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Deutschland im europäischen Integrationsprozess

Die Rolle Deutschlands hat sich seit der Gründung der EKGS im Jahr 1951 erheblich gewandelt. Heute ist die Bundesrepublik Deutschland ein maßgeblicher Akteur bei der Ausgestaltung der Europäischen Union. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Deutschland aufgrund der konsequenten Einbindung in das westliche Bündnissystem in den europäischen Einigungsprozess integriert. In den 1970er- und 1980er-Jahren gelang es Deutschland, sich in der Gemeinschaft zu etablieren und ein größeres Gewicht zu erlangen.
Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der damit zusammenhängenden Vereinigung Deutschlands kam es zu einer Neudefinition der Rolle Deutschlands. Deutschland hat im Zuge der Erweiterung der Europäischen Union Mitte der 1990er-Jahre und der Osterweiterung eine bedeutende Rolle eingenommen. Darüber hinaus engagierte sich Deutschland bei der Reformierung der EU, der Vollendung des Binnenmarktes, der Herausbildung einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik sowie der Schaffung der Wirtschafts- und Währungsunion.

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Konsequente Westintegration – die Europapolitik der BRD (1949–1989)

Mit Ende des Zweiten Weltkrieges und der sich daran anschließenden Teilung Deutschlands gehörte die Integration der Bundesrepublik Deutschland in das westliche Bündnissystem zur entscheidensten Grundlage der westdeutschen Außenpolitik. Mit der Einbindung in westeuropäische Organisationen verfolgte die BRD unter dem damaligen Bundeskanzler KONRAD ADENAUER nicht nur sicherheitspolitische Interessen, sondern sie verband damit ebenfalls die Hoffnung, langfristig als gleichberechtigter Partner innerhalb der westlichen Allianz anerkannt zu werden und auf diese Weise ihre Souveränität wieder zu erlangen. Die anderen Gründungsmitglieder der westeuropäischen Organisationen sahen in der Einbindung der BRD die Möglichkeit, Kontrolle über ihr wirtschaftliches und politisches Potenzial auszuüben und ein erneutes Hegemoniestreben Deutschlands im Keim zu ersticken. Alle am europäischen Integrationsprozess teilhabenden Staaten hatten zum Ziel, auf diese Weise Frieden, Freiheit und Sicherheit in Europa zu gewährleisten.
So äußerte sich beispielsweise der belgische Außenminister PAUL HENRI SPAAK in seinem Memorandum vom 7. Februar 1959 folgendermaßen zu den Chancen und der Bedeutung des europäischen Einigungsprozesses: Die europäische Integration sei

„vor allem die richtige Art und Weise, das deutsche Problem zu lösen. (...) Die europäische Integration gibt Deutschland einen Rahmen, in dem seine Expansion begrenzt bleibt, und schafft eine Interessengemeinschaft, die es absichert und die uns gegen gewisse Versuche und Abenteuer absichert.“

EGKS und EWG

Die Grundlage für den europäischen Integrationsprozess stellte die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) 1951 dar, die von

  • Frankreich,
  • Deutschland,
  • Italien,
  • Belgien,
  • den Niederlanden und
  • Luxemburg

gegründet wurde. Die EGKS war außerdem Ausgangspunkt der deutsch-französischen Aussöhnung, die mit dem Abschluss des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages (Elysée-Vertrag) 1963 ihren vorläufigen Höhepunkt fand und die weitere Rolle Deutschlands und Frankreichs im europäischen Einigungsprozess maßgeblich bestimmte. Mit den Römischen Verträgen von 1957 erfolgte u. a. die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), von der die BRD als exportorientierte Industrie durch die Öffnung der Märkte der Nachbarstaaten profitierte.

Im weiteren Verlauf des Integrationsprozesses beteiligte sich Deutschland aktiv an der europäischen Einigung. Zusammen mit Frankreich etablierte sich Deutschland als Motor der europäischen Integration. So gab das deutsch-französische Tandem unter dem französischen Staatspräsidenten VALÉRY GISCARD D'ESTAING und dem deutschen Bundeskanzler HELMUT SCHMIDT den Anstoß

  • zur Schaffung des Europäischen Rates 1975,
  • zur ersten Direktwahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments 1979 sowie
  • zur Einrichtung des Europäischen Währungssystems (EWS) 1979.

Auch ihre Nachfolger übten großen Einfluss auf den Integrationsprozess aus.

Die Einbindung Deutschlands in die Europäische Gemeinschaft bedeutete einerseits Souveränitätsverzicht durch die Übertragung nationalstaatlicher Kompetenzen auf die gemeinschaftliche Ebene, andererseits hatte sie die Anerkennung als gleichberechtigter Partner im westlichen Bündnissystem und einen Zugewinn an ökonomischer Sicherheit zur Folge.

