Reformbedarf der UNO

UN-Reform und ihre Gründe

Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts 1989/90 erhielt der Ruf nach einer Reform der UNO neuen Aufschwung. Neben der Modernisierung einiger Organe ging es dabei im Kern um eine Anpassung an – seit der Gründung der UNO 1945 – veränderte globale Realitäten und neue Herausforderungen. Stichworte wie das der Globalisierung als weltweites Zusammenrücken von Staaten und Gesellschaften, eine veränderte internationale Sicherheitslage (z. B. das Wirken transnationaler Terrornetzwerke) oder neue Problemlagen wie die weltweite Umweltverschmutzung mögen das illustrieren. Daraus wird zudem oftmals die Forderung nach einer stärkeren weltweiten Ordnungspolitik durch die Weltorganisation abgeleitet. So stellt etwa die Idee der Global Governance, bei der staatliche und nichtstaatliche Akteure auf verschiedenen internationalen Ebenen zusammenarbeiten, auch eine Herausforderung für die UNO dar.

Bei den heutigen Reformbestrebungen geht es mithin darum, die UNO an die Erfordernisse und Aufgaben des 21. Jahrhunderts anzupassen.

Eine Reform der UNO kann im Einzelnen unterschiedliches bedeuten:

  • Modernisierung und Effektivierung ihrer Verwaltungsstrukturen;
  • Veränderungen bei ihren Organen und Institutionen;
  • Reformen der Strukturen und Prozesse in einzelnen Tätigkeitsbereichen;
  • Grundsätzliche Umgestaltung von in der UN-Charta festgelegten Prinzipien.

Dabei unterliegt die Realisierung solcher Reformen unterschiedlichen formalen Bedingungen. Interne Organisationstrukturen und -abläufe (z. B. von Geschäftsordnungen oder bestimmten Politikprozessen) können meistens relativ leicht umgesetzt werden. Betreffen Reformen aber Bereiche, die die UN-Charta regelt (z. B. völkerrechtliche Normen oder in der Charta festgeschriebene Bestimmungen hinsichtlich der Hauptorgane), so liegt die Hürde sehr hoch. Änderungen der Charta bedürfen einer Zweidrittel-Mehrheit in der Generalversammlung und einer anschließenden Ratifizierung von zwei Dritteln aller Mitgliedstaaten, darunter alle fünf Ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats.
Die Umsetzung solcher Reformen ist also letztlich an den politischen Willen der Mitgliedstaaten der UNO gebunden.

Das wurde auch auf dem UN-Reformgipfel 2005 anlässlich des 60-jährigen Bestehens der Organisation deutlich.
Nachdem über 1 ½ Jahrzehnte viele Vorschläge gemacht wurden, erhielt die Debatte um eine Reform der UNO zunächst vor dem Gipfeltreffen noch einmal eine neue Dynamik. Hochrangige Expertengruppen fassten Anfang 2005 viele Anregungen zusammen, die der damalige Generalsekretär KOFI ANNAN dann in seinem Reformbericht „In größerer Freiheit“ größtenteils aufgriff und dem Gipfel vorstellte. Angesichts der teils weitreichenden und substanziellen sowie mit einigen Hoffnungen verbundenen Vorschläge wirkte das Ergebnis des Gipfels im September 2005 dann aber auf viele ernüchternd. Im Widerstreit unterschiedlicher Interessen der Mitgliedstaaten hatte man sich nur auf wenige, oftmals inhaltsleere Kompromisse geeinigt.

Im folgenden sollen einige der wichtigsten Reformvorschläge der letzten zwei Jahrzehnte kurz vorgestellt werden.

Reform des Sicherheitsrats

Die Reform des Sicherheitsrats wird häufig als zentrales Element in der Modernisierung der gesamten Weltorganisation betrachtet. Gerade aufgrund dieser Relevanz erweist sie sich aber auch als sehr schwierig.
Reformbedarf wird vor allem hinsichtlich der Mitgliedschaft in diesem Gremium und beim Vetorecht angemeldet. Viele Diskussionen kreisen dabei um einen Arbeitsgruppenvorschlag von 1997, der auch heute noch als eine Art Grundmodell angesehen werden kann, an dem sich weiterhin viele Vorschläge orientieren. Der nach dem Vorsitzenden dieser Gruppe benannte Razali-Vorschlag beinhaltet folgende wesentliche Punkte:

