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Joseph A. Schumpeter

* 08.02.1883 Triesch (Mähren)
† 08.01.1950 Taconic (Connecticut )

JOSEPH ALOIS SCHUMPETER gilt als einer der Großen der Nationalökonomie (Volkswirtschaftslehre, Ökonomie) des 20. Jahrhunderts. Für ihn war der risikobereite, innovative Unternehmer die Säule der ökonomischen Entwicklung, so wird er im Bezug auf die Einbeziehung der historischen Entwicklung in das ökonomische Denken mit KARL MARX verglichen. Beide meinen, dass es ein Überleben des Kapitalismus nicht geben werde. Dabei glaubte SCHUMPETER, der Kapitalismus werde nicht an seinen Mängeln, sondern an seinem Erfolg zugrunde gehen. Das Werk „Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie“ (1942) gilt als sein erfolgreichstes Buch.

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JOSEPH ALOIS SCHUMPETER wurde am 08.02.1883 in Triesch geboren, das in der damaligen Österreich-Ungarischen Provinz Mähren lag. Sein Vater war ebenso wie sein Großvater ein Tuchfabrikant. SCHUMPETER verlor seinen Vater schon in seiner Kindheit 1887. Seine Mutter stammte aus einer Arztfamilie. Die deutschsprachige Familie gehörte zu der kleineren Minderheit wohlhabender katholischer Bürger des Städtchens. Sowohl sein Großvater als auch sein Vater haben eine wesentliche Rolle in den frühen Lebensjahren SCHUMPETERs gespielt. Seine enge Beziehung zur Mutter blieb – als so genanntes emotionales Zentrum – in seinem Leben.

Kindheit und Ausbildung

Nach dem Tod des Vaters und nach dem Abschluss der 4. Klasse der Volksschule in Graz, zog die Mutter mit ihrem Sohn nach Wien. Im September 1893 heiratete sie den viel älteren Aristokraten Leutnantfeldmarschall SIGISMUND VON KÉLER. Der Stiefvater übte bis zur Scheidung 1906 einen bestimmenden Einfluss auf die Erziehung von SCHUMPETER aus. Gerade erst 10 Jahre alt, trat er 1893 in das Theresianum, ein anerkanntes Wiener Gymnasium, ein. Neben den altösterreichischen aristokratischen Traditionen, wie Fecht- und Reitunterricht, stand vor allem die humanistische Bildung (Griechisch und Latein) im Vordergrund. Zusätzlich wurde der sehr begabte Zögling noch in den Sprachen Französisch, Englisch und Italienisch unterrichtet, die er bald fließend beherrschte. 1901 bestand er das Examen am Theresianum mit Auszeichnung.

Im selben Jahr immatrikulierte er sich an der Wiener Universität, um Rechtswissenschaften und Politische Wissenschaften zu studieren. Mit viel Interesse besuchte er Vorlesungen und Seminare in Mathematik und Statistik sowie in Geschichte und in Soziologie. Vor allem seine hervorragenden Sprachkenntnisse ermöglichten es ihm, Werke der großen Ökonomen im Original zu lesen. Bereits 1906 veröffentlichte er erstmals einen größeren Aufsatz: „Über die mathematische Methode der theoretischen Ökonomie“.
SCHUMPETERs größtes Interesse galt jedoch der Nationalökonomie und den Theorien. Am 16.02.1906 promovierte SCHUMPETER zum Doktor der Rechte in Wien. Bereits zu diesem Zeitpunkt war ihm klar, dass er Nationalökonom werden wollte.

Ökonom zwischen Theorie und Geschichte

Nach einem Studienaufenthalt von 1906 bis 1907 an der Berliner Universität, wo er an einem wirtschaftswissenschaftlichen Seminar teilnahm, reiste er über Frankreich und weitere Länder nach England. Dort war er Forschungssturdent an der London School of Economics. Während seines Aufenthaltes lernte er große Männer der Nationalökonomie wie zum Beispiel FRANCIS EDGEWORTH und ALFRED MARSHALL kennen.

