Samuel de Champlain und die Erkundung Kanadas

Pelze statt Gold

In der ersten Hälfte des 16. Jh. brachen französische Entdecker auf, vom Sankt-Lorenz-Strom aus die Weiten Kanadas zu erkunden. Zu den bedeutendsten Entdeckern gehörten die Franzosen JACQUES CARTIER und der auch als Kartenzeichner bekannte SAMUEL DE CHAMPLAIN.
Den französischen Forschern war frühzeitig bewusst, dass die wahren Reichtümer dieses Raumes in den Wäldern zu finden waren. Es war nicht mehr allein das Edelmetall, das Abenteurer und Entdecker aller Schattierungen anlockte, auch kein imaginäres Eldorado oder auch die real existierenden sagenhaften Schätze wie ehemals im Mexiko der Azteken oder im Peru der Inkas.
Die schier unüberschaubaren Wälder Kanadas waren die Grundlage für einen umfassenden und sehr gewinnbringenden Pelzhandel (Fischotter, Fuchs, Marder, Nerz und Biber). Dazu kamen die weiten Grasländer in der Mitte Kanadas, die Prärien, die für den Anbau von Getreide wie geschaffen waren.
Den Anspruch, mit dem viele der „Entdecker“ gegenüber den indianischen Ureinwohnern Kanadas auftraten, brachte ein 1609 erschienenes Werk zur „Geschichte Neu-Frankreichs“ auf den Punkt:

„Gott der Herr gab dem Menschen die Erde, damit er sie besitze. Und es ist klar, daß das Recht des Besitzers in erster Linie denjenigen seiner Kinder zukommt, die auf ihren Vater hören und ihn anerkennen. Solche Kinder aber sind die Christen, denen das Recht gebührt, die Erde unter sich aufzuteilen.“
(aus: Marc Lescarbot: „Geschichte Neu-Frankreichs“ (1609). Zitiert nach Otto Emersleben: Zu fernen Ufern. Leipzig, Jena, Berlin 1984, S. 12.)

SAMUEL DE CHAMPLAIN

Die herausragende Persönlichkeit unter den französischen Entdeckern dieser Zeit war SAMUEL DE CHAMPLAIN. Er wurde um 1567 geboren. Bereits in jungen Jahren gelangte er in spanischen Diensten zu den Westindischen Inseln und nach Mittelamerika. Im Jahre 1601 ernannte ihn der französische König HEINRICH IV. zum Hofgeografen.
Zwei Jahre später reiste CHAMPLAIN erstmals nach Kanada – als Kartenzeichner und Forscher. CHAMPLAIN gelangte auf dieser Reise von der Küste auf dem Sankt-Lorenz-Strom bis in die Gegend des heutigen Montreal. Dort erfuhr er von den ansässigen Huronen, dass es weiter stromaufwärts mehrere große Seen gäbe. Zwischen 1604 und 1607 erforschte und kartografierte CHAMPLAIN dann die Atlantikküste.
Er kam bis in die Gegend, in der sich heute die Stadt New York befindet. Dort zwangen ihn feindlich gesinnte Indianer zur Umkehr.
In Neu-Frankreich, wie die neu entdeckten Gebiete der späteren französischen Kolonie zunächst bezeichnet wurden, knüpfte CHAMPLAIN enge Kontakte zu den Indianern. Neue Erkenntnisse aus seiner Forschertätigkeit wandte er bei der Kolonisierung Neu-Frankreichs an. So erkannte CHAMPLAIN, dass die leichten Rindenkanus der Indianer für den Transport auf den Flüssen den schwerfälligen Ruderbooten der Franzosen überlegen waren. Deshalb regte er seine Landsleute an, bei Reisen in das Landesinnere die indianischen Kanus zu verwenden. CHAMPLAIN war durchaus nicht der Meinung, europäische Technologie müsse der indianischen unbedingt überlegen sein.

Gründung von Quebec

Nachdem CHAMPLAIN mehrere Jahre lang vor allem die kanadische Küste erkundet hatte, gründete er 1608 die Stadt Quebec. Heute ist diese Stadt das Zentrum der gleichnamigen Provinz. In ihr leben noch immer die meisten Kanadier französischen Ursprungs, die sogenannten Frankokanadier.

