Direkt zum Inhalt

Pfadnavigation

  1. Startseite
  2. Deutsch Abitur
  3. 4 Literaturgeschichte
  4. 4.7 Literatur des 18. Jahrhunderts
  5. 4.7.3 Klassik
  6. Johann Joachim Winckelmann

Johann Joachim Winckelmann

JOHANN JOACHIM WINCKELMANN, der

„eigentliche Schöpfer der Kunstwissenschaft, war der erste, der ganz unabhängig und mit wissenschaftlich gebildetem Auge die klassischen Kunstschöpfungen betrachtete und von der Erhabenheit, der Harmonie, dem lebendigen Hauch derselben so durchdrungen war, daß sich dieser antike Geist bei ihm in der körnigen, einfachen Sprache, in den Grundsätzen seiner Lehre und in der Idee vollendeter Schönheit wieder ausgeprägt und gleichsam verkörpert hat.“
(Meyers Konversationslexikon. Leipzig und Wien: Verlag des Bibliographischen Instituts, Vierte Auflage, 1885-1892)

Schule wird easy mit KI-Tutor Kim und Duden Learnattack

  • Kim hat in Deutsch, Mathe, Englisch und 6 weiteren Schulfächern immer eine von Lehrkräften geprüfte Erklärung, Video oder Übung parat.
  • 24/7 auf Learnattack.de und WhatsApp mit Bildupload und Sprachnachrichten verfügbar. Ideal, um bei den Hausaufgaben und beim Lernen von Fremdsprachen zu unterstützen.
  • Viel günstiger als andere Nachhilfe und schützt deine Daten.
Jetzt 30 Tage risikofrei testen
Your browser does not support the video tag.

Das Schönheitsideal der deutschen Klassik

In seiner Programm-Schrift „Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst“ (siehe PDF "Johann Joachim Winckelmann - Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst"), die er 1754/55 in nur 50 Exemplaren veröffentlichte, benutzte WINCKELMANN erstmals das Begriffspaar „edle Einfalt und stille Größe“, das für die deutsche Klassik so wegweisend sein sollte:

„Das allgemeine vorzügliche Kennzeichen der griechischen Meisterstücke ist endlich eine edle Einfalt, und eine stille Größe, sowohl in der Stellung als im Ausdrucke. So wie die Tiefe des Meers allezeit ruhig bleibt, die Oberfläche mag noch so wüten, ebenso zeiget der Ausdruck in den Figuren der Griechen bei allen Leidenschaften eine große und gesetzte Seele. (...)
Die Kenner und Nachahmer der griechischen Werke finden in ihren Meisterstücken nicht allein die schönste Natur, sondern noch mehr als Natur, das ist, gewisse idealische Schönheiten derselben, die, wie uns ein alter Ausleger des Plato lehret, von Bildern bloß im Verstande entworfen, gemacht sind.“
(WINCKELMANN, vgl. PDF "Johann Joachim Winckelmann - Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst")

Denn mit diesem Begriffspaar bestimmte er das Schönheitsideal der deutschen Klassik. Er legte fest, was als mustergültig, vorbildhaft gelten konnte: Die Kultur und Kunst des antiken Griechenlands. Damit lenkte er den Blick der „späteren Klassiker“ GOETHE und SCHILLER auf das klassische Ideal:

„Der einzige Weg für uns, groß, ja, wenn es möglich ist, unnachahmlich zu werden, ist die Nachahmung der Alten,  und was jemand vom Homer gesagt, daß derjenige ihn bewundern lernet, der ihn wohl verstehen gelernet, gilt auch von den Kunstwerken der Alten, sonderlich der Griechen. Man muß mit ihnen, wie mit seinem Freunde, bekannt geworden sein, um den Laokoon ebenso unnachahmlich als den Homer zu finden. In solcher genauen Bekanntschaft wird man wie Nikomachos von der Helena des Zeuxis urteilen: „Nimm meine Augen“, sagte er zu einen Unwissenden, der das Bild tadeln wollte, „so wird sie dir eine Göttin scheinen.“.
(ebenda)

