Ein neuer Anfang in der Renaissance

Im 14. Jh. begann – von Italien ausgehend – eine kulturelle Bewegung, die später Renaissance, also „Wiedergeburt“ genannt wurde, weil durch sie der freie, schöpferische Geist der Antike wieder erwachte. Dabei spielten die Araber als Vermittler des antiken Wissens eine bedeutende Rolle. LEONARDO DA VINCI (1452–1519), genialer Künstler, Ingenieur und Erfinder, führte exakte vergleichende anatomische Untersuchungen durch. Seine Notizbücher bergen eine Fülle biologischer Darstellungen, die zeigen, dass er seiner Zeit weit voraus war.

Im 16. Jh. entstanden Werke mit realitätsnahen Darstellungen von Pflanzen und Tieren: Kräuterbücher von OTTO BRUNFELS 1530, HIERONYMUS BOCK 1539 und LEONHARD FUCHS 1543. Eine Historia animalium (1551–58) von CONRAD GESNER, darin beschrieb er alle um das Jahr 1550 bekannten Tierarten auf etwa 4 500 Seiten. (Als Historia animalium – zu deutsch „Tiergeschichte“ – werden verschiedene Werke zur Beschreibung von Tieren, deren Lebensweise und Systematik benannt. Schon ARISTOTELES brachte eine Historia animalium heraus.) ANDREAS VESALIUS veröffentlichte 1542 ein Werk über die Anatomie des menschlichen Körpers. Für die rasche Verbreitung sorgte der 1446 von JOHANNES GUTENBERG erfundene Buchdruck.

Daten zur Entwicklung der Naturwissenschaften und der Biologie im Spätmittelalter und der Renaissance

1275–1326

Der italienische Medizinprofessor und Arzt MONDINO DE' LUZZI (1275–1326) veröffentlicht 1316 eine Sammlung praktischer Sezierübungen, die er an Tieren und Menschen als „Lehrsektionen“ an der Universität Bologna durchgeführt hat. Das unter dem Titel „Anathomia mundini“ veröffentlichte Werk bleibt bis ins 16. Jahrhundert das grundlegende Anatomiebuch zusammen mit den Arbeiten von ANDREAS VESALIUS (1514–1564, siehe unten). Es wird nach Erfindung des Buchdruckes um 1475 zum ersten Mal gedruckt und erlebt dann viele Nachdrucke und Neuauflagen. MONDINO geht als „Erneuerer der Anatomie“ in die Geschichte ein.

1452–1519

Der berühmte Künstler, Konstrukteur und Erfinder LEONARDO DA VINCI (1452–1519) untersucht sehr genau den äußeren und inneren Bau von Lebewesen, um sie detailgetreu darstellen zu können. Er seziert auch menschliche Leichen und zeichnet anatomisch exakte Darstellungen von Muskeln, Adern, Sehnen und Knochen und ihrer natürlichen Anordnung im Körper. Durch seine anatomischen Studien erkennt er Gemeinsamkeiten im Knochenbau und der Muskelanordnung von Menschen und Tieren. Unter anderem gelingt es ihm, nachzuweisen, dass Pferdebeine und Menschenbeine trotz großer Unterschiede in der Dimension der einzelnen Bauelemente den gleichen Grundbauplan aufweisen.

1447–1510

JOHANN PRÜß (1447–1510) veröffentlicht 1497 den Hortus sanitatis (Garten der Gesundheit) von mit Beschreibungen und Abbildungen (kolorierte Holzschnitte) von ca. 530 Pflanzen aber auch Tieren und einigen Mineralien. Die Abbildungen sind zum Teil ziemlich naturgetreu, oft aber auch aus älteren Darstellungen übernommen und mit mythologischen Inhalten angereichert. So ist die Wurzel der Alraune (Mandragora officinalis) in Menschengestalt dargestellt und in die Narzissenblüte ist ein Bild des selbstverliebten Narziss eingearbeitet.

zw. 1500 und 1550

In der ersten Hälfte des 16. Jh. erscheinen drei Kräuterbücher, die sich im Gegensatz zum Hortus sanitatis um eine naturgetreue Pflanzendarstellung bemühen. Die Autoren OTTO BRUNFELS (1488–1534) „Herbarium vivae eicones“, HIERONYMUS BOCK (1498–1554) „New Kreuterbuch“ und LEONHARD FUCHS (1501–1566) „Historia stirpium“ werden deshalb auch als „Väter der Botanik“ bezeichnet. LINNÉ hat die Pflanzengattungen Fuchsia und Brunfelsia nach ihnen benannt.

1478–1553

Der italienische Arzt, Astronom und Dichter GIROLAMO FRACASTORO (1478–1553) publiziert in seinem Buch „Omocentrici“ die Ansicht, dass Gegenstände größer und näher erkennbar sind, wenn sie durch zwei miteinander verbundene Gläser betrachtet werden. Als Arzt widmet er sich v. a. Infektionskrankheiten, deren Ursachen allerdings noch nicht bekannt sind. Er prägt die Krankheitsbezeichnung Syphilis.

1514–1564

Der flämische Anatom ANDREAS VESALIUS, eigentlich ANDREAS WITINCK (1514–1564), publiziert 1543 das Lehrbuch „De humani corporis fabrica libri septem“ (Über den Bau des menschlichen Körpers) und gilt durch dieses Werk, mit 200 detailgetreuen, auf Sektionen zahlreicher Leichen beruhenden Abbildungen, als der Begründer der neuzeitlichen Anatomie sowie des morphologischen Denkens in der Medizin. Er vertritt die Auffassung, dass alleine aus der Sektion von Leichen zuverlässige Kenntnisse über den menschlichen Körperbau gewonnen werden könnten. Aus seinen anatomischen Studien folgert er, dass es eine Verwandtschaft von Menschen und Affen geben müsse.

