Georges de Cuvier
* 23. August 1769 in Montbéliard (Frankreich)
† 13. Mai 1832 in Paris
GEORGES DE CUVIER war Zoologe, dessen Hauptarbeitsgebiet die Vergleichende Anatomie (Wissenschaft vom Bau der Lebewesen) war. Sein „Gesetz von der Korrelation der Organe“ besagt, dass alle Teile eines Organismus in ihrer Form und in ihrer Funktion in einer Wechselbeziehung zueinander stehen. Demnach ist es möglich, von einem Organ auf den Bau und die Lebensweise des gesamten Tieres zu schließen.
CUVIER sah sämtliche Teile eines Organismus in einem ausbalancierten Gleichgewicht. Die Änderung eines Teiles würde zur Folge haben, dass das betreffende Tier nicht überleben könnte. Entsprechend war CUVIER ein entschiedener Gegner des Evolutionsgedankens. Nur Meerestieren gestand er in einem gewissen Umfang Änderungen zu.
CUVIER selbst war Anhänger der „Katastrophentheorie“ und glaubte an unregelmäßig hereinbrechende Naturkatastrophen, die das Leben ganzer Regionen auslöschen. Er stellte sich eine Neubesiedlung der verwüsteten Gegenden durch zuwandernde Tiere vor.
GEORGES DE CUVIER wurde zu einer Zeit geboren, in der kaum ein Naturforscher an der Unveränderlichkeit der Arten zweifelte. In Frankreich war es einzig der Naturforscher BUFFON, der vorsichtig den Entwicklungsgedanken ins Spiel brachte. Es sollten noch 90 Jahre vergehen, bis DARWIN seine Abstammungslehre verbreiten würde.
Interessen, Ausbildung und wissenschaftlicher Werdegang
CUVIER interessierte sich schon früh für die Naturwissenschaften. Nach Abschluss seiner Ausbildung in der Hohen Karlsschule in Stuttgart von 1784 bis 1788 war er Hauslehrer eines Grafen in der Normandie. Schnell eignete sich CUVIER umfassende Kenntnisse der dort beheimateten Tiere und Pflanzen an. An wirbellosen Meerestieren führte er anatomische Untersuchungen durch.
Der Naturforscher É. GEOFFROY DE SAINT HILAIRE (1772–1844) rief CUVIER 1795 an die École centrale nach Paris. CUVIER hielt zoologische Vorlesungen, wurde Mitglied der Akademie der Wissenschaften und gab 1798 das Buch „Elementarer Entwurf der Naturgeschichte der Tiere“, ein illustriertes Zoologielehrbuch, heraus.
Vier Jahre später (1802) erhielt er eine Professur für Vergleichende Anatomie, die er dank neuer Untersuchungsmethoden zu einer modernen Disziplin ausgestaltete. In diesen Jahren stellte CUVIER das „Gesetz von der Korrelation der Organe“ auf. Dabei bezog er sich auf mumifizierte Katzen und Iltisse aus Ägypten, die er untersucht hatte. Deren starke Ähnlichkeit mit lebenden Exemplaren war CUVIER Beweis genug, dass Arten keinen Änderungen unterworfen sind.
In seine vergleichenden anatomischen Studien bezog CUVIER auch zunehmend die fossilen Reste ausgestorbener Tiere ein, die er in den Steinbrüchen des Montmartre in Paris fand und die er mit rezenten (in der Gegenwart vorkommenden) Tieren verglich. So konnte er fossile Knochen als Reste einer ausgestorbenen Elefantenart bestimmen. Dieses Ergebnis verarbeitete er in dem Buch „Untersuchungen über die fossilen Knochen der Vierfüßer“ (1812). Aufgrund dieser Arbeit gilt CUVIER als Begründer der Wirbeltierpaläontologie, der Lehre von den ausgestorbenen Wirbeltieren.
Werke, Adelstitel und Gründer neuer Universitäten
Inzwischen hatte sich CUVIER mit grenzenlosem Fleiß ein enormes Wissen angeeignet. Er ging dazu über, systematische Arbeiten zu verfassen, und sah das Tierreich in vier Hauptgruppen gegliedert, die untereinander nicht in Verbindung stehen. Jeder Hauptgruppe war ein Grundbauplan zugeordnet, der bei den Vertretern dieser Gruppe mehr oder weniger modifiziert vorhanden sein sollte. Diese Typenlehre liegt dem fünfbändigen Werk „Das Tierreich, geordnet nach seiner Organisation“ (1817) zugrunde. Durch Napoleon erhielt CUVIER den Auftrag, neue Universitäten zu gründen. Wegen seiner vielfältigen Verdienste um die Wissenschaft wurde er zum Baron geadelt.
Im Jahr 1830 war CUVIER in einen Akademiestreit verwickelt, in dem er mit seiner Autorität und einer bestechenden Redekunst seine Gliederung des Tierreiches verteidigte. Dabei wurden auch Fragen der Abstammungslehre gestreift, wobei CUVIER seine Gegner mundtot machte und die Katastrophentheorie für gültig erklärte, die im Grunde schon durch neuere Forschungen in Frage gestellt war. CUVIER vertrat die feste Ansicht, dass Arten unveränderlich seien (Dogma der Konstanz der Arten). Er nahm an, dass Tiere früherer Zeiten durch gewaltige Naturkatastrophen ausgestorben sind (Katastrophentheorie, die mit der christlichen Vorstellung der Sintflut übereinstimmte).
CUVIER starb 1832 in Paris. Es ist eine Ironie der Evolutionsforschung, dass ausgerechnet seine Arbeitsergebnisse zur Stützung des Abstammungsgedankens herangezogen wurden. Mit seinen Arbeiten auf den Feldern der Vergleichenden Anatomie, der Paläontologie, der zoologischen Klassifikation und der Wissenschaftsorganisation hat sich CUVIER zu Recht einen guten Namen in der Biologie und den Naturwissenschaften überhaupt erworben.