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Draußen vor der Tür

WOLFGANG BORCHERTs Hörspiel „Draußen vor der Tür“ (1947), das auch zum Theaterstück umgearbeitet worden war, gilt als prominentestes Beispiel der Trümmer- oder Kahlschlagsliteratur. Es ist nicht nur ein Stück, das die Hoffnungslosigkeit der Kriegsgeneration aufzeigen will, sondern auch Wege aus der Krise einer Zeit andeutet. Als Anti-Kriegsstück wird es bis heute auf den Bühnen der Welt gespielt.

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Werkgeschichte

Werkgeschichte: BORCHERT schrieb sein Hörspiel über einen Kriegsheimkehrer vermutlich im Januar 1947 innerhalb weniger Tage nieder. Der Autor selbst nannte sein Stück „Ein Mann kommt nach Deutschland”. Weiterhin vermutet wird, dass er sich von dem Antikriegsbuch „Stalingrad” (1945) von THEODOR PLIVIER (1892–1955) anregen ließ. Am 13. Februar 1947 erfolgte die Ursendung des Hörspiels „Draußen vor der Tür“ im Nordwestdeutschen Rundfunk.

Einen Tag nach BORCHERTs Tod, am 21.11.47 gelangte das Schauspiel an den Hamburger Kammerspielen unter der Regie von WOLFGANG LIEBENEINER zurUraufführung. Nachdem der Vorhang gefallen war, soll es eine Zeitlang vollkommen still im Zuschauerraum gewesen sein. Danach brauste ein stürmischer Beifall los. Diese Episode kennzeichnet den Dualismus von Betroffenheit und Begeisterung, mit dem das Stück bis heute aufgenommen wird.
„Draußen vor der Tür“ wurde ein sensationeller Erfolg. Der Autor selbst war allerdings bis zuletzt sehr skeptisch, was die Resonanz seines Werkes betrifft. So urteilte er:

„Ein Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will”.

Die Theaterfassung wurde an 16 großen Bühnen Deutschlands gespielt. 1949 drehte LIEBENEINER nach Motiven des Stückes den Film „Liebe 47”.

Inhalt des Stückes

Das Stück orientiert sich stilistisch an expressionistischen Ausdrucksformen. Eine Zusammenfassung des Inhaltes kann deshalb die gewaltigen Dimensionen des Stückes, die sich in sprachlichen Bildern, Figurensprache und Figurenrede aber auch an Kompositionsprinzipien ablesen lassen, nur begrenzt wiedergeben.
Der Soldat Beckmann kommt mit kaputtem Bein und furchtbaren Erinnerungen und Erfahrungen belastet aus dem Krieg zurück und sieht für sich keinen Neuanfang, denn er ist einer von denen, die „doch nicht nach Hause kommen, weil für sie kein Zuhause mehr da ist. Und ihr Zuhause ist dann draußen vor der Tür.“ Er will in St. Pauli von den Landungsbrücken ins Wasser springen, doch die Elbe spuckt ihn wieder aus:

„Lebe erst mal. Laß dich treten. Tritt wieder!“

Der (Anti-)Held fühlt sich verloren und verraten. Verloren, weil er keine Heimat mehr hat, verraten, weil er einer Ideologie folgte, die Millionen in den Tod riss, verraten auch, weil das Letzte, was ihn an Heimat erinnerte, seine Frau, neben einem anderen im Bett liegt. Wie also leben in einer zerstörten Stadt mit zerstörtem Bein und zerstörter Liebe? Beckmann will nicht mehr Beckmann sein, er sucht nach der Wahrheit und fragt nach seiner persönlichen Schuld und nach der Schuld der anderen Überlebenden des Krieges. Als ihn ein Mädchen mit nach Hause nimmt, weil er so traurige Augen hat, wird er mit seiner eigenen Schuld konfrontiert. Er ist im Begriff, einem anderen die Frau wegzuneghmen, einem, dem er als Unteroffizier im Krieg befohlen hatte, seinen „Posten unbedingt bis zuletzt“ zu halten und der jetzt als Beinamputierter vor ihm steht. Als seine Schuld sieht es Beckmann an, elf seiner Kameraden auf Weisung seines Vorgesetzten, eines Obersts, in den Tod geschickt zu haben. Darum besucht er den Oberst, um diesem die Verantwortung dafür zurückzugeben. Aber Beckmann wird ausgelacht und für verrückt erklärt.
In einem Kabarett versucht Beckmann zu vergessen und zu erinnern. Aber auch hier braucht ihn niemand. Der Kabarettdirektor hat nur Spott übrig für den Kriegsverlierer.
Auf der Suche nach seiner Vergangenheit sucht er die Wohnung seiner Eltern auf, doch die haben sich das Leben genommen, denn Beckmanns Vater stellt sich als Denunziant heraus, der jüdische Mitbürger an die Nazis verraten hat. Mit dieser Schuld konnten beide nicht mehr leben. Beckmann sieht sich als

„ein Gespenst. Eins von gestern, das heute keiner mehr sehen will. Ein Gespenst aus dem Krieg, für den Frieden provisorisch repariert.“

Niemand will Schuld sein an diesen zwölf Jahren Barbarei, allein ruft er:

„Wo ist denn der alte Mann, der sich Gott nennt? Warum redet er denn nicht!
Gebt doch Antwort!“

Niemand hört.

