Direkt zum Inhalt

Pfadnavigation

  1. Startseite
  2. Deutsch Abitur
  3. 4 Literaturgeschichte
  4. 4.10 Literatur von 1945 bis zur Gegenwart
  5. 4.10.4 Die Literatur der 1960er-Jahre
  6. Lyrik der Sechzigerjahre

Lyrik der Sechzigerjahre

Die Sechzigerjahre waren das Jahrzehnt der Lyrik in der DDR. Hier traten junge Lyriker auf den Plan, die nicht nur „neue Töne“ anschlugen, sondern auch neue Impulse gaben.

Mit Kunstformen, wie Agitationskunst und Protest-Song, versuchten Autoren der Bundesrepublik, sich gegen die tradierten Formen der Kunst, wie der Naturlyrik, abzugrenzen. Die Teilung Deutschlands war ein Thema, zu dem sich in Ost wie West die Stimmen häuften. Auf HANS MAGNUS ENZENSBERGERs Gedichtband „landessprache“ folgte ein innerdeutscher Disput zwischen Ost und West.

Schule wird easy mit KI-Tutor Kim und Duden Learnattack

  • Kim hat in Deutsch, Mathe, Englisch und 6 weiteren Schulfächern immer eine von Lehrkräften geprüfte Erklärung, Video oder Übung parat.
  • 24/7 auf Learnattack.de und WhatsApp mit Bildupload und Sprachnachrichten verfügbar. Ideal, um bei den Hausaufgaben und beim Lernen von Fremdsprachen zu unterstützen.
  • Viel günstiger als andere Nachhilfe und schützt deine Daten.
Jetzt 30 Tage risikofrei testen
Your browser does not support the video tag.

Lyrik der Sechzigerjahre in der DDR

Die Sechzigerjahre waren das Jahrzehnt der Lyrik in der DDR. Hier traten junge Lyriker auf den Plan, die nicht nur „neue Töne“ anschlugen, sondern auch über weite Strecken die Lyrik deutscher Zunge beeinflussten. JOHANNES BOBROWSKI (1917–1965) wurde mit seinen Lyrikbänden „Sarmatische Zeit“ und „Schattenland Ströme“ zum Anreger einer ganzen Lyrikergeneration. SARAH KIRSCH (1935-2013) widmete ihm in ihrem Band „Landaufenthalt“ drei Gedichte. Sie gehörte mit VOLKER BRAUN (geb. 1939), REINER KUNZE (geb. 1933), ELKE ERB (geb. 1938) und HEINZ CZECHOWSKI (1935-2009) einer Generation an und beeinflusste wiederum mit ihnen die jüngeren Autoren der Siebzigerjahre nachhaltig.
In der DDR wurden Lyrik-Lesungen organisiert, man kombinierte satirische und komische Prosa mit Jazz und Gedichten („Lyrik-Jazz-Prosa“), es wurde das politische Lied gepflegt („Singegruppen“), auch Pop-Gruppen entstanden, die sich an die Beat-Generation des Westens anlehnten.

Politisierung der Literatur

Die Suche nach dem historischen Ort, der mehr ist, als nur einer der beiden deutschen Staaten, war in der DDR und der BRD jener Zeit gleichermaßen zu beobachten. Die Nichtaufarbeitung der jüngsten deutschen Geschichte, der Mauerbau, die Notstandsgesetze, die neue DDR-Verfassung (1968) und das Weltgeschehen (Vietnam-Krieg, Probleme der Dritten Welt [Nord-Süd-Konflikt], Einmarsch von Truppen des Warschauer Vertrages in die CSSR) hinterließen in beiden Staaten literarische Spuren, denn auch in der Bundesrepublik fand eine Politisierung der Literatur statt.

HANS MAGNUS ENZENSBERGER äußerte 1962:
„Der politische Auftrag eines Gedichts ist, sich jedem Auftrag zu verweigern [...] Das Gedicht, das sich, gleichviel ob aus Irrtum oder aus Niedertracht verkauft, ist zum Tode verurteilt.“
(Enzensberger, Hans Magnus: Poesie und Politik. In: Einzelheiten. Frankfurt/ Main: Suhrkamp Verlag, 1962, S. 353.)

