Direkt zum Inhalt

Pfadnavigation

  1. Startseite
  2. Mathematik Abitur
  3. 6 Differenzialrechnung
  4. 6.4 Sätze über differenzierbare Funktionen
  5. 6.4.0 Überblick
  6. Regel von Bernoulli-l'Hospital (erste Regel von l'Hospital)

Regel von Bernoulli-l'Hospital (erste Regel von l'Hospital)

Mithilfe der l'hospitalschen Regeln lassen sich Grenzwerte von unbestimmten Ausdrücken der Form
lim x → x 0   f ( x ) g ( x ) mit f ( x 0 ) = g ( x 0 ) = 0
berechnen.

Die Regeln sind nach dem französischen Mathematiker GUILLAUME FRANÇOISE ANTOINE DE L'HOSPITAL benannt und gehen auf diesen bzw. den Schweizer JOHANN BERNOULLI zurück.

Schule wird easy mit KI-Tutor Kim und Duden Learnattack

  • Kim hat in Deutsch, Mathe, Englisch und 6 weiteren Schulfächern immer eine von Lehrkräften geprüfte Erklärung, Video oder Übung parat.
  • 24/7 auf Learnattack.de und WhatsApp mit Bildupload und Sprachnachrichten verfügbar. Ideal, um bei den Hausaufgaben und beim Lernen von Fremdsprachen zu unterstützen.
  • Viel günstiger als andere Nachhilfe und schützt deine Daten.
Jetzt 30 Tage risikofrei testen
Your browser does not support the video tag.

Die im Folgenden betrachtete erste Regel stammt eigentlich vom Schweizer JOHANN BERNOULLI (1667 bis 1748); deswegen findet man dafür mitunter auch die Bezeichnung Regel von BERNOULLI-L'HOSPITAL.

Ausgangspunkt unserer Betrachtungen ist ein physikalisches Problem:

  • In einem einfachen Gleichstromkreis mit der Spannung U befindet sich eine Spule mit dem ohmschen Widerstand R und der Induktivität (Selbstinduktion) L. Für die Stromstärke I als Funktion der Zeit t gilt dann:
      I ( t ) = U R ⋅ ( 1 − e − R L ⋅ t )
    Welche Beziehung gilt für die Stromstärke, wenn der ohmsche Widerstand R der Spule des Gleichstromkreises gleich null wäre (ideale Spule)?

Die Beantwortung dieser Frage führt zur Bildung des folgenden einseitigen Grenzwertes:
  lim   I ( R ) R → 0 R > 0 = lim R → 0 R > 0 U ⋅ ( 1 − e −   R L ⋅ t ) R

Fasst man nun den Zähler als Funktion u mit u ( R ) = U ⋅ ( 1 − e −   R L   t ) und den Nenner als Funktion v mit v ( R ) = R auf, dann läge es nahe, den Grenzwertsatz für den Quotienten zweier Funktionen anzuwenden, doch dessen Voraussetzung ist wegen lim R → 0 R > 0 v ( R ) = 0 nicht erfüllt.

Wendet man ihn dennoch formal an, so führt das auf den unbestimmten Ausdruck 0 0 .

Mathematisch stößt man hier auf bestimmte Grenzen, physikalisch ist das Problem aber lösbar: Beim Schließen des Gleichstromkreises bewirkt die Selbstinduktion ein verzögertes Ansteigen des Stroms. Der Widerstand R des Stromkreises führt dazu, dass sich nach kurzer Zeit der nach dem ohmschen Gesetz geltende konstante Wert I = U R einstellt.

Bild

Die punktuelle Änderungsrate (Anstieg, Steigung) der Stromstärke ist durch die 1. Ableitung I ′ ( t ) = U L ⋅ e −   R L ⋅ t bestimmt.

