- Lexikon
- Musik
- 4 Musikgeschichte
- 4.6 Musik im Übergang zu einer globalisierten Welt (1918 bis heute)
- 4.6.1 Revolution und relative Stabilisierung
- Musik im Übergang zu einer globalisierten Welt – 1918 bis heute
Wie der Terminus bereits andeutet, betont die Neue Sachlichkeit im Gegensatz zu den vorangegangenen expressiven Musikstilen das Einfache und Rationale. Den Bestrebungen nach „Ordnung“ und Reduktion entspricht auch der Neoklassizismus, der in Paris seinen Ursprung hat, und zu einer internationalen Kunst- und Musikrichtung avanciert. Das Verdienst des Neoklassizismus besteht insbesondere darin, vergangene Musik als Stil- und Materialreservoir aufzufassen, mit dem sich neuartige Experimente machen lassen. Als ein solches Experiment lässt sich die musikalische Montage verstehen, die u.a. von IGOR STRAWINSKY (1882–1971) geprägt wird. In eine ähnliche Richtung geht auch der Neobarock, dessen Komponisten ebenfalls auf die Vergangenheit zurückgreifen und die Musik des 17. und 18. Jh. wiederbeleben.
Sowohl die Neue Sachlichkeit als auch der Neoklassizismus und -barock gehen eine Symbiose mit den neuen Medien Rundfunk und Tonfilm ein, die zur Entfaltung der populären Musikgenres (z.B. Jazz, Musical) beitragen und neue Gattungen wie die Radiooper hervorbringen. Vertreter der Radiooper sind vor allem KURT WEILL (1900–1950) und BERTOLT BRECHT (1898–1956), die darüber hinaus auch die Musik der progressiven Arbeiterbewegung repräsentieren.
1933 wird der musikkulturelle Fortschritt von den Nationalsozialisten unterbrochen und erst 1945 setzt ein erneuter Aufbruch ein.
Besonders markant ist die Weiterentwicklung der Zwölftontechnik zum Serialismus, der im Gegensatz zur Zwölftonmusik nicht nur die Tonhöhe, sondern sämtliche Klangparameter wie Klangfarbe, Dauer, Lautstärke usw. reihentechnisch organisiert. Aus den Denkansätzen der seriellen Musik bilden sich in den 1960er-Jahren Kompositionstechniken wie die Zufallskomposition (Aleatorik) heraus, die sich gegen den Rationalismus des Serialismus wenden und den Zufall zum eigentlichen Klangproduzenten machen. So überlassen Komponisten wie PIERRE BOULEZ (1925–2016) häufig den Interpreten die Entscheidung, ob sie Passagen eines Stückes weglassen, austauschen oder ändern. Mit der elektronischen Musik in den 1960er-Jahren und der Computermusik in den 1980er-Jahren werden die Möglichkeiten des Musizierens schließlich schier unbegrenzt und das Zeitalter der Klangkunst, der multimedialen Installationen und der interaktiven Kompositionen beginnt.
ARNOLD SCHÖNBERG (1874–1951) gründet in Wien den „Verein für musikalische Privataufführungen“ als Experimentierfeld für Neue Musik.
In der Schrift „Le coq et l’Arlequin“ („Hahn und Harlekin“) formuliert der französische Dichter JEAN COCTEAU (1889–1963) seine neoklassizistische Musikästhetik, die auch als Manifest der „Groupe des six“ gilt. Die „Groupe des six“ ist die Bezeichnung für eine sechsköpfige Künstlergruppe in Paris um ERIK SATIE (1866–1925).
FRANZ SCHREKER (1878–1934) komponiert mit „Die Gezeichneten“ eine Oper mit hochentwickelter, klangsensibler und spätromantisch-moderner Musiksprache.
Der deutsche Musikschriftsteller und -kritiker PAUL BEKKER schreibt „Die Sinfonie von Beethoven bis Mahler“, die als eine der ersten musiksoziologischen Betrachtungen gilt.
IGOR STRAWINSKY (1882–1971) verarbeitet den afroamerikanischen Ragtime in seiner Komposition „Piano Rag Music“.
Die Suite „Fünf Pittoresken für Klavier op. 31“ von ERWIN SCHULHOFF (1894–1942) integriert aktuelle Tänze wie den Foxtrott, den Ragtime, One-Step oder Maxixe. Den Mittelsatz, der nur aus Pausen besteht, versieht er mit dem ironischen Titel „In futurum“ („In die Zukunft“). Die Komposition zählt zum musikalischen Dadaismus.
MAURICE RAVEL (1875–1937) komponiert die nostalgische Walzerkette „La Valse. Choreographisches Tongedicht für Orchester“.
Die „Musique d’ameublement“ („Möblierungs-Musik“) von ERIK SATIE (1866–1925) und DARIUS MILHAUD (1892–1974) ist die erste Form einer programmatischen Hintergrundmusik. SATIE nennt sie „Tapetenmusik“.
DARIUS MILHAUD (1892–1974) komponiert die „Machines agricoles/Catalogue de fleurs“ („Landwirtschaftliche Maschinen/Blumenkatalog“) für Singstimme und 7 Instrumente. Vorlage seiner Vertonung sind Maschinenbeschreibungen aus einem Katalog sowie Gedichte von LUCIEN DAUDET (1878–1946).
MAX REINHARDT (1873–1943), HUGO VON HOFMANNSTHAL (1874–1929) und RICHARD STRAUSS (1864–1949) gründen die Salzburger Festspiele.
Der israelische Pianist und Musikpädagoge LEO KESTENBERG (1882–1962) artikuliert in seiner Funktion als Referent für musikalische Angelegenheiten im preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung einen Erlass zur Regelung der schulischen und allgemeinen Musikerziehung. Diese sogenannte Kestenberg-Reform prägt das musikalische Unterrichtswesen in Preußen bis 1930.
PAUL HINDEMITH (1895–1963) komponiert die „Suite 1922“ für Klavier, die ihm eine führende Position unter der jungen Komponistengeneration einbringt. Charakteristisch ist der Ragtime-Stil mit seinem motorisch-hämmernden Tonsatz, vor allem aber auch die futuristisch-dadaistische Vortrags- und „Gebrauchsanweisung“.
KURT SCHWITTERS (1887–1948) setzt in seiner „Ursonate“ elementare Laute und Silben zusammen. Bis 1932 arbeitet er an der Sonate, die aus einem Sprechtext mit vier Sätzen besteht und die in einer eigenwilligen Notation fixiert ist.
Die „Internationale Gesellschaft für Neue Musik“ wird in Salzburg gegründet. Ab 1923 finden jährliche Musikfestveranstaltungen – gegliedert in nationale Sektionen – an wechselnden Orten statt. Anliegen der Gesellschaft ist die Vorstellung neuer Werke sowie die Förderung des Gedankenaustausches zwischen Komponierenden und Interpretierenden.
