Englisch im pazifischen Raum
Der britische Seefahrer und Entdeckungsreisende JAMES COOK bereiste in den 1770er-Jahren den pazifischen Raum. Dabei „entdeckte“ er zahlreiche der vielen kleineren und größeren Inseln bzw. Inselgruppen des polynesischen und melanesischen Gebietes, wie zum Beispiel Fidschi, Vanuatu und Hawaii. Außerdem erhob er im Jahre 1770 im Namen der britischen Krone Anspruch auf Australien. Seit dieser Zeit wird im pazifischen Raum Englisch gesprochen.
Es gab und gibt jedoch bis heute große Unterschiede zwischen den Ländern der Region, was den Status bzw. die Wichtigkeit der englischen Sprache betrifft. Während Englisch für die große Mehrheit der Australier oder Neuseeländer Erstsprache bzw. Muttersprache ist, wird es von sehr vielen Bewohnern der pazifischen Inseln als Zweitsprache gesprochen. Der folgende Artikel gibt Ihnen einen kurzen Überblick über die im pazifischen Raum genutzte Variante der englischen Sprache – das pazifische Englisch oder Pacific English. Dabei spielen das Englisch Neuseelands und Australiens keine Rolle, da diese eigenständige Varianten darstellen.
Die Sprachsituation im pazifischen Raum stellt sich als sehr komplex und vielschichtig dar.
- Einerseits gibt es eine Vielzahl an so genannten indigenen Sprachen oder indigenous languages – Sprachen, die schon sehr lange in dieser Region gesprochen werden. Auf Papua Neuguinea zum Beispiel geht man von bis zu 750 (oder mehr) indigenen Sprachen aus, die bis heute existieren.
- Andererseits wurde im Zuge der Kolonialisierung seit Ende des 18. Jahrhunderts die englische Sprache im pazifischen Raum eingeführt.
Auf der Basis des Englischen entstanden auf den einzelnen Inseln verschiedene pidgins. Aus diesen vereinfachten Hilfssprachen entwickelten sich im Laufe der Zeit die komplexeren Kreolsprachen (creoles), wie zum Beispiel das Tok Pisin (in Papua Neuguinea) oder Bislama (auf Vanuatu). Diese und andere kreolische Sprachen werden bis heute genutzt. Außerdem entstand eine für die Region spezifische Variante des Englischen, das pazifische Englisch oder Pacific English. Trotz gewisser Gemeinsamkeiten unterscheidet sich dieses von anderen Varianten der englischen Sprache, zum Beispiel vom Standard British English. Im folgenden wird das Pacific English hinsichtlich Verbreitung, Status und besonderer Merkmale kurz charakterisiert.
Verbreitung des Pacific English im pazifischen Raum
Der Gebrauch des Pacific English erstreckt sich unter anderem auf folgende Staaten:
Papua Neuguinea | Tuvalu |
Samoa | Vanuatu |
Fidschi | Kiribati |
Föderierte Staaten von Mikronesien | Marshallinseln |
Außerdem spielt die englische Sprache auch eine wichtige Rolle in einigen Gebieten, die von anderen Staaten abhängig sind. Dazu gehören unter anderem Amerikanisch-Samoa (externes Territorium der USA), die Cookinseln (zu Neuseeland) und die Pitcairn-Inseln (Britische Kronkolonie).
Status des Pacific English im pazifischen Raum
In der Mehrzahl der oben genannten unabhängigen Staaten gilt Englisch als Amtssprache (administrative language) bzw. als offizielle Landessprache (official language). Dies bedeutet:
- der Status einer bestimmten Sprache als Amtssprache ist in der Regel per Gesetz festgelegt und
- die jeweilige Amtssprache wird in offiziellen und öffentlichen Situationen genutzt.
Das heißt, eine Amtssprache wird im Bildungsbereich, im Schriftverkehr, im öffentlichen Rundfunk, in offiziellen Dokumenten und in vielen anderen Bereichen des öffentlichen Lebens gesprochen und geschrieben.
Neben der Amtssprache Englisch haben einige der genannten Staaten oft noch weitere Sprachen mit diesem Status. Es existieren also teilweise zwei (oder mehr) Amtssprachen nebeneinander. So sind zum Beispiel Englisch, Französisch und Bislama (ein Kreol) die Amtssprachen von Vanuatu. In anderen Ländern haben neben dem Englischen auch einige der indigenous languages diesen Status.
