Gentherapie
Eine neue Methode zur Behandlung genetisch bedingter Krankheiten ist die Gentherapie. Hierbei werden „gesunde“ Gene in das Erbgut der Patienten übertragen, um den Funktionsausfall defekter Gene zu kompensieren und somit die Krankheit zu heilen. Mithilfe der Gentherapie können bestimmte genetische Defekte behandelt werden. Dabei liegt ein genetischer Defekt vor, wenn bei einem Lebewesen ein Gen fehlt, defekt ist oder die beabsichtigte Funktion nicht erfüllt. Bei einer Gentherapie werden dem Körper einige Zellen entnommen. Diese Zellen erhalten das neue (therapeutische) Gen und werden danach wieder in den Körper eingebracht. Das Ziel einer Gentherapie besteht darin, in die genetische Information einer Körperzelle Erbsubstanz künstlich einzuschleusen. Für den ungezielten Transfer gibt es verschiedene Methoden (Vektoren), um ein therapeutisches Gen in eine Zelle zu transportieren. Im engeren Sinn wird dieser Ansatz auch als somatische Gentherapie bezeichnet (vom griechischen „Soma“ für Körper). Das veränderte Erbmaterial bleibt dabei auf das Gewebe oder den Körper des behandelten Menschen beschränkt, im Gegensatz zu einer in Deutschland als sogenannte „Keimbahntherapie“ nicht erlaubten Veränderung an Ei- oder Samenzellen, die weitervererbt werden könnte.
Bei der somatischen Gentherapie gelangen die intakten Erbanlagen nur in Körperzellen. Die neuen Erbanlagen könnten allerdings auch in Keimzellen eingefügt werden. Diese sogenannte Keimbahntherapie ist in Deutschland unter ethischen Aspekten und aus Sicherheitsgründen gesetzlich verboten, weil fehlerhafte genetische Veränderungen entstehen und vererbt wedren können. Die Gentherapie befindet sich noch in den Anfängen ihrer Entwicklung. Zahlreiche methodische Probleme müssen noch überwunden werden. Aus noch nicht verstandenen Gründen bleiben beispielsweise übertragene Gene „still“ oder werden im Genom nach einiger Zeit inaktiviert, sodass die Therapie wiederholt werden muss.
Für die weitere Erforschung der Gentherapie eignet sich die Leber als Organ gut (Bild 1). Von ihr lassen sich problemlos Zellen isolieren, in Nährlösungen kultivieren und in den Körper zurückübertragen. Außerdem werden besonders viele Stoffwechselerkrankungen durch Fehlfunktionen dieses Organs verursacht.
Die familiäre Hypercholesterinämie ist eine dieser Krankheiten. Sie beruht auf dem Mangel bzw. dem Fehlen von Rezeptoren auf Leberzellen, die an der Aufnahme bestimmter Cholesterine beteiligt sind. Dadurch haben die Patienten einen extrem hohen Cholesterinspiegel, was schon vor dem zwanzigsten Lebensjahr zu Arteriosklerose und Herzinfarkt führen kann. Bei dieser Therapie werden außerhalb des Organismus mithilfe von Viren die „gesunden“ Gene in Leberzellen eingefügt. Die transgenen Zellen siedeln sich nach erfolgter Infusion in der Leber an und synthetisieren den Rezeptor. Der Cholesterinspiegel sinkt. In ersten Versuchen dazu sank der Spiegel allerdings nur gering und die übertragenen Gene verloren nach einiger Zeit ihre Aktivität. Die Therapiestrategie scheint dennoch im Prinzip richtig.
Für eine Gentherapie geeignete Krankheiten sind z. B. Erbkrankheiten wie Mukoviszidose, Hämophilie, Phenylketonurie und nichterbliche Krankheiten wie Alzheimer-Krankheit, Parkinson-Krankheit, rheumatische Erkrankungen und AIDS. Die Gentherapie bei Mukoviszidose kann direkt in der Lunge durchgeführt werden.
Neben der Gentherapie gewinnt die Gendiagnostik immer mehr an Bedeutung.
-
Renate Diener