Ende 1907 heiratete SCHUMPETER GLADYS RICARDE SEAVERS, die Tochter eines hohen Würdenträgers der Church of England. Anschließend ging er als Angestellter eines italienischen Anwaltsbüros nach Kairo. Hier arbeitete er nach Dienstschluss bereits an seiner ersten Monographie mit dem Titel: „Das Wesen und der Hauptinhalt der theoretischen Nationalökonomie“ und machte sich damit als brillianter junger Nationalökonom einen guten Ruf.
Schwer erkrankt, kehrte er 1908 aus Kairo nach Österreich zurück und bemühte sich dort um einen akademischen Posten. Noch im Oktober 1909 legte er sein neues Werk der Fakultät für Rechtswissenschaften und Politik als Habilitationsschrift vor. Ein Jahr später erhielt er seine Habilitation und wirkte bereits mit erst 26 Jahren als Privatdozent an die Universität Wien. Vom Wintersemester 1909 bis zum Sommer 1911 wirkte er als außerordentlicher Professor für politische Ökonomie an der Universität Czernowitz. Im November 1911 wurde SCHUMPETER als ordentlicher Professor für politische Ökonomie an die Universität Graz gerufen. Dort nahm er dann 1912 seine Lehrverpflichtung auf. Vom Herbst 1913 bis Frühjahr 1914 nahm er eine Austauschprofessur in den Vereinigten Staaten an der Columbia University New York an. Hier wurde er auch, im Alter von 30 Jahren, mit einem Ehrendoktorat ausgezeichnet.

Wieder nach Graz zurückgekehrt, wurde er mit der Veröffentlichung seines dritten Buches mit dem Titel „Epochen der Dogmen- und Methodengeschichte“ überrascht. Gleichwohl hat SCHUMPETER in den Grazer Jahren eine Reihe seiner wichtigsten Arbeiten vorgelegt:

  • „Die Krise des Steuerstaates“ – ein Klassiker der Finanzsoziologie, sowie die Aufsätze:
  • „Das Grundprinzip der Verteilungstheorie“ (1916),
  • „Das Sozialprodukt und der Rechenpfennig“ (1917) und
  • „Zur Soziologie der Imperialismen“ (1919).

Im Jahr 1916 wurde SCHUMPETER Mitherausgeber des Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik. Ebenfalls wurde er für das akademische Jahr zum Dekan der Grazer Juristischen Fakultät gewählt. Neben dieser Tätigkeit an der Universität war er Mitarbeiter des Generalkommissariats für Kriegs- und Übergangswirtschaft beim k. k. Handels-Ministerium in Wien.

SCHUMPETERs politische Ambitionen

SCHUMPETER war ein sehr ehrgeiziger Mensch, dessen Ziele auch immer sehr hoch gesteckt waren. Er wollte auch in der Politik erfolgreich sein. Es scheint, dass seine praktisch-politischen Ambitionen während des Ersten Weltkrieges geschürt wurden. In diesem Sinne verfasste er in den Jahren 1916/1917 mehrere Memoranden, in denen er u. a. den Abschluss eines Zollbündnisses bzw. einer Zollunion mit dem Deutschen Reich kritisierte. In diesem vorgeschlagenen Zollbündnis sah SCHUMPETER das eigentliche Kriegsziel Deutschlands, nämlich Österreich zu vereinnahmen. Österreich könnte mit dem einfließenden deutschen Kapital in eine wirtschaftliche Abhängigkeit von Deutschland geraten, der nicht mehr zu entkommen gewesen wäre. Dies erkannte man auch an dem Vorschlag, dass Kaiser KARL in Prag gekrönt werden sollte, und dass aus der Doppel- eine Tripelmonarchie werden sollte. Der Grazer Universitätsprofessor setzte sich für die frühest mögliche Wiederherstellung der Weltwirtschaft ein. Im April 1917 verfasste er sein 3. Memorandum, in dem er sofortige Friedensverhandlungen verlangte, da Österreichs Existenz auf dem Spiel stünde. Vermutlich gibt es vier weitere Memoranden, die sich mit der böhmischen Frage und mit dem Problem der Nationalitäten beschäftigen. Seine Memoranden wurden sogar in den höchsten Kreisen der Monarchie gelesen, jedoch mit wenig Erfolg, da sich bereits die gesamte Monarchie in Auflösung befand.

