Der Begriff Akustik (griech. akouein – hören) ist der allgemeine Oberbegriff für die Lehre vom Schall. Im Allgemeinen geht es um Erscheinungen im Bereich von circa 20 Hertz bis 20000 Hertz, also im Wahrnehmungsbereich des menschlichen Ohres.
Das gesamte Gebiet der Akustik unterteilt sich in mehrere Teilbereiche:
Im Wesentlichen beschäftigt sich die Raumakustik mit den Gegebenheiten eines Raumes, vor allem im Hinblick auf ihre Auswirkung auf die Schallereignisse, die in ihm stattfinden. Die Untersuchungen dienen hauptsächlich dazu, einen Raum seinem Zweck entsprechend optimal einzurichten, sodass beispielsweise eine hohe Sprachverständlichkeit oder ein angenehmer Musikgenuss gegeben ist. Allerdings ist nur ein Teil der akustischen Raumeigenschaften durch Messung zu bestimmen; ebenso wichtig ist eine fachmännische Einschätzung, die häufig durch eine mehrköpfige Beurteilungsjury bei Klangtests vorgenommen wird.
Die zu beurteilenden Räume reichen von Schulzimmern über Tagungsräume bis hin zu Theater- und Konzertsälen, Kirchen sowie Funk-, Fernseh- und Tonstudios.
Eine relativ wichtige Erkenntnis der Raumakustik ist, dass selbst bekannte Klänge als unnatürlich empfunden werden, wenn die Klangwiedergabe in einem akustisch ungünstigen Raum stattfindet. Ungünstig heißt, dass zum Beispiel zu wenig oder zu viel Nachhall vorhanden ist, der im Prinzip in jedem normalen Raum entsteht (von Dämm-Maßnahmen abgesehen).
Es gibt zwei grundlegende Möglichkeiten, die Raumakustik zu verändern. Je nach Bedarf kann man mit schallabsorbierenden oder schallreflektierenden Materialien den Hallanteil abschwächen oder verstärken, wobei folgende Grundregeln gelten:·
Meist werden die erwähnten Materialien gleich bei der Bauplanung eines entsprechenden Raumes mit einkalkuliert, aber auch andere Faktoren wie Raumgröße und Raumform spielen eine nicht unwesentliche Rolle für den Endklang. Letzten Endes geht eine solche Planung bis hin zu Feinheiten, an die ein Außenstehender gar nicht denkt.
Zum Beispiel muss bei einem Konzertsaal durchaus mit einkalkuliert werden, welche Beschaffenheit die Bestuhlung haben wird oder wo in den Wänden an der Seite Löcher für Scheinwerfer bleiben bzw. wo an der Rückwand diverse Glasfenster für Regieräume eingerichtet werden. Selbst das Publikum mit verschiedenen Besucherzahlen muss für einen optimalen Klang eingeplant werden, denn ein Saal kann leer die schönste Akustik haben, jedoch mit voller Publikumsauslastung bleibt eventuell nicht mehr viel von diesem Klang, da Zuschauer sozusagen hallschluckend sind.
Letzten Endes bringt die sinnvolle Kombination aus schallabsorbierenden und schallreflektierenden Materialien an verschiedenen Stellen des Klangraumes eine ausgewogene Akustik. Je größer dabei der Raum ist, desto sorgfältiger muss die akustische Planung erfolgen, damit quasi jede Person im Publikum das gleiche Hörerlebnis hat.
Erwähnt werden sollte an dieser Stelle, dass neben der Beeinflussung der Akustik innerhalb des Raumes häufig noch eine weitere Maßnahme eine Rolle spielt, nämlich das Abdämmen gegen unerwünschten Schall von außerhalb. Die Methoden hierzu sind vielfältig und bedürfen einer ebenso genauen Planung.
Soll ein schon vorhandener Raum nachträglich eine andere Raumakustik erhalten, muss oft ein sehr großer Aufwand betrieben werden, um die vorhandene Architektur den Klangvorstellungen anzupassen. Je nach Umfang der Veränderungen ist es häufig nicht zu vermeiden, dass ein Teil dieser Maßnahmen sichtbar bleibt. Grundsätzlich ist es dabei leichter, schallabsorbierend zu arbeiten. Zusätzliche Schallreflexion ist dagegen nur in Grenzen zu bewerkstelligen.
Der Nachhall ist eine der wichtigsten Kenngrößen der Raumakustik.
Der Begriff selbst, der umgangssprachlich kurz Hall genannt wird, beschreibt die kontinuierliche Reflexion von Schallwellen in einem in sich geschlossenen Klangraum, also im Prinzip den Schallanteil, der außer der eigentlichen Klangquelle noch zu hören ist. Im technischen Bereich werden meist die englischen Bezeichnungen Reverberation oder Reverb verwendet.
Hall in einem Konzertsaal entsteht beispielsweise dadurch, dass die Musik des Orchesters auf die Wände im Zuschauerraum trifft und von dort in selbigen zurückgeworfen wird. Wie schon erwähnt wurde, entscheidet sich durch Raumgröße, Raumform, Wandmaterialien und Einrichtung das Klangergebnis, welches aus der Summe aus direktem Schall und Nachhall besteht.