Interpretation

Die Figur des Beckmann steht für eine ganze Generation heimgekehrter Soldaten, die in der Nachkriegszeit orientierungslos umherirren, weil sie ihre Ideale verraten sahen und ihre Heimat zerstört vorfinden. Sie haben ihre Illusionen über das Phänomen Leben verloren, haben keine Hoffnung mehr in die Zukunft. Der Krieg hat ihre Seelen zerstört. Den äußeren Trümmern der Häuser entspricht das zertrümmerte Innenleben der Figur Beckmann.

Kompositorisches Merkmal

Kompositorisch drückt sich diese Dialektik von innerer und äußerer Trümmerwelt in kurzen Szenen teilweise absurden Inhalts aus.
Die Figuren teilen sich in Traumfiguren (fiktive Figuren) und reale Figuren. Die Traumfiguren sind als Mittel geeignet, die Innenwelt Beckmanns zu beleuchten und dem Zuschauer den Schimmer Hoffnung erblicken zu lassen, den die Figur noch in sich trägt trotz aller appellativen Selbstzerstörungswut. Zum anderen verdeutlichen die Traumfiguren das Nicht-Sichtbare der äußeren Trümmerwelt (die Elbe).
Als quasi hoffnungsvolles Gegenbild erscheint die Figur der Elbe, in deren Wasser so viele Hoffnungslose gestorben sind. Wasser aber bedeutet Leben. Und so verkörpert die Elbe Ende und Anfang eines Prozesses der „Wieder-Mensch-Werdung“ nach dem Zweiten Weltkrieg. Dazu aber gehört, dass der Einzelne sich zu seiner Schuld bekennen muss, um weiterleben zu können. Dazu erfindet der Autor ein „Alter Ego“ des Anti-Helden, den er schlicht der Andere nennt. Dieser provoziert Beckmann immer wieder ins Leben zurück, wenn der seinen Weg in den Tod nehmen will. Der Andere ist der Figur der Elbe verwandt, teilt mit ihr die Lebensbejahung. Aber der Andere steht auch für die Sühne von Schuld und für das Streben nach Entsühnung: „Komm, Beckmann. Wir wollen die Straße weitergehen. Wir wollen einen Mann besuchen. Und dem gibst du ... (die Verantwortung) zurück.“

Schuldfrage

Beckmann, der einen Befehl ausgeführt hat, ist subjektiv schuldig geworden in diesem Krieg. Die eigentlich Schuldigen aber waren Befehlsgeber wie der Oberst, der das Halten einer Stellung bis zum letzten Mann befohlen hatte. Doch diese Befehlsgeber haben ein reines Gewissen, fühlen keine Schuld. Gegen solche Haltungen wendet sich der Autor BORCHERT: Nicht der einzelne Soldat ist schuldig, sondern eine Gesellschaft, die ihn zum Soldaten gemacht und in den Krieg getrieben hat. „Wir sind doch Deutsche. Wir wollen doch lieber bei unserer guten deutschen Wahrheit bleiben“, entgegnet der Oberst auf die Anklage Beckmanns. Er hat seine menschenverachtende Haltung nicht abgelegt, gehört zu den Gewinnern des Krieges: Damit korrelliert der Oberst zu den Figuren des Beerdigungsunternehmers, der angesichts des Selbstmordversuchs Beckmanns äußert: „Ein Mensch stirbt. Und? Nichts weiter.“

Das Geschäft des Beerdigungsunternehmers ist der Tod und somit repräsentiert er ihn symbolisch. Tod und Krieg gehen eine unfruchtbare Mesalliance ein, die der Lebensbejahung der Traumfiguren entgegen gesetzt wird. In diesem Sinne ist „Draußen vor der Tür“ ein typischesAnti-Kriegsstück.

Ausblick

Der Autor ist mit seiner Figur Beckmann nicht identisch. Während Beckmann an seiner Hoffnungslosigkeit scheitert, stirbt BORCHERT an einer verschleppten Gelbsucht.

Die Ankunft in den Trümmern wird von ihm auch als ein Weg zu einer neuen, menschenfreundlicheren Moral gedeutet, in der die Idee des Krieges nicht mehr vorkommt, stattdessen das glückhafte Sein eines friedliebenden Menschen.

Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH): "Draußen vor der Tür." In: Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH). URL: http://www.lernhelfer.de/index.php/schuelerlexikon/deutsch-abitur/artikel/draussen-vor-der-tuer (Abgerufen: 15. June 2025, 01:08 UTC)

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