BSE

BSE (Bovine Spongiforme Encephalopathie) ist eine Abkürzung für eine schwammartige Gehirnerkrankung (Rückbildung von Gehirnsubstanz) bei Rindern, die in der Umgangssprache auch als „Rinderwahnsinn“ bezeichnet wird. BSE und verwandte Krankheiten gehören zur Gruppe der sogenannten „langsamen Virusinfektionen“. Diese Klassifizierung stammt noch aus einer Zeit, da man Prionen als mögliche Ursache dieser Gehirnerkrankungen nicht kannte und damit Viren als Auslöser im Verdacht hatte. Die sehr langen Inkubationszeiten (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit) stellten von Anfang an ein gemeinsames Merkmal dar. Heute weiß man, dass zu diesen Krankheiten, die wahrscheinlich durch Prionen verursacht werden, vier verschiedene Krankheitsbilder gehören, die uns Menschen betreffen.

Dazu gehören:

  • die CREUTZFELDT-JAKOB-Krankheit,
  • die GERSTMANN-STRÄUSSLER-SCHEINKER-Krankheit,
  • die tödliche familiäre Insomnie und
  • die Erkrankung Kuru.

Bei Kuru handelt es sich um eine auf den sogenannten Fore-Stamm begrenzte Erkrankung. Die Mitglieder dieses auf Papua-Neuguinea beheimateten Stammes essen als Zeichen des Respekts das Gehirn verstorbener Verwandter. Durch diese Sitte griff die Krankheit sehr schnell um sich, da Gehirn zu den infektiösesten Geweben gerechnet wird. Vor über 40 Jahren wurde der Verzehr von Menschenhirn schließlich verboten, was die Zahl der Todesopfer drastisch sinken ließ.

Andere Prionen-Erkrankungen sind:

  • BSE bei Rindern (auch „mad cow disease“),
  • Scrapie bei Schafen und
  • die chronic wasting disease bei Rotwild und Elchen.

Über die letztgenannte Krankheit macht man sich vor allem in Nordamerika Gedanken, da sie dort einen hohen Verbreitungsgrad unter den betroffenen Tierarten besitzt. Scrapie dagegen ist im Wesentlichen auf Europa und dort auf die Länder England, Portugal und Frankreich beschränkt. Über die Verbreitung von BSE kann derzeit nur spekuliert werden, da z. B. südamerikanische Schlachtrinder nicht auf BSE untersucht werden, und jeder erinnert sich noch sehr gut daran, dass Deutschland über einen langen Zeitraum als BSE-frei galt, bevor man anfing zu testen.

Die CREUTZFELDT-JAKOB-Krankheit

Bei der CREUTZFELDT-JAKOB-Krankheit (CJK) handelt es sich um eine seltene in jedem Fall tödlich degenerative Erkrankung des zentralen Nervensystems. Die Häufigkeit beschränkt sich derzeit auf ca. 1 Person unter einer Million, obwohl bestimmte Bevölkerungsgruppen, wie z. B. libysche Juden, eine erhöhte Wahrscheinlichkeit der Erkrankung zeigen. Die Krankheit bricht in der Regel zwischen dem 40. und 70. Lebensjahr aus und ist auf Männer und Frauen gleich verteilt. Die ersten Symptome sind gekennzeichnet durch psychische und motorische Veränderungen (Gleichgewichtsstörungen). Einige Wochen oder Monate später kommt es zu einem starken geistigen Verfall, der von abnormen körperlichen Bewegungen begleitet ist. Der Tod tritt erfahrungsgemäß etwa ein Jahr nach Beobachtung der ersten Symptome auf.

Diese Krankheit wurde erstmals 1920 durch die beiden deutschen Ärzte HANS-GERHARD CREUTZFELDT (1885–1964) und ALFONS JAKOB (1884–1931) beschrieben. Sie gehört auch zu den im vorigen Abschnitt angesprochenen übertragbaren, schwammartigen Gehirnerkrankungen, die durch Prionen übertragen werden können. In der Mehrzahl der bisher bekannten Fälle (80–90 %) werden jedoch eher zufällige Mutationen als mögliche Ursache in Betracht gezogen. Die restlichen 10–20 % zeigen eine eher familiäre Häufung, was auf eine dominant vererbte Veränderung im genetischen Code hinweist. Eine mögliche Ansteckung durch erkrankte Personen bleibt auf wenige hypothetische Varianten beschränkt (z. B. Hornhautverpflanzung von „Erkrankten“ auf „Gesunde“; über Wachstumshormon).