Der tschechoslowakische Komponist ALOIS HÁBA (1893–1972) veröffentlicht in Prag die Abhandlung „Harmonische Grundlagen des Vierteltonsystems“.
ALEXANDER ZEMLINSKY (1871–1942) schreibt die „Lyrische Symphonie op. 18” für Sopran, Bariton und Orchester. Der Text stammt von dem indischen Philosophen, Dichter und Komponisten RABINDRANATH TAGORE (1861–1941). Die sieben Sätze der Sinfonie zeichnen sich durch motivische Vereinheitlichung in expressiv-moderner Musiksprache aus.
Mit der Komposition „Pacific 231 – Mouvement symphonique Nr. 1“ schafft ARTHUR HONEGGER (1891–1955) eine futuristische Bewegungsdarstellung in Form einer Choralvariation über eine Dampflokomotive in den USA.
DARIUS MILHAUD (1892–1974) komponiert das mit Jazz-Elementen angereicherte Oratorium „La création du monde“ („Die Erschaffung der Welt“).
Das Oratorium „Psalmus hungaricus“ des ungarischen Komponisten ZOLTÁN KODÁLY (1882–1967) basiert auf ungarischer Bauernmusik.
In der „Tanz-Suite“ von BÉLA BARTÓK (1881–1945) strebt der Komponist eine musikalische Völkerversöhnung mit Musikelementen aus sehr verschiedenen Kulturen an. Die „Tanz-Suite“ für Orchester wird BARTÓKs erster internationaler Erfolg.
ARNOLD SCHÖNBERG (1874–1951) komponiert mit der „Suite für Klavier op. 25“ das erste gänzlich zwölftönige Werk und stellt die Zwölftontechnik offiziell der Öffentlichkeit vor. Als traditionales Gegengewicht verwendet SCHÖNBERG verschiedene Tanzformen.
Mit der „Klaviersonate op. 1“ schließt HANNS EISLER (1898–1962) seine Lehrzeit bei ARNOLD SCHÖNBERG (1874–1951) ab.
Die Oper „Das schlaue Füchslein“ von LEOŠ JANÁČEK (1854–1928) wird uraufgeführt. Den Märchenopernstoff mit sozialkritischen Zügen vertont JANÁČEK bereits 1921–1923.
Mit der „Rhapsody in Blue“ von GEORGE GERSHWIN (1898–1937) entsteht der Sinfonische Jazz. Das Stück wird mit dem Orchester von PAUL WHITEMAN (1890-1967) uraufgeführt und von FERDE GROFÉ (1892–1972) orchestriert.
Nach einem Text von CHRISTIAN MORGENSTERN (1871–1914) komponiert HANNS EISLER (1898–1962) das Vokalwerk „Palmström – Studien über Zwölftonreihen op. 5“ für Sprecher und Instrumente. In der Komposition entwickelt EISLER ARNOLD SCHÖNBERGs (1874–1951) Konzept vom Gesang im Sprechton weiter.
Die „Atonale Musiklehre“ von HERBERT EIMERT (1897–1972) ist die früheste lehrbuchartige Veröffentlichung der Zwölftontechnik.
ALBAN BERG (1885–1935) verbindet in seinem „Kammerkonzert“ aktuelle und traditionelle Verfahren. Das Werk für Violine, Klavier und 13 Bläser widmet er seinem Lehrer ARNOLD SCHÖNBERG (1874–1951).
Zwischen 1916 und 1922 komponiert ALBAN BERG (1885–1935) nach GEORG BÜCHNERs (1813–1837) sozialkritischem Drama „Woyzeck“ die dreiaktige Oper „Wozzeck“. Die Uraufführung findet 1925 an der Berliner Staatsoper statt und wird zu einem internationalen Erfolg.
EDGARD VARÈSES (1883–1965) „Amériques“ wird uraufgeführt. Komponiert wurde die einsätzige Sinfonische Dichtung mit Einbeziehung von Sirenen ins Orchester und Geräuschklängen bereits1918–1921.
HANNS EISLER (1898–1962) gibt dem bürgerlichen Konzertlied durch die Verwendung von Alltagstexten einen sozialkritischen Anstrich. Ein Beispiel hierfür sind die Lieder „Zeitungsausschnitte op. 11“ für Gesang und Klavier, in denen er atonale und tonale Techniken verschmilzt.
Der österreichische Komponist und Librettist RALPH BENATZKY (1884–1957) schreibt die Erfolgsoperette „Im Weißen Rössl“.
Der amerikanische Komponist GEORGE ANTHEIL (1900–1959) komponiert das „Ballet Mécanique“ für 8 Klaviere, Pianola, Schlagzeug, Sirenen und Türglocken. Bei der konzertanten Erstaufführung in New York kommen überdies noch Flugzeugpropeller zum Einsatz, die seinen Ruf als ultramodernen Komponisten und „Enfant terrible der Musik“ begründen.
EDWARD KENNEDY „DUKE“ ELLINGTON (1899–1974) arrangiert das Jazz-Stück „Creole Love Call“, das als frühes Beispiel für den Big Band-Jazz und Swing gilt.
HANNS EISLER (1898–1962) verfasst mit der Schrift „Über moderne Musik“ eine kritische Gesamtdarstellung, in der er die kompositorische Situation als Krise der bürgerlichen Musikkultur begreift.
DARIUS MILHAUD (1892–1974) komponiert drei opéras minutes (französische „Minutenopern“ von extremer Kürze). „Die verlassene Ariadne“, „Die Entführung der Europa“ und „Der befreite Theseus“ werden in Wiesbaden uraufgeführt.
ERNST KŘENEKs (1900–1991) charakteristische Oper „Jonny spielt auf“ ist mit ihren Jazzelementen und der Künstlerdramatik als Stoff einige Jahre eine Sensation.
Der amerikanische Komponist JEROME KERN (1885–1945) komponiert das Musical „Show Boat“ mit dem weltberühmen Hit „Ol’man River“.
BERTOLT BRECHT (1898–1956) und KURT WEILL (1900–1950) entfalten im Songspiel „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagony“ den Songstil. Im Sinne BRECHTs und seines epischen Theaters wird eine bewusst-distanzierende Darstellungsweise angestrebt, um dramatische und musikalische Klischees zu verhindern, die den Blick auf soziale oder kulturelle Inhalte verschleiern könnten.
Das neoklassizistisch-ritualistische Szenische Oratorium „Oedipus Rex“ von IGOR STRAWINSKY (1882–1971) wird konzertant in Paris uraufgeführt. Die szenische Uraufführung nach einem Text von JEAN COCTEAU (1889–1963) findet 1928 in Berlin statt.
