Rechtsgrundlagen internationaler Politik

Die rechtlichen Grundlagen der internationalen Politik

Als internationale Politik werden alle Beziehungen und zielgerichteten Handlungen bezeichnet, die von Akteuren aus dem Bereich des gesamten politischen Systems (Regierungen, Verbände usw.) und den internationalen Organisationen (EU, NATO usw.) gestaltet, bzw. durchgeführt werden. Das Handeln der Akteure der internationalen Politik findet nicht in einem rechtsleeren Raum statt, sondern orientiert sich an einer Vielzahl von Normen und Regeln. Die Akteure der internationalen Politik haben rechtliche Grundlagen geschaffen, die ein friedliches und sicheres Zusammenleben im internationalen Umfeld garantieren sollen. Diese setzen sich aus

  • dem Völkerrecht,
     
  • dem internationalen Recht und
     
  • dem Recht der internationalen und supranationalen Organisationen (z. B. das Europarecht oder das UN-Kaufrecht)

zusammen. Das Völkerrecht nimmt hierbei eine Schlüsselrolle ein und wird häufig auch als die Rechtsordnung der internationalen Gemeinschaft, bzw. des internationalen Systems bezeichnet.

Begriff des Völkerrechts

Das Völkerrecht kann als

„die Summe der Normen, die die Verhaltensweisen festlegen, die zu einem geordneten Zusammenleben der Menschen dieser Erde notwendig und nicht im innerstaatlichen Recht der einzelnen souveränen Staaten geregelt sind“ (SEIDL-HOHENVELDERN, 1997)

bezeichnet werden.

Die Rechte und Pflichten des Völkerrechts können bilateral, d. h. zwischen zwei Staaten, oder multilateral – unter den Mitgliedern einer ganzen Staatengruppe oder auch zwischen allen Staaten der Welt – beschlossen werden (Universalismus).

Träger des Völkerrechts

Lange Zeit war das Völkerrecht nur für so genannte Völkerrechtssubjekte gültig. Nach traditioneller Auffassung waren die Rechte und Pflichten des Völkerrechts lediglich für Staaten, internationale Organisationen und den Heiligen Stuhl gültig. Inzwischen haben auch einzelne Personen wegen der Menschenrechte die Stellung eines Völkerrechtssubjektes.

Quellen des Völkerrechts

Das Völkerrecht hat sich durch eine enge Zusammenarbeit zwischen mehreren Staaten entwickelt, die sich im Konsensverfahren auf bestimmte Normen einigen. Die Staaten haben dabei entweder in Form von völkerrechtlichen Verträgen bestimmte Rechte und Pflichten festschrieben, oder sie haben sich auf das Gewohnheitsrecht berufen. Gewohnheitsrecht meint, dass sich die Verhandlungspartner stillschweigend auf eine bestimmte Verhaltensweise verständigen, nach der sie dann in unterschiedlichen Situationen aus Gewohnheit handeln.

Entstehung des Völkerrechts

Die Geschichte des Völkerrechts reicht bis in die Antike zurück. Im 3. Jh. v. Chr. regelten die Völker mit dem so genannten jus gentium den gegenseitigen Handelsverkehr und die inneren Zustände in den einzelnen Volksgemeinschaften. Die Auseinandersetzungen zwischen dem Papst und dem Kaiser führten im Mittelalter dazu, dass erstmals gleichberechtigte souveräne Staaten gegründet worden. Mit dieser Souveränität bekamen die Staaten das erste Mal bestimmte Rechte zugesprochen.
Am Anfang hat sich das Völkerrecht auf wenige vertragliche Vereinbarungen beschränkt. Die Staaten haben sich untereinander nur darauf geeinigt, wie sie während und nach einem Krieg miteinander umgehen sollen. Das Völkerrecht hat damit keine Kriege verhindert, sondern lediglich eine bestimmte Form der Kriegsführung festgelegt und die Friedensverhandlungen erleichtert. Die Bedeutung des Völkerrechts hat sich dann im 20. Jh. grundlegend verändert. Die Erfahrungen des Ersten und Zweiten Weltkrieges haben die Akteure der internationalen Politik dazu veranlasst, dem Völkerrecht mehr Beachtung zu schenken und die Regelungen auszubauen. Das Völkerrecht sollte nun