Die bisher beschriebene CREUTZFELDT-JAKOB-Erkrankung (engl. CJD, CREUTZFELDT-JAKOB desease) muss jedoch von der neuen Variante der CJD (vCJD) unterschieden werden. Die Symptome und pathologischen Veränderungen sind zwar mit der zuvor beschriebenen Variante identisch, aber die mögliche Infektionsursache, z. B. Verzehr von BSE-infizierten Rinderprodukten, ist grundsätzlich verschieden. Eine denkbare vCJD-Epidemie kann aufgrund mangelnder statistischer Daten zurzeit weder bestätigt noch ausgeschlossen werden. In Großbritannien rechnen Epidemiologen mit einer möglichen Zahl von 80 000 Opfern. Bisher konnte in 88 Fällen eine vCJD-Erkrankung als Todesursache bestätigt werden. Die Dunkelziffer dürfte jedoch weitaus höher liegen, da gerade bei älteren Patienten eine deutliche Unterscheidung der Symptome im Vergleich zu anderen Gehirnerkrankungen, wie z. B. ALZHEIMER oder PARKINSON, nur schwer möglich sein dürfte. Die meisten der Opfer haben sich vermutlich vor 1990 angesteckt, da zu dieser Zeit ein absolut sorgloser Umgang mit infiziertem Rindfleisch erfolgte. In Deutschland gibt es nach Aussage von Wissenschaftlern bisher keine vCJD-Opfer und auch keine Zunahme der Zahl von gewöhnlichen CJD-Opfern.

Eine in der Presse immer wieder diskutierte Annahme, dass etwa zwei Drittel aller Menschen gegen vCJD immun sind, ist wahrscheinlich falsch. Zu dieser Schlussfolgerung kamen Wissenschaftler bei der Untersuchung des Erbgutes von Kuru-Todesopfern. Eine Untersuchung der letzten elf Opfer ergab, dass sie allesamt die Form des Erbgutes besaßen, welches einen bestmöglichen Schutz vor vCJD bieten sollte. Vielmehr folgert man daraus, das diese Menschen nicht immun waren, die Krankheit bei ihnen jedoch länger brauchte, um auszubrechen.

Prion-Proteine (PrP)

Prion- Proteine oder kurz Prionen sind normale körpereigene Proteine deren genaue Funktion noch nicht abschließend geklärt ist. Experimente haben aber gezeigt, dass sie für das Überleben von Nervenzellen notwendig sind. Prionen sind nach krankhafter Veränderung die Ursache für Erkrankungen wie BSE bei Rindern, Traberkrankheit (Scrapie) bei Schafen und der CREUTZFELDT-JAKOB-Krankheit bei Menschen.

Werden „normale“ Prionen in eine krank machende Form umgefaltet, kommt es zu einer schwammartigen Zersetzung des Gehirns. Der Zelltod bei Prionen-Erkrankungen lässt sich dann teilweise auch damit erklären, dass in den befallenen Zellen die schützenden, normalen Prionen verschwinden. Möglicherweise sind die veränderten Prionen selbst an der Umfaltung beteiligt, d. h., sie selbst sind die Erreger der Krankheit. Dadurch wird eine Kettenreaktion in Gang gesetzt, die noch kein Medikament aufhalten kann. Neueste Ergebnisse zeigen, dass zur Umfaltung Kupferionen notwendig sind. Andere Forscher dagegen haben Viren als Überträger in Verdacht. In jedem Fall kann es Jahre oder auch Jahrzehnte dauern, bis die krankhaft veränderten Prionen die Oberhand gewinnen. Durch die neue räumliche Struktur sind die Prionen für die körpereigenen Enzyme des Stoffwechsels nicht mehr abbaubar. Dadurch kommt es zur sogenannten Plaquebildung, in deren Folge die betroffenen Nervenzellen im Gehirn absterben. In dieser Phase kommt es dann zu einem fortschreitenden geistigen Verfall des Betreffenden, da sich das Gehirn schwammartig (sponge: engl. Schwamm) auflöst.