  • BWS-DEU2-0080-03.pdf (351.18 KB)

Klassik bedeutete, den Menschen in seiner Idealgestalt zu zeigen und das nicht nur in seiner Körperlichkeit, sondern auch in seiner Geisteshaltung („große und gesetzte Seele“). Die Antike selbst wurde zu einem Ideal erhoben, von dem man nicht wirklich überzeugt war, dass es das wirklich gab oder gegeben hätte. Als SIEGMUND FREUD 1904 nach Athen reiste, war er verblüfft:

„Also existiert das alles wirklich so wie wir es auf der Schule gelernt haben“.
(Sigmund Freud: Brief an Romain Rolland. Eine Erinnerungsstörung auf der Akropolis. In: Studienausgabe IV,Psychologische Schriften. Frankfurt/Main: Fischer, 1991, S. 286., vgl. PDF "Sigmund Freud - Brief an Romain Rolland")

  • BWS-DEU2-0080-04.pdf (38.5 KB)

Das Schönheitsideal beschrieb WINCKELMANN vor allem an der Laokoon-Gruppe, die er lediglich von Kupferstichen her kannte. Die von den Bildhauern ATHANDOROS, HAGESANDROS und POLYDOROS von der Insel Rhodos gehauene Laokoon-Gruppe galt WINCKELMANN als „eine vollkommene Regel der Kunst“.

„Diese Seele schildert sich in dem Gesichte des Laokoons, und nicht in dem Gesichte allein, bei dem heftigsten Leiden. Der Schmerz, welcher sich in allen Muskeln und Sehnen des Körpers entdecket, und den man ganz allein, ohne das Gesicht und andere Teile zu betrachten, an dem schmerzlich eingezogenen Unterleibe beinahe selbst zu empfinden glaubet; dieser Schmerz, sage ich, äußert sich dennoch mit keiner Wut in dem Gesichte und in der ganzen Stellung. Er erhebet kein schreckliches Geschrei, wie Vergil von seinem Laokoon singet: Die Öffnung des Mundes gestattet es nicht; es ist vielmehr ein ängstliches und beklemmtes Seufzen, wie es Sadoleto beschreibet. Der Schmerz des Körpers und die Größe der Seele sind durch den ganzen Bau der Figur mit gleicher Stärke ausgeteilet, und gleichsam abgewogen. Laokoon leidet, aber er leidet wie des Sophokles Philoktet: sein Elend gehet uns bis an die Seele; aber wir wünschten, wie dieser große Mann, das Elend ertragen zu können“. (WINCKELMANN, PDF "Johann Joachim Winckelmann - Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst")

(Zu Laokoon und anderen griechischen Plastiken vgl. auch PDF "Johann Joachim Winckelmann - Geschichte der Kunst des Altertums")

Die Kritik und WINCKELMANN

Trotz der wenigen sich im Umlauf befindlichen Bücher reagierte die wissenschaftliche Welt heftig auf das Werk, sodass sich WINCKELMANN entschloss, der ersten Auflage schon 1756 eine zweite Auflage folgen zu lassen, der er

  • das „Sendschreiben über die Gedanken von der Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst“ sowie
  • die „Erläuterung der Gedanken von der Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst; und Beantwortung des Sendschreibens über diese Gedanken“

beifügte. Darin ging er auf die Argumente seiner Kritiker ein und beantwortete diese.

Auch GOTTHOLD EPHRAIM LESSING gehörte zu WINCKELMANNs Kiritikern. In „Laokoon: oder Über die Grenzen der Mahlerey und Poesie“ (1766) 

„... entwickelte er gegen die Auffassungen J. J. Winckelmanns den grundsätzlichen Unterschied zwischen der Poesie als Kunst des zeitlichen Nacheinanders und den bildenden Künsten, deren Prinzip das räumliche Miteinander ist“.
(Brockhaus multimedial 2006)

  • BWS-DEU2-0080-05.pdf (1022.46 KB)

