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Musik als Industrie

Musik ist nicht nur eine Kunst, sondern sie ist im Verlauf des 19. Jh. auch zu einer Industrie geworden. Der industrielle Prozess, der sich mit der Produktion und dem Vertrieb von Notendrucken und später Tonträgern auf industrieller Grundlage herausbildete, steht nicht etwa neben der Musik, sondern diese wird in zunehmendem Maße zum Resultat dieses Prozesses. Die Musik ist der Musikindustrie nicht etwa vorausgesetzt, sondern vielmehr zu deren Produkt geworden.

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In dem Maße, wie die Musikentwicklung im Verlauf des 19. und 20. Jh. von den industriell gefertigten Verbreitungs- und Übertragungsmedien (Notendruck, Tonträger, Rundfunk) abhängig wird, in dem Maße wird sie selbst zum Produkt des Industrieprozesses – obwohl sich das Musizieren oder Komponieren natürlich nach wie vor als individuelle künstlerische Äußerung vollzieht. Doch von Randbereichen abgesehen (die avantgardistischen Formen der Neuen Musik), ordnet sich der industrielle Apparat dieser individuellen Äußerung soweit unter, dass außerhalb seiner Produktions-, Verbreitungs- und Wirkungsmechanismen vielleicht noch Projekte und Ideen für Musik existieren, mehr aber nicht (von der genannten Ausnahme abgesehen). Entgegen dem weitverbreiteten Musikervorurteil, wonach sich die Musikindustrie erst nachträglich immer schon vorhandener Musik bedient und diese dann kommerziell vermarktet, schafft die Musikindustrie vielmehr Bedingungen und Zusammenhänge, die nur noch Musik entstehen lassen, die prinzipiell kommerziell vermarktbar ist, mit welchem Erfolg auch immer. So entsteht Musik heute nahezu ausnahmslos mit Blick auf den Tonträger und ist allein schon deshalb in den musikindustriellen Zusammenhang eingebunden, zu einem Industrieprodukt geworden. Das Musizieren fungiert hier als Teil eines industriellen Fertigungsvorgangs.

  • Musik ist zum Produkt der Musikindustrie geworden.

    Michael Unger, Königs Wusterhausen

Musik wird Industrie

Voraussetzung für die Einführung industrieller anstelle der alten handwerklichen Fertigungstechniken in den Musikprozess war 1801 die Erfindung der Lithografie, des Steindruckverfahrens, von ALOIS SENEFELEDER (1771–1834), denn erst auf dieser Grundlage wurde es möglich, Notendrucke in Massenauflagen herzustellen und damit den Musikprozess zu kapitalisieren. Die alten Handwerkstechniken des Notenstichs erlaubten nur eine sehr begrenzte Zahl von einigen Dutzend Abzügen, dann wurde das Notenbild zunehmend verschwommen. Das neue Steindruckverfahren, mehr noch der hiervon abgeleitete Offset-Druck, erlaubten es, von einer Vorlage eine nahezu unbegrenzte Zahl von Kopien herzustellen. Im ersten Drittel des 19. Jh. hielt dann die Dampf betriebene Notenschnelldruckpresse Einzug in die Herstellung von Musikalien. Die Erfindung des Phonographen durch THOMAS A. EDISON (1847–1931) führte schließlich binnen weniger Jahre zur Entfaltung eines industriellen Gesamtzusammenhangs, in dem sich die Entwicklung von Musik fortan vollzog.

Das betraf naturgemäß zuerst die populären Musikformen, die schon im Verlauf des 19. Jh. auf eine Massenbasis gestellt wurden, die historisch ohne Beispiel war, blieb aber keineswegs auf diese Musikformen beschränkt. Im Gegenteil – die Schallplattenindustrie erreichte ihre ersten spektakulären Verkaufserfolge Anfang des 20. Jh. mit Opernarien und Einspielungen klassischer Musik.

Bis zum Ende des 19. Jh. war die Überschreitung der Millionengrenzen bei der Auflage von Notendrucken bereits zum Industriestandard geworden. Von der sich entwickelnden Tonträgerindustrie wurden solche Zahlen jedoch rasch in den Schatten gestellt.

  • So entstanden zwischen 1898 und 1921 allein bei der „US Gramophone Company“, die EMILE BERLINERs (1851–1929) Schallplattenpatente vermarktete, mehr als 200 000 verschiedene Musikaufnahmen mit einer Gesamtauflage von mehr als 600 000 Mio. Exemplaren.
     
  • Die 1901 gegründete US-Plattenfirma „Victor Talking Machine Co.“ errreichte schon 1903 einen jährlichen Absatz von zwei Millionen Schallplatten, 1915 waren es 13,6 Mio.
     
  • In diesem Jahr wurden allein auf dem US-Markt bereits 60 Mio. Tonträger verkauft.

In den 1920er-Jahren erreichte die Tonträgerproduktion weltweit bereits eine jährliche Größenordnung von mehreren hundert Millionen verkauften Einheiten. Ende der 1920er-Jahre wurden jährlich folgende Mengen an Tonträgern verkauft:

  • in den USA 150 Mio. Exemplare,
  • in Deutschland 30 Mio. Exemplare,
  • in England 59 Mio. Exemplare,
  • in Schweden 3,0 Mio. Exemplare,
  • in Südafrika 2,3 Mio. Exemplare,
  • in Columbien 1,3 Mio. Exemplare,
  • in Indonesien (damals Dänisch-Ostindien) 2,3 Mio. Exemplare usw.

