Weltraumstationen

Weltraumstationen

Bemannte Weltraumstationen ermöglichen einen längerfristigen Aufenthalt von Menschen in einer Erdumlaufbahn und Forschungen unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit. Darüber hinaus sind aus solchen Stationen Erdbeobachtungen ebenso möglich wie Beobachtungen der Sonne und anderer naher Himmelskörper ohne den störenden Einfluss der Atmosphäre. Wichtige Etappen waren bzw. sind die sowjetischen Weltraumstationen „Saljut“ und „Mir“, die amerikanische Station „Skylab“ sowie die Internationale Raumstation (ISS), die sich seit 1998 im Aufbau befindet.

Sowjetische Raumstationen vom Typ „Saljut“

Die Geschichte bemannter Weltraumstationen begann bereits 1971 mit sowjetischen Stationen vom Typ „Saljut“ (deutsch „Gruß“). Saljut 1 wurde am 19. April 1971 unbemannt in eine Erdumlaufbahn geschossen und bewegte sich in Höhen von 240 km bis 250 km über der Erdoberfläche. Die Masse dieser Raumfahrzeuge betrug etwa 19 Tonnen, ihre Länge ca. 20 m. Sie hatten ca. 1,5 t Instrumente an Bord. An dem einen Ende befand sich ein Kopplungsadapter für das Andocken von Sojus-Raumschiffen. Daran schloss sich eine Schleuse zur Arbeitssektion an, die aus Zylindern von 3 m bzw. 4 m Durchmesser bestand. Den Abschluss bildete eine Sektion mit dem Bahnkorrekturtriebwerk. Das Gesamtvolumen des Moduls betrug ca. 100 Kubikmeter. Die Energieversorgung erfolgte mithilfe von Sonnenbatterien.

Noch 1971 erfolgte eine Ankopplung eines Sojus-Raumschiffes ohne Überstieg der Besatzung. Am 6. Juni 1971 startete das Raumschiff „Sojus 11“ und koppelte an „Saljut 1“ an. Die Kosmonauten DOBROWOLSKI, WOLKOW und PAZAJEW stiegen um und nahmen alle betriebstechnischen Anlagen und wissenschaftlichen Ausrüstungen in Betrieb. Das System „Saljut-Sojus“ wurde damit zur ersten wissenschaftlichen Raumstation der Erde.

Bis 1982 wurden weitere Saljut-Stationen (am 19. 4. 1982 Saljut 7) in den Erdorbit gebracht. In ihnen waren zahlreiche Kosmonauten tätig, darunter auch SIEGMUND JÄHN, der der erste deutsche Weltraumfahrer überhaupt war. Am 26. 8. 1978 flog SIEGMUND JÄHN (geb. 1937 in Rautenkranz bei Klingenberg im Vogtland), ein Offizier der Nationalen Volksarmee der DDR, als erster Deutscher ins All. Mit dem sowjetischen Raumschiff „Sojus 31“ flog er gemeinsam mit dem sowjetischen Kosmonauten BYKOWSKI zur Raumstation „Saljut 6“ und kehrte nach 8 Tagen, also am 3.8.1978, wieder zur Erde zurück. Nach seinem Raumflug war S. JÄHN wissenschaftlich tätig. Später arbeitete er als Berater deutscher Kosmonauten bzw. Astronauten im Sternenstädtchen bei Moskau.
 

Die amerikanische Station „Skylab“

Die US-amerikanische Station „Skylab“ (zu deutsch: Himmelslabor) wurde am 14. 5. 1973 mit einer Rakete vom Typ „Saturn 5“ in eine Erdumlaufbahn geschossen und auf eine Umlaufbahn in eine Höhe von 435 km gebracht. Bis zu gewissem Grade war „Skylab“ ein „Abfallprodukt“ des amerikanischen Mondlandeprogramms, des Apollo-Projektes. Dieses Projekt war 1972 mit dem letzten Flug zum Mond beendet worden. Die für Mondflüge entwickelte Großrakete „Saturn 5“ war gut geeignet, eine schwere Weltraumstation in eine Erdumlaufbahn zu bringen. Das Weltraumlabor selbst bestand im wesentlichen aus einer umgebauten 3. Stufe der Saturn-5-Rakete. „Skylab“ hatte eine Masse von etwa 82 Tonnen, eine Länge von 36 m und ein Arbeitsvolumen von ca. 370 Kubikmeter. Es war für eine dreiköpfige Besatzung ausgelegt. Die erste Besatzung startete am 25. 5. 1973 zur Weltraumstation und hielt sich 28 Tage dort auf. Weitere Besatzungen folgten im gleichen Jahr (59 Tage bzw. 84 Tage Aufenthalt). 1979 stürzte „Skylab“ planmäßig ab, der größte Teil der Station verglühte in der Atmosphäre.