Der sowjetrussische Pianist und Komponist ALEXANDER MOSSOLOW (1900–1973) verwendet in „Zavod“ („Eisengießerei“), einem Stück aus dem unvollendet gebliebenen Ballett „Stahl“, eine baukastenartige Montageform und eine Steigerungsdramaturgie zur Darstellung industrieller Prozesse.
Zum 10. Jahrestag der Oktoberrevolution komponiert DMITRIJ SCHOSTAKOWITSCH (1906–1975) die 2. Sinfonie „Oktjabrju“ („An den Oktober“) mit einem Chorfinale.
ANTON WEBERN (1883–1945) verbindet im „Streichtrio op. 20“ erstmalig Variationstechnik mit Zwölftontechnik und verzichtet auf melodische sowie harmonische Zusammenhänge.
MAURICE RAVEL (1875–1937) stilisiert in seinem „Bolero“ das berühmte zweitaktige Ostinatomodell mit zwei melodisch-harmonischen Varianten durch permanente Steigerung zu einem orgiastischen Höhepunkt.
BERTOLT BRECHT (1898–1956) und KURT WEILL (1900–1950) konzipieren die „Dreigroschenoper“ als episches und sozialkritisches Musiktheater. Die Songs, z. B. der „Mackie-Messer-Song“ oder die „Seeräuberjenny“, werden sofort populär.
GEORGE GERSHWIN (1898–1937) komponiert das programm-musikalische Ballett „An American in Paris“ auf Jazzbasis.
ARNOLD SCHÖNBERG (1874–1951) legt mit seinen „Variationen für Orchester“ das ersten großformatige Werk in der neuen Zwölftontechnik vor. Für eine Tonreihe verwendet er ein Motiv von JOHANN SEBASTIAN BACH (1685–1750).
Die Oper „Maschinist Hopkins“ von MAX BRAND (1896–1980) ist mit kapitalismuskritischen Elementen durchzogen und stellt eine Mixtur aus „Maschinenmusik“, spätromantischer Klanglichkeit, Populärmusik und experimentellen Verfahren dar.
STEFAN WOLPE (1902–1972) komponiert die dadaistische Kammeroper „An Anna Blume“ für Klavier und einen „Musical-Clown“ (Tenor).
GEORGE ANTHEILs (1900–1959) satirische große Oper „Transatlantic“ kennzeichnen filmschnittartige Techniken, Geräuschmusik und multimediale Elemente.
Nach einer Satire von NIKOLAI GOGOL (1809–1852) entsteht DMITRIJ SCHOSTAKOWITSCHs (1906–1975) „Die Nase“, in der SCHOSTAKOWITSCH filmische Montagetechniken sowie avancierte vokale und orchestrale Mittel einsetzt.
Anlässlich der ersten Atlantiküberquerung per Flugzeug schreiben BERTOLT BRECHT (1898–1956) und KURT WEILL (1900–1950) das „Radio-Lehrstück“ „Der Lindberghflug“ für Tenor, Bariton, Bass, gemischten Chor und Orchester.
Bei der ersten Radiosendung werden noch Musikteile von PAUL HINDEMITH (1895–1963) verwendet. 1950 wird der Titel aufgrund der Nazisympathien von CHARLES LINDBERGH (1902–1974) in „Der Ozeanflug“ geändert.
Der amerikanische Komponist HARRY PARTCH (1901–1976) beginnt 1931 mit Kompositionen für selbstgebaute Musikinstrumente, in denen er u. a. eine 43-tönige Oktavteilung nach folkloristischen Modellen entwickelt.
ARNOLD SCHÖNBERGs (1874–1951) zwölftönige Bekenntnisoper „Moses und Aron“ basiert auf einem eigenen Text und kann trotz Kompostitionsbeginn 1930 nicht vollendet werden.
Das „Solidaritätslied“ von HANNS EISLER (1898–1963) und BERTOLT BRECHT (1898–1956) entsteht 1932 als Teil der Filmmusik zu „Kuhle Wampe“. Ebenso wie das „Einheitsfrontlied“ (1935) ist das „Solidaritätslied“ ein bis in die 1970er-Jahre international verbreiteter revolutionärer Song.
Der deutsche Musikforscher CURT SACHS (1881–1959) veröffentlicht 1933 das Kompendium „Eine Weltgeschichte des Tanzes“ als umfassenden universalhistorischen Ansatz unter Einschluss der Musikethnologie bzw. der „außereuropäischen“ Musik.
Mit dem „1. Streichquartett“, deren thematische Substanz ein jüdisches Lied ist, protestiert der deutsche Komponist KARL AMADEUS HARTMANN (1905–1963) 1933 gegen den Machtantritt der Nationalsozialisten.
PAUL HINDEMITH (1895–1963) komponiert die dreisätzige Sinfonie „Mathis der Maler“ als Extrakt aus einem Künstlerdrama nach einem eigenem Text. Die Uraufführung in Berlin am 12.03.1934 wirft heftige Kontroversen zwischen dem Dirigenten WILHELM FURTWÄNGLER (1886–1954) und der nationalsozialistischen Regierung auf. Infolgedessen tritt FURTWÄNGLER Ende 1934 von allen Ämtern zurück.
Die US-amerikanische „Volksoper“ „Porgy and Bess“ (1935) von GEORGE GERSHWIN (1898–1937) spielt ausschließlich in einem schwarzen Milieu und ist eine Synthese aus afroamerikanischen Spiritual-, Blues- und Jazzelementen mit großem Operngestus.
CARLOS CHÁVEZ RAMIREZ (1899–1978) komponiert die „Sinfonía Proletaria“ für Chor und Kammerorchester sowie die „Republikanische Ouvertüre“ für die von ihm gegründeten Arbeiterkonzerte in Mexiko. CHÁVEZ RAMIREZ entwickelt mit diesen Werken eine eigenständige und sozial bewusste lateinamerikanische Musik aus einer Mischung von neoklassizistischen und folkloristischen Elementen. 1935 entsteht die „Sinfonía India“ mit voraztekischen Melodien.
ARNOLD SCHÖNBERGs (1874–1951) „Komposition mit zwölf Tönen“ erscheinen als Vortrag 1935, 1941 und 1945. Veröffentlicht werden diese für SCHÖNBERGs Denken, Poetik und Ästhetik wesentlichen Beiträge in der Sammlung „Style and Idea“ (1950). Erst 1976 wird auch eine deutsche Fassung als „Stil und Gedanke. Aufsätze zur Musik“ publiziert.