  • zur Vermeidung von Kriegen und
  • einer friedlichen Beilegung von Streitigkeiten

beitragen. Daher ist 1920 der Völkerbund von allen Siegermächten des Ersten Weltkrieges, mit Ausnahme der USA, gegründet geworden. In der Völkerbundsatzung ist erstmals den Staaten das Recht Kriege zu führen abgesprochen worden. Dieses erste völkerrechtliche Kriegsverbot, das für die Staaten einen Eingriff in ihre staatliche Souveränität bedeutet, ist 1928 im Briand-Kellogg-Pakt festgeschrieben worden. Nachdem die völkerrechtlichen Regelungen die verheerenden Geschehnisse des Zweiten Weltkrieges aber nicht verhindern konnten, ist unter den Staaten das Bedürfnis gestiegen, die völkerrechtlichen Regelungen auszuweiten und fest im internationalen System zu etablieren. Um das Zusammenleben der Staaten und Völker zu koordinieren und in friedliche Bahnen zu lenken, kam es daher kurz nach Kriegsende zur Gründung der Vereinten Nationen (United Nations, UNO). Die Grundsätze einer völkerrechtlichen Ordnung wurden in der UN-Charta am 24.10.1945 verankert. Die beiden wichtigsten Ziele der UN-Charta sind

  • die Wahrung des Weltfriedens und eine damit verbundene Gewährleistung von Sicherheit (kollektive Sicherheit) sowie
     
  • die Gewährleistung eines Schutzes der Menschenrechte.

Für die Umsetzung dieser für alle Mitglieder der Vereinten Nationen verbindlichen Ziele wurden mehrere Organe geschaffen, u. a. die UN-Hauptversammlung und der UN-Sicherheitsrat. Dem Sicherheitsrat kommt besonders bei der Gewährleistung der Sicherheit eine Schlüsselrolle zu. So muss dieses Gremium im Fall von drohenden kriegerischen Auseinandersetzungen über die Anwendung von militärischen Mitteln entscheiden.
Um die völkerrechtlichen Vereinbarungen zwischen den souveränen Staaten durch eine rechtliche Instanz zu überprüfen, wurde 1945 zudem der Internationale Gerichtshof (IGH) mit seinem Sitz in Den Haag geschaffen. Der IGH hat die Aufgabe, alle zwischen Staaten entstehenden Rechtsstreitigkeiten beizulegen. Er darf allerdings nur dann tätig werden, wenn die Staaten seine Gerichtsbarkeit gegenseitig anerkannt haben. Der IGH kann aber nicht nur Urteile über mögliche Völkerrechtsverletzungen fällen, sondern er erstellt für die Vereinten Nationen auch Gutachten über die Situation von Menschenrechten in einzelnen Ländern der Welt, die für die Weltöffentlichkeit von großem öffentlichen Interesse sind.

Rechtsschutz für Individuen

Mit der Gründung der Vereinten Nationen hat die Entwicklung eines universellen Menschenrechtsschutzes eingesetzt. Die Staaten haben sich in der UN-Charta verpflichtet, die Menschenrechte zu achten und diese zu fördern. Nach dem Zweiten Weltkrieg sind darüber hinaus mehrere Vereinbarungen und Menschenrechtskonventionen ins Leben gerufen worden, u. a.

  • die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte (04.11.1950) und
  • die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (10.12.1948).