GOETHE beschäftigte sich schon früh mit den Texten WINCKELMANNs, so erwähnt er ihn beiläufig in seinem Reisetagebuch „Italienische Reise“. Auch seine Zeichnungen der Laokoon-Gruppe, die er in Rom anfertigte, gehen auf die Lektüre des Stendalers zurück. Erst Jahre später, nach WINCKELMANNs Tod und als die Romantik sich als neue Sichtweise der Künste etabliert hatte, äußerte sich der Dichterfürst aus Weimar, auch um sich von der neuen Strömung abzusetzen. GOETHE gab 1805 das Bändchen „Winckelmann und sein Jahrhundert“ der Weimarischen Kunstfreunde („W.K.F.“) heraus, an dem er selbst auch als Autor mitwirkte. Darin setzte er WINCKELMANN ein literarisches Denkmal, indem er schrieb:

„Er sieht mit den Augen, er faßt mit dem Sinn unaussprechliche Werke, und doch fühlt er den unwiderstehlichen Drang, mit Worten und Buchstaben ihnen beizukommen. Das vollendete Herrliche, die Idee, woraus diese Gestalt entsprang, das Gefühl, das in ihm beim Schauen erregt ward, soll dem Hörer, dem Leser mitgeteilt werden, und indem er nun die ganze Rüstkammer seiner Fähigkeiten mustert, sieht er sich genötigt, nach dem Kräftigsten und Würdigsten zu greifen, was ihm zum Gebote steht. Er muß Poet sein, er mag daran denken, er mag wollen oder nicht“.
(GOETHE, PDF "Johann Wolfgang Goethe - Winckelmann")

  • BWS-DEU2-0080-06.pdf (223.38 KB)
Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH): "Johann Joachim Winckelmann." In: Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH). URL: http://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/deutsch-abitur/artikel/johann-joachim-winckelmann (Abgerufen: 09. June 2025, 05:01 UTC)

Suche nach passenden Schlagwörtern

  • Laokoon-Gruppe
  • Johann Joachim Winckelmann
  • Lessing
  • Volltext
  • Pdf
  • edle Einfalt und stille Größe
  • Schönheitsideal der deutschen Klassik
  • Kunstwissenschaft
  • GOETHE
  • Die Kultur und Kunst des antiken Griechenlands
  • Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst
  • Quelltext
Jetzt durchstarten

Lernblockade und Hausaufgabenstress?

Entspannt durch die Schule mit KI-Tutor Kim und Duden Learnattack.

  • Kim hat in Deutsch, Mathe, Englisch und 6 weiteren Schulfächern immer eine von Lehrkräften geprüfte Erklärung, Video oder Übung parat.
  • 24/7 auf Learnattack.de und WhatsApp mit Bildupload und Sprachnachrichten verfügbar. Ideal, um bei den Hausaufgaben und beim Lernen von Fremdsprachen zu unterstützen.
  • Viel günstiger als andere Nachhilfe und schützt deine Daten.

Verwandte Artikel

Heinrich von Kleist

* 18.10.1777 in Frankfurt/Oder
† 21.11.1811 in Berlin

HEINRICH VON KLEIST schrieb Tragödien, Lustspiele und Erzähltexte. Er steht in dem Ruf, einer der bedeutendsten deutschen Dramatiker zu sein, was u. a. auf seine sehr differenzierte Darstellung des menschlichen Individuums im Konflikt zwischen persönlicher moralischer Empfindung und gesellschaftlichen Moralnormen zurückzuführen ist. Er gilt darüber hinaus als einer der Begründer der deutschen Novelle und führte gemeinsam mit JOHANN PETER HEBEL Anfang des 19. Jahrhunderts die Anekdote auf einen Höhepunkt. Nur drei seiner Dramen – „Die Familie Schroffenstein“ (1803), „Der zerbrochene Krug“ (1808) und „Das Käthchen von Heilbronn“ (1810) – wurden zu seinen Lebzeiten aufgeführt. Seiner Zeit voraus, fand sein dichterisches Werk, das in die Moderne vorausweist, erst im 20. Jahrhundert die ihm gebührende Aufmerksamkeit.
Eines der bekanntesten Werke von KLEIST ist das Lustspiel „Der zerbrochene Krug“ (1808).