Prionen haben bis zur heutigen Zeit einen revolutionären Ruf in der Biologie. Da es sich bei ihnen „nur“ um Proteine handelt, war es nach herrschender Lehrmeinung unmöglich, dass sie die Fähigkeit besitzen, Informationen auf die nächste Generation weiterzugeben. Diese Gabe wurde nur den Nucleinsäuren zuerkannt. Die mutige Hypothese von „vermehrungsfähigen“ Proteinen wurde erstmals durch STANLEY B. PRUSINER vertreten und 1997 mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet.

Mögliche Ursachen von BSE

Bisher war man davon ausgegangen, dass der BSE-Erreger durch eine nicht sachgerechte Herstellung von Tiermehl entstand und durch dessen Verfütterung verbreitet wurde. Zum Leidwesen aller haben BSE-Forscher nun diese bislang wichtigsten Theorien zur Entstehung und Übertragung von BSE umgestoßen.

In den 1970er-Jahren wurde das Verfahren zur Herstellung von Tiermehl (Futtermehl) verändert. Mit der Scrapie-Krankheit infizierte Schafe wurden bei zu geringer Temperatur zu Tiermehl verarbeitet. Durch die Verfütterung dieses Tiermehls kam es dann zum Ausbruch von BSE bei Rindern. Da die billigeren Niedrig-Temperatur-Verfahren auch außerhalb Englands angewendet wurden, hätten dort auch BSE-Infektionen auftreten müssen. Die Krankheit blieb aber eine nur auf England beschränkte Erscheinung. Außerdem war auffällig, dass die Prionen aller untersuchten BSE-Fälle genetisch absolut identisch sind. Diese Tatsache spricht für eine genetische Mutation der Prionen und eine anschließende Verbreitung dieser jetzt krankmachenden Prionen durch das Futtermehl. Das Wirtstier dieser ursächlichen genetischen Mutation ist bisher noch unbekannt. Damit können aber auch alle andern mit diesem Futtermehl gefütterten Tiere infiziert worden sein und kämen somit als potenzielle Überträger von BSE infrage. Die Liste der möglichen Tierarten reicht von Schweinen, Hühnern und Fischen bis zu Schafen.

Im Laborversuch ist es gelungen, ein Schaf mit BSE-Erregern zu infizieren. Diese „BSE-Erkrankung“ bei Schafen ist deshalb besonders heimtückisch, da sie mit der für den Menschen ungefährlichen Scrapie-Krankheit verwechselt werden kann.

Zudem könnten Prionen in jeder infizierten Tierart auch unterschiedliche Übertragungswege haben. Es wäre damit möglich, dass sich der BSE-Erreger trotz des Verbotes der Verfütterung von Tiermehl weiterverbreitet. Erste Hinweise dafür gibt es bereits. In verschiedenen Ländern erkranken immer wieder Rinder an BSE, obwohl keinerlei Tiermehl verfüttert wurde.

Für den Menschen gibt es eine Vielzahl denkbarer Infektionsmöglichkeiten. Wenn auch das Rindfleisch an sich unbedenklich sein soll, wie verhält es sich denn mit den Folgeprodukten, die aus Rinderteilen verschiedenster Art hergestellt wurden oder werden? Wird in einem Schlachtbetrieb ein Rind zerlegt, könnte z. B. das Rückenmark (unter Umständen hochinfektiös) auf das Bratfleisch gelangen und dort haften bleiben. Oder aber bestimmte Medikamente, die von Rind, Schaf oder Ziege stammen, wie z. B. Insulin, Antikörper, Frischzellen, Kollagen, Heparin, Rindergelatine, Nahtmaterial, Milchzucker, Wollfett, aber auch Kosmetikprodukte, die Elastin, Glykogen, Thymus-, Placenta- oder Milzextrakt enthalten. Eine BSE-Übertragung durch Blut scheint allerdings sehr unwahrscheinlich, auch Milch und Käse scheinen unbedenklich zu sein.

BSE-Krankheitsbild

Die ersten Symptome von BSE treten meist vier bis sechs Jahre nach der Infektion auf. Natürlich sind auch Fälle bekannt, wo sich die ersten Krankheitssymptome früher oder später zeigten. Folgende Symptome können in unterschiedlicher Ausprägung (in Abhängigkeit von der betroffenen Gehirnregion) auftreten:

  • Angstreaktion bei Berührung der Tiere,
  • aggressives Verhalten,
  • Zähneknirschen,
  • häufiges Belecken von Nase und Flanken,
  • atypische Haltung von Kopf und Ohren,
  • starkes Zittern,
  • Bewegungsstörungen der Hinterbeine,
  • Tiere fallen immer häufiger hin und
  • Lähmungserscheinungen.

