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Lyrik der Sechzigerjahre

Die Sechzigerjahre waren das Jahrzehnt der Lyrik in der DDR. Hier traten junge Lyriker auf den Plan, die nicht nur „neue Töne“ anschlugen, sondern auch neue Impulse gaben.

Mit Kunstformen, wie Agitationskunst und Protest-Song, versuchten Autoren der Bundesrepublik, sich gegen die tradierten Formen der Kunst, wie der Naturlyrik, abzugrenzen. Die Teilung Deutschlands war ein Thema, zu dem sich in Ost wie West die Stimmen häuften. Auf HANS MAGNUS ENZENSBERGERs Gedichtband „landessprache“ folgte ein innerdeutscher Disput zwischen Ost und West.

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Lyrik der Sechzigerjahre in der DDR

Die Sechzigerjahre waren das Jahrzehnt der Lyrik in der DDR. Hier traten junge Lyriker auf den Plan, die nicht nur „neue Töne“ anschlugen, sondern auch über weite Strecken die Lyrik deutscher Zunge beeinflussten. JOHANNES BOBROWSKI (1917–1965) wurde mit seinen Lyrikbänden „Sarmatische Zeit“ und „Schattenland Ströme“ zum Anreger einer ganzen Lyrikergeneration. SARAH KIRSCH (1935-2013) widmete ihm in ihrem Band „Landaufenthalt“ drei Gedichte. Sie gehörte mit VOLKER BRAUN (geb. 1939), REINER KUNZE (geb. 1933), ELKE ERB (geb. 1938) und HEINZ CZECHOWSKI (1935-2009) einer Generation an und beeinflusste wiederum mit ihnen die jüngeren Autoren der Siebzigerjahre nachhaltig.
In der DDR wurden Lyrik-Lesungen organisiert, man kombinierte satirische und komische Prosa mit Jazz und Gedichten („Lyrik-Jazz-Prosa“), es wurde das politische Lied gepflegt („Singegruppen“), auch Pop-Gruppen entstanden, die sich an die Beat-Generation des Westens anlehnten.

Politisierung der Literatur

Die Suche nach dem historischen Ort, der mehr ist, als nur einer der beiden deutschen Staaten, war in der DDR und der BRD jener Zeit gleichermaßen zu beobachten. Die Nichtaufarbeitung der jüngsten deutschen Geschichte, der Mauerbau, die Notstandsgesetze, die neue DDR-Verfassung (1968) und das Weltgeschehen (Vietnam-Krieg, Probleme der Dritten Welt [Nord-Süd-Konflikt], Einmarsch von Truppen des Warschauer Vertrages in die CSSR) hinterließen in beiden Staaten literarische Spuren, denn auch in der Bundesrepublik fand eine Politisierung der Literatur statt.

HANS MAGNUS ENZENSBERGER äußerte 1962:
„Der politische Auftrag eines Gedichts ist, sich jedem Auftrag zu verweigern [...] Das Gedicht, das sich, gleichviel ob aus Irrtum oder aus Niedertracht verkauft, ist zum Tode verurteilt.“
(Enzensberger, Hans Magnus: Poesie und Politik. In: Einzelheiten. Frankfurt/ Main: Suhrkamp Verlag, 1962, S. 353.)

Deutsche Teilung

Mit Kunstformen, wie der Agitationskunst und dem Protest-Song, versuchten Autoren, sich gegen die tradierten Formen der Kunst, wie der Naturlyrik, abzugrenzen. Die Teilung Deutschlands war ein Thema, zu dem sich in Ost wie West die Stimmen häuften. Eine der wichtigsten Lyrik-Anthologien war „Deutsche Teilung. Ein Lyriklesebuch aus Ost und West“.

ENZENSBERGERs Gedichtband „landessprache“(1960) löste einen innerliterarischen Disput zwischen Ost und West aus.

Im Titelgedicht heißt es:

was habe ich hier verloren,
in diesem land,
dahin mich gebracht haben meine älteren
durch arglosigkeit? [...]
ansässig im gemütlichen elend,
in der netten, zufriedenen grube ...

(Enzensberger, Hans Magnus: landessprache. Frankfurt/Main: Suhrkamp Verlag, 1960, S. 5)

VOLKER BRAUN reagierte mit „Wir und nicht sie“ (1970) in einem beißenden, ironischen Ton auf Enzensberger, er empfand dessen Haltung als Herausforderung: „Eins könnte mich trösten: wir haben das halbe/Land frei für den Frieden“, heißt es darin hoffnungsfroh, neun Jahre nach dem Mauerbau.

