NGOs in der Global-Governance-Architektur

Nichtregierungsorganisationen (NGO: Nongovernmental Organizations) sind wichtige Bausteine der Global-Governance-Architektur. Nach dem Verständnis der Vereinten Nationen werden mit dem Begriff NGO alle Organisationen erfasst, die keine Befugnis zu allgemein verbindlichen politischen Entscheidungen haben, also nicht über das Mandat zum Regieren verfügen. NGOs besitzen weder staatliche Machtmittel, noch sind sie staatlichen Eingriffen ausgesetzt. Im Gegensatz zu den Regierungen, die Politik realisieren, können NGOs nur Anstöße für die Interessen des Gemeinwohls geben, Warnungen aussprechen und Druck auf Entscheidungsprozesse ausüben, Beispiele dafür sind die Internationale Kampagne für das Verbot von Antipersonenminen und die Umsetzung der Ottawa-Konvention von 1997 durch alle Staaten.

Zunehmende Bedeutung der NGOs

Mit der beschleunigten Globalisierung haben die NGOs zunehmend an Bedeutung gewonnen. Das hängt mit den immer komplexeren Problemen und Strukturen der internationalen Politik sowie dem geringer werdenden Einfluss der Nationalstaaten auf die internationale Politik zusammen. National und international agierende NGOs erfahren dabei vor allem deshalb größere Bedeutung, weil sie

  • über hohe Sachkompetenz verfügen,
  • stark motiviert tätig sind und
  • durch ihre selbstlose Arbeit sowie kritische Einmischung hohe Akzeptanz in der Bevölkerung besitzen.
  • Hinzu kommt, dass viele NGOs oftmals effizienter und kostengünstiger arbeiten als staatliche Stellen.

NGOs leisten einen wichtigen Beitrag dazu, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Anliegen selbst in die Hand nehmen und Druck auf die Parlamente, die Regierungen und internationalen Organisationen ausüben.
Weltweit existieren mehrere zehntausend NGOs in Form von

  • Aktionsbündnissen,
  • Initiativgruppen,
  • Solidaritätskomitees,
  • Stiftungen und
  • Netzwerken

auf lokaler, nationaler, regionaler und internationaler Ebene. Ihr Spektrum ist breit gefächert und reicht von lokalen Umweltgruppen bis zu weltweit agierenden Organisationen wie „Amnesty International“ und „Greenpeace“ mit einem Jahresbudget von mehreren Millionen Euro.

Lösungsvorschläge aus den Reihen der NGOs werden verstärkt in die Arbeit überstaatlicher Organisationen eingebracht. Durch zunehmende weltweite Vernetzung infolge der modernen Informationstechniken und immer erfolgreichere Arbeit in Netzwerken haben diese Gruppen ihre Möglichkeiten als Dialogpartner deutlich erhöht. Solche Netzwerke sind ein wichtiger Bestandteil der sich herausbildenden Global-Governance-Strukturen. Das wird nicht nur von den Vereinten Nationen, sondern darüber hinaus auch von internationalen Institutionen wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank und der Welthandelskonferenz (WTO) sowie von Großunternehmen erkannt. Die Beiträge der NGOs haben die großen Weltkonferenzen des letzten Jahrzehnts maßgeblich mit beeinflusst.

Organisationstypen von NGOs

Es treten vor allem zwei unterschiedliche Organisationstypen auf:

1. Multinationale Netzwerke, die sich auf Probleme wie Menschenrechte, Umweltschutz, Entwicklungshilfe und Abrüstung konzentrieren. Dieser Typ von NGOs steht in der Traditionslinie älterer Gruppen, z. B. der 1823 in England gegründeten Gesellschaft gegen die Sklaverei, die im 19. Jahrhundert mit internationalen Kampagnen erfolgreich war. Die traditionellen Organisationen verwirklichen direkte Hilfsprogramme, verhandeln mit Entscheidungsträgern oder vermitteln zwischen Konfliktparteien. Die Aktivitäten von „Greenpeace“ und „Amnesty International“ richten sich dagegen vor allem an die Öffentlichkeit. Sie verfügen wie andere NGOs über ein professionelles Management, beschäftigen hunderte oder gar tausende ständige Mitarbeitende und organisieren sowohl praktische Aktionen als auch Lobby-Arbeit. Durch ihren professionellen Umgang mit den Medien sind sie sehr öffentlichkeitswirksam.

  • Menschenrechtsorganisationen wie „Amnesty International“, „Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV)“, „Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM)“;
  • Umweltorganisationen wie „Greenpeace”, „World Wildlife Fund for Nature (WWF)”, „Robin Wood”, „Friends of the Earth”;
  • Abrüstungsorganisationen wie „Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges - Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW)“, „International Campaign to Ban Landmines (ICBL)“;
  • humanitäre Organisationen wie das „Rote Kreuz“, „Handicap International“, „Action contre la Faim“, „Oxfam“, „Médecins du Monde“, „Médecins sans frontières“, „Caritas internationalis“.

2. Übernational organisierte Bewegungen gegen die neoliberale Globalisierung

Den sogenannten „Alternativen Globalisierern“ kommt es darauf an, Versäumnisse von Politik und Institutionen bei der Gestaltung des Globalisierungsprozesses zu benennen sowie die breite Öffentlichkeit zu Demonstrationen und Veranstaltungen zu mobilisieren. So gibt es gegenwärtig kaum ein internationales Treffen, zu dem nicht ein Gegenforum von NGOs abgehalten wird.

Seit den spektakulären Aktionen anlässlich der Welthandelskonferenz (WTO) 1998 in Seattle begleiten diese NGOs viele internationale Konferenzen (z. B. WTO-Konferenzen, Gipfel der G8-Staaten, Weltwirtschaftsforen) mit Gegenveranstaltungen, um eine kritische Öffentlichkeit herzustellen. Entscheidende Kristallisationspunkte dieser Organisationen sind das jährliche Weltsozialforum in Porto Alegre/Brasilien sowie nationale oder regionale Sozialforen, z. B. das Europäische Sozialforum in Florenz vom November 2002. Als Prototyp dieser sozialen und Bürgerbewegungen wird das 1998 in Frankreich gegründete Netzwerk „Attac“ angesehen.

Die Grenzen zwischen den beiden Organisationstypen sind allerdings fließend. So beteiligen sich Organisationen wie „Greenpeace“, „Amnesty International“ u. a. auch an bestimmten Aktionen der Globalisierungskritiker. „Greenpeace“ und „Amnesty International“ sind zentralisierte Organisationen, die von einer gut ausgebauten Zentrale mit einheitlichen Programmzielen gesteuert werden.

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