SERGEJ PROKOFIEW (1891–1953) schreibt 1936 „Peter und der Wolf. Ein Symphonisches Märchen für Kinder“ mit einer Einführung in die Instrumentenkunde und einer leitmotivischen Zuordnung der Figuren.
CARL ORFF (1895–1982) komponiert die „Carmina Burana“ nach der gleichnamigen mittelalterlichen Liedsammlung. Die Uraufführung findet mit großem Erfolg in Frankfurt am Main statt.
BÉLA BARTÓK (1881–1945) schließt seinen 1926 begonnenen Zyklus von insgesamt 153 Stücken mit dem „Mikrokosmos“ ab. Der Klavierzyklus dient der Einführung ins Klavierspiel mit steigendem Schwierigkeitsgrad und repräsentiert zugleich BARTÓKs Musiksprache, die sich sowohl durch die Hinwendung zum Werk JOHANN SEBASTIAN BACHs (1685–1750) als auch durch die Verarbeitung verschiedener Volksliedtraditionen auszeichnet.
PAUL HINDEMITHs (1895–1963) „Unterweisung im Tonsatz“ erscheint und behandelt HINDEMITHs Konzept einer erweiterten Tonalität.
Der deutsche Philosoph ERNST BLOCH (1885–1977) und HANNS EISLER (1898–1962) entwickeln in „Die Kunst zu erben“ ein „Volksfront“-Konzept für Musik und Musikpolitik. Durch Bündelung traditioneller wie moderner Materialien und Kräfte soll dem Faschismus entgegengewirkt werden.
Der amerikanische Komponist JOHN CAGE (1912–1992) verfasst das Manifest „The Future of Music: Credo“ und erklärt alle hörbaren Klänge – auch die natürlichen und technischen Umweltgeräusche – zum Bestandteil der Musik.
ARTHUR HONEGGERs (1891–1955) szenisches Oratorium „Johanna auf dem Scheiterhaufen“ wird 1938 mit einer außergewöhnlichen Spannbreite an Klangmaterialien aufgeführt.
BÉLA BARTÓK (1881–1945) schreibt 1938 das Stück „Contrasts“ (Violine, Klarinette und Klavier) für den Jazzklarinettisten und Band-Leader BENNY GOODMAN (1909–1986).
KURT WEILL (1900–1950) komponiert 1938 das satirische Musical „Knickerbocker Holidays“ mit Erfolgsnummern wie dem „September-Song“.
SERGEJ PROKOFIEW (1891–1953) schreibt 1938 die Musik zu SERGEJ EISENSTEINs (1898–1948) Film „Alexander Newski“.
Mit dem Gitarrenkonzert „Concierto de Aranjuez“ wird JOAQUÍN RODRIGO (1902–1999) 1939 als bedeutendster spanischer Komponist gefeiert. In diesem populären Konzert verknüpft RODRIGO Flamenco-Elemente mit impressionistischen Klangfarben.
LUIGI DALLAPICCOLA (1904–1975) komponiert die „Canti di prigonia“ („Gefängnisgesänge“), eine dreisätzige Kantate für gemischten Chor und Ensemble. Neben der Zwölftontechnik ist das Zitat der Choralmelodie „Dies irae“ charakteristisch.
IGOR STRAWINSKYs (1882–1971) Vorlesungen zur neoklassizistischen Programmatik in der amerikanischen Eliteuniversität Harvard erscheinen als „Poétique musicale“. Die deutsche Übersetzung wird 1949 unter dem Titel „Musikalische Poetik“ veröffentlicht.
OLIVIER MESSIAEN (1908–1992) komponiert das „Quartett auf das Ende der Zeit“ („Quatuor pour la fin de temps“) für Violine, Klarinette, Violoncello und Klavier. Die 8 Sätze mit wechselnder Besetzung und mystisch orientierter Musiksprache entstehen in einem deutschen Kriegsgefangenenlager.
DMITRIJ SCHOSTAKOWITSCHs (1906–1975) 7. Sinfonie in C-Dur, die sogenannte „Leningrader Symphonie“, thematisiert die Belagerung Leningrads durch die deutsche Wehrmacht. Im Zeichen der „Anti-Hitler-Koalition“ erfährt das Werk eine rasche internationale Verbreitung – auch in den USA.
In den „Vierzehn Arten den Regen zu beschreiben op. 70“ entwickelt HANNS EISLER (1898–1963) einen Variationenzyklus für Kammerensemble über Ton-Buchstaben von ARNOLD SCHÖNBERG (1874–1951). Ursprünglich war die Musik für einen Dokumentarfilm von JORIS IVENS (1898–1989) gedacht.
JOHN CAGE (1912–1992) präpariert in „Bacchanale“ zum ersten Mal die Saiten eines Klaviers, um eine Klangentfremdung zu erreichen. Diese als „Living Room Music“ bezeichnete Komposition verwendet statt eines Schlagzeugs die Möbel eines Wohnzimmers als Klangerzeuger. Das Klavier „präpariert“ CAGE, indem er auf dessen Saiten und Hämmern Radiergummis, Nägel und andere kleine Teile montiert.
Der armenische Komponist ARAM CHATSCHATURJAN (1903–1978) schreibt 1942 das Ballett „Gajaneh“, das auf armenischen und kurdischen Stoffen bzw. Musiktraditionen basiert. Besondere Berühmtheit erhält der „Säbeltanz“.
Das „Hollywooder Liederbuch“ von HANNS EISLER (1898–1963) stellt eine umfangreiche Sammlung von Klavierliedern dar, die sowohl Texte von BERTOLT BRECHT (1898–1956) als auch Dichtungen aus der klassischen Lyrik oder aus der Antike vertonen.
OLIVIER MESSIAEN (1908–1992) entwirft 1943 in seiner Schrift „Technique de mon language musical“ neben Tonhöhenreihen auch rhythmische Reihen.
Die sozialkritische Oper „Peter Grimes“ von BENJAMIN BRITTEN (1913–1976) begründet 1945 den internationalen Erfolg des britischen Komponisten.
Das Melodram für Männerchor „Ein Überlebender aus Warschau“ von ARNOLD SCHÖNBERG (1874–1951) setzt sich mit dem nazistischen Völkermord an den Juden auseinander.
STEFAN WOLPEs (1902–1972) Suite für Klavier „Battle Piece“ beinhaltet sieben thematisch verklammerte Sätze und führt die Tradition der „Battaglia“ („Schlachtenmusik“) mit antifaschistischer Zielrichtung weiter.
PAUL DESSAU (1894–1979) schreibt mit dem Oratorium „Deutsches Miserere“ einen umfangreichen Anti-Kriegs-Zyklus nach einem Text von BERTOLT BRECHT (1898–1956).