BSE und Verbraucherschutz

Wenn sich Naturwissenschaftler nach ihrer über tausendjährigen Geschichte über eines absolut sicher sind, dann über die Erkenntnis, das keine Erkenntnis ganz sicher ist. Kluge Wissenschaftler meiden deshalb die Begriffe „sicher“, „eindeutig“ und „zweifelsfrei“ wie der Teufel das Weihwasser und üben sich stattdessen in mehr Bescheidenheit. Deshalb sollte man immer misstrauisch sein, wenn irgendetwas absolut sicher ist, so wie z. B. Rindfleisch aus Deutschland noch bis vor einigen Monaten als sicher galt. Es gab auch Zeiten, als britisches Rindfleisch als sicher galt. 10 Jahre später konnte dann durch die BSE-Untersuchungskommission aufgeklärt werden, wie es zu dieser folgenschweren Fehleinschätzung kommen konnte. Forschungsergebnisse wurden in ungeahntem Ausmaß verfälscht, manipuliert und zurückgehalten. Denn schon 1990 gab es deutliche Hinweise, dass die BSE verursachenden Prionen auch auf andere Tierarten und den Menschen übertragbar sind. An dieser Informationsunterdrückung tragen auch die Medien eine entscheidende Rolle, denn der Angriff auf bestimmte Grundwerte wird vom Verbraucher nur sehr schwer toleriert und wird ihm deshalb besser nicht zugemutet. Das Verständnis der meisten Verbraucher für die natürlichen Abläufe der Nahrungskette ist vielfach lückenhaft oder z. T. grundlos ekelbesetzt. Die Weiterverwertung bzw. Umwandlung von Fäkalien und Kadavern ist zwangsläufiger Bestandteil einer Kette bzw. eines Kreislaufes und ganz im Sinne von Umweltvorschriften, die geschlossene Kreisläufe in jedem Fall bevorzugen. Probleme ergeben sich erst, wenn der Mensch eingreift und bestimmte Veränderungen darin vornimmt. Ansonsten handelt es sich nur um eine Verschiebung der Probleme in Richtung Abfall- und Müllwirtschaft. Dadurch aber, dass der Mensch sich anmaßte, einen reinen Pflanzenfresser vorsätzlich zum Fleischfresser zu machen, an ihn also sogar seine eigenen Artgenossen in Form von Futtermehl verabreicht hat, wurde der Mensch zum Täter und, wie es aussieht, zugleich auch zum Opfer.

„Ein mindestens zwei Kubikmeter großer Berg von Rinderknochen liegt am 11.01.2001 an einem Feldrand in der Nähe des brandenburgischen Ortes Gräfendorf (Kreis Teltow-Fläming). Die Suche nach dem Verursacher läuft. Auslöser für die offenbar von einem verarbeitenden Betrieb in der Region vorgenommene illegale Entsorgung der tierischen Abfälle ist vermutlich die gegenwärtige BSE-Krise. Wenn Knochen und andere Reste nicht mehr von weiterverarbeitenden Betrieben gekauft werden, fallen für den Anlieferer die Kosten für die Tierkörperbeseitigungsanlage an.“

Allein in Deutschland werden ca. 15 Millionen Rinder, 26 Millionen Schweine und 40 Millionen Legehennen ernährt. Dabei erkennen selbst strengste Verbraucherschützer an, das eine giftfreie und fachgerechte Ernährung nicht ohne das Auftreten neuer Probleme bewältigt werden kann. Eine grundsätzliche Umstellung auf rein pflanzliche Ernährung bringt bei genauer Betrachtung auch ernsthafte Bedenken zum Vorschein. Der hohe Eiweißanteil der Tiere könnte mit rein pflanzlichem Futter nicht ausreichend gedeckt werden und es könnte zur Verfütterung gentechnisch veränderter Pflanzen (mit höherem Eiweißanteil) kommen, wie es in USA schon praktiziert wird. In jedem Fall darf man nicht panikartig reagieren, sondern sollte überlegt und langfristig handeln.