„In den verbrannten
Grenzen, wo das Gras wächst
Liegt es, das seine Zeitungen loben und die Sprecher
Des Volks, mein Land, nicht mehr gefürchtet
Von seinen Bewohnern.“

(Braun, Volker: Wir und nicht sie. Halle: Mitteldeutscher Verlag, 1970)


Der Titel seines Gedichts ist eine Umkehrung des klopstockschen „Sie, und nicht wir!“ von 1790, in welchem dieser den Traum von einem deutschen Nationalstaat besang („Hätt' ich hundert Stimmen; ich feyerte Galliens Freyheit/Nicht mit erreichendem Ton, sänge die göttliche schwach“). BRAUN ist sich eins mit dem halb geeinten Vaterland – „Nach dem Jahrhundert/Des Granatenrechts, das wir brachen“ –, auch wenn sein Blick in die Vergangenheit geht:

„Als die Städte brachen, müßt ich, da Freiheit
Bis heut von fern gefeiert war, ihr Lob stärker
Singen als jeder! aber sie tröstet mich nicht.“
(ebenda)


Ganz im Sinne der damaligen kalten Kriegsstimmung wittert er Gefahr für diese zerbrechliche Freiheit, diesen zerbrechlichen Frieden:

„Denn wer alles auch sagt, uns kümmere nur
Dies halbe, das wir schützen können: ich kenne
Nicht mein und dein vor diesen verletzlichen Ländern.“
(ebenda)


Ähnliche Metaphern wird BRAUN 1990/92 gebrauchen, wenn er aus der Erfahrung des demokratischen Umbruchs in seinem Land sowie der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten zurückschaut:

„Die Hoffnung lag im Weg wie eine Falle.
Mein Eigentum, jetzt habt ihrs auf der Kralle.
Wann sag ich wieder mein und meine alle.“

(Braun Volker: Das Eigentum. In: Zickzackbrücke. Ein Abrißkalender. Halle: Mitteldeutscher Verlag 1992, S. 84)

Diese unerschütterliche Überzeugung, im Sozialismus gehöre allen alles und dies mache die Freiheit des Systems aus, Volkseigentum sei den privatkapitalistischen Eigentumsverhältnissen überlegen, verließ ihn nicht. Und selbst die Armseligkeit, in der die DDR daherkam, konnte ihn nicht daran hindern, Loblieder zu singen – eben auf ihre Armseligkeit, aber auch auf ihre Widersprüchlichkeit. Dass selbst die „verbrannten/Grenzen, wo das Gras wächst“ gefeiert wurden, kann allerdings selbst in der DDR jener Zeit nicht jeder nachvollziehen.

Auch GÜNTHER DEICKE (1922–2006) bezog sich 1964 in „Gespräch mit einem Dichter“ auf ENZENSBERGERS damaligen Wohnort Schweden, als er äußerte, dass es leicht sei, aus der Ferne auf das Land zu schauen. Sein Gedicht endete mit den Zeilen: „... steckt sich einen zornigen/Enzensberger ins Knopfloch./Aber das ist ein anderes Land .../Ja, überall und also auch hier,/in meinem Land, das ich liebe/wie den Alltag, den schöpferischen./Denn es ist mein Land.“

Aber nicht immer waren die Reaktionen auf staatliche Trennung Deutschlands und Mauerbau so enthusiastisch-zustimmend. GÜNTER DE BRUYN meinte einige Zeit später resigniert: „Man war der Entscheidung, zu fliehen oder zu bleiben, enthoben.“

WOLF BIERMANN bildete in den Endsechzigern eine Ausnahme, wenn er in „Deutschland. Ein Wintermärchen. (erstes Kapitel)“ dichtete:

„ So gründlich haben wir geschrubbt
mit Stalins hartem Besen
Daß rot verschrammt der Hintern ist
Der vorher braun gewesen.“

(Biermann, Wolf: Deutschland. Ein Wintermärchen. Berlin: Wagenbach, 1972)