Vor allem auf den amerikanischen Physiker WALLACE C. SABINE (1868–1919), der durch seine experimentellen Forschungsarbeiten das Absorbtionsverhalten von Oberflächen untersuchte, gehen wichtige Erkenntnisse zur Raumakustik und damit zum Nachhall zurück (Hörbeispiel 1).
Beim Nachhall geht es um den indirekten Schall, dessen zeitliche Ausdehnung mit dem Begriff Nachhallzeit beschrieben wird. Man geht hier von der einfachen Tatsache aus, dass der Schall durch das ständige Durchqueren des luftgefüllten Schallraumes und durch das wiederholte Auftreffen auf verschiedene Materialien an Energie verliert und damit also leiser wird. Der Zeitraum, in welchem der Schalldruckpegel ausgehend von seiner Entstehung an der Schallquelle um 60 dB abnimmt, heißt Nachhallzeit.
Da die Dezibel-Skala nicht linear ist, bedeutet eine Abnahme um 60 dB eine Reduzierung des Schalldruckes auf ein Tausendstel seines Anfangswertes. Angegeben wird die Nachhallzeit in Sekunden oder Millisekunden. Dabei bezieht sich der Wert auf einen Testton von 500 oder 1000 Hertz.
Allgemein kann man sagen, dass die Nachhallzeit umso größer ist, je größer der Schallraum ist und je reflektierender die Oberflächenmaterialien gestaltet wurden. Diese Tatsache wird seit ungefähr 1920 bei der Bauplanung berücksichtigt.
Eine gewisse Nachhallzeit ist insbesondere beim Hören von Musik wünschenswert, da Musik ohne jeglichen Nachhall als unnatürlich empfunden wird. Die Grundfrage, die schon mehrere Generationen von Musikern, Tontechnikern oder auch Bauarchitekten beschäftigt hat, ist die Frage nach der optimalen Nachhallzeit. Inzwischen gibt es zu diesem Thema sowohl zahllose Testreihen als auch eine Menge theoretischer Abhandlungen. Trotzdem lässt sich die Frage nicht einfach pauschal beantworten. Abgesehen davon, dass es unter den Zuhörern auch in Bezug auf die Nachhallzeiten unterschiedliche Geschmäcker gibt und man sowieso nur eine der breiten Masse entsprechende Kompromisslösung anbieten kann, richtet sich die Nachhallzeit an zwei Größen aus.
Aus den genannten Erfahrungen der letzten Jahrzehnte haben sich einige Richtwerte herauskristallisiert, von denen aber in bestimmten Situationen auch abgewichen wird:·
Bis hierhin wurden nur zwei Komponenten eines Schallereignisses erläutert, nämlich der Direktschall von der Schallquelle
Direktschall
und der Nachhall.
Es fehlt noch die dritte Komponente, die eigentlich zwischen den beiden schon beschriebenen liegt. Gemeint ist die sogenannte Erstreflexion oder auch Early Reflexions, wie der Tontechniker sagt.
Erstreflexion
Mit dem Begriff Erstreflexion werden die ersten ein bis drei Reflexionen beschrieben, die von den Wänden, der Decke und dem Boden zurückgeworfen werden und dann den Zuhörer treffen.
Alle anderen Reflexionen bilden den Nachhall.
Nachhall
Nichtfachleuten ist es oft ein Rätsel, warum man diese ersten drei Reflexionen von den restlichen getrennt betrachtet. Hier geht es in den Bereich der Psychoakustik, denn das Gehirn ist in der Lage, die einzelnen Laufzeiten der eintreffenden Schallsignale in Wegstrecken umzurechnen. Mit anderen Worten – es wird die Größe des Klang-Raumes berechnet und wir empfinden entsprechend eine angenehme oder aber auch unangepasste Akustik.
Diese Vorgänge sind uns nicht bewusst und können auch nicht beeinflusst werden. Man kann diese Erkenntnisse nur dazu nutzen, um beispielsweise das Ohr und damit auch das Gehirn auszutricksen, indem man beispielsweise über nicht ganz unkomplizierte Berechnungen einem Originalton zusätzliche Reflexionstöne beimischt und damit dem Zuhörer vorgaukelt, er würde aus zwei Lautsprechern einen Surroundklang hören. Es spielen aber bei diesem Phänomen außer den Erstreflexionen noch mehr Dinge aus dem Bereich der Psychoakustik eine Rolle.
Für eine gute Sprachverständlichkeit bzw. ein detailliertes Klangbild ist ein gewisser zeitlicher Abstand zwischen dem Direktschall und den Erstreflexionen nötig. Sitzt ein Zuhörer relativ dicht an der Schallquelle, ist das auf jeden Fall gegeben. Bei größerer Entfernung treffen allerdings die Erstreflexionen fast zeitgleich mit dem Direktschall ein, was den Gesamtklang undurchsichtiger macht. Dieser Effekt verstärkt sich, wenn der Raum eine große Nachhallzeit aufweist, da dann auch noch ein Teil der Erstreflexionen in der sogenannten Hallfahne untergehen.