CONLON NANCARROW (1912–1997) beginnt mit den „Studies for Player Piano“ seine komplexen Untersuchungen über das mechanische Klavier und geht mit extremen Tempi, Schichtungen und Überlagerungen häufig an die Grenzen menschlicher Spielmöglichkeiten.
In der Abhandlung „Die musikalische Form als Prozeß“ entfaltet der russische Musikwissenschaftler BORIS ASSAFJEW (Pseudonym IGOR GLEBOW, 1884–1949) die Kategorie der Intonation als Kern musikalischer Entwicklungen. Als Intonation bezeichnet ASSAFJEW in Analogie zur Sprache musikalische Stilmerkmale, die in Verbindung mit Musikpraktiken (z. B. Volksmusik) zu bestimmten Ausdrucks- und Inhaltsmustern werden.
OLIVIER MESSIAEN (1908–1992) schreibt die „Turangalila-Symphonie“ für Klavier, großes Orchester und Ondes Martenot (ein elektronisches Musikinstrument mit variabler Dynamik und zahlreichen Klangfarbenkombinationen). Das 10-sätzige Monumentalwerk fußt auf Motiven aus dem altindischen Sanskrit und ist durch weitgefächerte musiksprachliche Elemente aus Filmmusik, Atonalität und Verismus gekennzeichnet.
COLE PORTER (1893–1964) komponiert das Musical „Kiss me, Kate“ nach WILLIAM SHAKESPEAREs (1564–1616) „Der Widerspenstigen Zähmung“. Das Stück verfolgt zwei Erzählstränge: Zum einen inszeniert eine Schauspielgruppe eben jenes Shakespeare-Stück, zum anderen muss auch eine der Hauptdarstellerinnen im Drama von ihrem Ehemann „gezähmt“ werden.
Mit den „Ètudes de bruits“ des französischen Klangforschers und Komponisten PIERRE SCHAEFFER (1910–1995) beginnt die Entwicklung der Musique concrète, die sich vorgefundener und aufgezeichneter, aber auch elektronisch produzierter Töne, Klänge und Geräusche bedient.
MILTON BABBITT (* 1916) zeigt in seinen „Three Compositions for Piano“ Ansätze zur seriellen Organisation von Tondauern, Tonmengen und Lautstärken.
JOHN CAGE (1912–1992) komponiert zwischen 1946 und 1948 die „Sonatas and Interludes für präpariertes Klavier“, die eine Absage an die europäische Individualität und Subjektivität des Komponisten beinhalten. In Anlehnung an die altindische Überlieferung benutzt CAGE zahlenmäßige Proportionen zur Wiedergabe von bestimmten Gemütszuständen.
OLIVIER MESSIAEN (1908–1992) verknüpft in der Klavierkomposition „Mode de valeurs et d’intensités“ verschiedene Tonskalen für Tonhöhen, Tondauern, Lautstärken und Anschlagsarten miteinander und schafft damit einen wichtigen Ausgangspunkt für die serielle Musik.
Der deutsche Philosoph und Soziologe THEODOR W. ADORNO (1903–1969) verfasst die einflussreiche ästhetische Schrift „Philosophie der Neuen Musik“, in der er trotz Kritik an der Zwölftonmusik ARNOLD SCHÖNBERG (1874–1951) als Vertreter des musikalischen Fortschritts und IGOR STRAWINSKY (1882–1971) als Vertreter des Rückschritts deklariert.
1949 beginnt die mehrjährige Zusammenarbeit zwischen PIERRE SCHAEFFER (1910–1995) und PIERRE HENRY (* 1927). Gemeinsam realisieren sie die vielsätzige Lautsprechersinfonie „Symphonie pour un homme seul“. Diese Zwischenform aus Radio und Hörspiel ist ein großes experimentelles Radiostück, das mit den technisch manipulierten Instrumental-, Geräusch- und Stimmaufnahmen zum Inbegriff der Musique concrète wird.
BORIS BLACHERs (1903–1975) Klavierkomposition „Ornamente. 7 Studien über variable Metren op. 37“ markiert den systematischen Wechsel von Taktlängen zu arithmetischen Reihen.
Der italienische Komponist und Dirigent BRUNO MADERNA (1920–1973) integriert in der „Composizione No. 2 per orchestra“ traditionelle und populäre Musik in einen dodekaphon („zwölftönig“) organisierten Tonsatz.
Durch die Klangorganisation über die Zuordnung von Zahlenwerten (insbesondere der 7) gilt die „Sonate für 2 Klaviere“ des belgischen Komponisten KAREL GOEYVAERTS (1923–1993) als frühes serialistisches Werk.
Nach einem Radiostück von BERTOLT BRECHT (1898–1956) schreibt PAUL DESSAU (1894–1979) die kriegskritische Oper „Das Verhör des Lukullus“. Nach Einwänden der konservativen Kritik in der DDR wird der Titel in „Die Verurteilung des Lukullus“ geändert.
Die moralisierende Oper „The Rake’s Progress“ („Das Leben eines Wüstlings“) von IGOR STRAWINSKY (1882–1971), in der STRAWINSKY das Prinzip der Stilmaske und -montage ins Extrem treibt, entsteht nach einem Grafikzyklus von WILLIAM HOGARTH (1697–1764).
In die Komposition „Imaginary Landscape Nr. 4“ von JOHN CAGE (1912–1992) sind 12 Radios, 24 Ausführende und ein Dirigent einbezogen.
Die „Structures pour deux pianos, premier livre“ von PIERRE BOULEZ (* 1925) gelten als Schlüsselwerk der frühseriellen Musik.
KARLHEINZ STOCKHAUSEN (* 1928) beginnt mit dem „Klavierstück 1“ eine Reihe von 11 Klavierstücken, die er bis 1956 fertigstellt. In den Kompositionen verwendet er komplexe serielle Verfahren bis hin zur Aleatorik, die dem Interpreten die konkrete Abfolge der Teile überlässt.
EARLE BROWNs (* 1926) „November 1952“ ist ein frühes Beispiel der Musikalischen Grafik, in der bildliche Vorlagen die Interpretierenden zum Spielen anregen sollen.
JOHN CAGE (1912–1992) „komponiert“ mit „Tacet 4:33“ eine über vierminütige Pause, in der nur die zufälligen Geräusche des Publikums, das auf das Ausbleiben der erwarteten Musik-Klänge reagiert, zu hören sind.
Auf der Grundlage mathematischer Konstruktionsverfahren (Spieltheorie, Mengenlehre usw.) entwickelt der griechische Komponist IANNIS XENAKIS (1922–2001) 1953 eine auf Wahrscheinlichkeitsberechnungen basierende Musik, die er stochastische Musik nennt. Ein Beispiel hierfür ist das Orchesterwerk „Metastaseis“.
