Figurencharakterisierung

Auktoriale Charakterisierung

Möglichst viele Informationen über die Personen sind nötig, um den Handlungsverlauf für den Zuschauer nachvollziehbar zu machen. Werden diese Informationen vom Autor selbst gegeben, spricht man von auktorialer Charakterisierung. Sie kann durch Nebentext geschehen, wie in HANS CHLUMBERGS „Die Führer“ (1919):

„Bergmann sitzt vor seinem Schreibtisch. Er ist ein hochgewachsener, streng aber zuverlässig aussehender Mann von etwa 54 Jahren, mit ruhiger Sorgfalt gekleidet. Er spricht langsam, mitunter scharf
pointiert und erweckt durch eine selbstverständliche Offenheit seines Auftretens und seiner Sprache unbedingtes Vertrauen.“
(Chlumberg, Hans: Die Führer. Wien, Leipzig: Verlag Karl Harbauer, 1919, S. 21.)

Unterteilung verschiedener Charakterisierungstechniken über Figuren und ihren Charakter bzw. aus der Gesamtheit der sprachlichen und außersprachlichen Mittel

Unterteilung verschiedener Charakterisierungstechniken über Figuren und ihren Charakter bzw. aus der Gesamtheit der sprachlichen und außersprachlichen Mittel

Figurale Charakterisierung

Figuren können sich aber auch selbst charakterisieren oder durch andere Figuren, also figural charakterisiert werden. In SHAKESPEAREs Drama „König Richard III.“ (1592, siehe PDF "William Shakespeare - König Richard III.") wird die Charakterisierung der Hauptfigur als Ausbund der Hässlichkeit, mit festen Vorsätzen, ein Bösewicht zu werden, schon im Eingangsmonolog deutlich:

„Entstellt, verwahrlost, vor der Zeit gesandt in diese Welt des Atmens, halb kaum fertig Gemacht, und zwar so lahm und ungeziemend, Dass Hunde bellen, hink´ ich wo vorbei.“
(William Shakespeare: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 3, Herausgegeben von Anselm Schlösser. Berlin: Aufbau, 1975, S. 793)

Explizite und implizite Charakterisierung

Eine weitere Möglichkeit der Unterteilung verschiedener Charakterisierungstechniken ergibt sich bei der Beantwortung der Frage, ob

  • die Informationen direkt über Figuren und ihren Charakter gesprochen wird (explizit), oder
  • der Zuschauer den Charakter aus der Gesamtheit der sprachlichen und außersprachlichen Mittel entnehmen muss, die Information also nicht ausdrücklich, sondern implizit gegeben wird.

Im Drama treten die einzelnen Charakterisierungstechniken selten in reiner Form auf. Die Kombination einzelner Techniken ermöglicht die Darstellung vielschichtiger dramatischer Konflikte aus unterschiedlichen Perspektiven.

Spiegelung des Charakters einer Figur durch andere Figuren

Gerade diese Spiegelung des Charakters einer Figur durch andere Figuren führt dem Zuschauer die Komplexität der Handlungssituation vor Augen. Das Verhalten einer Figur in Entscheidungssituationen stellt sich als besonders aufschlussreich dar. Schwankt GOETHEs Gretchen im „Faust“ (siehe PDF "Johann Wolfgang von Goethe - Faust I") zwischen Bedenken und Hingabe, so entscheidet sie sich im Moment, da Faust ihr den Schlaftrunk reicht, für ihre Liebe:

Seh´ ich dich, bester Mann, nur an, Weiß nicht, was mich nach deinem Willen treibt; Ich habe schon so viel für dich getan, Dass mir zu tun fast nichts mehr übrig bleibt.
(Goethes Werke. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden. Textkritisch durchgesehen und mit Anmerkungen versehen von Erich Trunz, Hamburg: Christian Wegener, 1948 ff. S. 112)

Dramen konzentrieren sich in der Regel auf einen zentralen Punkt der Auseinandersetzung. Deshalb sind die Motive, sich „richtig“ oder „falsch“ zu entscheiden, von besonderem Interesse beim Erfassen einer Dramenfigur. Nicht nur die vordergründigen Handlungsanlässe sind hierbei in Betracht zu ziehen, sondern vor allem die Hintergründe und die oft im Verborgenen bleibenden Zusammenhänge.

Um die Besonderheiten einer literarischen Figur herauszuarbeiten, sollte man folgende Fragen zu beantworten versuchen:

  • Was hebt die Figur von anderen Figuren ab, die schon in Dramen auftraten?
  • Was unterscheidet die Figur von anderen Figuren mit gleichen Interessen im Stück?
  • Mit welchen Gegenfiguren im Stück lässt sich die Figur im Stück kontrastierend vergleichen?
  • Ist die Figur mit realen Menschen oder Personen in der Geschichte vergleichbar?

Charaktereigenschaften könnte für einen dramatischen Text folgendermaßen gestaltet werden:

1. Einleitung
Die Einleitung enthält bündige Informationen über den Autor und den Titel des Theaterstückes, sowie Angaben zur Textart. Weiterhin sollte der Inhalt kurz zusammengefasst werden, sodass auch die Bedeutung der Figur innerhalb des Dramas erkennbar wird.

2. Hauptteil
Im Hauptteil geht es um die Themenfrage, bei der die beobachteten Merkmale sorgfältig erfasst und aufgelistet werden, um ein ganzheitliches Bild der analysierten Figur entstehen zu lassen.

2.1 Die äußere Erscheinung der Figur (über Anweisungen der Regie zu erarbeiten)

2.1.1 Alter und Geschlecht

2.1.2 Körperbau

2.1.3 Kleidung

2.2 Die soziale Lage der Figur

2.2.1 ...

2.2.2 ...

2.3 Die psychische Verfassung der Figur

2.3.1 ...

2.3.2 ...

2.4 Das Verhalten und Handeln der Figur

2.4.1 Sprachliche Fähigkeiten

2.4.2 Verhalten in Bezug auf Mimik und Gestik (ebenfalls über Regieanweisungen zu erhalten)

3. Schluss
Zum Schluss der Einzelcharakteristik wird ein zusammenfassendes, abschließendes Werturteil über die charakterlichen Eigenschaften der Figur formuliert.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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