Als Beispiel braucht man sich nur eine große Kirche vorzustellen, in welcher man in der letzten Bankreihe sitzt und versucht, die im Altarbereich gesprochenen Worte deutlich zu verstehen.
Andererseits nutzt gerade die Kirchenmusik diesen Effekt des etwas verschwommenen Klangbildes bewusst aus, so dass beispielsweise aus der Kombination von gespielten Harmonien und denen, die noch als Hall nachklingen, interessante harmonische Gebilde entstehen können.
Hörbeispiel 2:
Vergleich einer Stimme in einer kleinen und einer großen Kirche sowie mit großem Aufnahmeabstand (Sprechtext der schwer verständlichen Passage: „Platziert man nun das Mikrofon in der letzten Sitzreihe und spricht vom Altarraum aus, ist vom Direktschall kaum noch etwas zu hören. Außerdem fällt dieser fast mit den Erstreflexionen zusammen.“)
Bestimmte Hallräume erzeugen eine bestimmte Hallcharakteristik. Gemeint ist damit das hörbare Ergebnis aus allen bis hierher beschriebenen theoretischen Kenngrößen. Um noch einmal einen Überblick zu geben – hier eine zusammenfassende Auflistung der Nachhallbedingungen:
Aus diesen „Ursachen“ resultieren dann folgende „Wirkungen“:
Diese Angaben kann man technisch relativ genau bestimmen, allerdings sind die Ergebnisse für die allgemeine Vorstellungskraft recht unpraktisch, so dass man mehr mit einfachen Worten zu umschreiben versucht, wie der Nachhall klingt:
Außerdem nutzt man häufig Vergleiche und sagt, dass der Hallraum wie ein kleiner Raum, ein Konzertsaal, eine Kirche, ein Tunnel, eine Höhle, ein gekacheltes Badezimmer … klingt.
Die meisten Tonproduktionen finden in fast hallfreien Studios statt. Der Grund dafür ist, dass ein Nachhall, der einmal in einer Aufnahme enthalten ist, kaum noch entfernt werden kann. So geht man meist den umgekehrten Weg, das heißt, man versieht relativ trockene Aufnahmen nachträglich mit künstlichem Nachhall. Das hat den Vorteil, dass man verschiedene Hallcharakteristiken ausprobieren und das Ergebnis immer wieder noch verändern kann.
Aber auch in Live-Situationen wird häufig mit künstlichem Nachhall gearbeitet, sowohl bei Rockkonzerten als auch bei Klassikaufführungen.
Während man bei Rockkonzerten versucht, ein Klangbild zu erschaffen, welches ungefähr dem Klang entspricht, den der Zuhörer schon vom Tonträger her kennt, ist das Ziel bei klassischer Musik ein anderes. Gemeint sind hier auch weniger Instrumentalkonzerte, sondern eher Bühnenwerke wie Opern, Operetten bis hin zum Musical, welches dann schon wieder Rocktendenzen aufweisen kann. Bei solchen Bühnenwerken setzt man den künstlichen Nachhall dazu ein, um über den natürlichen Raumhall hinaus bestimmte Atmosphären zu schaffen, in die sich der Zuhörer mit hineinversetzt fühlt.
Zum Beispiel würde man einer Szene in einem alten Schloss sicher nicht wenig zusätzlichen Nachhall hinzufügen, um damit einem originalen Schloss-Saal-Klang nahezukommen und eventuell je nach Handlung auch ein wenig Mystik in die Szene einzubringen.
Insgesamt betrachtet gibt es bei der Verwendung eines künstlichen Nachhalls zwei verschiedene Ziele: Entweder versucht man, den Hallcharakter eines bestimmten Raumes zu simulieren oder man erzeugt bewusst einen Halleffekt, der so in der Natur nicht vorkommt.
Während früher die Nachhall-Effekte mit Metallfedern, Metallplatten oder Goldfolien erzeugt wurden, setzt man heute im Wesentlichen digitale Signal-Prozessoren (auch Effekt-Gerät genannt) ein, die eine Vielzahl unterschiedlicher Nachhall-Situationen sozusagen berechnen können. Hierzu lassen sich viele Einzelparameter wie Raumgröße, Wandbeschaffenheit oder Abstand zur Signalquelle eingeben. Auch die drei Bausteine Direktschall – Erstreflexion – Nachhall sind meist getrennt voneinander über verschiedene Parameter beeinflussbar.
Hörbeispiel 3:
Höranalyse zu den drei Klangbausteinen (Sprechtext der schwer verständlichen Passage: „Schließlich fehlt noch der Nachhall, der jetzt zu hören ist.“)
So kann man zum Beispiel bei einer großen Erstreflexionszeit statt eines Nachhalls ein Echo erzeugen, da das menschliche Ohr ab ungefähr 50 Millisekunden Zeitabstand dies so empfindet.
Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.
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