Der Schweizer Komponist ROLF LIEBERMANN (1910–1999) komponiert 1954 das zwei Musikarten verbindende „Concerto für Jazzband und Sinfonieorchester“.
Der Dirigent und Pionier der Neuen Musik HERMANN SCHERCHEN (1891–1966) publiziert 1954 bis 1962 die Vierteljahresschrift „Gravesaner Blätter“ in seinem 1950 in Zürich gegründeten Ars-Viva-Verlag.
PIERRE BOULEZ (* 1925) komponiert 1954 das Vokalwerk „Le marteau sans maître“ („Der Hammer ohne Meister“) für Alt, Altflöte, Bratsche, Gitarre, Vibraphon, Xylomarimbaphon und Schlagzeug nach Gedichten von RENÉ CHAR (1907–1988). 1957 überarbeitet er das Stück und experimentiert auf struktureller Ebene mit einem neuartigen Verhältnis zwischen Musik und Sprache.
KARLHEINZ STOCKHAUSENs (* 1928) „Gesang der Jünglinge“ ist die erste elektroakustische Raum-Musik.
LUIGI NONO (1924–1990) verbindet in der Kantate „Canto sospeso“ erstmals serielle Technik mit politischen Inhalten. Die Textgrundlage dieses Stückes für Sopran, Alt, Tenor, Chor und Orchester bilden Abschiedsbriefe von zum Tode verurteilten Widerstandskämpfern.
Am 26.09.1957 wird die „West Side Story“ von LEONARD BERNSTEIN (1918–1990) im Winter Garden Theatre in New York uraufgeführt. Für das Ballett-Musical über einen moderen Romeo-und -Julia-Stoff entwickelt JEROME ROBBINS (1918–1998) die Choreografie.
Mit der „Bluthochzeit“ liefert WOLFGANG FORTNER (1907–1987) nach dem gleichnamigen Drama des Spaniers FEDERICO GARCIA LORCA (1898–1936) ein typisches Beispiel für die Literaturoper der 1950er- und frühen 1960er-Jahre mit gemäßigt zwölftöniger Idiomatik. Ein weiterer Vertreter dieses Genres ist u. a. GISELHER KLEBE (* 1925) mit seine Oper „Figaro läßt sich scheiden“, die einem Text von ÖDON VON HORVATH (1901–1938) folgt.
KARLHEINZ STOCKHAUSEN (* 1928) führt die erste instrumentale Musik im Raum, die „Gruppen für 3 Orchester“ auf.
PIERRE BOULEZ (* 1925) diskutiert in seinem Vortrag „Alea“ bei den Internationalen Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik die Zufallsproblematik und votiert für einen „gelenkten Zufall“ im Feld des Komponierens/Interpretierens.
In seiner 3. Klaviersonate überlässt PIERRE BOULEZ (* 1925) den Interpreten die Entscheidung über die Abfolge von Satzteilen.
LUCIANO BERIOs (1925–2003) „Tema-Omaggio a Joyce“ ist eine elektroakustische Verarbeitung eines Ausschnitts aus JAMES JOYCEs (1882–1941) Roman „Ulysses“. Mit dieser Komposition leitet BERIO die Werkreihe „Sequenza I–XI“ ein, in der er verschiedene Soloinstrumente auf ihre Klangmöglichkeiten hin erforscht.
JOHN CAGES (1912–1992) aufsehenerregender Vortrag „Unbestimmtheit“ fixiert den Zufall, die Subjektlosigkeit u. Ä. als wesentliche Parameter des Komponierens und wird 1959 in der wichtigen Publikationsreihe für Neue Musik „die Reihe“ veröffentlicht.
Der schwedische Komponist KARL-BIRGER BLOMDAHL (1916–1968) entwirft das elektroakustische Bühnenwerk „Aniara“, das als „Revue von Menschen in Zeit und Raum“ und als „Weltraumoper“ gefeiert wird.
Der polnische Komponist KRZYSZTOF PENDERECKI (* 1933) entwickelt 1960 in seinem Frühwerk „Anaklasis“ eine prototypische Klangkomposition und verwendet neue Spielpraktiken wie das Vierteltonvibrato, das Spiel am Steg von Saiteninstrumenten oder neue Schlagzeug-Techniken.
THE BEATLES treten 1960 – damals noch als Quintett – im Hamburger Club „The Indra“ auf.
BENJAMIN BRITTEN (1913–1976) verknüpft in seinem „War Reqiuem“ den lateinischen Text der „Missa pro Defunctis“ mit englischsprachigen Antikriegs-Gedichten von WILFRED OWEN (1893–1918).
Der österreichisch-ungarische Komponist GYÖRGY LIGETI (* 1923) komponiert das Orchesterwerk „Atmosphères“, das auch als Musik in STANLEY KUBRICKs (1928–1999) Film „2001. A Space Odyssey“ (1968) verwendet wird.
In der Sprachkomposition „Glossolalie“ benutzt DIETER SCHNEBEL (* 1930) Laute der Wortsprache als expressives musikalisches Material.
Der polnische Komponist und Dirigent WITOLD LUTOSŁAWSKI (1913–1994) komponiert die „Jeux vénitiens“ für Orchester und konzipiert ein „kollektives ad-libitum-Spiel“ bzw. eine „begrenzte Aleatorik“. Das heißt, die Interpreten besitzen über bestimmte Zeitstrecken und für bestimmte Parameter Entscheidungsfreiheit.
Die Kollektivkomposition „Jüdische Chronik“ von BORIS BLACHER (1903–1975), PAUL DESSAU (1894–1979), HANS WERNER HENZE (* 1926), KARL AMADEUS HARTMANN (1905–1963) und RUDOLF WAGNER-RÉGENY (1903–1969) entsteht als Protest gegen Antisemitismus und Kalten Krieg.
Der deutsche (ursprünglich agentinische) Komponist MAURICIO KAGEL (* 1931) schafft 1962 mit „Sur scène“ den Prototyp des instrumentalen Theaters. Das Konzert wird als Show, das Instrumental-Spiel als Schau-Spiel aufgeführt. Fortsetzung findet die Komposition mit dem „Match für drei Spieler“ (1964), in der KAGEL das Prinzip umkehrt und szenische Vorgänge nach musikalischen Regeln gestaltet und ausführt.
HANNS EISLER (1898–1962) komponiert 1962 die sieben Orchesterlieder „Ernste Gesänge“ nach dem Modell von JOHANNES BRAHMS (1833–1897) mit Texten von FRIEDRICH HÖLDERLIN (1770–1843), GIACOMO LEOPARDI (1798–1837) und STEPHAN HERMLIN (1915–1997).