Quebec diente CHAMPLAIN als Ausgangspunkt für weitere Forschungsreisen. Im Frühjahr 1609 fuhr er den Sankt-Lorenz-Strom weiter aufwärts. Eine Abteilung des Stamms der Huronen, die zu den Algonkin-Indianer n gehörten, begleitete ihn zu seinem Schutz. CHAMPLAIN war dazu erzogen worden, in jedem Menschen ein Geschöpf Gottes zu sehen. Das ermöglichte ihm, mit den Indianern freundschaftliche Beziehungen einzugehen, insbesondere mit den Huronen. Deshalb konnte er damit rechnen, dass ihn die Huronen bei seinen Entdeckungsreisen ins Landesinnere tatkräftig unterstützten. Das führte allerdings dazu, dass er in Stammeskonflikte einbezogen wurde.

Auf dem Kriegspfad

Auf einem See, der heute den Namen CHAMPLAINS trägt, wurden die Franzosen erstmals nicht nur Zeugen, sondern sogar Mitbeteiligte einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen zwei miteinander verfeindeten indianischen Stämmen. Den Kampf zwischen Irokesen und Huronen entschieden dabei letztlich die Feuerwaffen der Franzosen.
Die von Süden her zugewanderten Irokesen lebten inmitten der Stammesgebiete der Algonkin. Als Eindringlinge mussten sie deshalb ihre Stammesgebiete häufig gegenüber den Algonkin behaupten. Zudem waren sie bestrebt, ihre Territorien noch auf Kosten der Algonkin zu erweitern. So hatten sich die Irokesen zu einem der kriegerischsten Völker Nordamerikas entwickelt.
Das Bündnis mit den Huronen wurde den französischen Kolonisten aber später zum Verhängnis. Die Irokesen verziehen es den Franzosen nie, dass sie ihren Todfeinden mit überlegenen Waffen zur Seite gestanden hatten. Diesen Franzosenhass der Irokesen nutzten schließlich auch die Engländer. Mit Unterstützung irokesischer Krieger vertrieben sie 1763 die Franzosen aus ihren kanadischen Kolonien.

An den Großen Seen

Auf weiteren Reisen zog CHAMPLAIN den Ottawafluß quellwärts. Dabei erreichte er das östliche Ufer des Huronsees und, mit Hilfe indianischer Führer, das nördliche Ufer des Ontariosees. Er gilt deshalb als derjenige, der die Großen Seen Nordamerikas entdeckt hat, was nicht unproblematisch ist: Den Irokesen, Huronen und anderen Algonkin-Indianern waren die Großen Seen und deren Umgebung naturgemäß längst bekannt, bevor die ersten Europäer kamen. CHAMPLAIN war nicht einmal der erste Europäer, der die Seen befuhr. Dennoch gilt er als ihr Entdecker. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass er als Erster in seinen Berichten und Karten die Geografie der von ihm erkundeten Region sehr genau für die Allgemeinheit festhielt.
Im Juli 1616 nach Quebec zurückgekehrt, ging CHAMPLAIN hier seiner Tätigkeit als Gouverneur von Neu-Frankreich nach und wertete seine Reisen aus. Pelzhändler und die sogenannten Waldläufer konnten sich fortan bei der Pelztierjagd und beim Pelzhandel auf seine Beschreibungen und Karten vom Gebiet der Großen Seen stützen.
SAMUEL DE CHAMPLAIN starb 1635.

JACQUES CARTIER

JACQUES CARTIER wurde 1491 in dem Städtchen Saint-Malo an der französischen Atlantikküste geboren, wo er auch 1557 starb. Von Saint-Malo aus waren bretonische Fischer mit ihren Booten bis zu den Gewässern um Neufundland vor der nordamerikanischen Ostküste gelangt, wahrscheinlich bereits lange vor 1492, dem Jahr der Entdeckung Amerikas durch KOLUMBUS.
Dieser Tradition folgend, segelte CARTIER 1535/36, also viele Jahre vor CHAMPLAIN, den Sankt-Lorenz-Strom hinauf bis in die Gegend des heutigen Montreal. Als er das Gebiet um den Sankt-Lorenz-Strom erkundete, diente das vor allem dem Zweck, die sagenhafte Nordwestpassage zu finden. Die Suche nach dieser Durchfahrt vom Atlantik zum Pazifik war nach ihm bis ins 19. Jh. hinein das Ziel vieler europäischer Seefahrer und Entdecker. Obwohl CARTIER sein Ziel nicht erreichte, diente das von ihm neu gewonnene geografische Wissen über Kanada vielen späteren französischen Entdeckern, auch CHAMPLAIN, als wichtige Voraussetzung für die Erkundung dieser Region.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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