1516–1564

KONRAD GESNER (1516–1564) veröffentlicht 1551–1558 die vierbändige, nach seinem Tode noch um einen fünften Band erweiterte Enzyklopädie „Historia animalum“ (Naturgeschichte der Tiere). Das Werk enthält viele wichtige Fakten über die damals bekannten Tiere, u. a. Namen, Vorkommen, Beschreibung der Organe, Bewegungsart, Krankheiten, Nutzen und Symbolik. 1669 bis 1670 wird es ins Deutsche übersetzt (Allgemeines Thierbuch). Bei der Gliederung folgt GESNER weitgehend den Vorgaben von ARISTOTELES' (384-322 v. Chr.) Historia animalium und ALBERTUS MAGNUS' (ca. 1193 - 1280) De animalibus. Auch eine Reihe von Fabeltieren – wie etwa das Einhorn – werden aufgenommen, aber die Existenz wird durchaus in Frage gestellt.

1553–1617

Der italienische Arzt und Botaniker PROSPERO ALPINI (1553–1617), der ab 1593 die erste Botanik-Professur in Padua innehat, veröffentlicht De plantis Aegypti. Dieses bahnbrechende Werk enthält 73 große Holzschnitte und exakte Beschreibungen von exotischen Pflanzen wie Dattelpalme, Kaffeestrauch, Bananenpflanze und Baobab (Affenbrotbaum). Er studierte die Pflanzenwelt Ägyptens während eines dreijährigen Aufenthalts in Kairo als Leibarzt des venezianischen Botschafters. Dabei erkannte er die Zweigeschlechtlichkeit der Dattelpalme und stellte fest, dass die weiblichen Dattelpalmen keine Früchte tragen, wenn ihre Äste nicht in Kontakt mit den Ästen der männlichen Dattelpalmen kommen. Diese Sexualität der Pflanzen wird erst ca. 100 Jahre später (1694) von JAKOB CAMERARIUS (1665–1721) eindeutig nachgewiesen.

1493–1541

Der Schweizer Arzt THEOPHRASTUS BOMBASTUS VON HOHENHEIM (1493–1541), eher unter dem Namen PARACELSUS (was soviel bedeutet wie „besser als CELSUS“) bekannt, wird Stadtarzt von Basel. Er fordert eine Abkehr von tradierten Erkenntnissen, was er unter anderem durch Verbrennung überlieferter antiker Schriften unterstreicht. Demgegenüber empfiehlt und praktiziert er die direkte Beschäftigung mit Pflanzen und Mineralien. Er ist ein Vertreter der Signaturenlehre, nach der man die Heilwirkung von Pflanzen und anderen Naturobjekten an ihrer Gestalt oder anderen Eigenschaften erkennen kann, die Gott ihnen als Zeichen für die Heilung suchenden Menschen gegeben hat. Außerdem beschäftigt er sich ausführlich mit der Alchemie, der Astrologie und der Philosophie. In seinen Arbeiten kann man naturwissenschaftliche Ansätze erkennen, doch überwiegen religiöse und mythologische Vorstellungen, die auf der Grundidee eines ganzheitlichen, auf den Menschen zentrierten Kosmos beruhen. Als Hauptkrankheitsursachen unterscheidet er

  • Ens Astrorum oder Ens Astrale (die Gestirnseinflüsse),
  • Ens Veneni (durch den Körper aufgenommenes „Gift“),
  • Ens Naturale (Vorherbestimmung; Konstitution),
  • Ens Spirituale (Einfluss der „Geister“),
  • Ens Dei (unmittelbarer Einfluss Gottes).

um 1590

Holländische Linsenschleifer entdeckten die Vergrößerungswirkung von Linsensystemen und bauten die ersten Mikroskope. Der niederländische Brillenmacher HANS JANSSEN und sein Sohn ZACHARIAS JANSSEN (1588–1631) werden häufig als die Erfinder des ersten zusammengesetzten Mikroskops genannt, doch ist dies nicht gesichert.

1564–1642

GALILEO GALILEI (1564–1642) benutzt sein Fernrohr als Mikroskop, indem er die Röhren länger auseinander zieht und so den Abstand zwischen Okular und Objektiv verlängert. Dadurch wir die Entstehung eines reellen Zwischenbildes möglich.

1603

Im Kreis der Mitglieder einer 1603 gegründeten Mikroskopiervereinigung „Accademia dei Lincei“ („Akademie der Luchsartigen“ in Anspielung auf die hohe Sehkraft dieses Tiers) wird erstmalig das Wort „microscopium“ für die neuartigen Vergrößerungsgläser gebraucht. Das bekannteste Mitglied ist GALILEO GALILEI. Diese Accademia gilt als erste „naturwissenschaftliche“ Vereinigung, die für ihre Forschungen die neuen optischen Geräte nutzt.

1577–1651

FRANCESCO STELLUTI (1577–1651), Mitglied der „Accademia dei Lincei", veröffentlicht ein Werk über die Honigbiene, dem damaligen Wappentier des Papstes, das erste mikroskopische Zeichnungen enthält z. B. den Feinbau des Facettenauges und der Mundwerkzeuge. STELLUTI vermerkt an den Abbildungen „microscopio observabat“ (mit dem Mikroskop beobachtet).

Stand: 2010
Dieser Text befindet sich in redaktioneller Bearbeitung.

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