Der Verbraucher bekommt auch in Zukunft die Lebensmittel, die er verdient; und wer erwartet, für 1,75 €/kg ein frei laufendes Qualitätshuhn zu bekommen, der irrt. Lebensmittel sind keine Überlebensmittel, sondern sollten auch als Ausdruck unserer Kultur verstanden werden. Der Verbraucher muss endlich zur Kenntnis nehmen, das er selbst der beste und einflussreichste Kontrolleur der Qualität von Lebensmitteln ist.

BSE-Schnelltests

Direkt nachweisbar sind die krankmachenden Prionen derzeit nicht, denn Antikörper binden auch an die gesunden Prionen und sind deshalb für die Sofortdiagnose wertlos (Antikörper: sehr spezifischer Stoff, der mit Antigenen, in unserem Fall z. B. Prionen, reagieren kann; Antigen-Antikörper-Reaktion, Schlüssel-Schloss-Prinzip).

Derzeit gibt es drei verschiedene BSE-Schnelltests, die von der EU-Kommission als ausreichend spezifisch und sensitiv bewertet wurden. Diese spüren krankhaft veränderte Prionen bei BSE-Rindern auf. Die Tests reagieren jedoch nicht bei allen infizierten Rindern, sondern nur bei Tieren, die bereits BSE-Symptome zeigen oder kurz vor Ausbruch der Krankheit stehen. Deshalb werden derzeit auch nur Rinder, die älter als 30 Monate sind, auf BSE getestet.

Ein in der Schweiz entwickelter Test hat sich bereits bei Routineuntersuchungen bewährt und wird jetzt auch bei den BSE-Kontrollen in Deutschland verwendet. Der BSE-Nachweis mit dem Schweizer Test basiert auf dem sogenannten Western-Blot-Verfahren und dauert etwa sechs bis acht Stunden. Dazu wird ein halbes Gramm Rinder-Stammhirn benötigt, das für eine Untersuchung homogenisiert wird. Die Proteine aus dem Homogenisat werden nach Auftragen auf ein Gel durch Elektrophorese getrennt (Elektrophorese: Transport geladener Partikel, z. B. Proteine durch den elektrischen Strom) und anschließend auf eine Membran übertragen. Die Membran wird mit monoklonalen Antikörpern gegen Prion-Proteine versehen (monoklonaler Antikörper: monospezifischer, d. h. aus einem Klon gebildeter Stoff, der durch Einwirkung eines Fremdstoffes, eines Antigens, gebildet wird). Die Antikörper sind zudem mit einem Enzym gekoppelt, das mit bestimmten Chemikalien eine Leuchtreaktion auslöst. Dort, wo es eine Lichtemission gibt, stammte die Probe also von einem BSE-infizierten Tier.

Der Antikörper kann jedoch nicht zwischen normalen und krankmachenden Prionen unterscheiden. Daher müssen normale Prionen vorher aus dem Homogenisat entfernt werden. Dies wird mithilfe von Enzymen, Proteasen, durchgeführt. Normale Prionen werden dabei vollständig abgebaut, veränderte Prionen-Moleküle nur teilweise und können so spezifisch vom Antikörper entdeckt werden.

Ein in Irland entwickeltes Verfahren geht schneller und ist zudem noch etwas empfindlicher als das Schweizer Verfahren. Nach nur vier Stunden liefert der Test das Ergebnis. Außerdem lässt er sich gut automatisieren. Damit könnten dann viele Proben in kurzer Zeit getestet werden. Er wird schon längere Zeit in Irland verwendet, um Rückenmark von geschlachteten Rindern zu untersuchen. Das Nachweisverfahren basiert auch auf der speziellen Reaktion eines markierten Antikörpers mit krankhaft veränderten Prion-Proteinen. Die markierten Antikörper werden ebenfalls mittels eines Spezialverfahrens sichtbar gemacht und quantitativ ausgewertet. Zuvor muss verändertes Prion-Protein aber auch durch Proteasen von normalem Prion-Protein getrennt werden.