Für den Einschaltmoment nimmt sie den von R unabhängigen Wert I ′ ( 0 ) = U L an. Wäre also der Widerstand R gleich null, so würde dieser Anstieg unverändert andauern, also für die Stromstärke I ( t ) würde gelten I ( t ) = U L ⋅ t .

Als (rein) mathematisches Beispiel betrachten wir das folgende:

  • Es soll das Konvergenzverhalten der Funktion f mit f ( x ) = x 2 sin x an der Stelle x 0 = 0 untersucht werden.

Sowohl die Zählerfunktion u ( x ) = x 2 als auch die Nennerfunktion v ( x ) = sin x streben für x → 0 gegen null.

Wir erhalten also wiederum einen unbestimmten Ausdruck der Form 0 0 .

Zerlegt man nun f in ein Produkt aus den beiden Faktoren x und x sin x , dann kann man mit dem Grenzwertsatz für das Produkt zweier Funktionen schlussfolgern:
  lim x → 0   x 2 sin x = lim x → 0 ( x ⋅ x sin x ) = lim x → 0 x ⏟ 0 ⋅ lim x → 0   x sin x ⏟ 1 = 0

Mithilfe des Mittelwertsatzes der Differenzialrechnung ist es möglich, dieses Ergebnis unter anderen Gesichtspunkten zu begründen und entsprechend zu verallgemeinern. Dazu betrachten wir die Graphen von u und v.

  • Beispiel zur (ersten) Regel von l'Hospital

Eine Parallele zur y-Achse im Abstand x > 0 schneidet die Graphen von u und v in den Punkten P ( x ;   u ( x ) )       b z w .       Q ( x ;   v ( x ) ) . Verbindet man nun diese beiden Punkte mit dem Koordinatenursprung O, so sind die Geraden OP und OQ Sekanten der Graphen von u und v. Da beide Funktionen im Intervall [ 0 ;   x ] differenzierbar sind, gibt es nach dem Mittelwertsatz im offenen Intervall ]   0 ;   x   [ mindestens zwei Stellen a und b, sodass gilt:
  u ′ ( a ) = u ( x ) − u ( 0 ) x − 0 = u ( x ) x   v ′ ( b ) = v ( x ) − v ( 0 ) x − 0 = v ( x ) x

Somit ist u ( x ) = x ⋅ u ′ ( a )       u n d       v ( x ) = x ⋅ v ′ ( b ) , und für den Grenzwert erhalten wir:
  lim x → 0   x 2 sin x = lim x → 0   u ( x ) v ( x ) = lim x → 0   u ′ ( a ) ⋅ x v ′ ( b ) ⋅ x

Strebt nun x gegen null, so streben offensichtlich sowohl a als auch b ebenfalls gegen null. Da u ′ ( x ) = 2 x       u n d       v ′ ( x ) = cos x ist, ergibt sich lim a → 0 u ′ ( a ) = 0       b z w .       lim b → 0 v ′ ( b ) = 1 .

Demzufolge ist:
  lim x → 0   u ′ ( a ) v ′ ( b ) = lim a → 0 u ′ ( a ) lim b → 0 v ′ ( b ) = 0 1 = 0

Für x < 0 sind die Überlegungen analog, so dass in der Tat gilt:
  lim x → 0   x 2 sin x = 0

Dieses Ergebnis lässt sich zur (ersten) Regel von L'HOSPITAL verallgemeinern:

  • Es seien die Funktionen u ( x )       u n d       v ( x ) in einer Umgebung von x 0 differenzierbar und ihre Ableitungsfunktionen in x 0 stetig.
    Ist nun u ( x 0 ) = v ( x 0 ) = 0 sowie v ′ ( x ) ≠ 0 in einer Umgebung von x 0 , so gilt:
      lim x → x 0   u ( x ) v ( x ) = lim x → x 0   u ′ ( x ) v ′ ( x )   ( f a l l s       lim x → x 0 u ′ ( x ) v ′ ( x )       e x i s t i e r t )

Anmerkungen: Die Regel von L'HOSPITAL kann (wenn jeweils die Voraussetzungen erfüllt sind) auch mehrfach hintereinander angewendet werden.
Zu beachten ist ferner, dass man Zähler- und Nennerfunktionen getrennt ableitet und nicht nach der Quotientenregel verfährt.