  • Ständige Mitglieder: Erweiterung dieses Kreises um weitere fünf Staaten, wobei an zwei Industriestaaten und drei Entwicklungsländer von den drei Kontinenten Afrika, Asien und Lateinamerika/Karibik gedacht wird. Sind letztere in diesem Kreis bisher noch gar nicht repräsentiert und fordern daher schon länger ihre Berücksichtigung, so sollen aus dem Kreis der Industriestaaten Länder einbezogen werden, die seit 1945 in der Weltpolitik stark an Einfluss gewonnen haben, z. B. Deutschland und Japan.
  • Nichtständige Mitglieder: Je ein weiterer, alle zwei Jahre von Land zu Land wechselnder Sitz für die geografischen Bereiche Afrika, Asien, Lateinamerika/Karibik und Osteuropa, die auch dadurch noch stärkere Beachtung finden sollen.
  • Vetorecht: Dieses Entscheidungen erschwerende und die Arbeit häufig lähmende Instrument sollte nicht auf die neuen ständigen Mitglieder ausgedehnt und von den alten sehr viel seltener angewendet werden.

Kritiker einer solchen Reform befürchten allerdings eine weitere Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit des Gremiums durch seine Vergrößerung. Hinsichtlich der Erweiterung des Kreises der Ständigen Mitglieder ist zudem eine Einigung innerhalb der verschiedenen ins Auge gefassten Staatengruppen bisher nicht absehbar. In Europa etwa gibt es aus Ländern wie Spanien oder Italien starke Vorbehalte gegen eine Aufnahme Deutschlands und die eigene Nichtberücksichtigung. Ein erweiternder Vorschlag läuft daher darauf hinaus, der EU einen dann innerhalb der Organisation rotierenden Sitz zu geben. Auch das stößt aber auf Widerstände und Probleme.
Beim Vetorecht fürchten die bisherigen Inhaber um ihre Privilegien. Vor allem die Entwicklungsländer kritisieren andererseits, dass bisherige Diskriminierungen weiterhin Bestand haben könnten.
Trotz aller herrschenden Kritik wird aber auch gesehen, dass eine Reform des SR für die Autorität des Gremiums und die Legitimität seiner Entscheidungen unter den weltpolitischen Konstellationen zu Beginn des 21. Jahrhunderts unumgänglich ist.

Eine substanzielle Reform fand bisher nicht statt. Der Gipfel 2005 konnte sich lediglich auf eine „baldige Reform“ einigen, um den Rat „repräsentativer, effizienter und transparenter zu gestalten und somit seine Wirksamkeit und die Legitimität und die Durchführung seiner Beschlüsse weiter zu verbessern“. Zwar befassen sich seither einige weitere Arbeitsgruppen und Initiativen der Vereinten Nationen mit dem Thema, bis heute aber ohne durchschlagenden Erfolg. Auch Vorschläge unterschiedlicher Staatengruppen scheiterten bisher. So werden inzwischen auch einige „Zwischenlösungen“ diskutiert, die das Gremium „auf Probe“ bis zu einer Überprüfung solcher Ansätze vergrößern könnten. Aber auch hier gibt es keine echten Fortschritte, so dass Mitte 2009 eine wirkliche Reform im Sinne eingangs genannter Ansätze nicht in Sicht ist.

Reform der Friedenssicherung

Schon seit Ende des Ost-West-Konflikts 1989/90 und der lähmenden Rivalität der beiden Blöcke bis dahin kam es zu einer Weiterentwicklung der Friedenssicherung (peace-keeping) durch die Vereinten Nationen im Verlaufe der 1990er-Jahre. Komplexe Krisen erforderten ein erweitertes Instrumentarium für Friedensmissionen, die in den Anfangsjahren der UNO zumeist nur aus unbewaffneten Militärbeobachtern oder leicht bewaffneten Truppen – z. B. zur Überwachung eines Waffenstillstandes – bestanden.
Allgemeine Grundlage und Rahmengebung dafür waren zunächst die Vorschläge, die der damalige UN-Generalsekretär BOUTROS GHALI 1992 im Rahmen seiner Agenda für den Frieden machte. Dieses Konzept basiert auf vier, für unterschiedliche Konfliktsituationen zugeschnittenen, Grundsteinen, die seither die wichtigsten Strukturelemente und Notwendigkeiten einer angestrebten und teilweise auch umgesetzten Weiterentwicklung prägnant benennen:

