Drei Zäsuren kennzeichnen die deutsche Geschichte – und damit auch die deutsche Literatur – nach dem Zweiten Weltkrieg. Das sind
Mehr noch als die Wiedervereinigung hat die Zweistaatlichkeit Deutschlands auf die Literatur gewirkt. Die Trennung der Literaturen in
(sichtbar etwa seit dem Mauerbau, also dem Beginn der 1960er-Jahre) hinterlässt ihre Spuren bis in die Jetztzeit. Zum anderen gab es trotz trennender Tendenzen innerhalb der Literatur Deutschlands auch sich gegenseitig befruchtende, inspirierende Momente.
Am 8. Mai 1945 wurde der Zweite Weltkrieg mit der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches beendet. Der Krieg hatte unfassbar viele Opfer gefordert. Etwa 60 Millionen Menschen starben weltweit, davon mindestens 20 bis 30 Millionen Zivilisten. Unter den Opfern waren
Das nationalsozialistische Deutschland hatte aber nicht nur den verheerendsten Krieg hervorgebracht, sondern auch das bis dahin als undenkbar geltende Phänomen einer Massenvernichtung ganzer Völker aufgrund ethnischer Zugehörigkeiten bzw. religiöser Orientierungen. Die nationalsozialistischen Ideologen verunglimpften Menschen als „rassisch minderwertig“. Auf der Wannsee-Konferenz 1943 war die euphemistisch klingende „Endlösung der Judenfrage“ beschlossen worden. (Anm.: Euphemismus (von griechisch euphemein = glückbringende Worte gebrauchen) nennt man das Ersetzen von Wörtern, die unangenehme Assoziationen erwecken könnten, durch beschönigende Ausdrücke.)
Etwa sechs Millionen Juden wurden Opfer des Holocaust. (Anm.: Holocaust kommt vom griechisch holókaustos, völlig verbrannt, Brandopfer. Im Neuhebräischen heißt der Begriff „shoa“. Holocaust bedeutet Massenvernichtungskrieg.)
Auf der Konferenz von Jalta (Februar 1945) war entschieden worden, Deutschland in Besatzungszonen aufzuteilen. Die Alliierten
verwalteten und befehligten ihre Zonen unabhängig voneinander. Zur Koordinierung schufen sie den Alliierten Kontrollrat (Allied Control Commission, ACC).
Die Deutschen mussten zunächst in den von den Besatzungsmächten geschaffenen Zonen verbleiben, ein Wechsel der Zone war nur mit Ausnahmegenehmigung möglich.
Die Alliierten
Man hatte verschiedene Probleme zu lösen:
Allein in Hamburg waren bei sechs Bombenangriffen Ende März 1943 rund 580 Industrie- und Rüstungsbetriebe, 2632 gewerbliche Betriebe, 379 Kontorhäuser, 24 Krankenhäuser, 277 Schulen und 257 Staats- und Parteidienststellen zerstört worden.
34 000 bis 35 000 Menschen verloren bei diesen Angriffen ihr Leben.
Der politische, gesellschaftliche, und wirtschaftliche Wiederaufbau des Landes musste rasch beginnen. Die Entnazifizierung (re-education bzw. re-orientation) und der Aufbau des politischen Systems (Zulassung von Parteien, Gewerkschaften etc.) galten als vordringlichste Aufgaben.
Der Nationalsozialismus wurde in Ost wie West jedoch sehr unterschiedlich aufgearbeitet. Der erste Bundeskanzler KONRAD ADENAUER (1876–1967) sagte in seiner Antrittsrede 1949 vor dem Bundestag, dass „mit der Denazifizierung viel Unglück und Unheil“ angerichtet worden sei. Nach diesem Geschichtsverständnis handelte die Bundesregierung im nächsten Jahrzehnt. Noch 1949 gab es amnestierte Straffreiheit von NS-Tätern, die mit Freiheitsstrafen unter einem Jahr bestraft worden waren und in Gefängnissen einsaßen. 1951 wurden die NS-Beamten und Berufssoldaten wiedereingegliedert und 1958 wurden die letzten verurteilten Kriegsverbrecher in der Bundesrepublik begnadigt. Ausnahmen bildeten die während der Nürnberger Prozesse nicht zum Tode Verurteilten der obersten Führungsriege des Nationalsozialismus, wie RUDOLF HESS (1894–1987).
