE (1859-1906) und JACQUES CURIE entdeckt und wird als piezoelektrischer Effekt bezeichnet, abgeleitet vom griechischen peizein = drücken. Man spricht auch von Piezoelektrizität.
Der Effekt tritt auch bei Turmalin, Seignettesalz, verschiedenen keramischen Werkstoffen und Kunststoffen auf.
Der piezoelektrische Effekt kann in unterschiedlicher Weise genutzt werden. Nachfolgend sind einige Beispiele genannt.

  • Gasanzünder und Feuerzeuge: Durch hohen mechanischen Druck wird eine Spannung von mehreren Kilovolt erzeugt. Die an einer Funkenstrecke entstehenden Blitze können Luft-Gas-Gemische entzünden.
  • Tonabnehmer für Musikinstrumente: Kleine Sensorplättchen, die im Steg der Gitarre unterhalb der Saiten befestigt sind, nehmen die von den Saiten erzeugten Schwingungen auf und wandeln sie in elektrische Signale um.
  • Alarmanlagen: Sensoren, z. B. an Schaufensterscheiben, nehmen den Körperschall auf und wandeln ihn in elektrische Signale um. Geräusche und Vibrationen, die durch Einbruchwerkzeuge hervorgerufen werden, führen bereits zu Beginn des Einbruchsversuchs zur Alarmauslösung.
  • Sensoren für Druckmessung und Kraftmessung: Durch Drücke oder Kräfte erfolgt eine Verformung des Kristalls. Die entstehenden elektrischen Impulse können verstärkt werden und eine digitale oder analoge Anzeige steuern.
Wird ein Quarzkristall zusammengedrückt, so tritt eine Aufladung der Oberfläche auf.

Wird ein Quarzkristall zusammengedrückt, so tritt eine Aufladung der Oberfläche auf.

Der reziproke piezoelektrische Effekt

1881 entdeckten die Gebrüder CURIE den von G. J. LIPPMANN (1845-1921) vorhergesagten Effekt, dass sich Quarzkristalle verformen, wenn man sie in das elektrische Feld zwischen den Platten eines Plattenkondensators bringt. Dieser Effekt wird als reziproker piezoelektrischer Effekt bezeichnet. Er kommt zustande, weil im elektrischen Feld coulombsche Kräfte zwischen den Ladungen wirken. Bringt man einen Quarzkristall in ein elektrisches Wechselfeld, so kommt es zu periodischen Verformungen, wobei bei dünnen Plättchen die Frequenz sehr hoch sein kann. Man spricht dann von Schwingquarzen, die nicht nur bei Quarzuhren genutzt werden, sondern z.B. auch zur Erzeugung von Ultraschall. Weitere Anwendungen sind:

  • Lautsprecher: In vielen elektronischen Geräten ist ein piezoelektrischer Tongeber vorhanden. Einfache Anordnungen mit piezoelektrischer Tongeber werden auch als Piezofon bezeichnet.
  • Nierensteinzertrümmerer: Eine Vielzahl von piezoelektrischen Elementen, die an der Innenseite einer konkaven Schale angebracht sind, können gleichzeitig ausgelöst werden und eine Schall-Schockwelle erzeugen. Die hohe Energie im Brennpunkt dieser Schockwelle kann Nieren- oder Gallensteine zertrümmern.
  • Zahnsteinentferner: Piezoelektrisches Material schwingt mit Frequenzen von 20 kHz - 80 kHz und treibt einen kleinen Schaber an. Durch die hohe Frequenz bei sehr kleinen Amplituden im Mikrometerbereich kann Zahnstein gründlich entfernt werden, ohne den Zahn zu schädigen.
  • Skalpell: Auch hier schwingt piezoelektrisches Material mit hohen Frequenzen. Ein Skalpell mit einem derartigen Antrieb wirkt ähnlich wie die niederfrequenten elektrischen Brotmesser, nur sehr viel präziser. Insgesamt ist die Ultraschallmaterialbearbeitung durch große Präzision und hohe Oberflächengüte gekennzeichnet.
  • Ultraschallreinigung: In einer Reinigungsflüssigkeit wird mit Ultraschall Kavitation erzeugt. Kavitation heißt: Es bilden sich aufgrund von Druckunterschieden in der Flüssigkeit kleinste lokale Gasblasen, die nach sehr kurzer Zeit wieder implodieren. Diese Kavitation sorgt an der verschmutzten Oberfläche von Gegenständen für eine intensive Reinigung, auch bei komplizierten Formen. Geräte dieser Art findet man in kleiner Ausführung beim Optiker als Brillenreinigungsbad und in großer Ausführung als Industriereinigungsanlage von bis zu 20 m Länge.
  • Ultraschallschweißen: Jeder weiß, dass Reibung Wärme erzeugt. Presst man zwei Metall- oder Kunststoffteile aneinander und regt sie mit hochfrequentem Ultraschall an, erhitzen sich die Oberflächen so stark, dass sie miteinander verschmelzen.
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