Joseph Louis Lagrange

JOSEPH LOUIS LAGRANGE entstammte einer französisch-italienischen Familie und wurde am 15. Januar 1736 in Turin geboren. Sein Vater war ein an sich begüterter Kriegsschatzmeister, der jedoch durch gewagte Spekulationen sein Vermögen verlor. Dies hatte zur Folge, dass der Sohn nicht wie andere Familienmitglieder die Offizierslaufbahn einschlagen konnte und durch zivile Studien an der Turiner Universität einen angemessenen Beruf (etwa den eines Juristen) erlernen sollte.

Zunächst interessierte sich der junge LAGRANGE stärker für Latein und literarische Probleme und weniger für Mathematik. Da jedoch sein Vater für ihn eine Anstellung an der Turiner Artillerieschule vorgesehen hatte, wandte sich LAGRANGE zunehmend mathematisch-naturwissenschaftlichen Problemen zu. Sein Interesse dafür wurde geweckt, als er eine Arbeit des englischen Astronomen EDMUND HALLEY (1656 bis 1742) über die Anwendung der Algebra in der Optik las. Später studierte er die Schriften von JOHANN und JAKOB BERNOULLI sowie die Werke und den Schriftwechsel von NEWTON, LEIBNIZ und EULER.

Bereits mit 16 Jahren begann JOSEPH LOUIS LAGRANGE als Mathematiklehrer an der Turiner Artillerieschule zu arbeiten und wurde als Neunzehnjähriger im Jahre 1755 zum Professor ernannt. Mit 23 Jahren veröffentlichte er seine erste wissenschaftliche Arbeit zu Minima und Maxima. Diese wiederum führte LAGRANGE zur Beschäftigung mit Problemen der Variationsrechnung – konkret zum Aufsuchen von Funktionen, für die bestimmte Integrale einen größten bzw. kleinsten Wert annehmen. Er versuchte, die Variationsrechnung allein mit analytischen Mitteln zu begründen und korrespondierte darüber mit LEONHARD EULER (1707 bis 1783). EULER, der sich ebenfalls (allerdings stärker aus geometrischer Sicht) mit der Variationsrechnung befasst hatte, würdigte die Leistungen LAGRANGES sehr und setzte sich dafür, dass dieser 1757 korrespondierendes Mitglied der Berliner Akademie wurde.

Obwohl LAGRANGE im Jahre 1958 in Turin eine private Gelehrtengesellschaft gegründet hatte, bot ihm seine Heimatstadt wenig Möglichkeiten des wissenschaftlichen Gedankenaustauschs, sodass er dieser zu entfliehen versuchte. Ein geplanter London-Aufenthalt scheiterte aus gesundheitlichen Gründen, doch auf dem Wege dorthin lernte LAGRANGE in Paris bedeutende Wissenschaftler jener Zeit, wie etwa JEAN BAPTISTE D'ALEMBERT (1717 bis 1783), persönlich kennen.

Eine Wende in LAGRANGES Leben trat im Jahre 1766 durch seine Berufung als Nachfolger EULERS an die Berliner Akademie ein.

Zwanzig Jahre wirkte JOSEPH LOUIS LAGRANGE als Direktor der mathematisch-physikalischen Klasse der Berliner Akademie, und es war zugleich seine wissenschaftlich fruchtbarste Periode. Allerdings hielt sich LAGRANGE, zum Leidwesen FRIEDRICH II., sehr im Hintergrund und beteiligte sich wenig am gesellschaftlichen Leben. Eine Ursache dafür ist unter anderem im schlechten Gesundheitszustand LAGRANGEs zu sehen, der das raue Berliner Klima nicht vertrug und teilweise an Depressionen litt.

Nach dem Tode FRIEDRICH II. im Jahre 1786 übersiedelte LAGRANGE nach Paris und wurde ein Jahr später an die Pariser Akademie der Wissenschaften berufen, deren korrespondierendes Mitglied er seit 1772 war.

Noch in seiner Berliner Zeit hatte LAGRANGE sein wohl bedeutendestes Werk, die „Mécanique analytique“ (Analytische Mechanik) vollendet. Allerdings gestaltete sich die Drucklegung schwierig, und erst durch Fürsprache von ADRIEN MARIE LEGENDRE (1752 bis 1833) wurde ein Verlag gefunden, sodass 1788 der erste Band erscheinen konnte. Schon bald wurde die große Bedeutung der „Mécanique analytique“ für die weitere Entwicklung der Mathematik und Mechanik erkannt. Ausgehend von den Erkenntnissen NEWTONS hatte LAGRANGE die Mechanik rein analytisch aufgebaut und war zu allgemeinen Formeln für die Bewegung eines beliebigen Systems von Körpern gelangt, die man heute als lagrangesche Bewegungsgleichungen bezeichnet.

Der französischen Revolution stand LAGRANGE zunächst skeptisch gegenüber. Später arbeitete er in der von der Reolutionsregierung eingesetzten Kommission für die Reform der Maße und Gewichte zur Einführung des metrischen Systems mit. 1795 wurde er Professor an der École Normale und 1797 an der École Polytechnique. Im gleichen Jahr erschien seine „Théorie des fonctions analytiques“ (Theorie der analytischen Funktionen). Hierin wurde die Infinitesimalrechnung erstmals in einer geschlossen Form dargestellt, und man findet noch heute bedeutsame Erkenntnisse wie etwa den Mittelwertsatz, das lagrangesche Restglied oder die euler-langrangesche Multiplikatorenmethode. In einem 1801 herausgegebenen zweiten Teil behandelt LAGRANGE gewöhnliche und partielle Differenzialgleichungen und beschäftigt sich mit Problemen der Differenzialgeometrie.

Auch auf dem Gebiet der Zahlentheorie war LAGRANGE tätig. So bewies er, dass jede ganze Zahl als Summe von höchstens vier Quadraten darstellbar ist. Auch konnte er nachweisen, dass die von FERMAT im Jahre 1657 aufgestellte Gleichung x 2 D y 2 = 1 (mit D als positiver nichtquadratischer ganzer Zahl) stets im Bereich der ganzen Zahlen lösbar ist.

Einen Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeit LAGRANGES stellten seine astronomischen Forschungen dar. Allein zur Himmelsmechanik hat er mehr als 30 Arbeiten geschrieben. So untersuchte er die Libration des Mondes, die Bewegung der Jupitermonde, verfasste Studien zur Theorie der Venusdurchgänge und zur Bestimmung von Kometenbahnen. Hervorzuheben ist sein 1772 erschienener Aufsatz zum sogenannten Dreikörperproblem. Hierin erläuterte er, dass auch drei Körper, wenn sie bestimmte Positionen und Entfernungen zueinander einnehmen, ein stabiles System bilden können (ein Sonderfall ist in den „Trojanern“ zu sehen, die dem Jupiter um jeweils 60 ° vorauseilen bzw. hinterlaufen).

JOSEPH LOUIS LAGRANGE verstarb am 10. April 1813, nachdem seine Schaffenskraft im letzten Lebensjahrzehnt sehr nachgelassen hatte. Er wurde im Pariser Pantheon beigesetzt.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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