Beispiel 1: lim x → 1   x 3 − 2 x + 1 x 9 − x 2

Es ist:
  lim x → 1   x 3 − 2 x + 1 x 9 − x 2 = lim x → 1   3 x 2 − 2 9 x 8 − 2 x = 3 ⋅ 1 2 − 2 9 ⋅ 1 8 − 2 ⋅ 1 = 1 7

Beispiel 2: lim x → π 2   cos x π − 2 x

Für x → π 2 gehen sowohl die Zählerfunktion u ( x ) = cos x als auch die Nennerfunktion v ( x ) = π − 2 x gegen null, aber es ist nicht absehbar, was mit dem Quotienten passiert, deshalb überprüfen wir den Grenzwert des Quotienten der Ableitungen:
  lim x → π 2   u ( x ) v ( x ) = lim x → π 2   u ′ ( x ) v ′ ( x ) = lim x → π 2 ( − sin x − 2 ) = lim x → π 2   sin x 2 = 1 2
Also ist lim x → π 2   cos x π − 2 x = 1 2 .

Beispiel 3: lim x → 0 e x − x − 1 x 2

Für x → 0 streben sowohl die Zähler- als auch die Nennerfunktion gegen null. Der Quotient der Ableitungen ist:
  u ′ ( x ) v ′ ( x ) = e x − 1 2 x

Da wiederum Zähler- und Nennerfunktion für x → 0 gegen null streben, wird ein weiteres Mal abgeleitet:
  u ″ ( x ) v ″ ( x ) = e x 2

Jetzt ist lim x → 0   e x 2 = 1 2 und demzufolge gilt:
  lim x → 0   e x − x − 1 x 2 = lim x → 0   e x − 1 2 x = lim x → 0   e x 2 = 1 2 .

Anmerkung: Die Regel von L'HOSPITAL lässt sich nicht anwenden, wenn die Zähler- oder die Nennerfunktion einen endlichen von null verschiedenen Grenzwert hat. Zum Beispiel ist lim x → 0   x x + cos x = 0 1 = 0 . Eine formale (nicht die Voraussetzungen prüfende) Anwendung der Regel von L'HOSPITAL führt zu dem falschen Ergebnis lim x → 0 x x + cos x = lim x → 0 1 1 − sin x = 1 1 = 1 .

Greifen wir nochmals das Eingangsbeispiel auf.
Mithilfe der Regel von L'HOSPITAL erhält man:
  lim R → 0 R > 0   U ⋅ ( 1 − e ) − R L ⋅ t R = lim R → 0 R > 0   U L ⋅ t ⋅ e − R L ⋅ t 1 = U L ⋅ t

Im Unterschied zu den physikalischen Überlegungen erweckt das mathematische Resultat eine unbegrenzte Zunahme der Stromstärke mit der Zeit. Praktisch stellt sich jedoch ziemlich schnell der konstante Wert U L ein (s. obiges Textbild).

Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH): "Regel von Bernoulli-l'Hospital (erste Regel von l'Hospital)." In: Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH). URL: http://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/mathematik-abitur/artikel/regel-von-bernoulli-lhospital-erste-regel-von-lhospital (Abgerufen: 20. May 2025, 07:29 UTC)

Suche nach passenden Schlagwörtern

  • Spannung
  • ohmsches Gesetz
  • Selbstinduktion
  • Grenzwerte
  • Bernoulli
  • Differenzialrechnung
  • Differentialrechnung
  • Stromstärke
  • unbestimmter Ausdruck
  • Grenzwertsätze
  • ohmscher Widerstand
  • Nennerfunktion
  • Mittelwertsatz
  • Gleichstromkreis
  • Quotienten
  • Spule
  • Zählerfunktion
Jetzt durchstarten

Lernblockade und Hausaufgabenstress?

