Allein der Begriff Zusammenfassung weist schon darauf hin, dass diese Form des Sachtext immer im Bezug auf eine andere Aussage steht, ganz unabhängig in welchem Medium diese Aussage gemacht wird. So kann man einen Roman zusammenfassen, einen Film oder auch eine Radioreportage. Eine Zusammenfassung ist also kein unabhängiger Text, sondern steht immer in Bezug zu einer vorangehenden, ausführlicheren Abhandlung.
Inhaltsangabe und Zusammenfassung beziehen sich beide auf einen bestimmten argumentativen Kontext, erfüllen jedoch verschiedene Aufgaben.
Eine Inhaltsangabe stellt in der Verwendung von Form und Sprache die wesentlichen Handlungsschritte bzw. den Aufbau einer Abhandlung kurz und präzise dar. Formal und stilistisch ist die Zusammenfassung der Inhaltsangabe folglich sehr ähnlich, wie z. B. in einem folgenden Text:
The knight leaves his homeland. On his journey he meets a princess and they fall in love. He beats the ugly giant who keeps the princess imprisoned in battle. On the day of their marriage, before the ceremony is concluded, lightning strikes the hero and he drops dead.
Der große Unterschied zwischen Inhaltsangabe und Zusammenfassung besteht darin, dass die Zusammenfassung anstelle der Handlungsschritte die wesentlichen Thesen oder Argumente einer Abhandlung aufgreift und darstellt:
The story about the knight demonstrates the workings of destiny which human beings cannot understand. Therefore, the author lets the good hero die before the ceremony is concluded.
Die Zusammenfassung geht also einen Schritt weiter, indem sie die zugrunde liegende Intention eines Autors oder des Werks im Allgemeinen offen legt.
Inhaltsangabe und Zusammenfassung bilden die zwei Pole der Textanalyse: die Inhaltsangabe hat ihren Platz in der Einleitung, die Zusammenfassung findet sich am Schluss wieder. Im Hauptteil wird die anfangs formulierte Fragestellung, der Analyseschwerpunkt, herausgearbeitet. Auf das obige Beispiel angewandt, ist dies die Frage:
Why does the hero have to die in the end and cannot be happily married to the princess?
Antworten auf diese Frage werden im Hauptteil der Textanalyse erarbeitet und diskutiert. Aufgabe der Zusammenfassung ist es nun, diese Gründe, also das Ergebnis der Analyse zu präzisieren und abschließend auf den Punkt zu bringen. Hierbei ist es wichtig, sich nur auf die wesentlichen Aspekte zu konzentrieren, also auf gar keinen Fall den Argumentationsweg des Hauptteils zu wiederholen.
Eine Zusammenfassung bekräftigt durch ihren resümierenden Charakter die Erkenntnisse und Ergebnisse des Hauptteils. Sie ist der abschließende Versuch, den Leser von der Bedeutung und Richtigkeit der Analyseergebnisse zu überzeugen. Aus diesem Grund darf in der Zusammenfassung kein neuer Aspekt auftauchen, der noch nicht im Hauptteil behandelt wurde. Alles andere deutet auf Mängel bei der Analyse hin. Allein im Anschluss an die Zusammenfassung kann ggf. ein neuer Aspekt oder weiterführender Gedanke erwogen werden.
Wie die vorherige Untersuchung zur Textanalyse gezeigt hat, ist eine Zusammenfassung immer in einen argumentativen, wertenden Kontext gebunden. Sie greift die Ergebnisse einer (im weitesten Sinne) logischen Abhandlung auf und stellt sie in Form eines Resümees dar.
Was für die Zusammenfassung im Rahmen einer Textanalyse Gültigkeit hat, lässt sich auch auf alle anderen Formen der argumentativen Auslegung und Darstellung erweitern. So kann man z. B. die Hauptargumente eines Politikers in Form einer Zusammenfassung darstellen, eine gängige Vorgehensweise bei Nachrichtensendungen.
Alle Formen der Darstellung werden von einem Diskurs durchzogen, der über die Grenzen des Mediums Sprache hinausgehen kann. In der Musik z. B. tragen die Instrumente genauso zur Aussage eines Stücks bei wie ein Liedtext. Untersucht man die Aussage eines Songs, so sind neben dem Text auch die gestalterischen musikalischen Mittel berücksichtigen. Sie gehören genauso zum Argument des Stücks wie der Text selber und werden ebenfalls in der Zusammenfassung erwähnt.
Gleiches gilt auch für die visuellen Medien. Wenn ein Dokumentarfilm vor den Gefahren der Abholzung des Regenwaldes warnen will, so kommt diese Warnung in der Bildsprache des Films zum Ausdruck. Diese gestaltet sich aus der gewählten Kameraeinstellung und den verwendeten Bildausschnitten. Die visuellen Aspekte sind genauso Teil des Diskurses wie der gesprochene Kommentar. Sie müssen bei einer Analyse des Films berücksichtigt werden, und beeinflussen den Inhalt der Zusammenfassung, die man über den Film schreiben möchte.
Wie schon angedeutet, ist die Zusammenfassung auf formaler Ebene durch eine kurze, transparente Syntax gekennzeichnet, die allein zum Ziel hat, die Hauptaspekte deutlich und klar wiederzugeben. Daher ist eine Zusammenfassung kurz gehalten, und umfasst bei einer Textanalyse höchstens vier oder fünf Sätze. Eine gute Orientierungshilfe ist die Anzahl der verwendeten Abschnitte im Hauptteil.
Bei Diskussionen oder Debatten anderer Art (z. B. einer politischen Auseinandersetzung mehrere Parteien oder Interessensverbände) erwähnt die Zusammenfassung die wesentlichen Positionen der Personen oder Institutionen mit gleicher Kürze und Präzision.
Der Sprachstil einer Zusammenfassung geht Hand in Hand mit der syntaktischen Form: Das bedeutet, Sachlichkeit und Klarheit haben oberste Priorität. Auf eine bildhafte und von zu vielen Fremdwörtern geprägte Ausdrucksweise sollte weitestgehend verzichtet werden.
Auf der Suche nach dem englischen Äquivalent für Zusammenfassung stößt man rasch auf den Bergriff summary. Doch hier ist Vorsicht geboten, denn bei der summary handelt es sich eher um eine Inhaltsangabe als eine Zusammenfassung. Häufig wird die summary im Zusammenhang mit Fragen nach plot und contents angebracht, und bezieht sich dann z. B. eindeutig auf den Inhalt einer Erzählung.
Im Rahmen einer Argumentation wird ebenfalls der Begriff summary verwendet, dann aber meist im Anschluss an ein dargelegtes Argument. Hier ist dann die summary in einen analytischen Kontext gebunden und eindeutig als Zusammenfassung im oben definierten Sinne zu verstehen. Schlüsselwörter hierfür wären to sum up (the argument/my point etc.) oder to recapitulate ( what has been said/argued/presented etc...).
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