Der Status einer Sprache als Amtssprache sagt nichts über deren tatsächlichen Gebrauch aus. Obwohl Englisch oft eine der Amtssprachen in den genannten Staaten ist, dominieren häufig indigene Sprachen oder creoles, die ja teilweise auch diesen Status besitzen.
Englisch als Zweitsprache im pazifischen Raum
Ein Großteil der Bevölkerung in den genannten Gebieten spricht Englisch als Zweitsprache (second language). Eine Zweitsprache wird definitionsgemäß als zweite Sprache – nach dem Erwerb der Mutter- oder Erstsprache – erworben oder erlernt. Für den pazifischen Raum bedeutet dies, dass sehr viele Menschen zuerst ihre Muttersprache – in Form einer der zahlreichen indigenen Sprachen oder eines Kreols – beherrschen, bevor sie Englisch lernen. Teilweise stellt Englisch für einzelne Sprecher auch eine Drittsprache bzw. third language dar. Nur ein sehr geringer Teil der Bevölkerung der Staaten im pazifischen Raum kann als Englisch-Muttersprachler bezeichnet werden.
Sprachliche Besonderheiten des Pacific English
Die besonderen Merkmale des Pacific English ergeben sich dadurch, dass Englisch hauptsächlich als Zweitsprache in dieser Region gesprochen wird. Die jeweiligen Muttersprachen der verschiedenen Sprecher beeinflussen also das Englische hinsichtlich Aussprache, Vokabular und grammatischer Strukturen. Entsprechend ist das Pacific English keine einheitliche Sprache, sondern tritt in Varianten auf. Dabei lassen sich generell zwei große Varietäten unterscheiden:
- Einerseits gibt es eine Form des pazifischen Englisch, die hauptsächlich von den Bewohnern des pazifischen Raumes gesprochen und geschrieben wird, die einen relativ hohen Bildungsstand haben. Sie beherrschen die englische Sprache sehr gut und setzen sie in fast allen Situationen ein. Diese Variante, die auch als Educated Pacific English bezeichnet werden könnte, besitzt grammatische Strukturen, die in fast allen genannten Gebieten übereinstimmen. Das Educated Pacific English weist also eine geringe grammatische Variabilität auf, während sich die Aussprache und das verwendete Vokabular von Staat zu Staat unterscheiden. Ein weiteres Merkmal dieser Variante sind die Ähnlichkeiten mit dem Englisch in Australien, von dem es sich aber auch in vielen Punkten unterscheidet.
- Andererseits gibt es das pazifische Englisch, das hauptsächlich von Sprechern mit einem geringeren Bildungsstand verwendet wird. Für diese ist außerdem typisch, dass sie die englische Sprache weniger gut beherrschen und daher auch viel seltener nutzen. Das Merkmal dieser Variante besteht darin, dass sich die grammatischen Strukturen von Staat zu Staat sehr stark unterscheiden.
Das Educated Pacific English zeichnet sich unter anderem durch folgende grammatische Merkmale aus:
Educated Pacific English | Standard English | |
Wegfall der past tense-Endungen | They should have lock the door. This office is close from 12 to 1. | They should have locked the door. This office is closed from 12 to 1. |
one of + Singular des Substantives: | One of my friend will bring it. | One of my friends... |
spezifischer Gebrauch von Präpositionen: | I read about it on the newspaper. To my opinion... | I read about it in the newspaper. In my opinion... |
Gebrauch von non-count nouns als count nouns: | We need more furnitures in this office. | We need more furniture in this office. |
Im Bereich des Vokabulars sind in allen Varianten des Pacific English natürlich die Wörter und Redewendungen auffällig, die aus den indigenen Sprachen und den englisch-basierten creoles übernommen bzw. entlehnt wurden.
Als Beispiele sollen hier genannt werden:
lavalava | = a sarong | |
wantok | = a person from the same area, friend | |
bilum | = a string-bag | |
meri blouse | = a woman's dress | |
talanoa session | = a story-telling session | |
go finish | = to leave the country permanently | |
something nothing | = something of no importance |
Einige dieser Wörter und Redewendungen werden universell im Pacific English gesprochen, andere hingegen sind nur auf bestimmte Regionen begrenzt. Außerdem gibt es einige Wörter, die den indigenen Sprachen des pazifischen Raums entstammen und inzwischen in das Standard English und in andere Sprachen übernommen wurden. Dies gilt zum Beispiel für taboo, tatoo oder ukulele.