Jugend- und Auszubildendenvertretung

Die Errichtung und Wahl der Jugend- und Auszubildendenvertretung ist im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geregelt. Eine JAV ist zu wählen, wenn in einem Betrieb in der Regel mindestens 5 Wahlberechtigte beschäftigt sind. Wahlberechtigt sind sowohl alle Arbeitnehmer, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben als auch diejenigen, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt werden und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Allgemeine Aufgaben der Jugend- und Auszubildendenvertretung

Die JAV nimmt die Belange der Jugendlichen und der zu ihrer Berufsausbildung beschäftigten Arbeitnehmer/innen unter 25 Jahren wahr. Dabei hat sie den Kontakt zu den Jugendlichen und Auszubildenden zu pflegen, ohne jedoch den Betriebsrat hiervon ausschließen zu können.

Die allgemeinen Aufgaben umfassen alle Angelegenheiten sozialer, personeller oder wirtschaftlicher Art, die die von der JAV vertretenen Arbeitnehmer direkt oder indirekt berühren.

Sie begründen für die JAV einen eigenen Zuständigkeitsbereich. Der Betriebsrat unterstützt sie und vertritt die berechtigten Anliegen der JAV gegenüber dem Arbeitgeber. Die Umsetzung der allgemeinen Aufgaben erfolgt jedoch über den Betriebsrat, nicht durch unmittelbare Verhandlung der JAV mit dem Arbeitgeber.

Das BetrVG enthält einen Katalog allgemeiner Aufgaben und einen umfassenden Informationsanspruch der JAV. Eine JAV hat den von ihr vertretenen Arbeitnehmern dienende

  • Maßnahmen zu beantragen (Antragsrecht),
  • zu kontrollieren, ob Schutzvorschriften aller Art im Betrieb eingehalten werden (Überwachungsrecht),
  • Anregungen entgegenzunehmen und auf ihre Erledigung hinzuwirken (Anregungsrecht) und
  • die Integration ausländischer, von ihr vertretener Arbeitnehmer zu fördern.

Antragsrecht

Die JAV kann alle Maßnahmen beantragen, die den jugendlichen oder zu ihrer Ausbildung beschäftigten Arbeitnehmern des Betriebes dienen. Als Beispiele für mögliche Maßnahmen seien genannt:

  • alle Fragen der betrieblichen Berufsbildung
    – Gestaltung des Ausbildungsplanes,
    – Erstellung von Beurteilungsbögen, Person der Ausbilder,
    – Beschaffung von Ausbildungsmitteln,
    – Kritik an Ausbildern,
    – Verbesserung der Ausbildungsmethoden,
    – Schaffung von zusätzlichen Ausbildungsplätzen u. Ä.;
  • Vorschläge, die auf eine tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter bei den jugendlichen und den zu ihrer Ausbildung beschäftigten Arbeitnehmern/innen hinwirken;
  • Fragen der Übernahme der Azubis in ein Arbeitsverhältnis im Anschluss an ihre Ausbildung (welcher Arbeitsplatz, für welche Dauer etc.);
  • Fragen der Urlaubsregelung;
  • Fragen der Arbeitszeit;
  • Vorschläge, die die Integration der im Betrieb beschäftigten jugendlichen und zu ihrer Berufsausbildung tätigen ausländischen Arbeitnehmer unterstützen;
  • Einrichtung von Aufenthaltsräumen und anderen Sozialeinrichtungen.

Überwachungsrecht

Die JAV hat darüber zu wachen, dass die zugunsten der jugendlichen und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten geltenden Rechtsvorschriften eingehalten werden. Das Überwachungsrecht beinhaltet gleichzeitig eine Überwachungspflicht.

Hierbei ist z. B. zu denken an:
Stellt die JAV fest, dass geltende Rechtsvorschriften nicht durchgeführt oder beachtet werden, kann sie nicht selbst und direkt dem Arbeitgeber gegenüber auf Abhilfe hinwirken. Hierfür ist der BR zuständig, den die JAV zu diesem Zweck einzuschalten hat.

  • Berufsbildungsgesetz (BbiG), Jugendarbeitsschutzgesetz (JarbSchG), Krankenpflegegesetz (KrPflG);
  • Ausbildungsordnung, Ausbildungsrahmenplan;
  • Mantel- und Gehaltstarifvertrag etc.;
  • Betriebsvereinbarungen zur Arbeitszeit, zur Fahrkostenerstattung etc.;
  • Unfallverhütungsvorschriften.

Anregungsrecht

Jeder Jugendliche oder zu seiner Berufsausbildung beschäftigter Arbeitnehmer unter 25 Jahren ist berechtigt, sich während seiner Arbeits- oder Ausbildungszeit mit Anregungen an die JAV zu wenden. Die Arbeitnehmer können sich aussuchen, ob sie sich direkt bei dem Arbeitgeber beschweren, oder ob sie den Weg über die JAV und den Betriebsrat wählen. Die JAV ist verpflichtet, diese Anregungen entgegenzunehmen.

