Der Hanf (Cannabis sativa L.) gehört zur Familie der Hanfgewächse (Cannabinaceae), die den Maulbeerbaumgewächsen (Moraceae) nahestehen. Die Heimat dieser alten Kulturpflanze der gemäßigten Breiten liegt in Zentralasien. Wilder Hanf findet sich von der Donau bis nach Nordchina. Die Pflanzen sind einjährig, windblütig und zweihäusig, das bedeutet, dass sie entweder nur männliche Blüten (Femelhanf) oder nur weibliche Blüten (Hanfhenne) tragen. Die weiblichen Hanfpflanzen sind stärker verzweigt und reicher belaubt als die männlichen Exemplare.
Der Hanf wird 1,5 bis 3,0 m (in Ausnahmefällen bis 4,0 m) groß, besitzt einen krautigen Stängel und gegenständige, tief fingerförmig geteilte Blätter mit einem ca. 6 cm langen Stiel. Die unscheinbaren grünlichen weiblichen Blüten stehen in den Achseln der Laubblätter, während die männlichen Blüten endständige lockere Rispen bilden. Die Aussaat erfolgt zwischen April und Mai. Der Hanf entwickelt sich zuerst recht langsam, doch ca. 4 Wochen nach der Keimung wächst er schnell in die Höhe. In dieser Wachstumsphase benötigt der Hanf viel Wasser. Die Blütenbildung setzt zwischen Anfang Juli und Mitte August ein; mit ihr ist das Längenwachstum beendet. Der Hanf bevorzugt einen lockeren, tiefen und gut gedüngten Boden mit gleichmäßiger Wasserführung und neutralem bis leicht basischem pH-Wert, also keine sauren Böden.
Wenn die männlichen Blüten verwelkt sind, wird der Hanf geerntet, dies geschieht durch Mähen oder durch Ausreißen. Die Hanfpflanzen sind hauptsächlich Faserlieferanten, doch auch ihre Früchte werden verwertet. Die mehrere Millimeter kleinen glatten, grauen Nüsse (mit 30–35 % Fettgehalt) dienen als Vogelfutter oder werden zur Ölgewinnung gemahlen und gepresst. Das grünliche mittelstark trocknende Hanföl enthält als Säurebestandteil in seinen Glyceriden 46–70 % Linolsäure und 14–28 % Linolensäure und kann somit sowohl als Speiseöl als auch als Ersatz für Leinöl in Farben dienen. Daneben wird es noch zur Herstellung von Margarine und grüner Schmierseife verwendet. Die Produktion an Hanfsamen ist weltweit rückläufig, sie betrug 1950 noch 106 000 t, 1965 waren es 54 900 t, 1972 nur noch 39 725 t und 1978 schließlich 24 450 t.
Der Stängel des Hanfs besteht aus einer außen liegenden Rinde, die die wertvollen Bastfasern liefert, und aus einem innen liegenden Holzteil, der bei der klassischen Bastfasergewinnung für den Textilbereich als Abfall (Schäben) anfällt. Man kann diesen Holzteil aber durchaus als Isoliermaterial oder zur Herstellung von Papier, Pappe oder Karton nutzen, zumal der Ligningehalt des Hanfs nur 10 % beträgt (beim Bast sogar nur 4 %) und daher weniger Chemikalien zur Bleichung eingesetzt werden müssen als beim Hartholz der Bäume mit 20 bis 25 % Ligninanteil.
Die Bastfasern sind zwischen 5 und 55 mm lang (im Mittel 20 mm). Zu ihrer Gewinnung müssen sie vom Holzanteil getrennt werden. Die traditionelle Methode ist das Rösten (kontrollierte Fäulnis) des Hanfs (ganz analog wird auch Flachs geröstet). Die geernteten Pflanzen werden hierbei in 1 bis 2 m tiefen Gräben 1 bis 2 Wochen unter Wasser aufbewahrt. Die grünen Teile der Pflanze zersetzen sich bei diesem Prozess, der hauptsächlich durch Bakterien (Bacillus felsineus) hervorgerufen wird. Danach werden die Bastfasern mechanisch von den holzigen Teilen getrennt. Modernere Trennmethoden benutzen Enzyme oder Dampfdruck-, Tensid- oder Ultraschallaufschlussverfahren. Die Hanffasern sind sehr stabil und werden zur Herstellung von Tauen, Seilen, Netzen, Bindfäden, Zwirnen, Teppichen, Textilien und Segeltuch verwendet. Hanf (Werg) diente und dient gelegentlich noch zur Abdichtung von Wasser- und Gasleitungen.
Der Verbrauch von Hanf sank nach dem Zweiten Weltkrieg in den Industrieländern stark, weil billigere synthetische Fasern und Flachs den teureren Hanf verdrängten. Die Weltjahresproduktion ist auch weiterhin rückläufig, sie betrug 1980 ca. 242 000 t und 1993 nur noch 121 000 t. Hanf wird derzeit hauptsächlich in Indien, China und in den südlichen Republiken der GUS angebaut. Der Anbau von Hanf wurde in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1981 verboten, da die Pflanze auch zu den Rauschgiften Haschisch und Marihuana verarbeitet werden kann. Seit 1996 darf Hanf in Deutschland wieder angebaut werden, allerdings nur solche Sorten, die nur wenig Tetrahydrocannabinol (THC, der Wirkstoff des Haschischs und Marihuanas) enthalten. Der Hanf erlebt in neuester Zeit als Biorohstoff (Zelluloselieferant, Textilrohstoff, Öllieferant, Grundstoff für die Bauindustrie etc.) eine Renaissance, die sich unter anderem in den Hanfhäusern in vielen Städten Deutschlands manifestiert, die sich der Geschichte des Hanfs und dem Verkauf von Hanfprodukten widmen.