Bereits zu diesem Zeitpunkt war die Musikkultur flächendeckend durch den Tonträger und damit durch die Musikindustrie erfasst. Es gab es faktisch keinen Musikbereich mehr – von der Kirchenmusik bis zur Konzertmusik, von der Oper bis zum Musical, von der Tanzmusik bis zur Volksmusik, von der europäischen bis zur außereuropäischen Musik –, der nicht von der Schallplatte und damit von der Logik eines Industrieprodukts durchdrungen gewesen wäre.

Musik als Industrieprodukt

Sehr früh erfasste diese Logik den Musikprozess selbst und führte zu Musikformen, die es nur durch die Musikindustrie gab. FREDERICK WILLIAM GAISBERG (1873–1951) – als Ingenieur und Manager der erste namhaft gewordene Musikproduzent in der Geschichte der Tonträgerindustrie – zog nicht nur ab 1898 für die Londoner Filiale der amerikanischen „Gramophone Company“ mit einem transportablen Aufnahmegerät durch die Welt, um auf Wachsmatrizen zu bannen, was immer dem neuen Medium angemessen schien. Er errichtete nach eigenem Zeugnis auch sogenannte „training centres“, in denen er talentierte Sänger Material entwickeln und einstudieren ließ, das den Aufnahmeprozeduren optimal angepasst war. Pro Jahr sollen so schon kurz nach der Jahrhundertwende zwei- bis dreitausend „Grammofonlieder“ zusammengekommen sein.

Fortan begannen Musiker sich an dem zu orientieren, was auf dem Tonträgermarkt Absatz fand und ihre Musik so zu modifizieren, dass sie den Möglichkeiten des Tonträgers entsprach, sich die Erfolgsaussichten auf dem Tonträgermarkt erhöhten. Mit Ragtime, Swing oder Rhythmus & Blues entstanden nun nicht nur Musikformen, die in Instrumentation, Spielweise und Arrangement auf die neuen technischen Verbreitungsmöglichkeiten hin angelegt waren, auch die großen Werke des klassischen Erbes wurden nun – wie etwa LUDWIG VAN BEETHOVENs (1770—1827) neun Sinfonien in der Einspielung unter Leitung von ARTURO TOSCANINI (1867–1957) aus den 1930er-Jahren – auf eine neue Weise zu Gehör gebracht.

Integration von Musikverlagen, Plattenfirmen und Rundfunk

Mit dem Aufkommen des Rundfunks (der in den USA 1920 in Pittsburgh, Pennsylvania, in Deutschland mit der Eröffnung des „Deutschen Unterhaltungsrundfunks“ am 29.10.1923 in Berlin seinen regelmäßigen Betrieb aufnahm) begann ein bis heute andauernder Integrationsprozess innerhalb der Musikindustrie.

Unter dem Druck der Konkurrenz durch das Radio, das Musik beim damaligen Stand der Technik nicht nur in wesentlich besserer Qualität ins heimische Wohnzimmer lieferte, sondern auch viel billiger, begann 1925 die US-Plattenfirma „Victor Talking Machine Company“, dem Rundfunk Tonträger zur begrenzten Verwendung in deren Programm zu überlassen und dabei auf den kostenfreien Werbeeffekt der Ausstrahlung zu setzen. Obwohl es noch gut ein Jahrzehnt dauerte, bis der Anteil der auf Tonträgern verfügbar gemachten Musik gegenüber dem Live-Anteil im Rundfunk zu überwiegen begann, war der sich anbahnenden Allianz aus Rundfunk und Plattenfirmen der Weg gewiesen. Als 1929 die „Victor Talking Machine Company“ unter das Dach der schon 1919 zur gemeinsamen Verwertung der entsprechenden Patente im Rundfunkbereich von „General Electric“, „Westinghouse“ und „AT&T“ gegründeten „Radio Corporation of America“ geriet (wo sie bis 1986 als „RCA Victor“ firmierte, heute Bestandteil der Bertelsmann Music Group), war diese Allianz schließlich auch institutionell vollzogen.

Fortan vollzog sich die Musikentwicklung im direkten Verbund von

  • Musikverlagen, die die an Musik gebundenen Rechte verwalten,
  • Tonträgerfirmen, die Musik in klingender Form produzieren, und
  • dem Rundfunk, der der Musik das Publikum organisiert und strukturiert.

Das Produkt Musik ist Ausdruck eines hochgradig integrierten Industrieverbundes. Auch wenn die institutionellen Formen sich verändert haben, in denen diese Triade funktioniert, das Musikfernsehen neben das Radio getreten ist, das Internet hinzugekommen ist und sich die Firmenstrukturen immer wieder ändern – im Kern ist es bis heute bei dieser triadischen Form des musikindustriellen Prozesses geblieben. Nur die Dimensionen haben sich drastisch vergrößert.

Im Jahre 2004 wurden weltweit 2,8 Mrd. Tonträger (Vinyl, MC, CD, DVD, SACD, MiniDisc) abgesetzt, in Deutschland 178,5 Mio. Exemplare, davon:

  • 133,1 Mio. CD
  • 21,3 Mio. Single
  • 11,9 Mio. MC
  • 0,8 Mio. Vinyl-LP
  • 0,3 Mio. SACD
  • 10,1 Mio. DVD
  • 1,0 Mio. VHS-Musikvideo,

in denen sich die Gesamtheit der Musik aus Vergangenheit und Gegenwart darstellt.

Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH): "Musik als Industrie." In: Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH). URL: http://www.lernhelfer.de/index.php/schuelerlexikon/musik/artikel/musik-als-industrie (Abgerufen: 05. June 2025, 09:55 UTC)

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