Das in Frankreich entwickelte Testverfahren ist das neueste und zugleich empfindlichste unter den drei Verfahren. Es kann Prion-Protein noch in zehnfach geringerer Konzentration nachweisen als der Schweizer Test. Der Nachweis dauert allerdings 24 Stunden. Zurzeit wird untersucht, ob mit dem französischen Verfahren eine BSE-Infektion wesentlich früher nachgewiesen werden kann als mit den anderen beiden Verfahren und ob dieser Nachweis auch Prionen in anderen Geweben, wie etwa der Dünndarmwand, aufspüren kann.

Da alle beschriebenen BSE-Schnelltests den entscheidenden Nachteil haben, dass sie das tödliche Prion-Protein nur in Hirn- und Rückenmarkgewebe nachweisen können – und das zudem auch erst frühestens ein halbes Jahr vor Ausbruch der Krankheit, richtet sich das Augenmerk der Forschung derzeit auf einen schnellen und einfachen Bluttest. Denn ob das Fleisch von den Rindern, die mit den Schnelltests untersucht werden, tatsächlich BSE-frei ist, wenn der Test negativ ausfällt, kann nicht garantiert werden. Es dauert im Schnitt drei bis fünf Jahre, bis die Krankheit nach erfolgter Infektion ausbricht. In Zukunft sind deshalb empfindlichere Tests nötig, um BSE-infizierte Rinder eindeutig zu erkennen.

Erste Schritte in diese Richtung haben amerikanische Forscher unternommen. Sie entwickelten einen Bluttest für Scrapie bei Schafen. Damit können Schafe erkannt werden, die bereits infiziert sind, aber noch keine Krankheitssymptome haben. Das Verfahren befindet sich derzeit aber noch im Versuchsstadium. Da eine BSE-Infektion bei Rindern jedoch geringfügig anders verläuft als eine Scrapie-Infektion bei Schafen, ist noch unklar, ob ein entsprechender Nachweis bei BSE-infizierten Rindern funktioniert.

Eine Schweizer Forschergruppe geht derzeit einen anderen Weg. Sie fand heraus, dass ein spezifischer Bluttest über den Blutgerinnungsfaktor Plasminogen entwickelt werden könnte. Die Forschergruppe entdeckte, dass Plasminogen an das veränderte Prion-Protein bindet, nicht aber an normale Prionen. Nicht zuletzt könnte dieses Anheften an das veränderte Prion-Molekül auch ursächlich am Verlauf der Gehirnerkrankung beteiligt sein. Zudem könnte auch die mögliche Übertragung der Krankheit etwa durch gespendetes Blut vermieden werden, indem Plasminogen aus dem Blutplasma entfernt wird und damit auch das im Falle einer Infektion krankmachende Prion-Protein.

Eine andere Möglichkeit ist, nach Substanzen (Markern) im Blutserum zu suchen, die nur bei einer BSE-Infektion auftreten. Solche Marker sind bereits entdeckt, ungewiss ist, wie BSE-spezifisch sie sind.

2008 gelang einem internationalen Forscherteam der Nachweis von unterschiedlichen Eiweißen im Urin von gesunden und kranken Rindern. Dieses „Eiweißprofil“ könne eine BSE-Infektion und sogar den Zeitpunkt der Ansteckung anzeigen, schreibt das Team im britischen Journal „Proteome Science“.

