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Johann Joachim Winckelmann

JOHANN JOACHIM WINCKELMANN, der

„eigentliche Schöpfer der Kunstwissenschaft, war der erste, der ganz unabhängig und mit wissenschaftlich gebildetem Auge die klassischen Kunstschöpfungen betrachtete und von der Erhabenheit, der Harmonie, dem lebendigen Hauch derselben so durchdrungen war, daß sich dieser antike Geist bei ihm in der körnigen, einfachen Sprache, in den Grundsätzen seiner Lehre und in der Idee vollendeter Schönheit wieder ausgeprägt und gleichsam verkörpert hat.“
(Meyers Konversationslexikon. Leipzig und Wien: Verlag des Bibliographischen Instituts, Vierte Auflage, 1885-1892)

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Das Schönheitsideal der deutschen Klassik

In seiner Programm-Schrift „Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst“ (siehe PDF "Johann Joachim Winckelmann - Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst"), die er 1754/55 in nur 50 Exemplaren veröffentlichte, benutzte WINCKELMANN erstmals das Begriffspaar „edle Einfalt und stille Größe“, das für die deutsche Klassik so wegweisend sein sollte:

„Das allgemeine vorzügliche Kennzeichen der griechischen Meisterstücke ist endlich eine edle Einfalt, und eine stille Größe, sowohl in der Stellung als im Ausdrucke. So wie die Tiefe des Meers allezeit ruhig bleibt, die Oberfläche mag noch so wüten, ebenso zeiget der Ausdruck in den Figuren der Griechen bei allen Leidenschaften eine große und gesetzte Seele. (...)
Die Kenner und Nachahmer der griechischen Werke finden in ihren Meisterstücken nicht allein die schönste Natur, sondern noch mehr als Natur, das ist, gewisse idealische Schönheiten derselben, die, wie uns ein alter Ausleger des Plato lehret, von Bildern bloß im Verstande entworfen, gemacht sind.“
(WINCKELMANN, vgl. PDF "Johann Joachim Winckelmann - Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst")

Denn mit diesem Begriffspaar bestimmte er das Schönheitsideal der deutschen Klassik. Er legte fest, was als mustergültig, vorbildhaft gelten konnte: Die Kultur und Kunst des antiken Griechenlands. Damit lenkte er den Blick der „späteren Klassiker“ GOETHE und SCHILLER auf das klassische Ideal:

„Der einzige Weg für uns, groß, ja, wenn es möglich ist, unnachahmlich zu werden, ist die Nachahmung der Alten,  und was jemand vom Homer gesagt, daß derjenige ihn bewundern lernet, der ihn wohl verstehen gelernet, gilt auch von den Kunstwerken der Alten, sonderlich der Griechen. Man muß mit ihnen, wie mit seinem Freunde, bekannt geworden sein, um den Laokoon ebenso unnachahmlich als den Homer zu finden. In solcher genauen Bekanntschaft wird man wie Nikomachos von der Helena des Zeuxis urteilen: „Nimm meine Augen“, sagte er zu einen Unwissenden, der das Bild tadeln wollte, „so wird sie dir eine Göttin scheinen.“.
(ebenda)

  • BWS-DEU2-0080-03.pdf (351.18 KB)

Klassik bedeutete, den Menschen in seiner Idealgestalt zu zeigen und das nicht nur in seiner Körperlichkeit, sondern auch in seiner Geisteshaltung („große und gesetzte Seele“). Die Antike selbst wurde zu einem Ideal erhoben, von dem man nicht wirklich überzeugt war, dass es das wirklich gab oder gegeben hätte. Als SIEGMUND FREUD 1904 nach Athen reiste, war er verblüfft:

„Also existiert das alles wirklich so wie wir es auf der Schule gelernt haben“.
(Sigmund Freud: Brief an Romain Rolland. Eine Erinnerungsstörung auf der Akropolis. In: Studienausgabe IV,Psychologische Schriften. Frankfurt/Main: Fischer, 1991, S. 286., vgl. PDF "Sigmund Freud - Brief an Romain Rolland")

  • BWS-DEU2-0080-04.pdf (38.5 KB)

Das Schönheitsideal beschrieb WINCKELMANN vor allem an der Laokoon-Gruppe, die er lediglich von Kupferstichen her kannte. Die von den Bildhauern ATHANDOROS, HAGESANDROS und POLYDOROS von der Insel Rhodos gehauene Laokoon-Gruppe galt WINCKELMANN als „eine vollkommene Regel der Kunst“.