Deutsche Teilung

Mit Kunstformen, wie der Agitationskunst und dem Protest-Song, versuchten Autoren, sich gegen die tradierten Formen der Kunst, wie der Naturlyrik, abzugrenzen. Die Teilung Deutschlands war ein Thema, zu dem sich in Ost wie West die Stimmen häuften. Eine der wichtigsten Lyrik-Anthologien war „Deutsche Teilung. Ein Lyriklesebuch aus Ost und West“.

ENZENSBERGERs Gedichtband „landessprache“(1960) löste einen innerliterarischen Disput zwischen Ost und West aus.

Im Titelgedicht heißt es:

was habe ich hier verloren,
in diesem land,
dahin mich gebracht haben meine älteren
durch arglosigkeit? [...]
ansässig im gemütlichen elend,
in der netten, zufriedenen grube ...

(Enzensberger, Hans Magnus: landessprache. Frankfurt/Main: Suhrkamp Verlag, 1960, S. 5)

VOLKER BRAUN reagierte mit „Wir und nicht sie“ (1970) in einem beißenden, ironischen Ton auf Enzensberger, er empfand dessen Haltung als Herausforderung: „Eins könnte mich trösten: wir haben das halbe/Land frei für den Frieden“, heißt es darin hoffnungsfroh, neun Jahre nach dem Mauerbau.

„In den verbrannten
Grenzen, wo das Gras wächst
Liegt es, das seine Zeitungen loben und die Sprecher
Des Volks, mein Land, nicht mehr gefürchtet
Von seinen Bewohnern.“

(Braun, Volker: Wir und nicht sie. Halle: Mitteldeutscher Verlag, 1970)


Der Titel seines Gedichts ist eine Umkehrung des klopstockschen „Sie, und nicht wir!“ von 1790, in welchem dieser den Traum von einem deutschen Nationalstaat besang („Hätt' ich hundert Stimmen; ich feyerte Galliens Freyheit/Nicht mit erreichendem Ton, sänge die göttliche schwach“). BRAUN ist sich eins mit dem halb geeinten Vaterland – „Nach dem Jahrhundert/Des Granatenrechts, das wir brachen“ –, auch wenn sein Blick in die Vergangenheit geht:

„Als die Städte brachen, müßt ich, da Freiheit
Bis heut von fern gefeiert war, ihr Lob stärker
Singen als jeder! aber sie tröstet mich nicht.“
(ebenda)


Ganz im Sinne der damaligen kalten Kriegsstimmung wittert er Gefahr für diese zerbrechliche Freiheit, diesen zerbrechlichen Frieden:

„Denn wer alles auch sagt, uns kümmere nur
Dies halbe, das wir schützen können: ich kenne
Nicht mein und dein vor diesen verletzlichen Ländern.“
(ebenda)


Ähnliche Metaphern wird BRAUN 1990/92 gebrauchen, wenn er aus der Erfahrung des demokratischen Umbruchs in seinem Land sowie der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten zurückschaut:

„Die Hoffnung lag im Weg wie eine Falle.
Mein Eigentum, jetzt habt ihrs auf der Kralle.
Wann sag ich wieder mein und meine alle.“

(Braun Volker: Das Eigentum. In: Zickzackbrücke. Ein Abrißkalender. Halle: Mitteldeutscher Verlag 1992, S. 84)

Diese unerschütterliche Überzeugung, im Sozialismus gehöre allen alles und dies mache die Freiheit des Systems aus, Volkseigentum sei den privatkapitalistischen Eigentumsverhältnissen überlegen, verließ ihn nicht. Und selbst die Armseligkeit, in der die DDR daherkam, konnte ihn nicht daran hindern, Loblieder zu singen – eben auf ihre Armseligkeit, aber auch auf ihre Widersprüchlichkeit. Dass selbst die „verbrannten/Grenzen, wo das Gras wächst“ gefeiert wurden, kann allerdings selbst in der DDR jener Zeit nicht jeder nachvollziehen.