Sein Spottgedicht begann BIERMANN etwa 1964. 1972 wurde es bei WAGENBACH veröffentlicht. Der Autor lehnte sich in seiner Kritik an das berühmte heinesche Vorbild an, wollte ebenso kompromisslos das Nachkriegsdeutschland und die deutsche Teilung beschreiben. Allerdings musste er gewärtigen, dass er sich in der DDR weiter Feinde machte.
Im Ergebnis dieses „Machtkampfes“ zwischen freier Meinungsäußerung eines damals nur wenig bekannten Lyrikers und Liedermachers auf der einen und der Staatsmacht der DDR auf der anderen Seite wurde BIERMANN 1976 aus der DDR ausgebürgert. Erreicht hatte die DDR-Führung damit lediglich, dass aus dem seit dem Berufsverbot 1965 Totgeschwiegenen nun auch im Osten Deutschlands ein Prominenter wurde und dass von nun an BIERMANNs Lieder als Raubkopien in der DDR kursierten.

Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH): "Lyrik der Sechzigerjahre." In: Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH). URL: http://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/deutsch-abitur/artikel/lyrik-der-sechzigerjahre (Abgerufen: 12. August 2025, 12:49 UTC)

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Literarische Themen der Neunzigerjahre

Die Literatur der Neunzigerjahre griff sowohl Themen auf, die in den vorhergehenden Jahrzehnten bereits Stoffgrundlage gewesen waren als auch neue Themen, die sich mit dem Vereinigungsprozess von DDR und BRD auseinandersetzten. BERNHARD SCHLINK griff in seinem Roman „Der Vorleser“ (1995) die nach dem Zweiten Weltkrieg viel diskutierte Frage um die Schuld des Einzelnen an Holocaust und Massenmord wieder auf.
Mit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten am 03. Oktober 1990 fragten Autoren danach, wie es sich in dem neuen – alten Land lebte, in dem sich der Alltag vor allem für viele Ostdeutsche radikal geändert hatte. Aus dieser Sicht waren die 1990er-Jahre eine Zeit des Übergangs.

Heinrich von Meißen, genannt Frauenlob

* um 1250–60 in Meißen
† 29.11.1318 in Mainz

HEINRICH VON MEISSEN war ein mittelhochdeutscher Lyriker und Spruchdichter, der sich selbst den Künstlernamen FRAUENLOB gab. Zusammen mit WALTHER VON DER VOGELWEIDE und OSWALD VON WOLKENSTEIN gehört er zu den drei großen Lyrikern des Mittelalters. Sein Werk umfasst u.a. Spruchstrophen, Minnelieder und Leiche mit oft reichhaltiger Metaphorik, die den späthöfischen Minnesang stark beeinflussten. Die Meistersinger zählten ihn zu den „Zwölf alten Meistern“.

Pindar

* 518 v. Chr. in Kynoskephalai (bei Theben, Griechenland)
† 438 v. Chr. in Argos (Griechenland)

PINDAR gehörte zusammen mit ALKAIOS, SAPPHO und ANAKREON zu den bedeutendsten panhellenischen Lyrikern der griechischen Literatur. Er führte die griechische Chorlyrik zu ihrem Höhepunkt und ist der geistige Vater einer besonderen Odenform, der sogenannten Pindarischen Ode, einer dreigeteilten chorischen Ode, bei der die beiden ersten Strophen gleich gebaut sind und die dritte metrisch abweichend ist.

PINDAR schrieb Hymnen, Dithyramben, Prozessionsoden, Tanzlieder, Grabgesänge und Loblieder und galt bereits im Altertum als Meister des erhabenen Stils.

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* 01.08.1925 in Wien
† 09.06.2000 in Wien

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Sein Durchbruch gelang ihm mit seinem Werk „Laut und Luise“. JANDLs Markenzeichen ist es, einzelne Wörter nebeneinander zu stellen, zu vertauschen und zu zerlegen, durch konsequenten Austausch von Buchstaben und Weglassen von Silben. Worte werden grafisch zu Bildern geordnet und kombiniert.
Innovativ wirkte JANDL auch auf dem Gebiet des Hörspiels und des Dramas.

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* 09.02.1931 in Heerlen (Niederlande)
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THOMAS BERNHARD gehört zu den bedeutendsten deutschsprachigen Dramatikern des 20. Jahrhunderts. Als er 58-jährig starb, hinterließ er nicht nur ein reichhaltiges lyrisches, episches und dramatisches Werk, sondern auch die Verfügung, dass seine Stücke

„innerhalb der Grenzen des österreichischen Staates ... (weder) von mir verfaßtes Geschriebenes aufgeführt, gedruckt oder auch nur vorgetragen werden“

dürfe.

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