„Diese Seele schildert sich in dem Gesichte des Laokoons, und nicht in dem Gesichte allein, bei dem heftigsten Leiden. Der Schmerz, welcher sich in allen Muskeln und Sehnen des Körpers entdecket, und den man ganz allein, ohne das Gesicht und andere Teile zu betrachten, an dem schmerzlich eingezogenen Unterleibe beinahe selbst zu empfinden glaubet; dieser Schmerz, sage ich, äußert sich dennoch mit keiner Wut in dem Gesichte und in der ganzen Stellung. Er erhebet kein schreckliches Geschrei, wie Vergil von seinem Laokoon singet: Die Öffnung des Mundes gestattet es nicht; es ist vielmehr ein ängstliches und beklemmtes Seufzen, wie es Sadoleto beschreibet. Der Schmerz des Körpers und die Größe der Seele sind durch den ganzen Bau der Figur mit gleicher Stärke ausgeteilet, und gleichsam abgewogen. Laokoon leidet, aber er leidet wie des Sophokles Philoktet: sein Elend gehet uns bis an die Seele; aber wir wünschten, wie dieser große Mann, das Elend ertragen zu können“. (WINCKELMANN, PDF "Johann Joachim Winckelmann - Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst")

(Zu Laokoon und anderen griechischen Plastiken vgl. auch PDF "Johann Joachim Winckelmann - Geschichte der Kunst des Altertums")

Die Kritik und WINCKELMANN

Trotz der wenigen sich im Umlauf befindlichen Bücher reagierte die wissenschaftliche Welt heftig auf das Werk, sodass sich WINCKELMANN entschloss, der ersten Auflage schon 1756 eine zweite Auflage folgen zu lassen, der er

  • das „Sendschreiben über die Gedanken von der Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst“ sowie
  • die „Erläuterung der Gedanken von der Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst; und Beantwortung des Sendschreibens über diese Gedanken“

beifügte. Darin ging er auf die Argumente seiner Kritiker ein und beantwortete diese.

Auch GOTTHOLD EPHRAIM LESSING gehörte zu WINCKELMANNs Kiritikern. In „Laokoon: oder Über die Grenzen der Mahlerey und Poesie“ (1766) 

„... entwickelte er gegen die Auffassungen J. J. Winckelmanns den grundsätzlichen Unterschied zwischen der Poesie als Kunst des zeitlichen Nacheinanders und den bildenden Künsten, deren Prinzip das räumliche Miteinander ist“.
(Brockhaus multimedial 2006)

  • BWS-DEU2-0080-05.pdf (1022.46 KB)

GOETHE beschäftigte sich schon früh mit den Texten WINCKELMANNs, so erwähnt er ihn beiläufig in seinem Reisetagebuch „Italienische Reise“. Auch seine Zeichnungen der Laokoon-Gruppe, die er in Rom anfertigte, gehen auf die Lektüre des Stendalers zurück. Erst Jahre später, nach WINCKELMANNs Tod und als die Romantik sich als neue Sichtweise der Künste etabliert hatte, äußerte sich der Dichterfürst aus Weimar, auch um sich von der neuen Strömung abzusetzen. GOETHE gab 1805 das Bändchen „Winckelmann und sein Jahrhundert“ der Weimarischen Kunstfreunde („W.K.F.“) heraus, an dem er selbst auch als Autor mitwirkte. Darin setzte er WINCKELMANN ein literarisches Denkmal, indem er schrieb:

„Er sieht mit den Augen, er faßt mit dem Sinn unaussprechliche Werke, und doch fühlt er den unwiderstehlichen Drang, mit Worten und Buchstaben ihnen beizukommen. Das vollendete Herrliche, die Idee, woraus diese Gestalt entsprang, das Gefühl, das in ihm beim Schauen erregt ward, soll dem Hörer, dem Leser mitgeteilt werden, und indem er nun die ganze Rüstkammer seiner Fähigkeiten mustert, sieht er sich genötigt, nach dem Kräftigsten und Würdigsten zu greifen, was ihm zum Gebote steht. Er muß Poet sein, er mag daran denken, er mag wollen oder nicht“.
(GOETHE, PDF "Johann Wolfgang Goethe - Winckelmann")

  • BWS-DEU2-0080-06.pdf (223.38 KB)
Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH): "Johann Joachim Winckelmann." In: Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH). URL: http://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/deutsch-abitur/artikel/johann-joachim-winckelmann (Abgerufen: 19. May 2025, 19:32 UTC)