Die sowjetische Station „Mir“

Das Basismodul der sowjetischen Weltraumstation „Mir“ (zu deutsch „Frieden“) mit einer Masse von 21 t wurde am 20. 2. 1986 auf eine Erdumlaufbahn gebracht und nachfolgend durch weitere Module ausgebaut. Die Station umkreiste die Erde in etwa 350 km Höhe und bestand aus mehreren Modulen von 2 - 4 m Durchmesser. Raumschiffe und weitere Komponenten konnten angedockt werden.

An Bord dieser Weltraumstation erfolgte auch der erste Langzeitflug von Menschen mit einer Dauer von über einem Jahr. Die sowjetischen Kosmonauten WLADIMIR GEORGIJEWITSCH TITOW und MUSSA CHIRAMANOWITSCH MANAROW verbrachten einschließlich des Auf- und Abstiegs mit einer Sojus-Raumkapsel in der Zeit vom 21. 12. 1987 bis 21. 12. 1988 genau 365 Tage, 22 Stunden und 40 Minuten im Weltraum. Davon verbrachten sie an Bord der Station „Mir“ 364 Tage. In dieser Zeit erfolgten 5 768 Erdumkreisungen. Dabei wurden 245,9 Millionen Kilometer zurückgelegt. In dieser Raumstation wurden zahlreiche naturwissenschaftliche und medizinische Untersuchungen durchgeführt. Es traten auch zahlreiche technische Probleme auf, die aber alle gelöst werden konnten.

Für die „Mir“ kann eine erstaunliche Bilanz gezogen werden: Sie war für eine Betriebszeit von etwa 5 Jahren ausgelegt, erreichte aber ein Lebensalter von über 15 Jahren. Dabei umkreiste sie ca. 86 330 Mal die Erde und legte eine Flugstrecke von 3,2 Milliarden Kilometer zurück. An Bord arbeiteten 107 Menschen aus 14 Ländern: 44 aus den USA, 43 aus Russland, 6 aus Frankreich, 4 aus Deutschland (darunter ULF MERBOLD und THOMAS REITER) und je einer aus Afghanistan, Bulgarien, Großbritannien, Japan, Kanada, Kasachstan, Österreich, der Slowakei, Syrien und der Ukraine. 240 wissenschaftliche und technische Geräte aus 27 Ländern mit einer Gesamtmasse von 11,5 t wurden an Bord installiert. Es fanden 16500 Experimente statt. 600 neue technologische Verfahren wurden unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit erprobt. Etwa 100 Raumflugkörper mit einer Gesamtmasse von 1500 t flogen die Station an und führten etwa 200 An-, Ab- und Umkopplungen durch.
Am 23. 3. 2001 wurde die Station gezielt zum Absturz gebracht. Der größte Teil der Station verglühte in der Atmosphäre, der Rest stürzte in den Südatlantik.

Die Internationale Raumstation ISS

Seit dem Jahre 1998 wird eine Internationale Raumstation (International Space Station, Abkürzung ISS) aufgebaut.
Als erstes Modul der künftigen Internationalen Raumstation wurde vom russischen Kosmodrom Baikonur in Kasachstan am 20. November 1998 das russische Funktionsmodul „Sarja“ (Morgenröte, Abmessungen: Masse 20 t, Länge 12,5 m) mit einer „Proton“-Trägerrakete gestartet. Es dient der Lageregelung und der Energieversorgung der künftigen Raumstation.

