Die Geschichte der Antigone, die SOPHOKLES erzählt, beginnt eigentlich bereits eine Generation früher. Sie hat etwas mit den Eltern der vier Geschwister zu tun.
Die „Antigone“ hat eine Vorgeschichte, die den Athenern stets präsent war, wenn sie das Stück sahen. Es begann alles mit einem Kinderwunsch. Laios, König von Theben, Sohn des Labdacos und der Zethos, und seine Ehefrau Iokaste wünschten sich einen Sohn. Es war üblich im alten Geriechenland, das Orakel zu befragen, doch dieses prophezeite Fürchterliches:
„Laïos, Sohn des Labdakos! Du begehrest Kindersegen. Wohl, dir soll ein Sohn gewährt werden. Aber wisse, daß dir vom Geschicke verhängt ist, durch die Hand deines eigenen Kindes das Leben zu verlieren. Dies ist das Gebot von Zeus, dem Kroniden, der den Fluch des Pelops, dem du einst den Sohn geraubt, erhört hat.“
so berichtet es GUSTAV SCHWAB.
So ein schreckliches Orakel musste einen Grund haben. Denn nichts geschah nach den Vorstellungen der alten Griechen ohne die Götter. Sie entschieden über das Schicksal der Menschen.
Laios hatte den Sohn des Pelops entführt, woraufhin ihn dieser verfluchte. Er solle niemals einen Sohn haben, wenn ihm die Götter jedoch einen Sohn schenkten, so sollte dieser ihn töten. Tatsächlich gebar Iokaste dem Laios einen Sohn, den man später Ödipus nannte. Der König von Theben ließ sein Kind im Gebirge aussetzen und ihm die Ferse durchbohren. So kommt der Name des Bedauernswerten zustande: Oedipos bedeutet „Schwellfuß“. Ein Hirte nahm sich des Säuglings an, später zog ihn König Polybos von Korinth als Sohn auf. In Jünglingsjahren gelangte das Gerücht an sein Ohr, Polybos sei nicht sein Vater, also befragte Ödipus selbst das Orakel. Dies weissagte ihm, er werde seinen Vater töten und seine Mutter heiraten.
Daraufhin begab sich Ödipus nach Theben. Dort begegnete ihm ein alter Mann mit seinem Gefolge. Es kam zum Handgemenge, in dessen Folge Ödipus den Unbekannten tötete. Dieser aber war König Laios, sein Vater. Auf dem Weg in die Stadt rettete Ödipus die Bewohner vor einer alles verschlingenden Sphinx, dafür gab man ihm die verwitwete Königin, seine Mutter lokaste, zur Gattin. So hatte sich das Orakel erfüllt.
Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor: zwei Söhne, Polyneikes und Eteokles, und zwei Töchter, Ismene und Antigone.
Erst der blinde Seher Teiresias enthüllte den Lapdakiden (so der Name des Geschlechtes, nach dem König Labdacos) ihre wahren Identitäten. Daraufhin erhängte sich Iokaste und Ödipus stach sich die Augen aus.
Der Sagenkreis um Ödipus ist schon in griechischer Zeit mehrfach literatisch bearbeitet worden. Die Ödipus-Dramen von AISCHYLOS und EURIPIDES sind nicht erhalten.
Das sophoklessche Drama „Ödipus der Tyrann“ (Oidípous Týrannos, 429–425 v. Chr.), 1804 von SCHILLER ins Deutsche übertragen (siehe PDF "Ödipus der Tyrann"), sowie das posthum aufgeführte „Oidípous epi kolono“ (401 v. Chr., deutsch: Ödipus auf Kolonos, siehe PDF "Ödipus auf Kolonos") sind erhalten.
Der erste Teil des Werkes von SOPHOKLES endet mit der Verbannung des Ödipus aus Theben durch Kreon. Kinderlos soll er nun durch Griechenland ziehen. Im zweiten Teil lebt Ödipus mit seinen Töchtern Antigone und Ismene in Kolonos. Hier stirbt der Unglückliche.
HUGO VON HOFFMANNSTHALs Bearbeitung des sophokleschen Stückes entstand um die Jahrhundertwende: „König Ödipus“ (siehe PDF "König Ödipus") ist eine Bearbeitung von „Oidipus tyrannos“.
„Antigone“ ist quasi ein Teil der Thebanischen Trilogie, zu der die beiden oben genannten Werke gehören.
SOPHOKLES erzählt in diesem Stück die Geschichte der Lapdakiden weiter. Als Erben des Ödipus sollten die Brüder Polyneikes und Eteokles Könige werden. Zwischen beiden Brüdern war vereinbart worden, dass sie sich die Regentschaft teilen: Jeder soll ein Jahr regieren und danach dem Bruder das Königsamt übertragen. Doch Eteokles weigerte sich nach Ablauf des Jahres, seinen Bruder zu inthronisieren. Darauf entbrannte ein furchtbarer Kampf, in dessen Folge beide Brüder umkamen. Diese Geschichte wird u. a. in „Sieben gegen Theben“ (dramatisiert von AISCHYLOS, siehe PDF "Aischylos - Die Sieben gegen Theben)) erzählt. Die Sieben sind die Verbündeten des Polyneikes, die gegen Theben und seinen Regenten Eteokles Krieg führen.
Bereits in Oidípous Týrannos gelangte jemand ins Rampenlicht, der zuvor noch gar keine Rolle gespielt hatte: Iokastes Bruder Kreon wurde nach dem Tod der Brüder, als quasi legitimer Nachfolger von Laios und Iokaste, König von Theben.
Hier setzt die Handlung des Dramas ein. Polyneikes bleibt unbestattet am Ort des Zweikampfes liegen. Der neue König Kreon, Antigones Onkel, droht demjenigen mit der Todesstrafe, der den Staatsfeind Polyneikes begräbt. Ihre Schwester Ismene fügt sich dem Urteil, Antigone jedoch weigert sich, dem Verbot zu folgen. Beim wiederholten Versuch, ihren Bruder zu bestatten, wird Antigone gestellt. Ihr Todesurteil ist gefällt. Haimon, der Verlobte Antigones und Sohn Kreons, versucht zwar, den Vater zur Zurücknahme seines Richterspruchs zu bewegen, sein Mühen aber ist vergebens: Man führt Antigone in ihr Felsengrab. Darauf versucht der blinde Seher Teiresias, Kreon zur Einsicht zu bringen. Doch erst die Prophezeiung unausweichlichen Unglücks bringt den König ins Schwanken. Er will Antigone eigenhändig befreien. Seine Entscheidung kommt allerdings zu spät, um die Katastrophe zu verhindern. Die Verurteilte hat sich bereits erhängt, und Haimon ersticht sich neben der Leiche seiner Braut. Auch Eurydike, Kreons Gemahlin, nimmt sich auf die Nachricht vom Tode ihres Sohnes hin das Leben. Gebrochen und einsam bleibt Kreon zurück.
Die PDF "Sophokles - Antigone (Hölderlin)" enthält die Übersetzung durch HÖLDERLIN, die PDF "Sophokles - Antigone (Donner)"eine spätere Übersetzung durch DONNER.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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