Hanfpflanzen enthalten je nach Unterart und je nach der Bodenbeschaffenheit und den klimatischen Verhältnissen unterschiedliche Mengen an Tetrahydrocannabinol (THC) und nah verwandte THC-Verbindungen. Das THC und seine Derivate wirken psychoaktiv. Die Hanfpflanze kann entweder zu einer Art Tabak verarbeitet und dann geraucht (Joint) oder als Tee aufgebrüht sowie in Backwerk eingebacken und verspeist werden. Das THC gelangt auf all diesen Wegen in den menschlichen Körper und dort ins Gehirn, wo es aktiv wird. Die Wirkungen treten ab einer Dosis von 0,1 mg/kg Körpergewicht auf. Regelmäßig werden dabei auch Wirkungen auf das vegetative Nervensystem beobachtet: eine sedative (beruhigende) Wirkung, Hungergefühl und eine Beschleunigung des Herzschlags.
Die psychischen Effekte sind weniger einheitlich. Häufig kommt es zu einem Gefühl der Entspannung, zum Vergessen von Alltagsproblemen und zu milder Euphorie. Manchmal führt der THC-Konsum aber auch zu einer ängstlichen Unruhe und zu aggressiver Gereiztheit. Wie es scheint, ist für diesen Stimmungsumschwung die Dosierung der Droge verantwortlich, sie wirkt in geringen Dosen (5 bis 7 mg) eher sedativ und in hohen Dosen (über 15 mg) eher erregend. Diese Erregung kann sich bis zu psychotischen Zuständen steigern. Die Diskussion, ob THC weit weniger gefährlich als beispielsweise Alkohol sei, ist in vollem Gange, und Bestrebungen, das THC zu legalisieren, ebenfalls. Haschisch ist sicherlich keine harte Droge, aber es ist eine Einstiegsdroge, die hin zu wesentlich schlimmeren Rauschgiften führt.
Ein weiterer Inhaltsstoff der Hanfpflanze ist Cannabidiol (CBD). Diese Substanz wirkt bakteriostatisch, schmerzlindernd und beruhigend, aber nicht psychogen. In den Faserhanftypen sind hauptsächlich CBD und eng verwandte Substanzen enthalten und nur sehr wenig THC. In den Hanfpflanzen, die zur Drogenproduktion angebaut werden, ist dieses Verhältnis umgekehrt. Das CBD ist der Grund, weswegen Cannabisprodukte bis in die 50er-Jahre des 20. Jahrhunderts in Apotheken als Mittel gegen Kopfschmerzen frei verkäuflich waren.
Die Hanfpflanzen (vor allem die weiblichen) scheiden aus Drüsenhaaren an Blüten, Blättern und Stängeln ein harziges Sekret aus, welches THC enthält. Dieses Harz bildet sich allerdings nur in warmen Gebieten in nennenswerten Mengen. Die Konzentration des THC ist hierbei an den Blüten am höchsten und nimmt in der folgenden Reihenfolge ab: junge Blätter > alte Blätter > Stängel > Wurzel.
Dieses Harz wird in der Alten Welt Haschisch genannt (arabisch: getrocknetes Gras) und in Südamerika Marihuana (Maria-Johanna). Weitere Bezeichnungen sind: Ganjah (Ostindien), Bhang (Indien), Maconha (Brasilien) und Kiff (Marokko). Zur Gewinnung der Droge werden die weiblichen Blütenstände geerntet und als solche verkauft oder sie werden auf Teppichen zerrieben, wobei das klebrige Harz an den Teppichfasern haften bleibt. Nach der Abtrennung der Blütenbestandteile wird das Harz zu kleinen Broten geknetet.
Eine weitere Erntemethode besteht darin, dass mit Lederschürzen bekleidete Sammler ein Hanffeld zur Blütezeit durchlaufen (dann ist die THC-Produktion der Pflanzen am höchsten) und später das klebrige Harz von dem Leder abkratzen. Marokko und Afghanistan sind als Haschischlieferanten für Europa besonders bekannt.
In China war der Hanf bereits im vierten Jahrtausend v. Chr., zur Zeit der Yang-Shao-Kultur, bekannt. Der Name Bhang, der im Indien des 9. Jahrhunderts v. Chr. zum ersten Mal auftritt, geht auf das Sanskrit zurück. Im alten Ägypten, in Vorderasien und bei den Phöniziern war der Hanf unbekannt. Aus griechischen Schriftquellen (HERODOT) ist bekannt, dass die Bewohner der Gebiete nördlich des Schwarzen Meeres – die Skythen – „Hanf (der griechische Name ist Kannabis) anbauten, der völlig dem Flachs gleicht“ und dass sie „Hanfsamen auf Steine werfen, die sie vorher glühend machen und die Rauch und Dampf verbreiten ... und die Skythen tauchen fröhlich in diesen Dampf und stoßen Schreie aus ...“.
Diese treffliche Beschreibung einer antiken Haschischorgie liefert HERODOT (ca. 490 bis 430 v. Chr.) im dritten Kapitel seines vierten Buchs. Die Skythen brachten den Hanf auf dem Landweg mit nach Westeuropa, wo er von den Kelten seit der Hallstattzeit angebaut wurde. GIRON II., Tyrann von Syrakus, führte um 300 v. Chr. Hanf aus Gallien ein, um daraus Schiffstaue zu fertigen. Um 100 v. Chr. wurde der Hanf von LUCILIUS zum ersten Mal in der lateinischen Literatur erwähnt. Im Frankenreich und im Mittelalter wurde der Hanf zur Fasergewinnung in geringen Mengen angebaut. Die psychischen Effekte des Hanfs wurden im Abendland erst durch die arabische Medizin bekannt.
Stand: 2010
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