Funktionsbegriff

GOTTFRIED WILHELM LEIBNIZ (1646 bis 1716) verwendete erstmals 1692 das Wort Funktion als Bezeichnung für Längen, die von einem als beweglich gedachten Punkt einer Kurve abhängen. Von JOHANN BERNOULLI (1667 bis 1748) stammt die erste Definition, LEONHARD EULER (1707 bis 1783), FOURIER (1768 bis 1830) und DIRICHLET (1805 bis 1859) trugen in der Folge maßgeblich zur weiteren Herausbildung und Präzisierung des Funktionsbegriffs bei.

Auch bei der Anwendung der Mathematik in den Naturwissenschaften, in der Technik, Wirtschaft und Gesellschaft spielt der Funktionsbegriff eine wichtige Rolle. Am Anfang steht dabei meist die übersichtliche, komprimierte und auf Wesentliches konzentrierte Beschreibung bestimmter „funktionaler“ Zusammenhänge und Abhängigkeiten, wobei hierfür vor allem Gleichungen, Tabellen, grafische Darstellungen oder auch umgangssprachliche Darstellungen genutzt werden. Einige Beispiele sollen dies im Folgenden illustrieren.

Beispiel 1

Wasser besitzt die Fähigkeit, auch gasförmige Stoffe, z.B. Sauerstoff, Kohlenstoffdioxid, Schwefeldioxid oder Chlor, lösen zu können. Praktisch bedeutsam ist diese Lösefähigkeit u.a. für die Atmung der Fische: Reicht in einem Gewässer der von Fischen benötigte Sauerstoff nicht aus, so kann es auch ohne Verschmutzung zum Fischsterben kommen. Die Löslichkeit von Sauerstoff im Wasser ist von der Temperatur abhängig, wie die folgende Tabelle zeigt:

Temperatur in °CSauerstoff in m g l
014,16
412,70
811,47
1210,43
169,56
208,84
248,25
287,75

Beispiel 2

Die Siedetemperatur von Wasser hängt vom Luftdruck ab. Ist der Druck höher oder geringer als der normale Luftdruck, so ist auch die Siedetemperatur höher bzw. geringer als 100 °C.
Ersteres macht man sich bei Schnellkochtöpfen zunutze. Beispielsweise beträgt bei einem Druck von 130 kPa die Siedetemperatur des Wassers 108 °C, bei 180 kPa schon 117 °C. Der zweite Sachverhalt ist die Ursache dafür, dass Wasser auf dem Montblanc (4807 m), auf dem der Luftdruck nur noch 55 % des normalen Werts beträgt, bereits bei 85 °C siedet.

Bild

Beispiel 3

Den auf nachstehender Kartenskizze angegebenen Städten A, B, C, D und E werden jeweils ihre Einwohnerzahlen (gerundet auf Vielfache von 10 5 ) zugeordnet.

Bild

Als Beispiele für funktionale Zusammenhänge aus innermathematischen Bereichen könnte man etwa folgende Zuordnungen oder Abhängigkeiten in den Beispiele 4 und 5 angeben.

Beispiel 4

Betrachtet wird die Menge der natürlichen Zahlen 1, 2, 3, 4, 5 und 6. Die Anzahl der Teiler jeder dieser Zahlen hängt von der betreffenden Zahl ab. So hat die Zahl 1 genau einen Teiler, nämlich nur sich selbst; die Zahl 2 besitzt die Teiler 1 und 2; die Teiler von 3 sind 1 und 3; 4 hat die Teiler 1, 2 und 4; 5 die Zahlen 1 und 5 und die Zahl 6 besitzt 4 Teiler, nämlich 1, 2, 3 und 6.