Entspannt durch die Schule mit KI-Tutor Kim und Duden Learnattack.

  • Kim hat in Deutsch, Mathe, Englisch und 6 weiteren Schulfächern immer eine von Lehrkräften geprüfte Erklärung, Video oder Übung parat.
  • 24/7 auf Learnattack.de und WhatsApp mit Bildupload und Sprachnachrichten verfügbar. Ideal, um bei den Hausaufgaben und beim Lernen von Fremdsprachen zu unterstützen.
  • Viel günstiger als andere Nachhilfe und schützt deine Daten.

Verwandte Artikel

Daniel Bernoulli

* 08. Februar 1700 Groningen
† 17. März 1782 Basel

Auf mathematischem Gebiet beschäftigte sich DANIEL BERNOULLI vor allem mit Problemen der Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik. Darüber hinaus arbeitete er über Reihen und Differenzialgleichungen.
Seine bedeutendsten wissenschaftlichen Leitungen erzielte er auf dem Gebiet der Hydromechanik, indem ihm die mathematische Beschreibung strömender Flüssigkeiten gelang.

Jakob Bernoulli

* 27. Dezember 1654 (6. Januar 1655) Basel
† 16. August 1705 Basel

JAKOB BERNOULLI gilt als einer der Hauptvertreter der Infinitesimalrechnung seiner Zeit. Gemeinsam mit seinem Bruder Johann entwickelte er den „Leibnizschen Calculus“ weiter.
Mit dem aus seinem Nachlass im Jahre 1713 herausgegebenen Buch „Ars conjectandi“ wurde JAKOB BERNOULLI zum Begründer einer Theorie der Wahrscheinlichkeitsrechnung. In diesem Werk wird u.a. die Anwendung der Kombinatorik auf Glücks- und Würfelspiele beschrieben, und das (schwache) Gesetz der großen Zahlen wird formuliert.

Geschichte der Analysis

Die Analysis (oder auch Infinitesimalrechnung) beschäftigt sich im Wesentlichen mit der Differenzial- und Integralrechnung.
Ausgangspunkt für die Integralrechnung war das schon in der Antike betrachtete Problem der Bestimmung des Inhalts von Flächen und Körpern, wie etwa von Rotationskörpern.
Die Differenzialrechnung hat ihre Wurzeln dagegen im Tangentenproblem, mit dem sich Mathematiker im 17. Jahrhundert intensiver beschäftigten.
Im 18. Jahrhundert wurde der Zusammenhang zwischen dem Differenzieren und Integrieren erkannt und im Hauptsatz der Differenzial- und Integralrechnung formuliert. Hierzu trugen wesentlich ISAAC NEWTON und GOTTFRIED WILHELM LEIBNIZ bei.

Guillaume François Antoine Marquis de l'Hospital

* 1661 Paris
† 2. Februar 1704 Paris

GUILLAUME L’HOSPITAL entstammte dem französischen Hochadel und arbeitete sich als Autodidakt in die Mathematik ein. Er war einer der Ersten, der die leibnizsche Infinitesimalrechnung verstand. Sein 1696 veröffentlichtes Werk „Analyse des infiniment petits“ gilt als erstes Buch über Differenzialrechnung.

Zweite Regel von l'Hospital

Mithilfe der l'hospitalschen Regeln lassen sich Grenzwerte von unbestimmten Ausdrücken der Form
lim x → x 0   f ( x ) g ( x ) mit f ( x 0 ) = g ( x 0 ) = 0
berechnen.
Die zweite Regel stellt eine Erweiterung für Grenzwerte mit x → ±   ∞ dar.

Ein Angebot von

Footer

  • Impressum
  • Sicherheit & Datenschutz
  • AGB
© Duden Learnattack GmbH, 2025