Sozialisierungskommission

Seit Januar 1919 gehörte SCHUMPETER der von der Wiener Regierung nach Ausruf der Republik eingesetzten „Sozialisierungskommission“ als Berater an. Die Kommission hatte u. a. die Aufgabe, die Übernahme bestimmter Industriezweige durch den Staat vorzubereiten. Das erste Problem, mit welchem sich diese Kommission beschäftigen sollte, war die Klärung der Frage, ob beim deutschen Kohlebergbau eine Sozialisierung möglich sei. Dazu antwortete die Kommission mit einem Bericht und vertrat die Meinung, dass ein staatlicher Eingriff in den Bergbau und dessen Sozialisierung notwendig sei. Das Ziel war aber eine „Vergesellschaftung“ und keine „Verstaatlichung“. Die beste Variante war dabei, „die Sozialisierung“ vollständig und sofort durchzuführen. Diese Meinung wurde u. a. auch von SCHUMPETER unterschrieben. Er selbst war nämlich für ein Programm der Sozialisierung unter historisch günstigen Bedingungen. Das Jahr 1919, als Österreich auf die Hilfslieferungen aus dem Ausland auf Gedeih und Verderb angewiesen war, erschien ihm aber als ein eher ungünstiger Zeitpunkt, um Betriebe zu sozialisieren. Unter „Vergesellschaftung“ wurde Arbeiten für die ganze Gesellschaft angesehen, nicht Arbeit für den Staat. Das Ziel war es, den Kapitalisten zu eliminieren, nicht den Unternehmer. Es wurde daher Wert auf ein effizientes, profitables, unabhängiges und dynamisches Unternehmen gelegt. Notwendiges Kapital sollte durch Innenfinanzierung des Unternehmens kommen und nicht durch Ausnutzung seines Monopols. Am 15. März 1919 verließ SCHUMPETER die Sozialisierungskommission, um die Bestellung zum Finanzminister anzunehmen.

Österreichischer Finanzminister

Am 15. März 1919 wurde in Deutschösterreich unter dem Staatskanzler RENNER die zweite Regierung gebildet. Es war eine Koalition der Sozialdemokraten mit den Christlich-Sozialen. SCHUMPETER wurde auf Empfehlung von RUDOLF HILFERDING (ein ehemaliger Schulkollege), als 36-Jähriger zum neuen Staatssekretär für Finanzen ernannt. Er kam als Parteiunabhängiger in diese Regierung, war aber sowohl für die Sozialdemokraten (vollständige und sofortige Sozialisierung der Industriebetriebe) als auch die Christlich Soziale Partei (hatte in den Kreisen um IGNAZ SEIPEL einige Unterstützung) akzeptabel. Nicht ganz unwesentlich für SCHUMPETERs Berufung zum Finanzminister war wohl auch sein Werk „Die Krise des Steuerstaates“ (1914), in dem er die wirtschaftlichen Lage Österreichs gegen Ende des Ersten Weltkrieges darlegte.
Unter der Terminologie „Steuerstaat“ verstand der Finanzminister den „kapitalistischen Staat“. Darin behauptete SCHUMPETER, dass der Steuerstaat von selbst fähig sei, seine erschöpfte Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Um den Staat zu sanieren, verlangte er eine einmalige, hohe Vermögensabgabe, die möglichst schnell einzuführen sei. Diese sollte die Unternehmen des Landes wieder in Schwung bringen und zu Investitionen animieren.

Wirtschaftliche Lage beim Antritt seiner Amtszeit

Nach der Unterzeichnung des Waffenstillstands zwischen der Monarchie und der Entente am 3. November 1918 folgte am 12. November die Gründung der Republik Deutschösterreich. Während die Donaumonarchie etwa 52 Mio. Menschen und ein beinahe autarkes Wirtschaftsgebiet aufwies, hatte der neue Kleinstaat nur etwa 6,3 Mio. Einwohner. Deutschösterreich war nicht in der Lage, sich selbst zu versorgen und war sogar von Importen an Nahrungsmitteln abhängig. Vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde Kohle exportiert, die sich nun im böhmisch-mährischen Raum befand und für den Eigenbedarf der Nachfolgestaaten benötigt wurde. Brennstoffe, Nahrungsmittel und Rohstoffe stellten für die junge Republik die wichtigsten Importprodukte dar. Weiterhin war die überdimensionierte Wirtschaft in großen Teilen problematisch. Ein anderes Problem bestand darin, dass die neue Republik größtenteils den Beamtenapparat der Monarchie übernehmen musste. Das Budgetdefizit resultierte aus dem Missverhältnis zwischen den Anforderungen des neuen Staates und den niedrigen Erträgen, die die „insolvente Volkswirtschaft“ hervorbrachte. Es mussten die Lebensmittelimporte, die Subventionen und die Arbeitslosenunterstützung bezahlt werden. Zusätzlich musste die Schuldenlast aus dem Krieg getragen werden. Die starke Erhöhung des Lombardgeschäftes erforderte den Einsatz der Notenpresse und führte zu einer weiteren Erhöhung des Geldumlaufs, d. h. zur Inflation.