Unterrichtungsrecht

Damit die JAV ihre Aufgaben sachgerecht ausüben kann, ist sie vom Betriebsrat in dem hierfür erforderlichen Umfang gemäß rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Die Unterrichtung obliegt allein dem Betriebsrat. Ein Anspruch der JAV auf Unterrichtung durch den Arbeitgeber besteht nicht.

Auf Verlangen der JAV hat der Betriebsrat seine Unterrichtung durch die Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu ergänzen. Dazu muss die JAV die Zurverfügungstellung der Unterlagen beim Betriebsrat anfordern. Anders als bei dem Unterrichtungsrecht der JAV muss der Betriebsrat hier nicht von sich aus tätig werden. Die Unterlagen müssen zur Durchführung der Aufgaben der JAV erforderlich sein. Dies sind z. B.:

  • Ausbildungspläne,
  • Tarifverträge,
  • Rechtsvorschriften und Kommentare,
  • Untersuchungen zur Berufsausbildung,
  • Berichte der für Berufsausbildung zuständigen Ämter und Behörden,
  • Adresslisten,
  • Personalplanung etc.

Schutzbestimmungen

Das BetrVG schützt die Mitglieder der JAV auch vor Benachteiligung:
Gemäß § 78 BetrVG ist jede Handlung verboten, die begangen wird, um die JAV-Arbeit zu stören oder zu beeinträchtigen. Auch solche Handlungen sind verboten, die eine zwar unbeabsichtigte, aber trotzdem objektiv vorhandene Störung darstellen. Die Regelung untersagt weiterhin jede Handlung, durch die ein JAV-Mitglied wegen seiner JAV-Arbeit benachteiligt oder begünstigt wird. Eine Benachteiligung liegt immer dann vor, wenn das JAV-Mitglied im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern/innen schlechter gestellt wird, ohne dass dafür ein sachlicher Grund vorliegt. Allein die Tätigkeit in der JAV stellt keinen sachlichen Grund für eine Schlechterstellung dar.

  • § 78 BetrVG – Schutz vor Behinderung oder Störung der JAV-Tätigkeit und Schutz vor Benachteiligung von JAV-Mitgliedern,
  • § 78 a BetrVG – Schutz vor Nichtübernahme nach Ende der Ausbildung,
  • § 103 BetrVG – Erschwerung der außerordentlichen Kündigung eines JAV-Mitgliedes,
  • § 15 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) –- Schutz vor Kündigung eines JAV-Mitgliedes.

Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes im Jahr 2000

Die Änderungen aufgrund des Betriebsverfassungs-Reformgesetzes verfolgen das Ziel, das Amt der betrieblichen Interessenvertretung der jungen Arbeitnehmer attraktiv zu machen und die Effizienz der Arbeit der Jugend- und Auszubildendenvertretungen zu steigern. Deshalb wurde in Betrieben mit 5–50 bzw. 51–100 jugendlichen Arbeitnehmern im vereinfachten Wahlverfahren die Bildung einer JAV erleichtert. Durch die Absenkung der Grenzzahlen erhöht sich außerdem die Zahl der Mitglieder der JAV. Das dient ebenso der Entlastung der Mitglieder der JAV wie die ihr erstmals eingeräumte Möglichkeit der Bildung von Ausschüssen. Die erweiterte Zuständigkeit der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung für Betriebe ohne JAV verfolgt das Ziel, eine einheitliche Vertretung aller jugendlichen Arbeitnehmer zu erreichen. Durch die nunmehr mögliche Bildung einer Konzern-Jugend- und -Auszubildendenvertretung sollen die Interessen jugendlicher Arbeitnehmer bei einheitlichen Entscheidungen zur Berufsbildung auf der Ebene des Konzerns wahrgenommen werden.

Die wichtigsten Neuregelungen nach der Novellierung des BetrVG für JAVen sind:

Stärkung der JAVen durch:

  • ein vereinfachtes Wahlverfahren (§ 63 i.V.m. § 14a),
  • mehr JAV-Mitglieder (§ 62),
  • erleichterte Ausschussarbeit (§ 65),
  • Vertretung auch ohne örtliche JAV bei überbetrieblichen Belangen durch die GJAV (§ 73 i.V.m. § 50),
  • die Möglichkeit, eine KJAV zu bilden (§ 73a),
  • das Recht der JAVen, die Übernahme von Azubis zu beantragen (§ 70).

Die gesetzlichen Regelungen des BetrVG stellen lediglich einen Mindestrahmen für die JAV-Arbeit dar. Darüber hinaus sind weitergehende Absprachen mit dem Betriebsrat möglich.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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