Das Kammermusik-Werk „Loyang“ (1962) des aus Korea stammenden Komponisten ISANG YUN (1917–1995) ist durch die Verbindung von westlichen avantgardistischer Techniken mit Traditionen aus der chinesisch-koreanischer Kunstmusik charakterisiert.
KARLHEINZ STOCKHAUSEN (* 1928) veröffentlicht 1963 die Schrift „Texte zur elektronischen und instrumentalen Musik 1952–1962“. Zahlreiche Bände mit seinen musiktheoretischen und -publizistischen Beiträgen folgen.
KARLHEINZ STOCKHAUSEN (* 1928) komponiert die Schlüsselwerke der Live-Elektronik mit
Der amerikanische Komponist TERRY RILEY (* 1935) begründet mit dem Stück „In C“, in dem der Ton c umspielt wird, die Minimal Music. Die Minimal Music bezeichnet eine Musikrichtung, die sich durch radikale Reduktion auszeichnet.
LUIGI NONO (1924–1990) komponiert das gesellschaftskritische Werk „La Fabricca illuminata“ für Mezzosopran und Tonband unter Verwendung realer Fabrik-Geräusche.
Der deutsche Musiktheoretiker und Komponist HERBERT EIMERT (1897–1972) veröffentlicht die Abhandlung „Grundlagen der musikalischen Reihentechnik aus serieller Sicht mit mathematischer Akzentuierung“.
Die Oper „Die Soldaten“ von BERND ALOIS ZIMMERMANN (1918–1970) wird nach einem Text von JAKOB MICHAEL REINHOLD LENZ (1751–1792) in Köln uraufgeführt. Bereits 1958 begann ZIMMERMANN das Komponieren an dem epochalen Musiktheater-Werk mit seiner umfangreichen Materialfülle, weitgespannten Montagetechnik und strengen Konstruktion.
Der amerikanische Komponist ALVIN LUCIER (* 1931) entwickelt mit „Music for Solo Performer“ ein Verfahren, bei dem verstärkte Hirnwellen (Alphawellen) auf Schlagzeug übertragen werden und dieses wie „von Geisterhand“ zum Klingen gebracht wird.
Die Multimedia-Komposition „Die Schachtel“ von FRANCO EVANGELISTI (1926–1980) wird uraufgeführt und ist ein „Environment mit Musik“, das bis heute zu den radikalsten Entwürfen des zeitgenössischen Musiktheaters zählt.
ROMAN HAUBENSTOCK-RAMATI (1919–1994) entwirft 1966 nach dem gleichnamigen Roman von FRANZ KAFKA (1883–1924) die zweiaktige Oper „Amerika“ mit vielfältigen Montage- und Medienelementen.
KARLHEINZ STOCKHAUSEN (* 1928) collagiert 1967 in seinen „Hymnen“ verschiedene Nationalhymnen einschließlich des faschistischen „Horst-Wessel-Lieds“. Nach der rein elektronischen Fassung (1965–1967) komponiert STOCKHAUSEN auch eine Live-Elektronische Version.
MAX NEUHAUS (* 1939) richtet 1967 mit seiner „Drive-in-Music“ die erste Klanginstallation ein und prägt den Begriff Soundart (Klangkunst).
In seiner „Sinfonia für 8 Stimmen“ versetzt LUCIANO BERIO (1925–2003) Sinfonie-Sätze von GUSTAV MAHLER (1860–1911) mit Collage-Elementen verschiedenster Herkunft. Die Komposition ist ein populäres Schlüsselwerk der Postmoderne.
HANS WERNER HENZE (* 1926) komponiert „Das Floß der Medusa“ (Untertitel: „Oratorio volgare e militare in due parti- per Che Guevara“) für Sopran, Bariton, Sprechstimme, gemischten Chor und Orchester nach einem Gemälde von THÉODORE GÉRICAULT (1791–1824). Die Uraufführung führt aufgrund der Widmung für den kubanischen Revolutionär CHE GUEVARA (1928–1967) zu einem politischem Skandal.
Das BEATLES-Album „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ wird veröffentlicht. Das aufwendig produzierte Konzept-Album mit seinem hochgesteckten künstlerischen Anspruch ist ein Meilenstein in der Popmusikgeschichte.
DIETER SCHNEBEL (* 1930) schreibt mit der „MO-NO, Musik zum Lesen“ eine Mischung aus grafischer Notation, Konzeptkunst und komponierten Kurzreflexionen.
CHRISTIAN WOLFFs (* 1934) „Edges“ ist das bis dato radikalste Beispiel für grafische Notation als Improvisationsvorgabe.
GEORG KATZER (* 1935) komponiert den „Baukasten für Orchester“. Durch vielfache Kombinatorik einfacher Elemente entsteht eine Werk von außergewöhnlichem Gestaltenreichtum.
In „The Great Learning“ entwickelt CORNELIUS CARDEWS (1936–1981) ein politisch orientiertes Konzept als Vorlage für Improvisationen und gruppendynamische Prozesse.
MAURICIO KAGEL (* 1931) überträgt in seinem szenischen Konzertstück „Staatstheater“ instrumentales Theater auf die Opernbühne und trennt sonst miteinander gekoppelte theatralische Elemente wie Bühnenaktion – Geräusch.
STEVE REICHs (* 1936) „Drumming“ ist eine Komposition für 4 Paar Bongotrommeln, 3 Marimbas, 3 Glockenspiele sowie männliche und weibliche Stimmen. Das dichte polymetrische Geflecht nach westafrikanischen Modellen ist eine Variante der Minimal Music.
Der griechische Komponist MIKIS THEODORAKIS (* 1925) komponiert das großangelegte polystilistische Oratorium „Canto general“. Das Oratorium basiert auf dem gleichnamigen Gedichtzyklus des chilenischen Dichters PABLO NERUDA (1904–1973), der sich vor allem gegen den Faschismus in seinem Heimatland und in Spanien einsetzte.
MAURICIO KAGELs (* 1931) „Zwei-Mann-Orchester“ ist eine Musik-Performance für eine gigantische Maschinerie von Blas-, Streich-, Zupf- und Schlaginstrumenten, die von zwei Aufführenden über Fäden, Drehstangen usw. fernbedient werden. Vertont sind u. a. melodische und rhythmische Phrasen sowie die Körperbewegungen der Musiker.
Für acht aktive „Schreier“, Violoncello, Synthesizer sowie Tonband schreibt GERHARD STÄBLER (* 1949) das musikalische und multimediale Agitationswerk „drüber …“.
Die „Groupe de l’Itinéraire“ wird gegründet. Mitglieder sind u. a. GÉRARD GRISEY (1947–1998) und MICHAËL LÉVINAS (* 1949), die physikalisch-akustische Charakteristiken des Klanges wissenschaftlich erkunden und zur Grundlage eines neuen Komponierens machen, das sich vorrangig auf die Modifikation der Klangfarben stützt: die Spektralmusik.