Der Friedensvertrag von St. Germain wurde Anfang September 1919 unterzeichnet und enthielt ein Anschlussverbot an Deutschland und die Kollektivverantwortlichkeit Österreich-Ungarns für den Krieg. Trotzdem war die Außenpolitik der Sozialdemokraten seit November 1918 auf den möglich schnellsten Anschluss an Deutschland ausgerichtet. In der provisorischen Verfassung Deutschösterreichs vom 31. Oktober 1918 hieß es:

„Deutschösterreich ist ein Teil der deutschen Republik“.

Die wirtschaftliche Lage vor und während SCHUMPETERs Amtszeit machte im Staat Reformen zwingend notwendig. Mit seinem Kabinett stellte er ein starkes Programm des Finanz- und Sanierungsplans auf. Er zerlegte sein Sanierungsprogramm inhaltlich in zwei Teilbereiche:
a) die definitive Gesundung der Staatsfinanzen bis 1923,
b) die Schaffung der Voraussetzungen.

Die große Vermögensabgabe sollte zur Verringerung der Kriegsschuld dienen; weitere Ziele waren:

  • die Stabilisierung des Geldwertes, wobei die alten Paritäten nicht mehr hergestellt werden sollten;
     
  • die Gründung einer österreichischen Notenbank, die unabhängig vom Staatseinfluss sein sollte;
     
  • indirekte Steuern in stärkerem Ausmaß und
     
  • die Wiederherstellung der Kreditwürdigkeit österreichischer Industriebetriebe.

Da der Friedensvertrag mit den Siegermächten noch nicht abgeschlossen war, ging SCHUMPETER davon aus, dass mit der Entente ein akzeptabler Friedensvertrag geschlossen werden würde. Weiterhin glaubte er an eine wirtschaftliche Kooperation der Staaten des Donaubeckens: Unter diesen Umständen wird auch verständlich, weshalb SCHUMPETERs Parlamentsreden so optimistisch klangen. Am 29. September 1919 legte der Finanzminister seinen Finanzplan dem Kabinett vor. Hier die wesentlichen Punkte seines Programms:

  1. Vermeidung des Staatsbankrotts,
  2. Vermeidung jeder neuen Notenausgabe,
  3. Anpassung an den gesunkenen Geldwert,
  4. Beschaffung eines ausländischen Kredites.

Im Verlauf der Finanzplandiskussion im Oktober 1919 kam es zwischen SCHUMPETER und den anderen Mitgliedern der Regierung zu erheblichen Differenzen. Einzig OTTO BAUER schien sein Konzept halbwegs zu verstehen. Es kam zu keinerlei Einigung und der Kabinettsrat wollte die Entscheidung den Parteien überlassen.