Auch GÜNTHER DEICKE (1922–2006) bezog sich 1964 in „Gespräch mit einem Dichter“ auf ENZENSBERGERS damaligen Wohnort Schweden, als er äußerte, dass es leicht sei, aus der Ferne auf das Land zu schauen. Sein Gedicht endete mit den Zeilen: „... steckt sich einen zornigen/Enzensberger ins Knopfloch./Aber das ist ein anderes Land .../Ja, überall und also auch hier,/in meinem Land, das ich liebe/wie den Alltag, den schöpferischen./Denn es ist mein Land.“

Aber nicht immer waren die Reaktionen auf staatliche Trennung Deutschlands und Mauerbau so enthusiastisch-zustimmend. GÜNTER DE BRUYN meinte einige Zeit später resigniert: „Man war der Entscheidung, zu fliehen oder zu bleiben, enthoben.“

WOLF BIERMANN bildete in den Endsechzigern eine Ausnahme, wenn er in „Deutschland. Ein Wintermärchen. (erstes Kapitel)“ dichtete:

„ So gründlich haben wir geschrubbt
mit Stalins hartem Besen
Daß rot verschrammt der Hintern ist
Der vorher braun gewesen.“

(Biermann, Wolf: Deutschland. Ein Wintermärchen. Berlin: Wagenbach, 1972)

Sein Spottgedicht begann BIERMANN etwa 1964. 1972 wurde es bei WAGENBACH veröffentlicht. Der Autor lehnte sich in seiner Kritik an das berühmte heinesche Vorbild an, wollte ebenso kompromisslos das Nachkriegsdeutschland und die deutsche Teilung beschreiben. Allerdings musste er gewärtigen, dass er sich in der DDR weiter Feinde machte.
Im Ergebnis dieses „Machtkampfes“ zwischen freier Meinungsäußerung eines damals nur wenig bekannten Lyrikers und Liedermachers auf der einen und der Staatsmacht der DDR auf der anderen Seite wurde BIERMANN 1976 aus der DDR ausgebürgert. Erreicht hatte die DDR-Führung damit lediglich, dass aus dem seit dem Berufsverbot 1965 Totgeschwiegenen nun auch im Osten Deutschlands ein Prominenter wurde und dass von nun an BIERMANNs Lieder als Raubkopien in der DDR kursierten.

Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH): "Lyrik der Sechzigerjahre." In: Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH). URL: http://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/deutsch-abitur/artikel/lyrik-der-sechzigerjahre (Abgerufen: 20. May 2025, 19:01 UTC)

Suche nach passenden Schlagwörtern

  • REINER KUNZE
  • ENZENSBERGER
  • Lyrik
  • Volker Braun
  • Primärtext
  • Volltext
  • SARAH KIRSCH
  • ELKE ERB
  • HEINZ CZECHOWSKI
Jetzt durchstarten

Lernblockade und Hausaufgabenstress?

Entspannt durch die Schule mit KI-Tutor Kim und Duden Learnattack.

  • Kim hat in Deutsch, Mathe, Englisch und 6 weiteren Schulfächern immer eine von Lehrkräften geprüfte Erklärung, Video oder Übung parat.
  • 24/7 auf Learnattack.de und WhatsApp mit Bildupload und Sprachnachrichten verfügbar. Ideal, um bei den Hausaufgaben und beim Lernen von Fremdsprachen zu unterstützen.
  • Viel günstiger als andere Nachhilfe und schützt deine Daten.

Verwandte Artikel

Das historische Sujet in den Siebziger- und Achtzigerjahren

Das historische Sujet wurde erst in den Siebzigerjahren in der Literatur der Bundesrepublik wieder ernsthaft diskutiert.

In der DDR dagegen kann man von einer gewissen Kontinuität des Auftretens historischer Belletristik seit 1952 sprechen. Wurde der historische Stoff anfangs dazu benutzt, dem sozialistischen deutschen Staat seine Existenzberechtigung zuzusprechen, wird er später auch für Sozialismuskritik genutzt.