BSE-Chronik

1732 Erste Beschreibung von Scrapie bei einem Schaf. Wegen der typischen, juckreizbedingten Kratzbewegungen der Tiere wurde diese Erkrankung als „scrapie“ (engl. To scrape = kratzen) bezeichnet.
1920 HANS GERHARD CREUTZFELDT und ALFONS JAKOB beschreiben eine neue Erkrankung des Gehirns beim Menschen, die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK bzw. CJD).
1960–1970 Scrapie lässt sich unter Versuchsbedingungen durch das Futter auf Schafe, Ziegen, Mäuse und Hamster übertragen.
22.12.1984 Weltweit erster BSE-Fall, „Kuh 133“ erkrankt im südenglischen Sussex und stirbt sechs Wochen später an einer spongiformen Enzephalopathie (schwammartige Gehirnerkrankung).
1986 Die englischen Epidemiologen GERALD A. H. WELLS und JOHN W. WILESMITH entdecken neuartige Krankheitssymptome beim Rind (BSE).
November 1987 BSE lässt sich in Versuchen auf Mäuse übertragen.
1987 Die Zahl von BSE-Fällen steigt rapide an. Das Bindeglied zwischen BSE und Scrapie, nämlich infiziertes Futter, wird identifiziert.
18.07.1988 In Großbritannien darf Tiermehl aus Wiederkäuern nicht mehr an Wiederkäuer verfüttert werden. Es wird eine Anzeigepflicht für BSE eingeführt. Herstellung und Export von Fleischmehl bleibt weiterhin erlaubt.
09.02.1989 Großbritannien sieht keine Gefahr durch BSE für Menschen.
1989 Die Verwendung bestimmter Körperteile (Gehirn, Rückenmark, Mandeln, Thymus, Milz und Darmtrakt) von über 6 Monate alten Rindern für die Lebensmittelproduktion wird untersagt. Die deutsche Bundesregierung stoppt den Import von britischem Tiermehl. Die europäische Kommission beschließt ein Ausfuhrverbot für britische Rinder, die vor Juli 1988 geboren wurden.
1990 Der Import lebender Rinder aus England in andere EU-Staaten wird grundsätzlich verboten. Bis zu sechs Monate alte Kälber gesund erscheinender Muttertiere werden aber weiterhin importiert. Für BSE besteht EU-weit Meldepflicht. BSE-Fälle werden bei Hauskatzen und Zootieren nachgewiesen. Erster BSE-Fall in der Schweiz, des Weiteren treten BSE-Fälle in Irland, Frankreich, Portugal und Dänemark auf. Erstmals befürchtet man, dass der BSE-Erreger nicht nur auf andere Tierarten, sondern vielleicht auf Menschen übertragen werden kann.
03.02.1990 Mäuse lassen sich unter Versuchsbedingungen oral mit dem BSE-Erreger infizieren.
16.05.1990 Die Britische Gesundheitsbehörde behauptet, der Verzehr von britischem Rindfleisch sei sicher.
28.02.1991 BSE in Frankreich – alle infizierten Rinder stammen jedoch aus Großbritannien oder der Schweiz.
1992 BSE in Deutschland – alle sechs infizierten Rinder stammen jedoch aus Großbritannien oder der Schweiz.
1992 – 1993 Höhepunkt der BSE-Epidemie in Großbritannien (über 170 000 infizierte Tiere bis zum Jahr 2000 gemeldet), britische Gesundheitsbehörde behauptet immer noch, der Verzehr von britischem Rindfleisch sei sicher.
Juni 1994 BSE kann über das Futter auf Rinder übertragen werden.
1994 Es gibt erste Verdachtsmomente bezüglich des Zusammenhangs zwischen BSE und einer neuartigen, varianten CJK (vCJK). In Deutschland wird das Verfüttern von Tierkörpermehl an Wiederkäuer (Rinder, Schafe, Ziegen) verboten. Noch im selben Jahr werden in ganz Europa die Tiermehlverfütterung an Wiederkäuer und die Verwendung von Körpergewebe englischer Rinder bei der Produktion von Arzneimitteln und Kosmetika untersagt. Das Marktverhalten der Verbraucher ändert sich drastisch, der Rindfleischabsatz geht massiv zurück.
21.05.1995 Erster Todesfall beim Menschen (18-jähriger Brite stirbt an der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJD)), 85 bekannte vCJD-Infektionen bis November 2000 in Großbritannien
März 1996 Britische Kommission bestätigt erstmals Zusammenhang zwischen BSE und vCJD.
1997 Erste BSE-Fälle in Luxemburg, den Niederlanden und Belgien
November 2000 Neuer BSE-Schnelltest erkennt über 100 BSE-infizierte Rinder in Frankreich, drei Franzosen sind an vCJD erkrankt, britische Regierung hält 250 000 vCJD-Opfer für möglich, Deutschland behauptet, es sei BSE-frei
24.11.2000 Erstmals BSE bei einem in Deutschland geborenen Rind
ab Januar 2001 Alle in Deutschland geschlachteten Rinder, die über 30 Monate alt sind, werden mit einem BSE-Schnelltest untersucht.
bis Februar 2005 In Deutschland sind 360 Fälle von BSE nachgewiesen worden.
2008 Weltweit werden etwa 200 Fälle von vCJD gezählt, die meisten davon in Großbritannien. Von weiteren Fällen wurde in Irland, Italien, Spanien, Hongkong, Japan, Kanada und den USA berichtet.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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