  1. Vorbeugende Diplomatie mit dem Ziel des Abbaus von Spannungen, z. B. durch Verhandlungen;
     
  2. Friedensschaffung zur Beendigung eines offenen Konflikts, z. B. durch Verhandlungen oder Vermittlung;
     
  3. Friedenssicherung durch Blauhelme zur Entschärfung einer entstandenen Konfliktsituation (klassisches peace-keeping);
     
  4. Friedenskonsolidierung nach Konflikten, z. B. durch Schadensbeseitigung und Förderung der Vertrauensbildung.

Das Aufgabenspektrum von UN-Friedensmissionen wurde auf dieser Grundlage und angesichts vielfältiger Herausforderungen im Laufe der 1990er-Jahre immer komplexer. Verschiedene Akteure kommen in ihnen zum Einsatz, neben Soldaten mit unterschiedlichen Aufträgen z. B. auch Zivilpolizisten, Verwaltungsexperten oder Entwicklungshelfer und technische Spezialisten. Damit ergaben sich jedoch neue Probleme, aus denen sich dann neue Reformanforderungen entwickelten.

Im Auftrag des UN-Generalsekretärs legte daher eine Kommission unter Leitung des algerischen UN-Diplomaten BRAHIMI im Jahre 2000 den sogenannten Brahimi-Report vor. Die insgesamt 57 Empfehlungen für eine angemessene Weiterentwicklung von UN-Friedenseinsätzen kann man in drei Kategorien zusammenfassen:

  1. Empfehlungen hinsichtlich politischer und strategischer Rahmenbedingungen: So sollen z. B. Mandate nur aufgrund realistischer vor-Ort-Szenarios unter Einschluss von worst-case-Annahmen erfolgen. Zudem sollen Missionen grundsätzlich ein „robustes Mandat“ mit (eingeschränkten) militärischen Handlungsoptionen haben. Damit will man sicherstellen, dass UN-Truppen nicht, wie einige Male passiert, als hilflose Zuschauer zwischen kämpfenden Einheiten einer oder beider Konfliktparteien stehen und bei z. B. schwersten Menschenrechtsverletzungen zuschauen müssen.
     
  2. Empfehlungen, wie die UNO als Organisation sich besser auf zukünftige Einsätze vorbereiten kann: Dazu gehören z. B. Vorschläge für sachliche und personelle Umstrukturierungen in der Hauptabteilung für Friedenssichernde Maßnahmen (DKPO), die vom Generalsekretariat inzwischen weitgehend berücksichtigt wurden. Gefordert wurde auch die Einrichtung eines Strategischen Informations- und Analysesekretariats.
     
  3. Aufforderung an die Mitgliedstaaten, personelle und strukturelle Vorsorge für komplexe Friedenseinsätze zu schaffen: Gemeint ist damit z. B. die vorsorgliche Ausbildung und Bereitstellung von zivilem Fachpersonal.

Besonderes Gewicht wird diesbezüglich auch auf eine Weiterentwicklung des so genannten UN Standby-Arrangement System (UNSAS) gelegt, dem auch Deutschland beigetreten ist. Im Rahmen dieses schon Mitte der 1990er-Jahre angestoßenen Programms sollen Mitgliedstaaten auf freiwilliger Basis einzelne nationale Truppenteile hinsichtlich Ausrüstung und Ausbildung aufeinander abstimmen und diese ständig auch für kurzfristige UN-Einsätze bereithalten.

Eine wichtige Weiterentwicklung ist die auf Beschluss des Reformgipfels 2005 im Jahre 2006 eingerichtete Kommission für Friedenskonsolidierung (engl. Peacebuilding Commission, im deutschen vielfach auch Peacebuilding Kommission genannt). Sie füllt seither eine Lücke im Organisationsschema der UNO, die bis dahin keine zentrale Einrichtung hatte, die sich kontinuierlich und systematisch mit dem Thema der Friedenskonsolidierung befasst und dabei sowohl allgemeine strategische Fragen erörtern, konkrete Einzelfälle bearbeiten sowie Ressourcen von unterschiedlichen Partner mobilisieren und koordinieren kann. Sie verbindet in ihrer Arbeit diplomatische, sicherheits- und entwicklungspolitische Aspekte.