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Egmont

In „Egmont“ (1788) griff GOETHE zum zweiten Mal (nach „Götz von Berlichingen“) ein historisches Sujet auf: den Befreiungskrieg in den Niederlanden Mitte des sechzehnten Jahrhunderts.
Schauplatz des Dramas ist Brüssel. Die Handlung setzt 1566 ein. Unter der Herrschaft der Regentin Margarete von Parma haben Unterdrückung, Steuern und Religionskämpfe in den Niederlanden zu einer instabilen Situation geführt. Graf Egmont, unter der Bevölkerung sehr beliebt, versucht gemeinsam mit Wilhelm von Oranien die Sorgen des Volkes zu erläutern, sie kehren jedoch ohne Erfolg zurück. Um für Ruhe zu sorgen, wird Herzog Alba mit seiner Armee nach Brüssel gesandt. Oranien ahnt einen Hinterhalt, er warnt Egmont vergeblich, sich in die Hände des Herzogs zu begeben. Egmont vertraut auf seine Stellung bei Hofe und seine bisher erwiesene Treue und nimmt Albas Einladung zu einer Ratssitzung an. Alba hat nun wirklich die Order, alle niederländischen Führer hinzurichten, und setzt diese Vorgabe auch skrupellos durch. Egmont redet sich selbst im Gespräch mit Alba durch Ehrlichkeit und Offenheit um Kopf und Kragen, wird gefangengesetzt, verurteilt und hingerichtet.

Ludwig Tieck

* 31.05.1773 in Berlin
† 28.04.1853 in Berlin

LUDWIG TIECK zählte zu den vielseitigsten und produktivsten Dichtern des ausgehenden 18. und des beginnenden 19. Jahrhunderts. Er bewegte sich in Kreisen der Frühromantiker und war einer der wichtigsten Vertreter der sogenannten Jenaer Romantik.

TIECK wurde u. a. durch seine SHAKESPEARE-Übersetzungen und als Herausgeber einer Vielzahl von Texten der Frühromantiker bekannt. Er selbst schrieb Bühnenstücke, Gedichte, Romane, Novellen und Märchen.

Bekannte Werke von TIECK sind beispielsweise die Romane „Die Geschichte des Herrn William Lovell“ (1795/96) und „Franz Sternbalds Wanderungen“ (1798), die Novelle „Die Gesellschaft auf dem Lande“ (1824) oder die Märchen „Der gestiefelte Kater“ (1797), „Ritter Blaubart“ (1797) und „Der blonde Eckbert“ (1797).

Haltung Goethes und Schillers zur Französischen Revolution

SCHILLER hatte die Veränderungen in Frankreich anfänglich noch begrüßt und begann sich erst mit dem jakobinischen Terror 1793 von der Französischen Revolution zu distanzieren.
GOETHE dagegen schuf mit seinem Ideal der griechischen Klassik ein Gegenbild zur Revolution in Frankreich.
Beide waren der Auffassung, die Entwicklung der Gesellschaft dürfe nicht mit Gewalt in eine neue Richtung gedrängt werden. Diese Haltung begründete ihre Freundschaft.

Trivialliteratur

Trivialliteratur will auf leichte, lockere Weise unterhalten. Sie ist sprachlich durch einfache Strukturen gekennzeichnet, oft sehr bildhaft. Die Handlungsfiguren entsprechen typisch trivialen Mustern.
Die Trivialliteratur ist im 18. Jahrhundert während der Aufklärung entstanden. Sie bediente sich weniger Sujets und trat als Liebesgeschichte, Historie, Räuberpistole, Gruselgeschichte, Kriegsgeschichte in Erscheinung. Verbreitet wird die Trivialliteratur heute zumeist über das Groschenheft. Triviale Varianten des Films sind u.a. die soap operas.

Rezeptionsgeschichte der Antigone

SOPHOKLES selbst entnahm seinen Stoff einer alten thebanischen Sagengestalt.

Die Sage um Antigone als Hauptgestalt der Handlung reicht bis ins 4. Jahrhundert v. Chr. zurück. Erst mit der Renaissance tritt die Figur der Antigone erneut ins Blickfeld:

  • 1356–1364 verfasste GIOVANNI BOCCACCIO „De claris mulieribus“,
  • 1533 übersetzte LUIGI ALAMANNI das Stück erstmals ins Italienische,
  • 1573 gab es die erste französische Übersetzung durch ANTOINE DE BAIF,
  • 1636 übersetzte MARTIN OPITZ die „Antigone“ ins Deutsche,
  • bei FRIEDRICH HÖLDERLIN wurde die Antigone zur Repräsentantin des Anarchischen (1804).
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