Die internationale Raumstation soll im Jahre 2003 fertiggestellt sein. Beteiligt sind neben den USA und Russland auch Japan, Kanada und Brasilien sowie die europäischen Länder, die der europäische Weltraumagentur (ESA) angehören (Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Norwegen, Schweden, Schweiz und Spanien). Es wird inzwischen mit Gesamtkosten in Höhe von 50-100 Mrd. Dollar gerechnet.
Die Station soll im ausgebauten Zustand über 6 Labormodule verfügen, darunter ein europäisches Labormodul (Columbus-Orbitalsystem-COF). Die ständige Mannschaft besteht aus drei Personen. Die Station bewegt sich in einer Höhe zwischen 335 km und 460 km. Die Umlaufzeit beträgt etwa 90 Minuten.

Die Station soll im Endausbau folgende Abmessungen haben:
 Länge108 m,
 Breite74 m,
 Masse415 t,
 Wohn- und Arbeitsraum1 200 m 3 ,
 elektrische Leistung110 kW.
Es wird mit einer Betriebdauer von mindestens 10 Jahren gerechnet.

Der Ausbau soll zügig mit amerikanischen und russischen Bauteilen fortgesetzt werden. Bis zum vollständigen Ausbau werden insgesamt 45 Raumflüge erforderlich sein. So startete z.B. am 12. 7. 2000 in Baikonur das russische Servicemodul „Swesda“. Das Modul hat eine Länge von 13 m, mit den ausgeklappten Solarzellen eine Spannweite von 30 m und eine Masse von 19 Tonnen. An den vier Andockstationen können sowohl russische Raumschiffe als auch amerikanische Weltraumfähren ankoppeln. Das Modul ist die Kommando- und Steuerzentrale und damit das Herzstück der internationalen Raumstation ISS. Zunächst soll es auch als Wohnraum dienen. An Bord befindet sich auch der bei der ESA in Bremen entwickelte Zentralrechner der Station, der aus vier miteinander vernetzten Hochleistungsrechnern besteht. Die Hardware kostete etwa 100 Millionen Mark, die erforderliche Software etwa eine halbe Milliarde Mark. Inzwischen wurden weitere Module gestartet und die Station weiter ausgebaut.

Am 2. November 2000 begann die erste Besatzung der internationalen Raumstation ISS ihre Arbeit in 380 km Höhe über der Erdoberfläche. Die Besatzung bestand aus dem US-Amerikaner BILL SHEPHERD sowie den beiden Russen JURI GIDSENKO und SERGEJ KRIKALKOW. Sie war zwei Tage vorher mit einer russischen Rakete von Baikonur aus gestartet. Aufgabe dieser Besatzung war es, die Arbeitsfähigkeit der Station sicherzustellen und sie weiter auszubauen.

Dieser Ausbau wird mit wechselnden Besatzungen weiter fortgesetzt. So startete z.B. am 17. April 2001 mit dem Space Shuttle „Endeavour“ (= „Unternehmen“) zum zehnten Mal innerhalb von drei Jahren ein bemannter Raumflugkörper zur ISS. An dieser Mission nahmen sieben Männer aus vier Ländern (USA, Russland, Kanada, Italien) teil. Mit diesem Unternehmen wurde u.a. der canadische Manipulator „Canadarm 2“, ein spezieller Kranarm für Außenarbeiten, zur ISS gebracht. Montiert wurde der Manipulator auf dem Labormodul „Destiny“ (= „Schicksal“). Er hat eine Länge von 17,6 m, einen Durchmesser von 3,5 m und eine Masse von 1,8 Tonnen. An Bord der „Endeavour“ befand sich auch ein in Italien gebauter Container für Experimentieranlagen und Verbrauchsstoffe, der den Namen des berühmten Malers und Bildhauers „Raffaelo“ trägt. Dieser Container hat eine Länge von 6,4 m und eine Masse von 4,6 Tonnen. Mit ihm kann eine Nutzlast von 9,1 Tonnen transportiert werden. Der Container, der für 25 Einsätze in 10 Jahren vorgesehen ist, wird zum Entladen mit dem Greifarm der Raumfähre an den ISS-Verbindungsknoten „Unity“ (= „Einheit“) angesetzt und sein Inhalt in das Forschungsmodul „Destiny“ umgeladen. Danach wird er abgekoppelt und für den Rücktransport wieder in der Ladebucht des Space Shuttle verstaut.

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