Sie ist ein gemeinsames Unterorgan von Sicherheitsrat und Generalversammlung und arbeitet als zwischenstaatliches Beratungsgremium. Sie soll relevante Akteure zusammenbringen, die Vorschläge für einen optimalen Ressourceneinsatz und nachhaltige Wiederaufbaustrategien nach Konflikten ausarbeiten und beraten. Ihr Kern ist ein ständiger Organisationsausschuss, dem 31 (wechselnde) UN-Mitgliedstaaten angehören. Die Vertretung aller Weltregionen trägt zur Legitimität der Arbeit der Kommission nicht unwesentlich bei. Zu länderspezifischen Beratungen können weitere UN-Mitgliedstaaten hinzugezogen werden (z. B. betroffene Staaten, regionale Anrainerstaaten, Vertreter von Truppen oder anderes Personal stellenden Staaten oder von anderen internationalen Organisationen). Die Aktivitäten, Äußerungen und Empfehlungen der Kommission basieren auf dem Konsensprinzip; sie hat keine Entscheidungsbefugnisse. Inzwischen hat es einige länderspezifische Beratungen gegeben, so z.B. zu Burundi, Sierra Leone (jeweils seit 2006), Guinea-Bissau und Zentralafrikanische Republik (jeweils seit 2008). 2010 soll es nach 4 Jahren eine erste Überprüfung der Arbeit dieser Kommission geben.
Insgesamt spielt die UNO im Bereich der internationalen Friedenssicherung eine oft wenig bemerkte, aber nicht unwichtige Rolle. So beteiligten sich im Jahre 2008 über 170 000 Menschen in ziviler, polizeilicher oder militärischer Funktion an  internationalen Friedenseinsätzen, die unter Führung oder unter einem Mandat der Weltorganisation durchgeführt wurden.

Reform des Bereichs Wirtschaft, Soziales, Entwicklung und Umwelt

In diesem wichtigen Bereich sind eine Vielzahl von Unter-, Neben- und Sonderorganisationen der Vereinten Nationen tätig. Zudem engagieren sich hier viele Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die beim Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) der UNO einen Konsultativstatus haben. Zurzeit sind das mehr als 3 000 NGOs.
Der ECOSOC soll laut UN-Charta alle wirtschafts-, sozial-, kultur- und entwicklungspolitischen Aktivitäten der Weltorganisation zentral anleiten und koordinieren.
Kritik bezieht sich darauf, dass er diese Aufgabe kaum oder nur sehr ungenügend wahrnehme und der gesamte Bereich unüberschaubar, unkoordiniert und vielfach durch überlappende Zuständigkeiten und Engagements der verschiedenen Organisationen geprägt sei. Häufig würden daher Ressourcen unnütz verschwendet, und vielfach ginge die Arbeit ins Leere.
Reformvorschläge laufen auf eine klarere, der heutigen weitgefächerten Struktur des Bereichs angemessene Aufgabenbestimmung des ECOSOC mit eindeutigen Kompetenzen und Rechten hinaus. Dabei könnte er eine Art weltweite Koordinationszentrale der vielen „vor Ort“ arbeitenden Organisationen und Gruppen sein, die in Kontakt mit der Weltorganisation stehen. Zusätzlich könnten seine Kompetenzen auf die 1945 noch nicht relevante Umweltpolitik ausgedehnt werden.
Nach weitergehenden Vorstellungen soll der ECOSOC in seinem Tätigkeitsfeld mit ähnlichen Rechten ausgestattet werden, wie sie der Sicherheitsrat im Bereich der Friedenssicherung hat.

Diskutiert wird letztlich auch die Schaffung einer ganz neuen Dachorganisation, die einige bestehende Institutionen in eine übergeordnete Struktur einbindet und die Arbeit koordiniert

Alles in allem sind Reformvorschläge für diesen gesamten Bereich aber bisher eher allgemein und noch wenig spezifiziert.

Reformen im Bereich der Menschenrechte

Hier ist es in den vergangenen Jahren zu zwei wesentlichen institutionellen Neuerungen gekommen. 2002 wurde der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag eingerichtet, der zwar kein Organ der UNO ist, aber dennoch eng mit ihr zusammenarbeitet.
2006 wurde der UN-Menschrechtsrat (MRR) auf Beschluss der Generalversammlung gegründet, deren Nebenorgan er auch ist. Er ersetzte damit die UN-Menschrechtskommission, die durch die Mitarbeit vieler das Menschenrecht verletzender Staaten erhebliche Glaubwürdigkeitsprobleme hatte. Mit dem neuen Organ hofft man, solche Probleme zu beheben. Die jeweils 47 Mitglieder des MRR werden von der Generalversammlung mit absoluter Mehrheit für 3 Jahre gewählt und sollen sich vor und auch während ihrer Mitgliedschaft besonderen Überprüfungsprozeduren hinsichtlich der Förderung und Einhaltung der Menschenrechte stellen. Vielfältige Ziele und Aufgaben bestehen neben der laufenden Überwachung der Einhaltung der Menschenrechte allgemein und in einzelnen Staaten bis hin zur Ausarbeitung von Vorschlägen für eine Weiterentwicklung des Völkerrechts. Weitere Instrumente des MRR sind z.B. die Einsetzung von Berichterstattern, die die Situation in einzelnen Ländern untersuchen sollen; zudem können etwa natürliche Personen Beschwerden hinsichtlich der Verletzung der Menschenrechte zur Behandlung beim Rat einreichen, wobei dafür vorab einige inhaltliche und formale Kriterien geprüft werden.

