Unterhaltungsmusik

Geschichte

Die Bezeichnung kam für die im zweiten Drittel des 19. Jh. einsetzende Verwendung von Musik in Restaurants und Gaststätten auf, in der sie eine hauptsächlich atmosphärische Funktion erfüllte; sie sollte dem Gast unaufdringlich Kurzweil verschaffen, ihn unterhalten und zugleich die Gespräche der Gäste akustisch abschirmen. Nachdem lange Zeit hierfür geeignete Musikstücke von den Kapellenleitern individuell für diesen Zweck bearbeitet worden waren, kristallisierte sich in den 1910er-Jahren mit der Caféhaus-Musik ein instrumentaler Musiktyp heraus, der dieser atmosphärischen Funktion optimal angepasst war.

Mit dem Aufkommen des Rundfunks in den zwanziger Jahren erweiterten sich die Möglichkeiten für eine solche beiläufige Musikrezeption ganz erheblich, und jener instrumentale Musiktyp in der Form des Intermezzos, der Serenade oder des bearbeiteten Tanztitels fand entsprechend den neuen Bedingungen eine Weiterentwicklung im Orchesterarrangement. Es entstanden zahlreiche neue konzertante Kompositionen, die auf den Sendebedarf des Rundfunks zugeschnitten waren –

  • Ouvertüren,
  • Rhapsodien,
  • Suiten,
  • Virtuosenstücke usw.,

gespielt von sogenannten Großen Rundfunkorchestern in sinfonischer Besetzung. Dafür wurde in Abgrenzung zur Caféhaus-Musik der Begriff „gehobene Unterhaltungsmusik“ geprägt. Durch den Rundfunk konnten nun eine Vielzahl von Musikformen, die ursprünglich nicht als Hintergrundmusik geschaffen worden waren, in gleicher Weise als Begleitmusik für die verschiedenen Verrichtungen des Alltags genutzt werden. Die separate Lautstärkeregelung am Rundfunkgerät machte diese Funktion unabhängig von bestimmten Aufführungsbedingungen, die vordem zu sparsamen und hauptsächlich mit Streichern besetzten Instrumentalarrangements gezwungen hatten. Der Begriff Unterhaltungsmusik wurde so bis in die 1950er-Jahre hinein zu einem Oberbegriff für alle im Rundfunk gesendeten oder produzierten Formen von populärer Musik, ein Begriffsgebrauch, der sich in dem in der Rundfunkpraxis noch immer verbreiteten Kürzel „U-Musik“ weitgehend bis heute erhalten hat.

In den 1950er-Jahren setzte mit der Internationalisierung der Rundfunkprogramme, dem Vordringen von Folklore, Jazz und später der Rockmusik aber auch eine Problematisierung dieses ohnehin nur im deutschsprachigen Raum verbreiteten Begriffs ein. Es wurde immer sichtbarer, dass er in der Verwendung als Oberbegriff für die verschiedensten Formen der populären Musik keineswegs geeignet war, die von ihnen jeweils realisierten ganz unterschiedlichen Umgangsweisen mit Musik abzudecken. Andererseits hat sich jener unspezifische instrumentale Musiktyp, der darin aufgeht, Hintergrund zu sein, wofür auch immer, bis heute erhalten und verdient zu Recht die Bezeichnung Unterhaltungsmusik, sofern man darunter ein unaufdringliches, keinerlei Aufmerksamkeit absorbierendes, aber atmosphärisch anregendes Musizieren versteht. Das ist dann naturgemäß nicht an bestimmte musikalische Formen gebunden, beschränkt sich aber auf Instrumentalmusik mit dominantem Streicherklang im Arrangement. Alternativ ist dafür auch der englische Begriff „Lounge Music“ zu finden, der auf den bis heute verbreiteten Gebrauch solcher Musik in den Lounges von Nobel-Hotels zurückgeht (Lounge = Hotelhalle).

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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