Speisepilze

Gift- und Speisepilze

Bereits seit Jahrtausenden dienen Pilze der Ernährung des Menschen. Die Giftigkeit einiger Arten ist jedoch für bestimmte Volksgruppen (z. B. Engländer) Anlass genug, den Pilzen generell skeptisch gegenüber zu stehen. Bei genauer Betrachtungsweise besteht dafür kein Grund, denn von den über 5 000 in Mitteleuropa bekannten Pilzen sind nur ca. 80 – 150 als Giftpilze identifiziert. Die Anzahl schwankt deshalb so erheblich, da die Auswirkungen z. T. sehr unterschiedlich sind und nicht alle Pilze immer zu den Giftpilzen gerechnet werden. Nur eine Handvoll Pilze haben nach Genuss eine z. T. tödliche Wirkung auf den Menschen. Manche Pilzgifte dagegen wirken nur in Verbindung mit Alkohol und andere wiederum enthalten rauschgiftähnliche Substanzen, weshalb diese Arten z. B. in Mexiko zu religiösen Zwecken verwendet werden. Auch der allseits bekannte Fliegenpilz besitzt berauschende Substanzen, er ist zwar giftig, aber keinesfalls tödlich, wie oftmals angenommen.

Niemand sollte aus Angst vor Giftpilzen auf den Genuss von Speisepilzen verzichten, da ansonsten ganze Geschmackswelten verloren gehen würden. Pilze sind wahre Künstler in der Küche, was sich auch in der Vielzahl der vorkommenden Gerüche deutlich widerspiegelt (z. B. Weihrauch, Kokosflocken, Marzipan, Birnen, Chlor, Maggi, Anis, Seife, Schweißfüße, u. a.).

Aber was wird da eigentlich gesammelt bzw. gegessen?

Es können die unterschiedlichsten Arten gesammelt bzw. gegessen werden. Eine sichere Bestimmung der gesammelten Pilze ist mithilfe von Pilzbestimmungsbüchern möglich. In Zweifelsfällen helfen hier auch die örtlichen Pilzberatungsstellen weiter. Im folgenden sollen nur einige besondere Pilze genauer beschrieben werden, z. B. der Trüffelpilz, der Shiitake-Pilz und der Riesen-Bovist.

Der Trüffel besitzt seit alters her eine geheimnisvolle Aura, die schon des öfteren als Basis für Romane herhalten musste. Der besondere Geschmack, das unterirdische Wachstum des Fruchtkörpers, die hohe Kunst der Trüffelsuche und nicht zuletzt die unglaublichen Preise, die für die besten Sorten aus dem Perigord und dem Piermont gezahlt werden, tragen zur allgemeinen Bekanntheit des Pilzes bei. Auch in Deutschland wachsen verschiedene Trüffel. Trüffel leben immer mit bestimmten Bäumen in einer Lebensgemeinschaft. Sie benötigen immer lebende Baumwurzeln, weshalb er auch nicht wie Champignons oder Austernseitlinge gezüchtet werden kann.

Trüffelpilze wachsen unterirdisch und wer sie nicht kennt findet sie im Wald nur zufällig. Der Mensch bedient sich deshalb der Hilfe von Schweinen, Hunden oder auch Fliegen. Echte Trüffel enthalten nämlich einen Duftstoff, der mit dem Sexuallockstoff männlicher Schweine identisch ist. Wird dieser Duft von Schweinen wahrgenommen, fangen diese an zu graben und fressen den Pilz. Die angeblich aphrodisierende Wirkung der Trüffelpilze gehört dagegen eher in die Rubrik „Mythos und Aberglaube“. Alle echten Trüffelpilze sind geschützt.