Die Kola-Affäre

SCHUMPETER benötigte einen kompetenten Mann (Kola), der den Kurs der Krone in Zürich regulieren sollte. Neben dieser Stützungsaktion der Krone sollte Kola auch möglichst viele ausländische Devisen kaufen, um für Deutschösterreich einen Devisenbestand aufzubauen. Von dieser geheimen Absprache zwischen dem Finanzminister und Kola durfte niemand anders erfahren, obwohl diese Bestände als eiserne Reserve gedacht waren. Des Weiteren schaffte es Kola, ausländische Kapitalgeber für Österreich zu interessieren. Im Alleingang kaufte er große Mengen der Alpine-Montan-Aktien.
Der Kurs der Selbiger AG stieg beträchtlich und Kola konnte 15 Mio. Lire dem Finanzministerkonto gut schreiben. Als Kola den Staatssekretär für Finanzen von der Transaktion benachrichtigte, ersuchte ihn dieser, die Aktienkäufe einzustellen, doch SCHUMPETER hatte keinerlei Möglichkeiten, diese Transaktionen zu verhindern. Da Kola weitere Aktien aufkaufte, geriet ein beträchtlicher Anteil der Alpine-Montan in ausländische Hände. Deshalb war es nun nicht mehr möglich, dieses wichtige Unternehmen zu sozialisieren. Diese Affäre wurde auch in den Tageszeitungen heftig diskutiert und SCHUMPETER wurde, trotz seiner Unschuld, als der Schuldige angesehen. Tatsächlich ist die Sozialisierung nicht durch den ausländischen Aktienaufkauf verhindert worden, sondern durch eine fehlende Durchschlagskraft der Bundesregierung sowie durch die autonome Politik der Länder Steiermark und Kärnten.

Gründe für SCHUMPETERs Ausscheiden aus der Politik

Neben der fehlenden Unterstützung für SCHUMPETERs Finanzplan muss man noch in Betracht ziehen, dass der Finanzstaatssekretär sich offen gegen einen Anschluss an Deutschland aussprach, außerdem beschuldigte man ihn, dass er die Sozialisierung verhindert hätte (Kola-Affäre). Immer wieder setzte sich SCHUMPETER für Projekte ein, die sich dann als aussichtslos erwiesen. Er beurteilte Situationen häufig falsch. Auch seine Memoranden von 1916/17 belegen, wie falsch er eine Situation beurteilen konnte. Denn in dieser Zeit zerfiel, für alle erkennbar, die gesamte Monarchie. Ebenfalls hatte er beispielsweise auf die Unterstützung der christlich-sozialen Partei im Oktober 1919 gehofft, ein Irrtum, der ihn seinen Job kostete. Nach sieben Monaten Amtstätigkeit kündigte er, nicht zuletzt wegen unüberbrückbarer Differenzen in der „Anschlussfrage“. Am 17. Oktober 1919 schied JOSEPH ALOIS SCHUMPETER aus der Regierung aus. Damit war sein Ausflug in die Politik kläglich gescheitert.

Im Dienst von Staat und Wirtschaft

Mit dem Sommersemester 1920 nahm SCHUMPETER wieder die Vorlesungen an der Universität in Graz auf. Bereits nach einem Jahr legte er jedoch seine Grazer Professur nieder. Gleichzeitig erfolgte die formelle Trennung von seiner Frau GLADYS RICARDE SEAVERS.
Von 1921 bis 1925 war er Mitglied des Verwaltungsrates und Präsident der M. L. Biedermann & Co Bankaktiengesellschaft, durch die auch SCHUMPETER empfindliche finanzielle Einbußen in der so genannten Wiener Bankenkrise erfuhr. Erst Jahre danach ließ die Berufungskommission zur SOMBART-Nachfolge an der Wiener Universität ein Gutachten zu SCHUMPETERs Verhalten als Bankpräsident anfertigen.

Im Oktober 1925 kehrte SCHUMPETER in das akademische Leben zurück. So folgte er einem Ruf nach Bonn als Ordinarius für Finanzwissenschaften. Mit der Berufung nach Bonn erhielt SCHUMPETER gleichzeitig die deutsche Staatsbürgerschaft.
Noch im selben Jahr heiratete er ANNA JOSEFINA REISINGER. Die Ehe währte nur ein Jahr, denn am 3. August 1926 starb seine Frau im Kindbett.
Eine erneute Eheschließung mit ELIZABETH BOODY FIRUSKI wurde 1937 vollzogen.

1930 sagte SCHUMPETER seine Mitarbeit im Komitee für juristische Studienrefom des Preußischen Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung in Berlin zu.
Im September 1932 siedelte er nach Amerika über und übernahm dort eine Professur am Department of Economics der Harvard University. Es folgten weitere Jahre, in denen er als Gastprofessor an der Harvard University, Cambridge, Massachusetts lehrte. Im Anschluss an seinen Amerika-Aufenthalt absolvierte er auch mehrere Vortragsreisen in Japan sowie in Mexiko. Wieder in den USA, wurde er 1937 Mitbegründer der „Econometric Society“ und amtierte als Vizepräsident und später von 1940 bis 1941 als erster Präsident. SCHUMPETER übernahm 1950 neben seiner Lehrtätigkeit eine neue Aufgabe, als erster Präsident der neuen „International Economic Association“.