Weiterhin soll der MRR auch mit der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte zusammenarbeiten, deren Stärkung der Reformgipfel besonders durch Erhöhung der Mittelausstattung beschloss. Ihre Arbeit wird beispielsweise durch die Ausarbeitung von Expertisen für Friedensmissionen und die Einbindung in solche Einsätze in den letzten Jahren zunehmend wichtig.

Auch der neue Menschenrechtsrat wurde nach den ersten Jahren seines Bestehens schon ähnlich wie seine Vorgängerin, die Menschenrechtskommission kritisiert. Auch die Arbeit des neuen MRR  wird letztlich durch die beteiligten Staaten und Regierungen und deren politische Interessen bestimmt. So dürfte es auch politischer Opportunität geschuldet sein, dass z. B. Menschenrechtsverletzungen im Sudan/Darfur oder in Zimbabwe kaum ausreichend untersucht oder behandelt wurden, wohingegen Israel sehr häufig Gegenstand von Kritik ist. Positiv ist aber die sehr eindeutige Kritik an Menschenrechtsverletzungen in Myanmar/Burma im Jahre 2007 zu bewerten. Und nicht zuletzt liefert der Rat durch seine breit angelegten Untersuchungen immer wieder auch eine breite Informationsbasis zum Thema der Menscherechte. Die Verwirklichung des Prinzips der Menscherechte wird angesichts einer heterogenen Staatenwelt mit unterschiedlichen politischen, sozialen, kulturellen und ökonomischen Hintergründen zudem immer an diesen Realitäten ansetzen müssen. Dafür ist der MRR mit seinen 47 wechselnden, aber regionalem Proporz entsprechenden Mitgliedern immerhin ein repräsentatives Organ, zu dem es wohl keine Alternative gibt.

Neben solchen institutionellen Veränderungen gibt es im Bereich der Menschenrechte auch immer wieder Diskussionen um eine Weiterentwicklung des Völkerrechts. Gerade an der Frage des Schutzes der Menschenrechte lässt sich aber auch zeigen, dass manche Anpassungen an neue globale Herausforderungen für die UNO schwerwiegende Grundsatzprobleme aufwerfen.
Der Sicherheitsrat hat seit 1990 einige Male so genannte humanitäre Interventionen, also militärische Einsätze zum Schutz der Menschenrechte – etwa in Bürgerkriegsgebieten – beschlossen. Sind solche Einsätze aber streng genommen nicht Eingriffe in die inneren Angelegenheiten von Staaten und somit ein Verstoß gegen die durch die UN-Charta garantierte Unverletzlichkeit staatlicher Souveränität? Das ist zumindest umstritten. Andererseits gehört aber der unbedingte Schutz der Menschenrechte auch zu den Grundsätzen der Vereinten Nationen. Gerechtfertigt wurden Interventionen unter Verweis auf Kap. VII der UN-Charta damit, dass schwerste Menschenrechtsverletzungen eine Gefährdung des Weltfriedens bedeuteten und somit eine Ausnahme vom allgemeinen Gewaltverbot rechtfertigten.
Im Sinne einer Klärung dieser Grundsatzproblematik (Verhältnis staatliche Souveränität – Schutz der Menschenrechte) wirken solche Begründungen aber unbefriedigend. Auch wenn sich hier zunächst keine Lösungen im Sinne einer Reform der Charta abzeichnen, wird sich die UNO um ihrer eigenen Glaubwürdigkeit willen mit solchen Fragen auseinandersetzen müssen.

Weitere Reformvorschläge

Die Tätigkeit der Generalversammlung, zentrales Beratungsgremium der Vereinten Nationen unter Einschluss aller Nationen, wird häufig als umständlich, zeitraubend und wenig effektiv kritisiert. Reformvorschläge sind dennoch bisher eher vage und stehen nicht im Zentrum der Diskussion innerhalb der UNO.

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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