Ein weiterer besonderer Pilz ist der Shiitake Pilz. Er ist seit Jahrhunderten in Japan bekannt und wird „Elixier des Lebens“ genannt. Er wird eher seiner gesundheitsfördernden Wirkung denn seines besonderen Geschmacks wegen gegessen. Ein Extrakt dieses Pilzes (Lentinan) ist in Japan offiziell zur Behandlung verschiedener Krebserkrankungen zugelassen. Es stimuliert das Immunsystem des Menschen und kann unterstützend bei der Behandlung von AIDS eingesetzt werden. Der Shiitake Pilz ist reich an Antioxidantien (Vitamin A, C und E und Selen) und Vitamin D. Er steht weiterhin im Verdacht den Blutdruck zu senken, einen positiven Einfluss auf den Cholesterinspiegel zu haben und das Liebesleben zu stimulieren.

Als lustiges Rechenbeispiel zur Beschreibung der Fruchtbarkeit von Pilzen dient der Riesen-Bovist. Der Riesen-Bovist wächst auf Weiden und sein Fruchtkörper wird nicht selten so groß wie ein Medizinball. Er produziert die unglaubliche Zahl von 15 Billionen Sporen. Würden alle Sporen immer einen neuen Fruchtkörper erzeugen, so würde die vierte Generation die Erde 249 mal bis zu einem Meter hoch bedecken.

Pilze und Gesundheit
Zum Thema Gesundheit sollen hier zwei wichtige Aspekte genannt werden. Zum einen besitzen einige Arten eine die Gesundheit direkt fördernde Wirkung. So können z. B. Inhaltsstoffe von Pilzen eine cholesterinsenkende oder das Wachstum von Tumoren hemmende Wirkung besitzen (z. B. im Shiitake). Außerdem tragen sie durch ihre Sonderstellung in der Welt der Lebewesen (keine Tiere und keine Pflanzen) auch einen wichtigen Beitrag zur ballaststoffreichen Ernährung bei. Ihre Zellwände bestehen nämlich nicht aus Zellulose, sondern aus Chitin. Chitin ist für den menschlichen Magen unverdaulich (Pilzgerichte liegen z. T. auch schwer im Magen) und regt deshalb die Darmtätigkeit an. Es kann jedoch auch bei Personen, die sich hauptsächlich ballaststoffarm ernähren, zu Verdauungsstörungen führen. Diesem Phänomen kann sehr schnell Abhilfe geschaffen werden indem die Garzeiten der Pilzgerichte verlängert werden. Waldpilze mindestens 15 min, aber auch nicht länger als 20 min garen.

Der frische Nährwert von Pilzen beträgt 1 – 1,6 kJ/g (25 – 40 kcal/100g) und entspricht so zumindest dem besten Gemüse. Pilze enthalten außerdem eine stattliche Anzahl nahezu aller Vitamine und Mineralstoffe, wobei die Vitamine nur bei Pilzen die auch roh genießbar sind (z. B. Champignons) während der Zubereitung erhalten bleiben. Ansonsten werden die Vitamine durch die Hitze zerstört. Diese Zusammensetzung macht Pilze zu idealen Begleitern einer Diät.

Neben den vielen für die Gesundheit positiven Effekten, besitzen Pilze auch eine negative Seite. Sie akkumulieren nämlich selektiv Schwermetalle und radioaktive Stoffe. In der langen Zeit seit Tschernobyl ist die Belastung mit radioaktiven Stoffen zwar deutlich zurückgegangen, aber nicht die mit Schwermetallen. Hier gilt besonders die Belastung durch Cadmium und Blei zu den erwähnenswerten Risiken.

Der Bleigehalt in Pilzen ist sehr stark von der Umgebung, z. B. Autobahnnähe abhängig. Hingegen ist der Cadmiumgehalt in Pilzen über die Jahre relativ konstant geblieben, da er nicht auf zunehmende Umweltbelastung zurückzuführen ist, sondern natürliche Ursachen (aktiver Cadmiumsammler) hat. Dieses konnte mittels Cadmiumbestimmung in jahrhundertealten Pilzsammlungen nachgewiesen werden.

Die Schwermetalle scheinen sich jedoch hauptsächlich in den Fruchtschichten des Pilzes einzulagern, weshalb die Entfernung von Lamellen und Poren vor dem Verzehr empfohlen wird. Eine gesundheitsgefährdende Belastung wird aber durch normalen Pilzgenuss nie erreicht.