Am 8. Januar 1950 starb SCHUMPETER in seinem Sommerhaus Windy Hill in Taconic, Connecticut, in den frühen Morgenstunden während des Schlafes an einer Gehirnblutung. Auf dem Friedhof von Salisbury, Connecticut, wurde er bestattet.

Bedeutung

SCHUMPETER gilt als einer der Großen der Nationalökonomie (Volkswirtschaftslehre, Ökonomie) des 20. Jahrhunderts. Grundsätzlich forderte SCHUMPETER eine komplementäre Betrachtung ökonomischer Problemlagen durch theoretische, historische und quantitative Analysen. Für ihn war der risikobereite, innovative Unternehmer die Säule der ökonomischen Entwicklung; so wird er in Bezug auf die Einbeziehung der historischen Entwicklung in das ökonomische Denken mit KARL MARX verglichen. Beide meinen, dass es ein Überleben des Kapitalismus nicht geben werde. Dabei glaubte SCHUMPETER, der Kapitalismus werde nicht an seinen Mängeln, sondern an seinem Erfolg zugrunde gehen. Das Werk „Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie“ (1942) gilt als sein erfolgreichstes Buch.

Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH): "Joseph A. Schumpeter." In: Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH). URL: http://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/politikwirtschaft/artikel/joseph-schumpeter (Abgerufen: 20. May 2025, 16:53 UTC)

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Aufgaben des Gesundheitswesens

Unter Gesundheitspolitik versteht man alle Maßnahmen zur Gesundheitsversorgung der Bevölkerung, die sich auf

  • die Gesundheitsvorsorge,
  • die Krankheitsbehandlung und
  • die Krankheitsfolgen beziehen.

In ihrer jeweiligen organisatorischen, rechtlichen und finanziellen Ausformung, wie sie hauptsächlich durch die Krankenversicherungsgesetzgebung erfolgt, bestimmen sie die Struktur des Gesundheitswesens. Die Ziele der Gesundheitspolitik lassen sich nach drei Ebenen unterscheiden (Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. 4., völlig überarbeitete und aktualisierte Auflage, Bonn, 2000):

  • Auf der gesellschaftlichen Ebene steht das Solidaritätsprinzip im Vordergrund. Im Bedarfsfall soll jeder Bürger unabhängig von Einkommen und sozialem Status Anspruch auf die notwendige Gesundheitsversorgung haben.
     
  • Auf der medizinischen Ebene geht es um die bestmögliche Qualität der Gesundheitsversorgung unter Wahrung der menschlichen Würde und Freiheit.
     
  • Auf der ökonomischen Ebene geht es um die kostengünstige Versorgung mit Gütern und Diensten.

Alle drei Ebenen und die gesundheitspolitischen Ziele erfordern entsprechende Rahmenbedingungen und Strukturen.

Leitprinzip: Soziale Gerechtigkeit

Soziale Gerechtigkeit ist ein zentraler Grundwert und oberstes Ziel des Rechtsstaates und damit Teil des allgemeinen Gerechtigkeitsbegriffs: Als Ordnungs- und Verteilungsprinzip unterliegt soziale Gerechtigkeit ständigen Wandlungen und muss immer wieder neu bestätigt werden. Sie hat eine philosophische, politische und rechtliche Dimension.

In den vorbürgerlichen Herrschaftsverhältnissen bis zur Aufklärung existierte keine Rechtsgleichheit der Menschen. Gerechtigkeit war Besitzstandsgerechtigkeit. In der modernen bürgerlichen Gesellschaft steht Gerechtigkeit dagegen unter dem Vorzeichen der formellen Gleichheit aller Bürger (und heute auch Bürgerinnen) als Privateigentümer. Jeder Mensch kann für die gleiche Menge Geldes die gleiche Menge der gleichen Waren kaufen.