Der europäische Integrationsprozess und die deutsche Einheit

Der Zusammenbruch der Sowjetunion und die damit verbundene Möglichkeit einer Überwindung der Teilung Deutschlands war seitens der anderen EG-Mitgliedstaaten von Befürchtungen begleitet: Erstens äußerten sich die Mitgliedstaaten besorgt darüber, dass ein vereintes Deutschland sein Interesse an der Europäischen Gemeinschaft und dem europäischen Integrationsprozess verringern und sich stattdessen eher Mittel- und Osteuropa zuwenden könnte. Zweitens befürchteten sie dessen Dominanz innerhalb der Gemeinschaft aufgrund der durch die Einheit veränderten Größenordnung Deutschlands. Drittens waren die Mitgliedstaaten beunruhigt wegen der durch die deutsche Wiedervereinigung anfallenden Kosten für die EG.

Die EG, insbesondere der damalige Kommissionspräsident JACQUES DELORS, befürwortete eine enge Einbindung des wiedervereinigten Deutschlands in die Gemeinschaft und sicherte den deutschen Vereinigungsprozess wirtschaftsinstitutionell ab. Der deutsche Bundeskanzler HELMUT KOHL betonte ausdrücklich, dass das wiedervereinigte Deutschland am europäischen Integrationsprozess festhalten werde. Dies untermauerte er, als er sich gemeinsam mit dem französischen Staatspräsidenten FRANÇOIS MITTERRAND im April 1990 für eine Vertiefung der europäischen Integration durch die Beschleunigung der politischen Union und der Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion einsetzte.

Von symbolischer Bedeutung ist die Neuformulierung desjenigen Grundgesetzartikels, über den die deutsche Vereinigung im Oktober 1990 verwirklicht wurde. Mit der neuen Formulierung geht die Beteiligung des wiedervereinigten Deutschlands am europäischen Integrationsprozess in die Verfassung ein. So lautet der Art. 23 Abs. 1 GG heute:

„Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit, die demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen und dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist und einen diesem Grundgesetz im wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleistet. Der Bund kann hierzu durch Gesetz mit Zustimmung des Bundesrates Hoheitsrechte übertragen.“

Die deutsche Europapolitik nach 1990

1993 sprachen sich Präsident MITTERRAND und Bundeskanzler KOHL für eine Vertiefung der Europäischen Union (EU) aus, die auf einer Beschleunigung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU sowie einer Optimierung der Zusammenarbeit im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung und Bekämpfung des Drogenhandels – beide sind Bestandteil der Dritten Säule des Maastrichter Vertrages – beruhen sollte.
Auch in den Regierungskonferenzen zum Vertrag von Amsterdam 1997 unterstrich Deutschland sein Interesse an der Vertiefung der politischen Union, die mit der ökonomischen Vertiefung einhergehen müsse. Deutschland setzte sich für Fortschritte in der GASP, z. B. durch Ausweitung der Mehrheitsentscheidungen, sowie der dritten Säule des Maastrichter Vertrages, der Zusammenarbeit in der Innen- und Justizpolitik, ein. Hier forderte Deutschland u. a. eine Vergemeinschaftung der Asyl- und Visapolitik. Ein weiteres zentrales Anliegen betraf die Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU).
Im Vorfeld der Verhandlungen zum Vertrag von Nizza verstärkten sich die Diskussionen um die Finalität, des Endziel des europäischen Einigungsprozesses. Um trotz Erweiterung der EU handlungsfähig zu bleiben und in der Vertiefung der Union voran zu schreiten, schlug der damalige deutsche Außenminister JOSCHKA FISCHER die Bildung eines „Gravitationszentrums“ vor. Dadurch soll den integrationswilligen Mitgliedstaaten eine verstärkte Zusammenarbeit in den Politikbereichen ermöglicht werden, wobei zögernde Mitgliedstaaten jederzeit zu dieser Pioniergruppe zustoßen könnten. Diesem Vorschlag schloss sich der ehemalige französische Staatspräsident JACQUES CHIRAC an. Dieses Konzept kann – wie sich mit der Einführung des Euro in 12 der damals 15 Mitgliedstaaten der Union gezeigt hat – erfolgreich zur Vertiefung der Union angewendet werden. Durch Teilnahme an dem Europa der „differenzierten Integration“ kann Deutschland auch weiterhin gemeinsam mit anderen großen Staaten eine Führungsrolle im Einigungsprozess einnehmen.

Im Anschluss an die deutsche Vereinigung machte sich Deutschland zum Fürsprecher einer Mitgliedschaft der mittel- und osteuropäischen Staaten (MOE) in der Union. So wurde in Essen 1994 unter deutscher Ratspräsidentschaft die Einrichtung eines strukturierten Dialogs mit den assoziierten mittel- und osteuropäischen Staaten beschlossen. Der Grund dafür lag einerseits in der Erwartung eines ökonomischen Profits, andererseits jedoch verband Deutschland damit die Ausweitung von Demokratie, Wohlstand und Sicherheit auf das östliche Europa. Deutschland verfolgte also ein Doppelinteresse: Erweiterung und Vertiefung der Europäischen Union.

Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH): "Deutschland im europäischen Integrationsprozess." In: Lernhelfer (Duden Learnattack GmbH). URL: http://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/politikwirtschaft/artikel/deutschland-im-europaeischen-integrationsprozess (Abgerufen: 20. May 2025, 05:21 UTC)

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Großbritannien und Europa

Großbritannien ist zwar geografisch gesehen ein Teil Europas, doch beanspruchte es lange Zeit eine Sonderstellung. Sie fand ihren Begriff in der “Splendid Isolation”, der zufolge sich Großbritannien vom europäischen Geschehen abkoppelt. Als Inselstaat und Seemacht machte Großbritannien seinen Einfluss in aller Welt geltend, vor allem jenseits des Antlantiks und in Asien, wo sich die Briten eine dauerhafte Vormachtsstellung sicherten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg hat Großbritannien seinen Status als Weltmacht jedoch eingebüßt. Zwar ist es im Commonwealth weiterhin mit seinen einstigen Kolonien verbunden; um aber seine politischen Interessen durchzusetzen, kann es auf die Kooperation mit anderen europäischen Staaten (innerhalb der Europäischen Union) nicht mehr verzichten.

Internationale Migrationsregime

Unter Globalisierungsbedingungen sind Migrationsbewegungen kaum noch steuerbar. Sowohl die Akteure als auch die Ursachen und die Dynamik dieses Prozesses entziehen sich dem unmittelbaren staatlichen Einfluss. Deshalb bieten nur international konzipierte Strategien Aussicht auf Beherrschbarkeit. Die gegenwärtigen institutionellen Mechanismen reichen nicht aus, um die migrationspolitischen Maßnahmen innerhalb oder außerhalb des UN-Systems zu koordinieren. Notwendig ist ein neues internationales Migrationsregime, das auf drei Säulen ruht:

  • einer politischen Absichtserklärung,
  • einer Rahmenvereinbarung und
  • einem einheitlichen Institutionsgefüge.

Zu dem derzeitigen Institutionsgefüge, das sich mit Migration befasst, gehört auch die 1951 gegründete IOM (International Organization for Migration). Deren Politik ist jedoch umstritten.

Umfang und Ausrichtung der EU-Entwicklungspolitik

Die europäische Entwicklungspolitik zielt vor allem auf

  • die Bekämpfung der Armut,
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  • die schrittweise Eingliederung der Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft.

Die EU ist weltweit entwicklungspolitisch tätig und international der größte Geber. Die Zusammenarbeit ist vor allem auf die Länder Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (AKP-Staaten) ausgerichtet, findet aber auch mit anderen Weltregionen wie Asien und Lateinamerika, dem Mittelmeerraum, Mittel- und Osteuropa, der ehemaligen Sowjetunion und Südosteuropa statt. Hinzu kommen Nahrungsmittelhilfen, humanitäre Hilfsleistungen und die Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen.

Entwicklungsphasen der Europäischen Gemeinschaft

Die Entwicklung der europäischen Integration vollzieht sich in verschiedenen Stufen und Phasen als Prozess der Erweiterung und Vertiefung. Die Einheitliche Europäische Akte, der Maastrichter Vertrag und der Gipfel von Nizza bilden Eckpunkte einer neuen Stufe der europäischen Integration. Die gegenwärtige Herausforderung besteht darin, beide Teilprozesse möglichst reibungslos miteinander zu verzahnen. Einerseits müssen die neuen Mitgliedstaaten auf ihre Rolle im Rahmen der Europäischen Union vorbereitet werden, um sie in die Entscheidungsprozesse zu integrieren. Andererseits müssen die notwendigen Schritte zur tiefgreifenden Reform vorangetrieben werden.

Generelles Beitrittsverfahren zur EU

Der europäische Integrationsprozess nahm seinen Anfang in den 1950er-Jahren mit sechs Mitgliedstaaten, zu Beginn des 21. Jh. umfasst die Europäische Union bereits 25. Im Zuge der sogenannten Osterweiterung, der größten Erweiterungsrunde in der Geschichte der Union, traten am 1. Mai 2004 zehn Staaten der EU bei.
Rumänien und Bulgarien folgten am 1. Januar 2007.

Voraussetzung für eine Mitgliedschaft ist die Erfüllung der Kopenhagener Kriterien.
Das Beitrittsverfahren gliedert sich in drei Phasen. In der ersten Phase stellt der beitrittswillige Staat seinen Antrag an den Rat. Dieser stimmt nach Stellungnahme der Europäischen Kommission und Zustimmung des Europäischen Parlaments einstimmig über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen ab. Die Verhandlungen werden in Form von Beitrittskonferenzen zwischen dem Kandidatenstaat, der EU-Präsidentschaft und der Kommission geführt. Nach Unterzeichnung der Beitrittsakte beginnt der Ratifikationsprozess. Hierbei müssen sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat zustimmen. Anschließend erfolgt der Ratifikationsprozess in den Mitgliedstaaten sowie dem Bewerberstaat entweder durch Zustimmung der nationalen Parlamente oder Referenden. Sobald alle Ratifikationsurkunden hinterlegt sind, wird der Staat zum ausgehandelten Zeitpunkt in die EU aufgenommen.

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