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- 3.1.4 Dramentheorie und -geschichte
- Das epische Theater
BERTOLT BRECHTs Theater bildet den Anfangspunkt des modernen Theaters, das nach seiner programmatischen Schrift als „Das epische Theater“ bezeichnet wird, in dessen kritischer Aneignung und Nachfolge sich das „postdramatische Theater“ sieht. (Der Begriff des „postdramatischen Theaters“ geht auf HANS-THIES LEHMANN zurück und umreißt grob die Tendenzen des Theaters, die sich seit THOMAS BERNHARD, HEINER MÜLLER, BOTHO STRAUSS, ELFRIEDE JELINEK entwickelten.)
Das epische Theater ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
BRECHTs Theaterkonzeption wendet sich gegen die auf ARISTOTELES zurückgehende grundlegende Unterscheidung zwischen dramatischer und epischer Form. Er stellt eine langsameVerwischung der Gattungsgrenzen fest, die sich auch immer stärker in der Dramatik bemerkbar machen. BRECHT beschreibt diese Grenzverwischung als inhaltlich motiviert und notwendig. Denn „die wichtigsten Vorgänge unter Menschen (können) nicht mehr so einfach dargestellt werden“, weil es in einer immer unübersichtlicher und komplexer werdenden Welt nicht mehr ausreicht, die Handlung eines Einzelnen auf die Bühne zu bringen. Die einfache Darstellung von handelnden Personen lässt die Gesellschaft mit ihren spezifischen Gesetzen nicht mehr transparent werden.
Der Zuschauer soll erkennen, dass es auch einen anderen Handlungsverlauf als den dargestellten geben könnte.
Ein dramatischer Konflikt muss nicht notwendig in der Katastrophe enden. BRECHT begründet in „Das epische Theater“, dass Einfühlung ein für den Theaterbesucher des 20. Jahrhunderts völlig unbrauchbares Verfahren ist. Nicht „Furcht“ und „MItleid“, also karthatisches Erleben der Handlung, sei das Bestreben des neuen Theaters, sondern die
„Verfremdung“, also „dem Vorgang oder dem Charakter das Selbstverständliche, Bekannte, Einleuchtende zu nehmen und über ihn Staunen und Neugierde zu erzeugen“ (Brecht: Das Prinzip der Verfremdung. In: Schriften zum Theater I, Frankfurt/M. 1963).
BRECHT will den Zuschauer handlungsfähig machen, das Publikum soll erkennen, dass die politische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Situation, in der sie sich befinden, veränderbar ist. Das schließt eine aristotelische Reinigung (Katharsis) von Erregungszuständen aus.
Die Abgrenzung BRECHTs von LESSING erfolgt im Aufgeben des Erzeugens von „Furcht“ und „Mitleid“. Die Aufgabe des Theaters ist es demnach nicht, zur Tugend zu erziehen. Theater soll über die politischen Möglichkeiten aufklären und zugleich unterhalten:
„Das Theater bleibt Theater, auch wenn es Lehrtheater ist, und soweit es gutes Theater ist, ist es amüsant.“
(B. Brecht: Vergnügungstheater oder Lehrtheater?, 1954, in: Schriften zum Theater. Frankfurt/M. 1957, S.73)
Absurdes Theater ist wie das epische Theater BRECHTs nichtaristotelisches Theater. Es soll die Sinnlosigkeit, Widersinnigkeit und Sinnleere des Daseins vorführen:
Vertreter des absurden Theaters sind EUGÈNE IONESCO (1909–1994), SAMUEL BECKETT (1906–1989), JEAN TARDIEU (1903–1995), FERNANDO ARRABAL (geb. 1932), JEAN GENET (1910–1986) und SLAWOMIR MROZEK (geb. 1930).
Das postdramatische Theater (nach HANS-THIES LEHMANN) als nichtaristotelisches Theater seit den Achtzigerjahren des 20. Jahrhunderts weist darüber hinaus Eigenarten auf, die u. a. gekennzeichnet sind durch:
Der Begriff des postdramatischen Theaters ist in der Literatur- und Theaterwissenschaft umstritten. Seine Vertreter (nach HANS-THIES LEHMANN) sind sowohl Theaterregisseure wie Chroeographen und Dramatiker: LEANDER HAUSMANN, FRANK CASTORF, ROBERT WILSON, PINA BAUSCH, PETER HANDKE, HEINER MÜLLER und PETER BROOK.
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