Beispiel 5

Jeder natürlichen Zahl x < 100 wird ihr Doppeltes y zugeordnet. In diesem Fall lässt sich der Zusammenhang sogar durch eine Gleichung beschreiben. Für jedes x { 0 ; 1 ; 2 ; ... ; 99 } gilt: y = 2 x

Wenngleich die obigen Beispiele inhaltlich sehr unterschiedlich sind, so weisen sie doch wesentliche Gemeinsamkeiten auf: Stets gehört zu einem Objekt (einem Temperaturwert, einer Höhenangabe, einer Stadt, einer natürlichen Zahl) aus einem ersten Bereich (einer ersten Menge) ein eindeutig bestimmtes Element (eine Sauerstoffmenge, eine Druckgröße, eine Einwohnerzahl, eine Teileranzahl, ...) aus einer zweiten Menge. Anders ausgedrückt: Die angegebene Vorschrift bewirkt, dass man von jedem Element der ersten Menge ausgehend stets zu genau einem Element der zweiten Menge gelangt.

Dies führt zu folgender Definition des Begriffes Funktion:

  • Eine Funktion f ist eine eindeutige Zuordnung (Abbildung), die jedem Element x aus einer Menge D f eindeutig ein Element y aus einer Menge W f zuordnet.
    D f heißt der Definitionsbereich, W f der Wertebereich der Funktion f. Man nennt x D f ein Argument, das zugeordnete Element y W f den Funktionswert von x bei der Funktion f.

Schreibt man die Argumente x und die Funktionswerte y jeweils in der Form ( x ; y ) , so entsteht auf diese Weise eine Menge geordneter Paare, welche die Funktion f ebenso vollständig und eindeutig beschreibt wie die Angabe von Zuordnungsvorschrift und Definitionsbereich bzw. Wertevorrat.

Wir wenden die in der angegebenen Definition benutzten Begriffe auf die obigen Beispiele 4 und 5 an. Es ergibt sich:

 Beispiel 4Beispiel 5
Definitionsbereich D f = { 1 ; 2 ; 3 ; 4 ; 5 ; 6 } D f = { 0 ; 1 ; 2 ; ... ; 99 }
Wertebereich W f = { 1 ; 2 ; 3 ; 4 } W f = { 0 ; 2 ; 4 ; ... ; 198 }
ZuordnungsvorschriftJeder Zahl x D f wird die Anzahl ihrer Teiler zugeordnet.
(Oder: Jede Zahl x D f wird auf die Anzahl ihrer Teiler abgebildet.)
y = 2x
Paarmenge { ( 1 ; 1 ) , ( 2 ; 2 ) , ( 3 ; 2 ) , ( 4 ; 3 ) , ( 5 ; 2 ) , ( 6 ; 4 ) } { ( 1 ; 2 ) , ( 2 ; 4 ) , ( 3 ; 6 ) , ... ..., ( 99 ; 198 ) }

Die Beispiele zeigen: Die Zuordnungsvorschrift lässt sich nicht immer durch eine Funktionsgleichung wie in Beispiel 5 angeben. Häufig muss man auf Tabellen, grafische Darstellungen oder Wortvorschriften zurückgreifen. Auch die Angabe aller zu einer Funktion gehörenden Paare kann bei sehr großem (oder sogar unbeschränktem) Definitionsbereich sehr aufwendig oder unmöglich sein. Dann muss man auf anderen Varianten einer Mengenbeschreibung zurückgreifen.

Existiert eine Zuordnungsvorschrift f in Gleichungsform, so werden unterschiedliche Schreibweisen für die Angabe der Funktionsgleichung benutzt.

Man schreibt
y = f ( x ) ; x D f  und  y W f
oder
f : x y = f ( x ) ; x D f  und  y W f
oder
f : x f ( x ) ; x D f  und  y W f

Für das Beispiel 5 kann also geschrieben werden:
y = f ( x ) = 2 x (bzw. sogar nur y = 2 x )
oder
f : x y = 2 x ; x { 0 ; 1 ; 2 ; ... ; 99 }  und  y { 0 ; 2 ; 4 ; ... ; 198 }  
oder
f : x 2 x ; x { 0 ; 1 ; 2 ; ... ; 99 }  und  y { 0 ; 2 ; 4 ; ... ; 198 }  

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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