In der Bundesrepublik beschäftigte man sich mit ausgewählten historischen Themen, es wurden Biografien veröffentlicht und historische Stoffe mit Fantastischem verwoben. Einen bedeutenden Erfolg verzeichnete PATRICK SÜSKINDs „Das Parfum“.

Edward Estlin Cummings

* 14. Oktober 1894 in Cambridge (Massachusetts)
† 03. September 1962 in North Conway (New Hampshire)

Schon mit seinem Erstlingswerk „The Enormous Room“ (1922) erreichte EDWARD ESTLIN CUMMINGS öffentliche Aufmerksamkeit und internationale Anerkennung. In diesem Roman schildert CUMMINGS schonungslos die während seiner Kriegsgefangenschaft gemachten Erfahrungen. Bekannt wurde er aber vor allem durch seine exzentrische Dichtkunst. Formale Kennzeichen seiner Gedichte sind das auffällige typographische Arrangement, die ungewöhnliche Verwendung von Interpunktionen und eine eigenwillige Orthografie, wohingegen die gewählten Themen traditionell anmuten.

CUMMINGS künstlerisches Werk beschränkt sich jedoch nicht auf die Lyrik. Er war zudem Maler und verfasste auch einen kritischen Reisebericht über die Sowjetunion.

Martin Opitz

* 23.12.1597 in Bunzlau
† 20.08.1639 in Danzig

MARTIN OPITZ (auch: MARTINUS OPITIUS, OPICIUS, OPITZ VON BOBERFELD(T), „Der Gekrönte“) war deutscher Barockdichter und Versreformer, Diplomat und Gelehrter. Die Schriften OPITZ', insbesondere sein „Buch von der Deutschen Poeterey“ hatten maßgeblichen Anteil an der Entwicklung des Deutschen zur akzeptierten eigenen Literatursprache und markierten den Beginn der deutschen Barocklyrik. OPITZ löste eine grundlegende Reformation der Versmetrik aus, indem er eine Harmonisierung von Versakzent und Wortakzent propagierte. Seine Werke erlangten für die jeweiligen literarischen Gattungen (Sonett, Trauerspiel, Roman usw.) teils maßgebende Bedeutung, sodass er schon zu Lebzeiten hohe Anerkennung fand und noch heute als eine Persönlichkeit von großer literarischer und sozialpolitischer Bedeutung gilt.

Die Teilung Deutschlands

Auf der Konferenz von Potsdam legte man die wirtschaftliche Einheit Deutschlands fest, die in den vier Besatzungszonen überwacht werden sollte, jedoch mit der Schaffung der „Bizone“ am 1. Januar 1947 und der späteren „Trizone“ drifteten die deutschen Besatzungsgebiete auch organisatorisch auseinander.

Ähnliches ist für den Bereich der Kultur zu beobachten. FRANZ FÜHMANN (1922–1984) notierte den Eindruck, dass alle den

„stillen Terror gegen alle Schriftsteller in Westdeutschland (bestätigen), die sich zur Einheit der deutschen Literatur bekennen.“

Die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Autoren-Ost und den Autoren-West waren gravierend.

Paul Fleming

* 05.10.1609 in Hartenstein (Sachsen)
† 02.04.1640 in Hamburg

PAUL FLEMING war ein deutscher Barockdichter des 17. Jahrhunderts, dessen Werke besonders eng an die Dichtungen FRANCESCO PETRARCAs und MARTIN OPITZ' anschlossen. Er gilt als Meister des Sonetts und schrieb deutsche und lateinische weltliche und geistliche Lieder und Gedichte, die zwar die barocken Stilvorgaben seiner Zeit nicht ganz verließen, jedoch durch eine besondere, kraftvolle, ursprüngliche und emotionale Sprache auffielen. Die Dichtungen FLEMINGs werden allgemein als Vorläufer der Erlebnisdichtung von JOHANN WOLFGANG VON GOETHE angesehen.

Ein Angebot von

Footer

  • Impressum
  • Sicherheit & Datenschutz
  • AGB
© Duden Learnattack GmbH, 2025