Eine weitere gesundheitsgefährdende Wirkung besteht theoretisch in der Übertragung von Tollwut und Fuchsbandwurm durch Pilzgenuss auf den Menschen. Tollwütige Tiere können durch ihren Speichel die Waldpilze infizieren und die Krankheit so auf den Menschen übertragen. Diese Möglichkeit ist jedoch eher von theoretischer Bedeutung, da der Tollwuterreger sehr schnell durch Licht und Luftsauerstoff abgetötet wird. Außerdem kann er durch den Genuss von Pilzen nicht in die Blutbahn gelangen (und dies muss er, um erneut Tiere bzw. Menschen zu infizieren).

Die Gefahr durch den Fuchsbandwurm ist von ähnlicher Bedeutung, gleichwohl hier eine hypothetische Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden kann. Der Fuchsbandwurm ist ein Parasit, der im Fuchsdarm schmarotzt. Durch den Kot des Fuchses gelangen die Eier des Fuchsbandwurmes ins Freie und können durch den Genuss von rohen Beeren oder rohen Pilzen aus dem Wald in den Menschen gelangen. Die sich daraus entwickelnde Finne verursacht schwere Leberschäden beim Menschen. Aber es besteht kein Grund zu übertriebener Panik, denn selbst bei „Risikogruppen“, z. B. Jägern und Waldarbeitern, ist diese Krankheit nicht häufiger anzutreffen. Bei erhitzten Pilzgerichten ist dagegen von dieser Seite keinerlei Ansteckung zu erwarten.

Pilze und Umwelt – Pilzsterben?

Sammelverbote in Wäldern um Ballungsgebiete, Sammelbeschränkung in der Schweiz, in Österreich, in Deutschland und in Frankreich.

Sind diese Schlagzeilen eher einem Science-fiction-Roman entnommen oder stimmt das wirklich? Es stimmt, aber was steckt dahinter?

Seit mehreren Jahren wird ein weltweiter Rückgang der Pilzbestände beobachtet. Die Reaktionen darauf richteten sich mit den oben beschriebenen Aktionen in erster Linie gegen Pilzsammler. In der Schweiz, in Österreich und in Frankreich darf jeder Pilzsammler nicht mehr als 2 Kilo Pilze pro Tag sammeln. Die Kontrolle dieser Anordnung wird durch die Polizei durchgeführt. Zuwiderhandlungen werden mit Geldbußen bestraft. Dieser Aktionismus begründet sich jedoch nicht auf wissenschaftlichen Tatsachen. Eher will man damit verhindern, das diese möglichen Ursachen die Pilzbestände weiter dezimieren. Die wissenschaftliche Überprüfung dieses Zusammenhanges kommt nur langsam voran. Warum aber die Pilze weniger werden, darüber gibt es eine Menge Theorien.

  1. Pilzsammler rotten die Pilze durch übermäßiges Sammeln aus.
    Gegenargument: Die Beobachtung, dass auch Giftpilze und ungenießbare Pilze in ihrem Bestand abnehmen.
  2. Saurer Regen und zunehmende Umweltverschmutzung zerstören den Wald und damit die Lebensgrundlage der symbiotischen Pilze.
    Gegenargument: Parasitisch am toten Holz lebende Pilze wie z. B. Hallimasch müssten aufgrund besserer Lebensbedingungen zunehmen.
  3. Übertriebener Naturschutz, d. h. ein unberührter Wald mit allem Totholz auf dem Waldboden entzieht z. B. dem Pfifferling, der „sauberen“ Moosgrund bevorzugt, die Lebensgrundlage.
  4. Der große Bestand an Wildschweinen schadet den Pilzen, da diese den Boden aufwühlen und damit das Myzel, den eigentlichen Pilz zerstören. In Wäldern mit weniger oder keinen Wildschweinen findet sich weiterhin eine große Artenvielfalt bei Pilzen.
  5. Natürliche Schwankungen im Ökosystem Erde.

Sicherlich spielt jeder der fünf Faktoren eine mehr oder weniger bedeutende Rolle beim Rückgang der Pilzvielfalt.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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