Wilhelm von Humboldt zur Sprache

WILHELM VON HUMBOLDT war der Meinung, dass die Sprache die „äußerliche Erscheinung des Geistes der Völker“ sei.

„Ihre Sprache ist ihr Geist und ihr Geist ihre Sprache, man kann sich beide nie identisch genug denken“.

Ihre „Verschiedenheit ist nicht eine von Schällen und Zeichen, sondern eine Verschiedenheit der Weltansichten selbst“.

Er bemühte für seine Theorie zwei zentrale Begriffe, die zugleich das Denkgerüst HUMBOLDTs kennzeichnen:
Ergon (= Werk): Das Zeichensystem des Menschen, mittels dessen er sich verständigt (Sprache an sich)
Energeia (= die wirkende Kraft): die geistig produktive Tätigkeit des Menschen (Geist an sich)

Anakreon

* um 572 v. Chr. in Teos (Ionien)
† um 495 v. Chr. in Athen

ANANKREON (ANACREON) war ein griechischer Dichter, der zusammen mit ALKAIOS, PINDAR und SAPPHO zu den wichtigsten panhellenischen Lyrikern der griechischen Literatur gehörte.
ANAKREON schrieb vor allem Lieder, aber auch Oden, Jambendichtungen, Elegien und Epigramme, in denen er Lebenslust und Lebensgenuss besang. Seine spielerisch-eleganten, heiteren Lieder gaben einer europäischen Richtung der Lyrik im Rokoko, der sogenannten Anakreontik, den Namen. Diese Lyrikrichtung fand viele Anhänger, darunter auch bekannte deutsche Dichter (u. a. KLOPSTOCK, GLEIM, GÖTZ, HAGEDORN, SCHILLER, GOETHE, LESSING).

Friedrich Gottlieb Klopstock

* 02.07.1724 in Quedlinburg
† 14.03.1803 in Hamburg

FRIEDRICH GOTTLIEB KLOPSTOCK war ein deutscher Epiker und der Hauptvertreter des lyrischen Dramas im 18. Jahrhundert auf der Schwelle zwischen Spätbarock und Klassik. Vor allem mit seinem Hauptwerk, dem „Messias“, läutete er die klassische Periode ein.
KLOPSTOCK hatte großen Anteil an der Weiterentwicklung einer eigenständigen deutschen Literatur. Er gilt als Begründer der Erlebnisdichtung und der Empfindsamkeit und als Wegbereiter für den Sturm und Drang.
Die dichterischen Leistungen KLOPSTOCKs, besonders seine Hymnen, seine ausdrucksstarken und emotionalen Sprachneuschöpfungen und die in der deutschen Literatur neuen, freien Rhytmen, beeinflussten die Literaten seiner Zeit, u. a. JOHANN WOLFGANG VON GOETHE und die des Göttinger Hainbundes, außerordentlich.

Hyperion

FRIEDRICH HÖLDERLIN gilt als einer der größten Lyriker Deutschlands. Sein einziger, zweibändiger Bildungsroman „Hyperion oder der Eremit in Griechenland“ erschien 1797 und 1799. HÖLDERLINs Held entwickelt sich von kindlicher Unschuld hin zur Ausgeglichenheit der Seele. Hyperions Lehrer sind Adamas, Alabanda und Diotima. Adamas bildet ihn in den Wissenschaften, Adamas zeigt ihm, dass es sich für die Freiheit zu kämpfen lohnt, und Diotima lehrt in das seelische Gleichgewicht und die Liebe. Nachdem Hyperion zunächst Lehrer werden will, um sein Volk zu unterrichten, bekennt er sich zum Freiheitskampf der Griechen. Denn ohne Freiheit kann man keine harmonische Gesllschaft erwarten. Seine Freunde sterben. Hyperion bleibt allein zurück.

Ein Angebot von

Footer

  • Impressum
  • Sicherheit & Datenschutz
  • AGB
© Duden Learnattack GmbH, 2025