Damit die Staaten aber die Menschenrechte umsetzen, müssen sie diese völkerrechtlichen Regeln durch einen Rechtsakt in innerstaatliches Recht übernehmen. Beispielsweise erkennt die Bundesrepublik Deutschland die Regelungen des Völkerrechts in Artikel 25 des Grundgesetzes an. Nach diesem sind

„die allgemeinen Rechtsquellen des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts.“

Das Problem ist bei den Menschenrechten somit für die Individuen gewesen, dass die Achtung der Menschenrechte von der Akzeptanz in den einzelnen Nationalstaaten abhängig war. Wenn ein Nationalstaat die Menschenrechte verletzt hat, konnte sich das Individuum nicht auf internationaler, sondern nur auf nationaler Ebene beschweren. Mit der Aufnahme der Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs (International Criminal Court, ICC) am 1. Juli 2002 besitzen Individuen nun aber die Möglichkeit, bei Verletzungen der Menschenrechte Beschwerde einzulegen. Der ICC kann dann gegen den Staat vorgehen. Durch das Recht der Individualbeschwerde ist den Individuen der Rang eines Völkerrechtssubjektes eingeräumt worden.

Internationales Recht

Die Staaten und die internationalen und supranationalen Organisationen haben in den vergangenen Jahrzehnten neben dem Völkerrecht eine Flut von internationalen Regeln geschaffen, mit der sie auf die zunehmenden politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Verflechtungen reagiert haben. Diese werden auch als internationales Recht bezeichnet. Die Staaten haben sich auf zahlreiche Regelungen verständigt, z. B. im Bereich des Handels, des Verkehrs und der Kommunikation, die ihre Zusammenarbeit über die Grenzen der Staaten hinweg ermöglichen. Beispielsweise

  • regelt das internationale Eherecht eine Hochzeit von zwei Personen, die im Ausland heiraten,
     
  • die Klimarahmenkonventionen sind ein Ergebnis der internationalen Umweltpolitik,
     
  • das internationale Strafrecht regelt die Verfolgung von Straftätern auf der ganzen Welt.

Ausbau der Rechtsgrundlagen internationaler Politik-Erfolge und Probleme

In den letzten 50 Jahren sind die rechtlichen Grundlagen der internationalen Beziehungen zunehmend ausgebaut worden. Es ist den Akteuren der internationalen Politik gelungen, die neuen globalen Aufgabengebiete wie z. B. die Umwelt- und Weltwirtschaftspolitik mit Normen auszustatten. Inzwischen sind die meisten Staaten der Welt in internationale Verträge eingebunden und richten ihre Politik nach diesen Regelwerken aus. Jedoch ist die Bilanz der rechtlichen Grundlagen der internationalen Politik trotz dieser Erfolge kritisch zu bewerten. Obwohl in der UN-Charta das Gewaltverbot festgeschrieben ist, sind nach 1945 eine Vielzahl von Kriegen ausgebrochen. Die völkerrechtlichen Regelungen können somit keinen Frieden garantieren. Dies ist darauf zurückzuführen, dass es ein Missverhältnis zwischen den angestrebten Zielen und den der internationalen Gemeinschaft zur Verfügung stehenden Instrumentarien gibt. Das Fehlen zentraler Organe, die die Einhaltung der von der Staatengemeinschaft vereinbarten Normen kontrollieren und durchsetzen können, stellt ein großes Hindernis für die Umsetzung von Frieden und den Schutz der Menschenrechte dar. Wenn ein Staat gegen Normen des Völkerrechtes verstößt, kann er zwar von der Staatengemeinschaft durch ein Einfrieren von Guthaben im Ausland oder die Verhängung von Wirtschaftsembargos sanktioniert werden. Er kann hingegen nicht davon abgehalten werden, einen Krieg gegen andere Staaten zu führen. So kann ein Staat, der sich nicht freiwillig einer Kontrolle durch die Staatengemeinschaft unterwirft, beispielsweise Klagen über Menschenrechtsverletzungen als eine unerwünschte Einmischung in die Innenpolitik zurückweisen. Die Einrichtung des Internationalen Strafgerichtshofes soll bei diesen beschriebenen Schwächen Abhilfe schaffen und für einen effektiven Schutz der Menschenrechte sorgen. Da bislang aber noch nicht alle Staaten dieser Welt – hier ist besonders die USA zu erwähnen – das Statut des Gerichtshofes unterschrieben haben, ist der Erfolg dieser Institution noch nicht abzusehen.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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