Der amerikanische Komponist GEORGE CRUMB (* 1929) komponiert die Stücke „Makrokosmos I–III“ für „erweitertes Klavier“, und bezieht auch das Innere des Klaviers als Klangerzeuger ein. Charakteristisch sind die komplexen Montagen mit kosmologisch-astrologischen Bezügen.
In „Maulwerke für Artikulationsorgane und Reproduktionsgeräte“ konzipiert DIETER SCHNEBEL (* 1930) eine Komposition, die aus den Organbewegungen von Lunge, Lippen, Mund und Zunge besteht. Das für 3 Ensembles gedachte Werk wird von Diaprojektionen begleitet.
FREDERIC RZEWSKI (* 1938) komponiert die breitangelegten und virtuosen Klaviervariationen „Variationen über »El Pueblo unido«“. Diese 36 Varianten sind Vertonungen über das gleichnamige Lied der chilenischen Volksfront von SERGIO ORTEGA (1938–2003).
Die erfolgreiche minimalistische Oper „Einstein on the Beach“ von PHILIP GLASS (* 1937) wird 1976 in Avignon uraufgeführt. Die Verarbeitung eines kargen, wiederholungsreichen Materials sowie die meditative Orientierung setzt GLASS u. a. mit der Oper „Satyagraha“ (1980) fort.
KARLHEINZ STOCKHAUSEN (* 1928) beginnt mit der Arbeit an seinem 7-Tages-Zyklus „Licht“. Die einzelnen Teile der Opern-Heptalogie bilden die sieben Schöpfungstage ab.
GEORG KNEPLER (1906–2003) publiziert in der Schrift „Geschichte als Weg zum Musikverständnis. Zur Theorie, Methode und Geschichte der Musikgeschichtsschreibung“ (1977) eine universalhistorische Neukonzeption der Musikgeschichte.
Der englische Rockmusiker, Sänger und Produzent BRIAN ENO (* 1948) beginnt mit „Ambient 1: Music for Airports“ eine durch JOHN CAGE (1912–1992) und ERIC SATIE (1866–1925) inspirierte Reihe von Ambient Music („Hintergrundmusik“).
FRIEDRICH SCHENKER (* 1942) komponiert das instrumentale Theater „Missa nigra“ als kritische Reaktion auf den Bau der Neutronenbombe.
MORTON FELDMAN (1926–1987) schreibt 1981 mit der Klavierkomposition „Triadic Memories“ ein 90-Minuten-Stück im Pianissimo mit ausgeprägten Dreitonfiguren und langsamer motivischer Entwicklung.
Die Zeitschrift „MusikTexte“ wird gegründet und entwickelt sich zu einem wichtigen Forum für Neue Musik in Deutschland.
Die amerikanische Performance-Künstlerin und Songschreiberin LAURIE ANDERSON (* 1947) führt 1983 die achtstündige Mulitmedia-Performance „United States I–VI“ auf, die eines der ersten Werke darstellt, das sowohl bei den Anhängern experimenteller Kunst als auch beim Pop-Publikum auf Zustimmung stößt. Bereits 1981 gelang ihr ein Pop-Hit mit „O Superman“.
CORIÚN AHARONIÁN (* 1940) vertont und verarbeitet in „Apruebo el sol“ („Ich billige die Sonne“) Schlüsselwörter von CHE GUEVARA (1928–1967), SALVADOR ALLENDE (1908–1978) und FIDEL CASTRO (* 1926).
KLAUS HUBERs (* 1924) Oratorium „Erniedrigt – Geknechtet – Verlassen – Verachtet“ wird bei den Donaueschinger Musiktagen uraufgeführt und dokumentiert HUBERs Bestreben, die „Bergpredigt“ und das „Kommunistisches Manifest“ zusammenzubringen. Komponiert wurde das Werk 1975–1982.
BILL FONTANA (* 1947) errichtet am 31. Mai 1987 auf der Acustica International in Köln seine erste „Satelliten-Ohrbrücke Köln – San Francisco“. Das „Orchester“ besteht aus 18 Klangquellen in der Stadt Köln und 18 in San Francisco. Am Mischpult im WDR werden die Klänge zusammengeführt und collagierend zu einer Live-Komposition verdichtet.
Die Zeitschrift „Positionen“ wird 1988 als Forum für „experimentelle und grenzüberschreitende“ Musik gegründet. Das Periodikum enthält Überblicke (pro Heft ein thematischer Schwerpunkt) über neue und neueste experimentelle Tendenzen in der Musik und Musikkultur.
JACOB ULLMANN (* 1958) legt 1990 mit „voice, books & fire“ den ersten Teil einer großangelegten, mehrteiligen und vielstündigen Komposition vor. Dieses noch unabgeschlossene Werk bewegt sich an der Grenze der Hörbarkeit und zielt auf neue Wahrnehmungsweisen.
Der österreichische Komponist, Improvisationskünstler und Performer KARLHEINZ ESSL (* 1960) entwickelt 1992 mit der „Lexikon-Sonate“ die erste interaktive Internet-Komposition.
1993 entsteht die erste Video-Oper von STEVE REICH (* 1936) mit dem Titel „The Cave“. Das Libretto schreibt BERYL KOROT (* 1945).
Anlässlich des 50. Jahrestages der Zerstörung Dresdens wird 1995 das „Glocken-Requiem“ von JOHANNES WALLMANN (* 1952) mit 129 live gespielten Kirchenglocken aufgeführt.
Das szenisch-improvisatorische Ensemble-Spiel „Schwarz auf Weiß“ von HEINER GOEBBELS (* 1952) eröffnet 1996 dem Musiktheater neue Perspektiven.
Der „phonoautograph für 4 Frauenstimmen, Countertenor, Posaune, 4 Plattenspieler und Live-Elektronik“ von ALAN HILARIO (* 1967) wird 2000 bei den Donaueschinger Musiktagen uraufgeführt. Der Philippine HILARIO lässt dabei die „phonograph“-Sängerinnen Plattenspieler bedienen und stellt antike Kratz- und Rauschzustände wieder her. Dazu benutzt er Militärmusik, Schlager und Opern-Chöre, die durch Computer-Bearbeitung eine neuartige Klangwirkung ergeben.
HELMUT OEHRING (* 1961) entwirft in „Wozzeck kehrt zurück“ eine „tonschriftliche Momentaufnahme in drei Abzügen“. Die Klanginstallation ist eine neue Form des szenischen Konzerts, in dem er u. a. Live-Video und animierte Fotos verarbeitet.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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