Widerstand gegen die Politik ADENAUERs regte sich vor allem aus dem linken politischen Lager. Infolgedessen wurde am 11. Juli 1951 das „1. Strafrechtsänderungsgesetz“, das als „Blitzgesetz“ bekannt geworden ist, beschlossen, das am am 30. August 1951 Gesetzeskraft erlangte und solche Straftatbestände wie
als Mittel zur Verfolgung vor allem Angehöriger des linken politischen Spektrums einführte. Folgen des Gesetzes waren das Verbot der Freien Deutschen Jugend (FDJ) 1951 und das Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) 1956. Kommunisten erhielten Berufsverbot.
In Darmstadt z. B. wurde wurde diesbezüglich folgender Beschluss gefasst:
„Die auf Grund der von der Bundesregierung und der Hess. Landesregierung getroffenen Maßnahmen zur Entlassung aller der Kommunistischen Partei oder verwandter Gliederungen angehörigen Mitglieder aus dem öffentlichen Dienst werden erörtert, und die für die Stadtverwaltung hieraus zu ziehenden Folgerungen erwogen. Der Magistrat beschließt einstimmig, vorerst von allen Bediensteten der Stadtverwaltung den von Herrn Stadtrat Schrauth im Entwurf vorgelegten Fragebogen beantworten zu lassen und danach weiter über diese Angelegenheit zu beraten.“
(Beschluss des Magistrates der Stadt Darmstadt vom 23. September 1950)
Selbst der ehemalige Generalbundesanwalt MAX GÜDE äußerte angesichts der Ziele des Gesetzes:
„Hier ist das Prinzip der Prävention so konsequent formuliert, daß seine Unvereinbarkeit mit modernem Schuldstrafrecht in die Augen springt.“
Als der damalige Verteidigungsminister FRANZ JOSEF STRAUSS 1956/57 die atomare Aufrüstung der Bundeswehr forderte, regte sich sogar in den Kreisen der FDP Widerstand gegen die Regierung.
In der SBZ und der späteren DDR ging die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD, nach der Zwangsvereinigung 1946 Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, SED) von der Mitschuld des gesamten Volkes am Zweiten Weltkrieg aus. Man verurteilte rigoros alle Kriegsverbrecher. Allerdings trafen die sogenannten „Säuberungsmaßnahmen“ in der SBZ/DDR oft auch Unschuldige, die durch Denunziationen zu Lagerhaft und Deportation auf das Staatsgebiet der damaligen UdSSR bestraft wurden. Auch Kritiker des gesellschaftlichen Systems wurden bis 1953 (STALINs Tod) als angebliche „Faschisten“, „Reaktionäre“ bzw. „Kollaborateure“ inhaftiert und zu hohen Lagerhaftstrafen in der UdSSR verurteilt.
1950 wurde in der DDR die gesellschaftliche Orientierung auf den Sozialismus stalinscher Prägung beschlossen. Dies wirkte sich auf die gesamte Rechtssprechung aus. In der DDR ging man davon aus, dass der Staat bewusst nicht die Nachfolge des Deutschen Reiches antrat (wie es in der BRD üblich war), sondern sich durch eine (wie auch immer geartete) Revolution auf die „progressiven“ Traditionen der deutschen Geschichte berief. Dadurch erhielt der Staat Argumente, um gegen alles vermeintlich „Konterrevolutionäre“, „Bürgerlich-Dekadente“ vorgehen zu können. Man setzte oft leichtfertig „konterrevolutionär“ und „Sozialismusgegnerschaft“ mit „faschistisch“ gleich. Selbst zweifelnde Kritik aus den Reihen der SED wurde nicht geduldet und unter dem Verdikt der „westlichen Agententätigkeit“ abgestraft.
Allerdings verstand sich der Staat mehr und mehr als grundsätzlich antifaschistisch. Dieser „verordnete Antifaschismus“ wurde Teil des gesellschaftlichen Selbstverständnisses.
Die Wiederaufnahme des Kulturbetriebs (von der Tageszeitung über das Radio bis zum Sport) sowie die literarische und künstlerische Betätigung begannen bereits einige Monate nach Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde.
Literarische Zeitschriften waren
„Der Ruf“ Nr. 15:„Das Kennzeichen unserer Zeit ist die Ruine. ...Die Ruine lebt in uns wie wir in ihr ... Um diese Menschen zu erfassen, bedarf es neuer Methoden der Gestaltung, neuer Stilmittel, ja neuer Literatur.“
Öffnung der Lehranstalten
Theater
Das „Deutsche Theater“ begann im September 1945 zu spielen. Es wurde mit LESSINGs „Nathan der Weise“ am 07.09.1945 offiziell wiedereröffnet. Regie führte FRITZ WISTEN (1890–1962).
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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