- Lexikon
- Musik
- 4 Musikgeschichte
- 4.5 Musik im Zeitalter von Kolonialismus, Moderne und Neuer Musik (1871-1918)
- 4.5.2 Die Moderne Realismus und Naturalismus
- Aleksandr Nikolajewitsch Skrjabin
Der russische Komponist ALEXANDER NIKOLAJEWITSCH SKRJABIN erhielt bereits als Kind eine umfassende Klavierausbildung. Seine Mutter, eine begabte Pianistin, war früh verstorben. Sein Vater stand im diplomatischen Dienst im Ausland, so dass SKRJABIN bei seiner Tante aufwuchs, die seine musikalische Begabung nach Kräften förderte. Schon in seiner Kindheit entwickelte er deshalb eine besondere Beziehung zum Klavier und brachte es früh zu beachtlichen pianistischen Erfolgen.
Von 1888 bis 1892 besuchte SKRJABIN das Konservatorium in Moskau, an dem er Klavier und Komposition studierte. Ausgedehnte Tourneen durch Europa und die USA führten ihn bereits in jungen Jahren als Klaviervirtuose um die Welt. Schon zu dieser Zeit spielte er vornehmlich eigene Kompositionen. Zwischen 1889 und 1903 hatte er als Klavierlehrer eine Professur am Moskauer Konservatorium inne. Danach widmete er sich uneingeschränkt seinem kompositorischen Schaffen, um das er sich als Interpret der eigenen Kompositionen auch im Konzertsaal bemühte.
SKRJABINs Werk besteht überwiegend aus Klavierkompositionen, die zunächst von
beeinflusst waren.
FRANZ LISZT (1811–1886)
Ab Ende der 1890er-Jahre widmete sich SKRJABIN auch der Orchesterliteratur.
Dabei griff er Einflüsse von RICHARD WAGNER (1813–1883) und DEBUSSY auf. Insgesamt schuf er drei Sinfonien (1899–1904) und drei sinfonische Dichtungen (1898–1910). Die Hinwendung zum Orchester wirkte sich ihrerseits auf die nachfolgenden Klavierwerke aus. So findet sich in den „Drei Klavierstücken“ op. 45 (1904) ein quasi orchestraler Satz, dessen außerordentliche Komplexität bis an die Grenze der Spielbarkeit geht. Seine Kompositionen in dieser Phase zeichnen sich durch ein polyphones Stimmgeflecht aus.
Angeregt durch WAGNER und das esoterische Weltbild der Mitte des 19. Jh. gegründeten Theosophischen Gesellschaft erträumte SKRJABIN in seinen letzten Lebensjahren ein gigantisches mystisches Gesamtkunstwerk, das sich gleichzeitig an alle Sinneswahrnehmungen richten (Synästhesie) und eine bewusstseinserweiternde, läuternde Wirkung entfalten sollte (Mysterium). Eine Umsetzung dieser Idee war ihm jedoch nicht mehr vergönnt.
Die Musik SKRJABINs steht dem musikalischen Impressionismus nahe. Gedanklich ist sie von der Theosophie und einem mystischen Pantheismus geprägt. Im musikalischen Erleben soll der Mensch durch Verschmelzung mit Natur, Kunst und Mystik zur Bewusstseinserweiterung geführt werden.
Auf der Suche nach neuen musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten, die diesem Anspruch gerecht werden, löste SKRJABIN sich von der Beziehung zum Grundton und fand einen eigenen klanglichen Ausdruck, die Grenzen der Tonalität zu überwinden. In Anlehnung an den russischen Komponisten und Musikwissenschaftler LEONID L. SABANEJEW (1881–1968) wird dieser als „Mystischer Akkord“ bezeichnet. Dabei handelt es sich um einen aus der Obertonreihe gewonnenen und auf das Intervall der Quarte bezogenen Klang (C-Fis-B-e-a-d), der beliebig transponier- und umkehrbar ist und in der Spätzeit SKRJABINs zur Grundlage der Architektur seiner Kompositionen wurde. Er ist auch als „Prometheus-Akkord“ bekannt, da er in seinem letzten Orchesterwerk „Prométhée – Le Poème du Feu“ op. 60 (1908–1910) eine formprägende Funktion besitzt („Poème“ ist eine von SKRJABIN entwickelte kompositorische Gattung). Der von SKRJABIN beschrittene Weg zur Atonalität fand zwar keine direkte Nachfolge, vermittelte aber in vielerlei Hinsicht Impulse, die nach seinem Tod einen breiteren Widerhall fanden.
SKRJABINs Ästhetik ist beeinflusst durch mystisches und symbolistisches Gedankengut sowie durch das Ideal der Synästhesie, d.h. der Verbindung mehrerer Sinneseindrücke in einem Gesamtkunstwerk. Davon sind vor allem die Werke der Spätphase geprägt. In „Prometheus – Le Poème du Feu“ setzte er erstmals ein Farbklavier ein, das nach einem von ihm entwickelten Schema farbiges Licht zur Musik projizierte. Eine Realisation erfuhr das Stück jedoch erst 1916 nach SKRJABINs Tod in New York.
Zu den Werken von SKRJABIN gehören:
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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