Der Sozialstaat kann nicht die Aufgabe haben, die soziale Gleichheit der Gesellschaftsmitglieder herzustellen. In der Bundesrepublik spricht man daher auch von „sozialer Gerechtigkeit“ als Leitprinzip sozialstaatlicher Tätigkeit, womit die Chancengleichheit in den Auf- und Abstiegsprozessen gemeint ist. Soziale Gerechtigkeit beeinflusst damit wesentlich das politische Verhalten in einem demokratischen Gemeinwesen.

Begriff und Bereiche der Sozialpolitik

Die Sozialpolitik behandelt ähnlich wie die Wirtschaftspolitik ein generelles Thema, das seit Gründung der ersten Sozialversicherung 1883 sehr viel umfangreicher und auf verschiedene Politikressorts verteilt wurde. Sozialpolitik reicht von der Politik der sozialen Sicherung über die Politik zum Schutz der Arbeitnehmer, der Betriebsverfassung und Mitbestimmung bis zur Gesundheits-, Wohnungs-, Familien- und Vermögenspolitik. Durch Sozialpolitik wird dem in der Wirtschaft vorherrschenden individuellen Erwerbsstreben die Idee der gesellschaftlichen Solidarität an die Seite gestellt. Sozialpolitik sieht sich deshalb denen verpflichtet, die im Wirtschaftsleben aus verschiedensten Gründen keinen Platz finden oder aber herausfallen und deshalb zu verarmen drohen.

Verstärkt seit den 1970er-Jahren kommt das Ziel hinzu, Sozialpolitik als Umverteilungspolitik zur Annäherung der individuellen Einkommen und Vermögen einzusetzen. Das rechte Maß einer Balance zwischen Chancen, Risiken und Belastungen von Individuen, Gruppen und Schichten zu finden (soziale Gerechtigkeit), erweist sich als ständige politische Aufgabe.

Sozialpolitik im Ländervergleich

Für den Begriff Sozialpolitik gibt es verschiedene Definitionen, resultierend aus zeitabhängig unterschiedlichen Zielen der Sozialpolitik, den Aktionsfeldern und ihrer wechselnden Vorrangigkeit sowie der jeweiligen Einstellung der Bürger zur Sozialpolitik.

„Als Sozialpolitik bezeichnet man alle Bestrebungen und Maßnahmen, die das Ziel haben, das Verhältnis der verschiedenen Gesellschaftsschichten untereinander und zum Staat zu beeinflussen. Durch die Sozialpolitik sollen Gegensätze und Spannungen innerhalb der Gesellschaft gemildert und beseitigt werden. Träger der Sozialpolitik ist in erster Linie der Staat mit seinen Unterverbänden (Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände) aber auch andere öffentlich-rechtliche Körperschaften (z. B. die Kirchen) und private Zusammenschlüsse wie Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Genossenschaften und sozialpolitische Vereine ... Als betriebliche Sozialpolitik bezeichnet man die sozialen Maßnahmen, die im einzelnen Betrieb zu Gunsten der Belegschaft getroffen werden.“
(Das Wissen des 20. Jahrhunderts, Bd. 5, S. 657, Verlag für Wissen und Bildung, Rheda 1961, 1965)

Unter Sozialpolitik versteht man gegenwärtig:

  • „Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der arbeitenden (auch der nichtarbeitsfähigen) Menschen, besonders der Schutz vor Not durch Krankheit, Alter, Erwerbslosigkeit; umfasst Arbeitsschutz und -verfassung, Entlohnung, Sozialversicherung u. a. Es gibt staatliche und betriebliche Sozialpolitik.“
    (Der Brockhaus in einem Band, 2003)
  • „Planung u. Durchführung staatlicher Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Verhältnisse der Bevölkerung; Gesellschaftspolitik.“
    (DUDEN – Das große Fremdwörterbuch, 2003)

Ludwig Wilhelm Erhard

* 04.02.1897 Fürth
† 05.05.1977 Bonn

LUDWIG ERHARD prägte vor allem in den 1950er-Jahren und Anfang der 1960er-Jahre das wirtschaftspolitische Leben der Bundesrepublik. Seine Absage an die Planwirtschaft und die Durchsetzung der Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft führten zu einem enormen wirtschaftlichen Aufschwung im Westen Deutschlands. Er gilt als der Vater des so genannten Wirtschaftswunders.

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