Das Zusammenwirken von Biologie und Chemie

Die modernen Naturwissenschaften erforschen und beschreiben häufig gleiche Objekte aus unterschiedlichem Blickwinkel. So können beispielsweise bestimmte Lebenserscheinungen aus chemischer und biologischer Sicht erforscht werden. Die Naturwissenschaften haben einen Objektbereich – nämlich die Natur . Zur Natur zählen alle materiellen Gegenstände, Strukturen und Prozesse in der unendlichen Mannigfaltigkeit ihrer Erscheinungsformen. Problematisch bzw. fast unmöglich hierbei gestaltet sich mittlerweile eine klare Abgrenzung dieser Wissenschaftsbereiche. So erfolgt zwar eine Schwerpunktsetzung und die Herausstellung eines Hauptuntersuchungsfelds, jedoch werden immer mehr (und das auch gewünscht) inhaltliche und methodische Überschneidungen existieren.
Für die Biologie ist z. B. die Frage von Interesse, wie ein Fisch an die Lebensbedingungen im Wasser angepasst ist oder welche Nahrung er aufnimmt. Eine chemische Fragestellung wäre die nach der Qualität des Wasser und seiner Zusammensetzung.

Schon die Frage nach der Entstehung des Lebens lässt die Wissenschaften Biologie und Chemie untrennbar zusammenrücken.
STANLEY LLOYD MILLER (1930-2007) simulierte in einer Experimentalanordnung die vermutete Zusammensetzung der Erd-Uratmosphäre, indem er Wasserstoff mit Methan, Schwefelwasserstoff, Kohlenstoffdioxid und Ammoniak mischte und in dieses Gemisch elektrische Funkenentladungen („Blitze“) einschlagen ließ. Die dabei entstandenen Gase wurden in einer wässrigen Phase aufgefangen. Nach mehreren Versuchszyklen konnten Ameisensäure, Essigsäure, Harnstoff und Aminosäuren – einfache Bausteine des Lebens – nachgewiesen werden. Damit war bewiesen, dass unter Bedingungen, wie sie auf der Urerde geherrscht haben könnten, Bausteine des Lebens entstehen konnten.
Neben Kohlenstoff sind nur wenige Elemente des Periodensystems, wie z. B. Sauerstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Phosphor und Schwefel, in organischen Verbindungen vertreten. Sie dienen als Baustoffe für Lebewesen: Kohlenhydrate, Proteine, Nucleinsäuren, Lipide und einige andere.
In der Biochemie sind Biologie und Chemie besonders stark miteinander verknüpft.

Biochemie

Nach der wissenschaftlichen Fundierung der Chemie am Ende des 19. Jahrhunderts begann sich sehr schnell die Brückendisziplin Biochemie zu entwickeln, die ursprünglich mit den Methoden der Chemie die Zusammensetzung und Funktion von Lebewesen bzw. Teilen derselben untersuchte. Zunächst war die Biochemie weitgehend identisch mit Naturstoffchemie und organischer Chemie, später rückten Stoffwechselvorgänge in den Blickpunkt des Interesses.
Durch die Möglichkeit, Naturstoffe zu isolieren und ihre Struktur aufzuklären, schließlich sogar synthetisch nachzubilden, gelang es immer besser, Stoffwechselwege in Organismen chemisch zu verstehen. Im Stoff- und Energiewechsel vollziehen sich vielfältige biochemische Reaktionen. Es erfolgen Stoffaufbau, Umbau und Abbau. Sir HANS ADOLF KREBS (1900-1981) klärte so entscheidende Stoffwechselzyklen, wie den Harnstoffzyklus (1932) und – zusammen mit anderen Biochemikern – den Citronensäurezyklus auf.

Die Biochemie ist eine traditionelle Wissenschaft, welche die chemischen Vorgänge innerhalb der Lebenserscheinungen (Biologie) untersucht. Dazu zählt auch der molekulare Aufbau der Lebensvorgänge lebender Organismen und Teile von ihnen. Aber auch die bei den Lebensvorgängen ablaufenden Reaktionen einschließlich aller organischen und anorganischen Substanzen des Organismus gehören dazu.

1845 formulierte JULIUS ROBERT MAYER (1814-1878) zum ersten Mal, dass Pflanzen Sonnenenergie in chemische Energie umwandeln.
JEAN B. BOUSSINGAULT (1802-1887) konnte 1864 nachweisen, dass bei der Fotosynthese etwa gleich viel Sauerstoff freigesetzt wie CO 2 verbraucht wird.
Der Physiologe ARCHIBALD V. HILL (1886-1977) konnte mit isolierten Chlorophyllkörnern grüner Blätter durch Zugabe eines Oxidationsmittels die Spaltung von Wasser und die Abtrennung von Sauerstoff erreichen (HILL-Reaktion). Er bewies, dass die CO 2 -Reduktion und die O2 -Erzeugung zwei getrennte Teilreaktionen der Fotosynthese sind.
OTTO HEINRICH WARBURG (1883-1970) entwickelte mit dem „WARBURG-Manometer“ eine neue Technik der quantitativen Messung von Gasentwicklungen bei Stoffwechselvorgängen. Damit gelang ihm die weitgehende Aufklärung der biochemischen Vorgänge bei der Zellatmung und bei Gärungen.
Die weitgehende Aufklärung der Lichtreaktionen der Fotosynthese gelang DANIEL I. ARNON (1910-1994) in den 50er-Jahren. Der amerikanische Biochemiker MELVIN CALVIN (1911-1997) klärte zwischen 1950 und 1960 den Reaktionszyklus auf, der zur Fixierung des Kohlenstoffdioxidmoleküls als Zucker in der Zelle führt.

Die biochemische Aufklärung betrifft also Struktur, Zusammensetzung und Zusammenwirken von Molekülen, die Lebewesen aufbauen. Die Untersuchungsmethoden wurden ursprünglich aus der Chemie übernommen, mittlerweile überschneiden sich mathematische, physikalische, biologische und chemische Methoden je nach Zielstellung der Untersuchung in ihrer Anwendung. Nach der Erforschung der Stoffwechselvorgänge unter Berücksichtigung der beteiligten Enzyme liegt der Schwerpunkt der Biochemie heute bei der Aufklärung biochemischer Prozesse auf intra- und interzellulärer Ebene.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

Lexikon Share
Chemie Note verbessern?
 

Kostenlos bei Duden Learnattack registrieren und ALLES 48 Stunden testen.

Kein Vertrag. Keine Kosten.

  • 40.000 Lern-Inhalte in Mathe, Deutsch und 7 weiteren Fächern
  • Hausaufgabenhilfe per WhatsApp
  • Original Klassenarbeiten mit Lösungen
  • Deine eigene Lern-Statistik
  • Kostenfreie Basismitgliedschaft

Einloggen